RS0129198 – AUSL EuGH Rechtssatz
EuGH 3.10.1985 - Rs C-119/84
1. Art 39 EuGVÜ beschränkt sich darauf, den Grundsatz aufzustellen, daß die Partei, die die Vollstreckung beantragt hat, innerhalb des in diesem Artikel angegebenen Zeitraums die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners in Form von Sicherungsmaßnahmen durchführen darf. Dagegen überläßt das Übereinkommen dem Verfahrensrecht des Vollstreckungsstaats die Regelung aller Fragen, die nicht Gegenstand spezieller Bestimmungen des Übereinkommens sind. Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, daß die Anwendung der Vorschriften des innerstaatlichen Verfahrensrechts des Vollstreckungsstaats in keinem Fall dazu führen darf, daß die insoweit vom Übereinkommen selbst, und zwar insbesondere in Art 39 EuGVÜ ausdrücklich oder stillschweigend aufgestellten Grundsätze in Frage gestellt werden. Die Frage, ob diese oder jene Vorschrift des innerstaatlichen Verfahrensrechts des Vollstreckungsstaats auf Sicherungsmaßnahmen, die aufgrund von Art 39 EuGVÜ getroffen worden sind, anwendbar ist, hängt daher vom Inhalt der einzelnen nationalen Vorschriften und ihrer Vereinbarkeit mit den in Art 39 EuGVÜ aufgestellten Grundsätzen ab.
2. Nach Art 39 EuGVÜ kann die Partei, auf deren Antrag die Zwangsvollstreckung zugelassen worden ist, unmittelbar die auf Sicherungsmaßnahmen beschränkte Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners betreiben, ohne hierfür eine besondere Ermächtigung erwirken zu müssen. Diese Maßnahmen können bis zum Ablauf der in Art 36 EuGVÜ vorgesehenen Rechtsbehelfsfrist und, falls ein solcher Rechtsbehelf eingelegt wird, bis zur Entscheidung darüber vorgenommen werden.
Die Partei, die Sicherungsmaßnahmen im Sinn des Art 39 EuGVÜ betrieben hat, muß hierfür nicht eine bestätigende Gerichtsentscheidung erwirken, wie sie nach dem nationalen Recht des Vollstreckungsstaats erforderlich ist. Art 39 EuGVÜ läßt es jedoch der von der Vollstreckung dieser Maßnahmen betroffenen Partei unbenommen, die Gerichte anzurufen, um mit Hilfe der im nationalen Recht des Vollstreckungsstaats vorgesehenen geeigneten Verfahren einen angemessenen Schutz ihrer durch die fraglichen Maßnahmen angeblich verletzten Rechte zu erreichen.
P Capelloni und F Aquilini gegen J C J Pelkmans
Ersuchen um Vorabentscheidung, vorgelegt vom Corte Suprema di Cassazione (Italien).
Veröff: Slg der Rechtsprechung des EuGG und des EuG 1985, S 3147 - 3164