BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Mag. Markus Knechtl LL.M., die Richterin Mag.a Gertraud Hausherr und die fachkundigen Laienrichter Mag. Johannes Denk und Mag Markus Fischer, BA in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Deloitte Tax Wirtschaftsprüfungs GmbH, Renngasse 1 Tür Freyung, 1010 Wien, und ***Stb***, betreffend Beschwerde vom 30. November 2018 gegen die Bescheide des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart -) vom 30. Juli 2018 betreffend Wiederaufnahme betreffend Gruppenfeststellungsbescheid 2013 und Gruppenfeststellungsbescheid 2013 und -) vom 6. August 2018 betreffend Wiederaufnahme betreffend Gruppenfeststellungsbescheid 2014 und Gruppenfeststellungsbescheid 2014 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29. August 2024 in Anwesenheit von Stb Mag. Robert Rzeszut und Stb Mag. Arnold Binder für Deloitte Tax Wirtschaftstsprüfungs GmbH für die Beschwerdeführerin sowie ***Bf1_Vertr1*** und ***Bf1_Vertr2*** für die Beschwerdeführerin und von HR Mag. Ursula Haidenthaller, HR Mag. Josef-Christian Kormesser und Mag. Thomas Sundström BSc (WU) für die belangte Behörde zur Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:
I. Die Beschwerde gegen die Feststellungsbescheide Gruppenträger 2013 und 2014 wird gemäß § 261 Abs. 2 BAO als gegenstandslos erklärt.
II. Der Vorlageantrag vom 4.7.2019 wird hinsichtlich der Wiederaufnahmebescheide für die Feststellungsbescheide Gruppenträger 2013 und 2014 gemäß § 260 Abs 1 lit a BAO iVm § 264 Abs 4 lit e BAO als unzulässig zurückgewiesen.
III. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Sachverhalt
Nach Abschluss einer Außenprüfung wurden unter anderem folgende Bescheide erlassen:
Am 30.7.2018 erließ das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart (belangte Behörde) hinsichtlich des Jahres 2013 -) einen Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Feststellungsbescheid Gruppenträger 2013-) einen Feststellungsbescheid Gruppenträger 2013 und-) einen Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2013 gem § 295 Abs 1 BAO.
Am 6.8.2018 erließ das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart (belangte Behörde) hinsichtlich des Jahres 2014 -) einen Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Feststellungsbescheid Gruppenträger 2014-) einen Feststellungsbescheid Gruppenträger 2014 und-) einen Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2014 gem § 295 Abs 1 BAO.
Die Beschwerde vom 30.11.2018 richtet sich gegen die Wiederaufnahmebescheide und gegen die Feststellungsbescheide Gruppenträger.
Am 27.5.2019 erließ die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich der Wiederaufnahmebescheide; am 3.6.2019 erließ die belangte Behörde Beschwerdevorentscheidungen hinsichtlich der Feststellungsbescheide Gruppenträger. Die Beschwerdevorentscheidung vom 27.5.2019 wurde vom Zusteller hinterlegt, obwohl Mitarbeiter der Beschwerdeführerin an der Abgabestelle anwesend waren.Am 4.6.2019 beantragte die Beschwerdeführerin im Rahmen eines Vorlageantrages, die angefochtenen Wiederaufnahmebescheide sowie die Feststellungsbescheide aufzuheben. Am 8.9.2022 erließ die belangte Behörde (erneut) eine Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich der Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide; auch dagegen wurde ein Vorlageantrag eingebracht.
Mit Erkenntnis vom 27.9.2024, RV/7103324/2022 hat das Bundesfinanzgericht der Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend Feststellungsbescheid Gruppenträger 2013 und 2014 Folge gegeben.
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich einerseits aus dem Akteninhalt und andererseits aus den angeführten Entscheidungen. Darüber hinaus geht die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme vom 14.9.2022 davon aus, dass die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung (datiert mit 27.5.2019) nicht rechtmäßig war.
Rechtslage
§ 261 BAO lautet:
8. Gegenstandsloserklärung der Beschwerde
§ 261. (1) Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären, wenn dem Beschwerdebegehren Rechnung getragen wirda) in einem an die Stelle des angefochtenen Bescheides tretenden Bescheid oderb) in einem den angefochtenen Bescheid abändernden oder aufhebenden Bescheid.
(2) Wird einer Bescheidbeschwerde gegen einen gemäß § 299 Abs. 1 oder § 300 Abs. 1 aufhebenden Bescheid oder gegen einen die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid (§ 307 Abs. 1) entsprochen, so ist eine gegen den den aufgehobenen Bescheid ersetzenden Bescheid (§ 299 Abs. 2 bzw. § 300 Abs. 3) oder eine gegen die Sachentscheidung (§ 307 Abs. 1) gerichtete Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären.
§ 264 BAO lautet:
10. Vorlageantrag
§ 264. (1) Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.
(2) Zur Einbringung eines Vorlageantrages ist befugta) der Beschwerdeführer, fernerb) jeder, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt.
(3) Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt. Die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung wird durch den Vorlageantrag nicht berührt. Bei Zurücknahme des Antrages gilt die Bescheidbeschwerde wieder als durch die Beschwerdevorentscheidung erledigt; dies gilt, wenn solche Anträge von mehreren hiezu Befugten gestellt wurden, nur für den Fall der Zurücknahme aller dieser Anträge.
(4) Für Vorlageanträge sind sinngemäß anzuwenden:a) § 93 Abs. 4 und 5 sowie § 245 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 5 (Frist),b) § 93 Abs. 6 und § 249 Abs. 1 (Einbringung),c) § 255 (Verzicht),d) § 256 (Zurücknahme),e) § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung),f) § 274 Abs. 3 Z 1 und 2 sowie Abs. 5 (Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung).
(5) Die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt dem Verwaltungsgericht.
(6) Erfolgt die Vorlage der Bescheidbeschwerde an das Verwaltungsgericht nicht innerhalb von zwei Monaten ab Einbringung des Vorlageantrages bzw. in den Fällen des § 262 Abs. 3 und 4 (Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung) ab Einbringung der Bescheidbeschwerde, so kann die Partei (§ 78) beim Verwaltungsgericht eine Vorlageerinnerung einbringen. Diese wirkt wie eine Vorlage der Beschwerde. Sie hat die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der Beschwerdevorentscheidung und des Vorlageantrages zu enthalten.
(7) Durch die Aufhebung einer Beschwerdevorentscheidung scheidet der Vorlageantrag aus dem Rechtsbestand aus.
§ 307 Abs 3 BAO lautet:
(3) Durch die Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat.
Rechtliche Beurteilung
Bei Vorliegen einer Beschwerde gegen einen Wiederaufnahmebescheid und gegen den im wiederaufgenommenen Verfahren ergangenen Sachbescheid widerspricht es dem Gesetz, die Beschwerde gegen die Wiederaufnahme unerledigt zu lassen und vorerst über die Beschwerde gegen den neuen Sachbescheid abzusprechen (vgl. VwGH 11.12.2019, Ra 2019/13/0091, mwN). Wird der Wiederaufnahmebescheid aufgehoben, tritt nach § 307 Abs. 3 BAO das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat. Durch die Aufhebung des Wiederaufnahmebescheides scheidet der neue Sachbescheid ex lege aus dem Rechtsbestand aus und der alte Sachbescheid lebt wieder auf (VwGH 28.2.2012, 2009/15/0170).
Gem § 261 Abs 2 BAO ist eine gegen die Sachentscheidung - nach verfügter Wiederaufnahme - gerichtete Beschwerde mit Beschluss durch das Verwaltungsgericht als gegenstandslos zu erklären, wenn einer Bescheidbeschwerde gegen einen die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden Bescheid entsprochen wurde.
Die Beschwerden gegen den Feststellungsbescheid Gruppenträger 2013 vom 30.7.2018 und Feststellungsbescheid Gruppenträger 2014 vom 6.8.2018 waren somit als gegenstandslos zu erklären, weil diese Erledigungen als Folge des Wegfalls der diesbezüglichen Wiederaufnahmebescheide nicht mehr dem Rechtsbestand angehören.
Ein Bescheid gehört (erst) mit seiner Erlassung dem Rechtsbestand an. Gemäß § 97 Abs 1 BAO werden Erledigungen (der Abgabenbehörden) dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind (VwGH 19.10.2011, 2008/08/0210). Voraussetzung für eine Wirksamkeit der Erledigung ist neben der gesetzmäßigen Bezeichnung des Bescheidadressaten auch die Zustellung an den Adressaten (VwGH 30.9.2015, Ra 2014/15/0023). Die Frage, ob eine als Bescheid intendierte Erledigung wirksam geworden ist, ist nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Verwirklichung des den Tatbestand der Zustellung erfüllenden Sachverhaltes zu beurteilen (VwGH 19.10.2017, Ra 2016/16/0112).
Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass eine Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichts nur dann gegeben ist, wenn zuvor von der belangten Behörde eine Beschwerdevorentscheidung erlassen wurde. Das hat letztlich zur Folge, dass eine von der belangten Behörde in Folge eines bei ihr eingelangten Vorlageantrages dem Bundesfinanzgericht vorgelegte Beschwerde, die ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung (abgesehen von den in § 262 Abs 2 BAO taxativ aufgezählten Fällen) gemäß § 265 BAO vorgelegt wurde, auch die Unwirksamkeit des Vorlageantrages nach sich zieht. Ein Vorlageantrag kann nämlich nur gegen eine wirksam ergangene Beschwerdevorentscheidung gestellt werden; anderenfalls hat die beschlussmäßige Zurückweisung durch das Verwaltungsgericht zu erfolgen (BFG 15.5.2014, RV/7200006/2014; VwGH 11.9.2014, Ra 2014/16/0013). Genauso verhält es sich mit Vorlageanträgen, die (etwa vorsorglich) zu früh gestellt wurden: ein vor Zustellung der Beschwerdevorentscheidung eingebrachter Vorlageantrag ist wirkungslos und wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen (Althuber in Althuber/Tanzer/Unger (Hrsg), BAO Handbuch (2015) zu § 264 BAO, Seite 741; Ritz/Koran, BAO7, § 264 Tz 6 mwN).
Der Vorlageantrag vom 4.6.2019 war somit, soweit er eine Vorlage einer Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide vom 30.7.2018 betreffend Feststellung Gruppenträger 2013 bzw vom 6.8.2018 betreffend Feststellung Gruppenträger 2014 betrifft, zurückzuweisen.
Revisionszulassung
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, es liegt daher kein Grund für eine Revisionszulassung vor.
Wien, am 27. September 2024