IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** über die Beschwerde vom 3. September 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 14. August 2024 betreffend Zurückweisung des Antrags vom 10. August 2024 auf Erhöhungsbetrag (Familienbeihilfe) wegen erheblicher Behinderung ab August 2019 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Zurückweisungsbescheid vom 14. August 2024 hat die belangte Behörde den Antrag auf Familienbeihilfe ab August 2019 zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Zurückweisung erfolgt sei, weil über den Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe bereits mit dem Bescheid vom 16.1.2024 abgesprochen worden sei. Dieser Bescheid sei bereits rechtskräftig.
In ihrer rechtzeitigen Beschwerde vom 3. September 2024 führte die Beschwerdeführerin aus, dass dem Antrag stattzugeben sei, da es sich um eine Erbkrankheit handle, die seit der Geburt vorliege.
In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom 10. Jänner 2025 wurde begründend Folgendes ausgeführt:
"Aufgrund Ihrer eingebrachten Beschwerde vom 4.9.2024 gegen den Zurückweisungsbescheid vom 14.8.2024 wurde neuerlich ein Gutachten beim Sozialministeriumservice angefordert. Das neue Gutachten vom 9.1.2025 bestätigt, dass ab 1.9.2014 eine Behinderung im Ausmaß von 60% vorliegt. Es wurde jedoch auch bestätigt, dass keine dauernde Erwerbunfähigkeit vorliegt. Gemäß § 6 Abs.2 lit. d Familienlastenausgleichsgesetz 1967 haben Sie Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn Sie voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig sind. Die Erwerbsunfähigkeit muss vor dem 21. Geburtstag oder während einer Berufsausbildung vor dem 25. Geburtstag eingetreten sein. Bei Ihnen trifft dies nicht zu. Ihr neuerlicher Antrag vom 10.8.2024 eingebracht am 12.8.2024 war wegen bereits entschiedener Sache (res iudicata) unzulässig. Eine solche liegt nach übereinstimmender Rechtsprechung und Literatur dann vor, wenn seit Erlassung des ersten Bescheides die maßgebliche Sach- und Rechtslage in den entscheidungswichtigen Punkten unverändert geblieben ist, somit dann, wenn sich weder die Rechtslage noch der Sachverhalt derart wesentlich geändert haben, dass dies zu einer anderen Beurteilung der Verwaltungssache führen würde. Mit Abweisungsbescheid vom 16.1.2024 wurde über den Anspruch auf den Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung von Ihnen ab 07/2018 bereits abgesprochen. Seither hat sich weder der entscheidungsrelevante Sachverhalt (es liegt nach wie vor keine dauernde Erwerbsunfähigkeit vor) noch die maßgebliche Rechtslage dahingehend wesentlich geändert, dass eine andere Beurteilung der Verwaltungssache (Anspruch auf Familienbeihilfe) zu erfolgen hätte. Die Zurückweisung Ihres Antrags auf Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung erging daher zu Recht."
Dagegen wurde am 22. Jänner 2025 ein Vorlageantrag eingebracht, der sich inhaltlich auf die Frage der dauernden Erwerbsunfähigkeit bezog.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Mit Abweisungsbescheid vom 16.1.2014 wurde der Antrag auf erhöhte Familienbeihilfe der Beschwerdeführerin für strittigen Zeitraum abgewiesen. Gegen diesen Bescheid wurde kein Rechtsmittel erhoben.
Mit Zurückweisungsbescheid vom 14.8.2024 wurde ein neuerlicher Antrag auf erhöhte Familienbeihilfe der Beschwerdeführerin für den Zeitraum ab August 2019 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Familienbeihilfenakt.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Nach § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
Entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen des FLAG ist grundsätzlich die Klärung der Frage, ob Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, jeweils für den einzelnen Monat zu treffen, wobei eine diesbezügliche Entscheidung über die Gewährung von monatlich wiederkehrenden Leistungen immer ein zeitraumbezogener Anspruch ist. Ein Bescheid über die Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe "ab" einem bestimmten Anspruchszeitraum, ohne im Spruch einen Endpunkt festzusetzen, gilt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs jedenfalls für den Zeitraum bis einschließlich jenes Kalendermonats, in welchem der Bescheid erlassen wird, ungeachtet dessen, ob sich zwischen dem Anfangszeitpunkt und diesem Zeitpunkt die Sach- oder Rechtslage geändert hat. Ein solcher Bescheid gilt jedoch über diesen Zeitpunkt der Bescheiderlassung hinaus so lange weiter, als sich die der Bescheiderlassung zugrunde liegende Sach- und Rechtslage nicht ändert (vgl. ausdrücklich VwGH 29.9.2011, 2011/16/0065, und VwGH 25.3.2010, 2009/16/0121). Wird somit nach Erlassung eines solchen Bescheides neuerlich ein Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe gestellt, so hat das Finanzamt zu prüfen, ob oder zu welchem Zeitpunkt sich die Sach- und Rechtslage geändert hat. Für den Zeitraum vom Zeitpunkt, ab dem die Familienbeihilfe neuerlich beantragt wurde, bis zu einem späteren Zeitpunkt, in dem sich die Sach- und Rechtslage gegenüber dem ersten Bescheid geändert hat (auch wenn dieser Zeitpunkt nach dem Zeitpunkt der Erlassung des ersten Bescheides liegt), liegt durch den ersten Bescheid res iudicata vor. Für diesen Zeitraum ist der neuerliche Antrag zurückzuweisen. Eine meritorische Entscheidung über den neuerlichen Antrag hat nur insoweit zu erfolgen, als sich die Sach- oder Rechtslage seit Erlassung des Bescheides über den seinerzeitigen Antrag geändert hat und dem neuerlichen Antrag auch nach Änderung der Sach- oder Rechtslage nicht vollinhaltlich entsprochen wird (VwGH 26.4.2018, Ra 2018/16/0003).
Im vorliegenden Fall wurde der Antrag auf erhöhte Familienbeihilfe mit Abweisungsbescheid vom 16.1.2024 abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin bringt in ihrer Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid vom 14.8.2024 vor, dass dem Antrag stattzugeben sei, da es sich um eine Erbkrankheit handle, die seit der Geburt vorliege.
Ein geänderter Sachverhalt für den strittigen Zeitraum ab August 2019 im Vergleich jenem Sachverhalt im Verfahren, über den der Abweisungsbescheid vom 16.1.2024 absprach, liegt nicht vor, wie das neuerlich einholte Gutachten beweist.
Behauptete Tatsachen, die bereits zur Zeit des ersten Verfahrens bestanden haben, die die Beschwerdeführerin jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, sind von der Rechtskraft der über den Erstantrag absprechenden Entscheidung erfasst (vgl. dazu VwGH vom 3.4.2019, Ra 2019/20/0104 und vom 28.2.2019, Ra 2019/01/0008 bis 0010 zu Asylangelegenheiten). Auch die relevante Rechtslage hat sich seit diesen Zeiträumen nicht verändert. Zu den Bescheidwirkungen zählt unter anderem die formelle und materielle Rechtskraft der Entscheidung. Formell rechtskräftig ist ein Bescheid dann, wenn er durch ordentliche Rechtsmittel nicht mehr anfechtbar ist. Unter materieller Rechtskraft ist die Unwiderrufbarkeit und die Unwiederholbarkeit des Bescheides zu verstehen (vgl. Ritz/Koran, BAO, 2021, § 92, Rz 5 mit Verweis auf VwGH 9.9.2013, 2010/17/0274, 0275). Über eine in Rechtskraft erwachsene Entscheidung darf in der Sache nicht nochmals entschieden werden (res iudicata) (vgl. z.B. VwGH 28.4.2017, Ra 2017/03/0027).
Die Zurückweisung erfolgte daher zu Recht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im vorliegenden Fall die wesentlichen Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs geklärt sind, war die Revision nicht zuzulassen.
Wien, am 3. Juni 2025