JudikaturAUSL EKMR

Bsw30488/96 – AUSL EKMR Entscheidung

Entscheidung
03. Dezember 1997

Kopf

Europäische Kommission für Menschenrechte, Kammer I, Beschwerdesache Naser Palushi gegen Österreich, Zulässigkeitsentscheidung vom 3.12.1997, Bsw. 30488/96.

Spruch

Art. 5 Abs. 1 EMRK, Art. 5 Abs. 4 EMRK, Art. 6 EMRK, Art. 13 EMRK, § 41 FrG 1992 - Schubhaftbeschwerdeverfahren: Überprüfungsbefugnis der UVS bei behaupteter Unzulässigkeit der Abschiebung. Unzulässigkeit der Beschwerde (einstimmig).

Text

Begründung:

Sachverhalt:

Der Bf. ist Kosovo-Albaner und jugoslaw. Staatsbürger. Am 28.4.1994 wurde von der Bundespolizeidirektion Wien gemäß § 41 FrG die Schubhaft über ihn verhängt, da er sich seit 20.12.1993 illegal im Bundesgebiet aufgehalten hatte. Der Bf. verfügte weder über ein gültiges Reisedokument noch war er polizeilich gemeldet.

Er brachte daraufhin eine Bsw. beim UVS Wien ein: Die Schubhaft sei rechtswidrig, da er bei einer Abschiebung nach Jugoslawien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung iSv. Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Er werde dort wegen Wehrdienstverweigerung verfolgt.

Die Bsw. wurde abgewiesen. Eine dagegen erhobene Bsw. an den VfGH wurde an den VwGH abgetreten. Dieser wies die Bsw. ab: Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Schubhaft durch den UVS umfasst nicht die Überprüfung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat.

Rechtliche Beurteilung

Rechtsausführungen:

Der Bf. behauptet eine Verletzung von Art. 5 (1) EMRK (Recht auf Freiheit und Sicherheit), Art. 5 (4) EMRK (Recht auf eine gerichtliche Haftkontrolle), Art. 13 EMRK (Recht auf eine wirksame Bsw. vor einer nationalen Instanz) und Art. 6 EMRK (Recht auf ein faires Verfahren).

Art. 5 (1) (f) EMRK verlangt, dass jemand von einem gegen ihn schwebenden Ausweisungsverfahren betroffen ist. Es ist daher für die Zwecke dieser Bestimmung bedeutungslos, ob die der Überprüfung zugrundeliegende Ausweisungsentscheidung nach innerstaatlichem Recht oder nach der EMRK gerechtfertigt werden kann. Der Bf. war von einem gegen ihn schwebenden Ausweisungsverfahren betroffen iSv. Art. 5 (1) (f) EMRK.

Der Bf. behauptet, die Prüfungskompetenz des UVS genüge nicht den Anforderungen von Art. 5 (4) EMRK: Der UVS konnte im Verfahren über die Rechtmäßigkeit der Schubhaft nicht über die Unzulässigkeit der Abschiebung nach Jugoslawien entscheiden.

Die gerichtliche Haftprüfung gemäß Art. 5 (4) EMRK muss anhand der in Art. 5 (1) EMRK genannten Kriterien erfolgen. Daraus folgt, dass Art. 5 (4) EMRK nicht verlangt, dass die innerstaatlichen Gerichte für die Überprüfung der Abschiebungsentscheidung (decision to expel) zuständig sind.

Der Bf. behauptet in diesem Zusammenhang auch eine Verletzung von Art. 13 EMRK. Art. 5 (4) EMRK ist diesbezüglich die lex specialis, daher ist es nicht notwendig, den Fall im Hinblick auf Art. 13 EMRK zu prüfen.

Der Bf. behauptet weiters, der UVS sei kein unabhängiges und unparteiisches Tribunal iSv. Art. 6 EMRK, bringt diesbezüglich jedoch nur allgemeine Ausführungen über die organisatorische Einrichtung der UVS vor.

Die Bsw. ist somit hinsichtlich aller Behauptungen unzulässig

(einstimmig).

Hinweis:

Das vorliegende Dokument über die Zulässigkeitsentscheidung der EKMR vom 3.12.1997, Bsw. 30488/96, entstammt der Zeitschrift „ÖIMR-Newsletter" (NL 1998, 13) bzw. der entsprechenden Datenbank des Österreichischen Institutes für Menschenrechte, Salzburg, und wurde von diesem dem OGH zur Aufnahme in die Entscheidungsdokumentation Justiz im RIS zur Verfügung gestellt.

Die Zulässigkeitsentscheidung im englischen Originalwortlaut

(pdf-Format):

www.menschenrechte.ac.at/orig/98_1/N.P..pdf

Das Original der Zulässigkeitsentscheidung ist auch auf der Website des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (www.echr.coe.int/hudoc) abrufbar.

Rückverweise