JudikaturAUSL EKMR

Bsw31779/96 – AUSL EKMR Entscheidung

Entscheidung
22. Oktober 1998

Kopf

Europäische Kommission für Menschenrechte, Kammer I, Beschwerdesache Swoboda gegen Österreich, Zulässigkeitsentscheidung vom 22.10.1998, Bsw. 31779/96.

Spruch

Art. 6 Abs. 1 EMRK - Rechtsanwaltsprüfung und Recht auf ein unabhängiges und unparteiisches Gericht.

Unzulässigkeit der Beschwerde (einstimmig).

Text

Begründung:

Sachverhalt:

Der Bf. war vom 1.4.1987 bis zum 31.12.1988 in der Finanzprokuratur tätig, wobei diese Tätigkeit der bei einem Rechtsanwalt gleichzuhalten ist. Am 14.12.1988 legte er die erste Teilprüfung zur Rechtsanwaltsprüfung ab. Von 1.1.1989 bis zum 31.12.1989 ließ er sich bei der Finanzprokuratur karenzieren, um als Angestellter eines Unternehmens in der Privatwirtschaft (Leiter der Rechtsabteilung) tätig zu werden. Nach Ablauf der Karenzzeit blieb der Bf. im Unternehmen. Am 6.5.1992 beantragte er beim Präses der Rechtsanwaltsprüfungskommission beim OLG Wien die Zulassung zur zweiten Teilprüfung zur Rechtsanwaltsprüfung. Dieser Antrag wurde am 1.10.1993 abgewiesen. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf. Berufung, dieser wurde jedoch mit Bescheid der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission der Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (im folgenden: OBDK) keine Folge gegeben: Die Karenzzeit des Bf. bei der Finanzprokuratur könne nicht auf die erforderliche zweijährige Berufserfahrung angerechnet werden. Eine Bsw. an den VfGH blieb erfolglos.

Rechtliche Beurteilung

Rechtsausführungen:

Der Bf. behauptet, seine Sache sei entgegen Art. 6 (1) EMRK nicht in billiger Weise öffentlich und in angemessener Frist von einem unabhängigen und unparteiischen Gericht gehört worden.

Zur behaupteten Unangemessenheit der Verfahrensdauer: In Betracht gezogen wird der Zeitraum vom 6.5.1992 (Antrag zur zweiten Teilprüfung) bis 16.1.1996 (Datum der Zustellung des Erkenntnisses des VfGH); das sind 3 Jahre, 8 Monate und 10 Tage. Das vorliegende Verfahren umfasste insgesamt 3 Instanzen. Die Gesamtdauer des Verfahrens war demnach nicht unangemessen.

Zum behaupteten Mangel einer mündlichen Verhandlung: Im RAPG sind für Verfahren der ersten und zweiten Instanz keine mündlichen Verhandlungen vorgesehen. In solchen Fällen ist es ausreichend, dass ein nachprüfendes Gericht volle Kognitionsbefugnis hat. Der Bf. war demnach grundsätzlich zu einer mündlichen Verhandlung im Verfahren vor dem VfGH berechtigt. Die Frage ist, ob der Bf. auf dieses Recht verzichtet hat. Ein solcher Verzicht muss in unmissverständlicher Weise zum Ausdruck gebracht werden und darf keinem wichtigen öffentlichen Interesse zuwiderlaufen. Da der Bf. bereits selbst längere Zeit als Jurist tätig gewesen war, konnte angenommen werden, dass er die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem VfGH beantragt hätte. Ein solcher Antrag wurde nicht gestellt, daher wird davon ausgegangen, er habe unmissverständlich auf dieses Recht verzichtet. Keine Verletzung des Rechts auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Zur behaupteten Befangenheit der entscheidenden Organe: Diesen Vorwurf konnte der Bf. nicht ausreichend darlegen. Alleine, dass in einem ähnlich gelagerten Fall anders entschieden wurde, reicht nicht aus, um eine Parteilichkeit der entscheidenden Organe festzustellen.

Zur behaupteten mangelhaften Begründung des VfGH-Erkenntnisses: Art. 6 (1) EMRK verlangt nicht, dass sich ein Gericht mit allen im Verlauf des Verfahrens vorgetragenen Argumenten der Parteien auseinandersetzt. Es gibt keinen Hinweis auf eine wie auch immer geartete Unfairness der gegenständlichen Verfahren. Die Bsw. ist hinsichtlich aller Beschwerdepunkte unzulässig (einstimmig).

Hinweis:

Das vorliegende Dokument über die Zulässigkeitsentscheidung der EKMR vom 22.10.1998, Bsw. 31779/96, entstammt der Zeitschrift „ÖIMR-Newsletter" (NL 1999, 9) bzw. der entsprechenden Datenbank des Österreichischen Institutes für Menschenrechte, Salzburg, und wurde von diesem dem OGH zur Aufnahme in die Entscheidungsdokumentation Justiz im RIS zur Verfügung gestellt.

Die Zulässigkeitsentscheidung im englischen Originalwortlaut

(pdf-Format):

www.menschenrechte.ac.at/orig/99_1/Swoboda.pdf

Das Original der Zulässigkeitsentscheidung ist auch auf der Website des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (www.echr.coe.int/hudoc) abrufbar.

Rückverweise