JudikaturBFG

VH/7100008/2024 – BFG Entscheidung

Entscheidung
22. April 2025

Beschluss-Verfahrenshilfe

Das Bundesfinanzgericht fasst durch die Richterin Mag. Corinna Engenhart über den Antrag von ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom 14. Oktober 2024 auf Gewährung der Verfahrenshilfe für das Beschwerdeverfahren betreffend die Beschwerde vom 14. Oktober 2024 gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom 1. Juli 2024 betreffend bescheidmäßige Festsetzung der Eingabengebühr gemäß § 24a VwGG sowie Gebührenerhöhung, Steuernummer ***BF1StNr4***, den Beschluss:

Der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe gemäß § 292 BAO wird abgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Mit Anbringen vom 14. Oktober 2024 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO betreffend die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Bescheide vom 1. Juli 2024, mit denen gegenüber dem Antragsteller Eingabengebühr gemäß § 24a VwGG sowie eine Erhöhung dieser Gebühr gemäß § 9 Abs. 1 GebG 1957 festgesetzt wurde. Im gleichen Schriftsatz erhob der Antragsteller zudem Beschwerde gegen diese Bescheide und beantragte hierfür die Gewährung der Verfahrenshilfe gemäß § 292 BAO.

Dieser Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe wurde dem Bundesfinanzgericht von der belangten Behörde mit Schreiben vom 5. November 2024 übermittelt.

Mit Mängelbehebungsauftrag vom 7. November 2024 wurde dem Antragsteller aufgetragen, eine Darstellung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu übermitteln und dem Bundesfinanzgericht bekanntzugeben, ob der Kammer der Wirtschaftstreuhänder oder der Rechtsanwaltskammer die Bestellung des Verfahrenshelfers obliegen solle.

Innerhalb offener Frist übermittelte der Antragsteller dem Bundesfinanzgericht ein Vermögensbekenntnis und gab bekannt, dass der Rechtsanwaltskammer die Bestellung des Verfahrenshelfers obliegen solle (oder allenfalls eine Bestellung eines Teams von Verfahrenshelfern durch die Rechtsanwaltskammer und die Kammer der Wirtschaftstreuhänder erfolgen solle). Weiters beantragte der Antragsteller die Durchführung einer mündlichen Verhandlung am Bundesfinanzgericht sowie die Ladung der Parteien sowie von Zeugen zu dieser.

Gemäß § 292 Abs. 1 BAO ist auf Antrag einer Partei (§ 78), wenn zu entscheidende Rechtsfragen besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweisen, ihr für das Beschwerdeverfahren Verfahrenshilfe vom Verwaltungsgericht insoweit zu bewilligen, 1. als die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten und 2. als die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Gemäß § 292 Abs. 7 Z 1 BAO kann der Antrag ab Erlassung des Bescheides, der mit Beschwerde angefochten werden soll, gestellt werden.

Gemäß § 292 Abs. 8 BAO hat der Antrag zu enthalten 1. die Bezeichnung des Bescheides (Abs. 7 Z 1) bzw. der Amtshandlung (Abs. 7 Z 2) bzw. der unterlassenen Amtshandlung (Abs. 7 Z 3), 2. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, 3. die Entscheidung der Partei, ob der Kammer der Wirtschaftstreuhänder oder der Rechtsanwaltskammer die Bestellung des Verfahrenshelfers obliegt,4. eine Darstellung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers und der wirtschaftlich Beteiligten.

Gemäß § 292 Abs. 10 BAO hat das Verwaltungsgericht über den Antrag mit Beschluss zu entscheiden. Hat das Gericht die Bewilligung der Verfahrenshilfe beschlossen, so hat es die Kammer der Wirtschaftstreuhänder bzw. die Rechtsanwaltskammer hievon zu benachrichtigen.

Gemäß § 292 Abs. 11 BAO hat die Kammer der Wirtschaftstreuhänder bzw. die Rechtsanwaltskammer mit Beschluss den Wirtschaftstreuhänder bzw. Rechtsanwalt zu bestellen, dessen Kosten die Partei nicht zu tragen hat. Wünschen der Partei über die Auswahl der Person des Wirtschaftstreuhänders oder Rechtsanwaltes ist im Einvernehmen mit dem namhaft gemachten Wirtschaftstreuhänder bzw. Rechtsanwalt nach Möglichkeit zu entsprechen. Von der Bestellung sind die Abgabenbehörde und das Verwaltungsgericht zu verständigen.

Wird der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb einer für die Einbringung der Beschwerde (§ 243, § 283), des Vorlageantrages (§ 264) oder einer im Beschwerdeverfahren gegenüber dem Verwaltungsgericht einzuhaltenden Frist gestellt, so beginnt diese Frist gemäß § 292 Abs. 12 BAO mit dem Zeitpunkt, in dem 1. der Beschluss über die Bestellung des Wirtschaftstreuhänders bzw. Rechtsanwaltes zum Vertreter und der anzufechtende Bescheid dem Wirtschaftstreuhänder bzw. Rechtsanwalt bzw. 2. der den Antrag nicht stattgebende Beschluss der Partei zugestellt wurde, von neuem zu laufen.

Die Bewilligung der Verfahrenshilfe erfordert kumulativ das Vorliegen von wirtschaftlichen Voraussetzungen einerseits und von verfahrensbezogenen Voraussetzungen anderseits (vgl. VwGH vom 29. Jänner 2020, Ra 2019/13/0071).

Nach § 292 Abs. 1 BAO ist zunächst Voraussetzung für die Bewilligung von Verfahrenshilfe, dass die zu entscheidenden Rechtsfragen "besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art" aufweisen.

Der Begriff der besonderen Schwierigkeiten rechtlicher Art geht auf § 282 Abs. 1 BAO idF vor dem FVwGG 2012 zurück und soll nach den Gesetzesmaterialien sicherstellen, dass Verfahrenshilfe nur für überdurchschnittlich schwierige, durch ständige Judikatur noch nicht geklärte Rechtsfragen gewährt wird (vgl. ErlRV 1352 BlgNR 25. GP, 18).

Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Juni 2020, G 302/2019, ist die Bestimmung verfassungskonform wie folgt auszulegen: "Die Wendung "dass zu entscheidende Rechtsfragen besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweisen" erfordert und erlaubt eine Prüfung, ob im konkreten Einzelfall für den Antragsteller besondere Schwierigkeiten bestehen. Dabei sind alle Umstände des Falles wie der Streitgegenstand, die begründeten Erfolgsaussichten des Rechtsschutzsuchenden, die Bedeutung des Rechtsstreites für diesen, die Komplexität des geltenden Rechtes und des anwendbaren Verfahrens sowie die Fähigkeiten des Rechtsschutzsuchenden, sein Anliegen wirksam zu verteidigen, abzuwägen.

Damit schließt § 292 Abs. 1 BAO die Gewährung von Verfahrenshilfe im Einzelfall nicht schon deshalb aus, weil objektiv keine komplexe, besonders schwierige Frage rechtlicher Art vorliegt. In verfassungskonformer Auslegung können zum einen auch besondere Schwierigkeiten bei der Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhaltes, also Fragen tatsächlicher Natur, einen Anspruch auf Verfahrenshilfe begründen, zumal Tatsachenfragen regelmäßig in Rechtsfragen münden; und zum anderen sind stets auch die Fähigkeiten des betroffenen Antragstellers zu berücksichtigen, sein Anliegen wirksam zu vertreten."

Die beantragte Verfahrenshilfe bezieht sich auf die Beschwerde des Antragstellers vom 14. Oktober 2024 gegen die Bescheide vom 1. Juli 2024, mit denen gegenüber dem Antragsteller Eingabengebühr gemäß § 24a VwGG sowie eine Erhöhung dieser Gebühr gemäß § 9 Abs. 1 GebG 1957 festgesetzt wurde.

In Hinblick auf dieses Beschwerdeverfahren stellen sich einerseits Rechtsfragen betreffend die Rechtzeitigkeit der Beschwerde und andererseits Rechtsfragen betreffend ihre inhaltliche Erledigung:

Die am 14. Oktober 2024 erhobene Beschwerde gegen die mit 1. Juli 2024 datierten (und am 3. Juli 2024 in die Databox des Antragstellers eingelangten) Bescheide erscheint verspätet. Der Antragsteller bringt in diesem Zusammenhang vor, dass ihm die angefochtenen Bescheide nicht rechtswirksam zugestellt worden sei, da er der elektronischen Zustellung über die FinanzOnline-Databox nicht zugestimmt habe bzw. eine allfällige Zustimmung durch "Ankreuzen eines Kästchens" nicht bewusst geschehen sei und ein Versehen darstelle. Zur Erhebung des Rechtsmittels gegen diese Bescheide hat der Antragsteller zudem einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt.

Somit stellt sich zunächst hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Beschwerde die Frage, ob eine Zustellung über FinanzOnline im gegenständlichen Fall zulässig war und zu welchem Zeitpunkt die angefochtenen Bescheide zugestellt wurden. Falls die Beschwerdefrist versäumt sein sollte, ist weiters (im Rahmen des Antrags auf Wiedereinsetzung) zu prüfen, ob das Irren betreffend die rechtswirksame Zustellung über FinanzOnline ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis darstellt, dass den Antragsteller an der Einhaltung der Beschwerdefrist gehindert hat. Zudem ist zu beurteilen, inwieweit den Antragsteller ein Verschulden an diesem Fristversäumnis trifft.

Für den Fall, dass sich die Beschwerde als rechtzeitig erhoben erweist oder dem Antrag auf Wiedereinsetzung stattzugeben ist, ist im Rahmen der inhaltlichen Erledigung der Beschwerde zunächst zu prüfen, ob es sich bei der beschwerdegegenständlichen Eingabe des Antragstellers um eine gebührenauslösende Schrift iSd des § 24a VwGG (somit um eine Revision, einen Fristsetzungsantrag oder um einen Antrag betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens oder Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) handelt. Ist dies der Fall, ist abschließend festzustellen, ob die Eingabengebühr vorschriftsmäßig (und fristgerecht) entrichtet wurde oder die belangte Behörde gemäß § 203 BAO die Eingabegebühr sowie eine Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 1 GebG bescheidmäßig festzusetzen hatte.

In Zusammenhang mit der inhaltlichen Erledigung der Beschwerde bringt der Beschwerdeführer vor, dass die Eingabengebühr aufgrund eines Beschlusses eines Richters des ***Verwaltungsgerichts*** (damit ist wohl der amtliche Befund des ***Verwaltungsgerichts*** gemeint) bescheidmäßig festgesetzt worden sei, der ihm nicht zugestellt worden sei.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass eine allfällige Eingabengebührenschuld gemäß § 24a VwGG durch eine - an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete und im gegenständlichen Fall beim Verwaltungsgericht eingebrachte - Eingabe des Antragstellers ausgelöst wird (im gegenständlichen Fall liegt dem Beschwerdeakt ein entsprechendes Schreiben des Antragstellers vom 20. November 2023 bei; zudem bringt der Antragsteller selbst vor, dass ein "VwGH-Verfahren" betreffend den genannten Richter anhängig sei). Bei dem "Beschluss", auf den sich der Antragsteller beziehen dürfte, handelt es sich hingegen um eine interne Mitteilung ("amtlichen Befund"), mit dem das ***Verwaltungsgericht*** die belangte Behörde gemäß § 34 GebG 1957 darüber informiert hat, dass seiner Ansicht nach eine Verletzung der Gebührenvorschriften vorliege. Es ist im Gebührengesetz nicht vorgesehen, dass ein solcher Befund iSd § 34 GebG 1957 - der keine Gebührenschuld auslöst, sondern die belangte Behörde nur über eine allfällige (noch nicht entrichtete) Gebühr informiert - auch dem Antragsteller als Gebührenschuldner zuzustellen ist.

Die dargestellten für das antragsgegenständliche Beschwerdeverfahren maßgeblichen Fragen erscheinen dem Bundesfinanzgericht nicht mit besonderen Schwierigkeiten rechtlicher Art, die noch nicht durch die ständige Judikatur geklärt wären, verbunden. Ebenso wenig sind für das Bundesfinanzgericht besondere Schwierigkeiten bei der Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhaltes (Vorliegen der Zustimmung zur Zustellung mittels FinanzOnline, Inhalt des allfällig gebührenauslösenden Schriftsatzes, ordnungsgemäße Entrichtung einer allfällig dadurch ausgelösten Gebühr) erkennbar. Vielmehr liegt der Schwerpunkt des antragsgegenständlichen Beschwerdeverfahrens in der Würdigung dieser im Rahmen der Sachverhaltsermittlung festgestellten Tatsachen.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgericht sind daher keine rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten, die die Unterstützung des Antragstellers durch einen Rechtsanwalt oder Steuerberater erforderlich machen würden, erkennbar. Zudem kommt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in einem Verfahren, in dem keine Vertretungspflicht besteht, im Hinblick auf die bestehende Manuduktionspflicht und den Grundsatz der materiellen Wahrheit der Beigebung eines Rechtsanwaltes oder eines Steuerberaters als Verfahrenshelfer Ausnahmecharakter zu (vgl. VwGH vom 29. Jänner 2020, Ra 2019/13/0071). Dass ein derartiger Ausnahmefall gegenständlich vorliegt, ist nicht ersichtlich.

Die zu entscheidenden Rechtsfragen weisen keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher Art iSd § 292 BAO auf.

Da die Voraussetzungen für die Gewährung der Verfahrenshilfe kumulativ vorliegen müssen und die Voraussetzung des Vorliegens von Rechtsfragen mit besonderen Schwierigkeiten rechtlicher Art aus den dargestellten Gründen nicht erfüllt ist, war auf die weiteren Voraussetzungen (Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts; keine offenbare Mutwilligkeit oder Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung) nicht weiter einzugehen.

Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 292 Abs. 1 BAO war der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe daher abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.

Hinsichtlich der beantragten mündlichen Verhandlung und Ladung bzw. Einvernahme der Parteien und Zeugen ist der Antragsteller darauf hinzuweisen, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung betreffend die Frage der Bewilligung der Verfahrenshilfe in der Bundesabgabenordnung nicht vorgesehen ist.

Sollte sich die Beantragung einer mündlichen Verhandlung auf das Beschwerdeverfahren beziehen, so ist ein solcher Antrag in der Beschwerde selbst oder im Vorlageantrag zu stellen. Wie aus dem Wortlaut der Beschwerde ersichtlich ist, wurde der diesbezügliche Antrag dort ohnehin erhoben.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, da der Beschluss dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung des § 292 Abs. 1 BAO und der angeführten, dazu ergangenen höchstgerichtlichen Rechtsprechung folgt. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am 22. April 2025

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