JudikaturAUSL EGMR

Bsw15669/20 – AUSL EGMR Entscheidung

Entscheidung
26. September 2023

Kopf

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Große Kammer, Beschwerdesache Yüksel Yalçınkaya gg die Türkei, Urteil vom 26.9.2023, Bsw. 15669/20.

Spruch

Art 6, 7, 8, 11, 15, 46 EMRK - Verurteilung wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation aufgrund der Verwendung einer Messenger-App.

Zulässigkeit der Beschwerden (einstimmig).

Verletzung von Art 7 EMRK (11:6 Stimmen).

Verletzung von Art 6 Abs 1 EMRK (16:1 Stimmen).

Verletzung von Art 11 EMRK (einstimmig).

Entschädigung nach Art 41 EMRK: Die Feststellung einer Verletzung stellt für sich eine ausreichende gerechte Entschädigung für jeden etwaigen immateriellen Schaden dar, weshalb der Antrag auf gerechte Entschädigung in dieser Hinsicht abgewiesen wird (10:7 Stimmen). € 15.000,– für Kosten und Auslagen (14:3 Stimmen).

Befolgung der Urteile des EGMR gemäß Art. 46 EMRK: Ungeachtet möglicher genereller Maßnahmen, die zur Vermeidung oder Wiedergutmachung ähnlicher Verletzungen erforderlich sein können, wäre die Erneuerung des Strafverfahrens, so sie beantragt wird, der angemessenste Weg, um die im gegenständlichen Fall festgestellten Konventionsverletzungen zu beenden und dem Bf Wiedergutmachung zu leisten.

Text

Begründung:

Sachverhalt:

Nachdem in der Nacht vom 15. auf 16.7.2016 ein Militärputsch gescheitert war, erklärte die Türkei am 20.7.2016 den Notstand und gab am folgenden Tag eine Derogationserklärung gemäß Art 15 EMRK ab. Die Behörden machten die »Gülenistische Terrororganisation/Parallelstaatsstruktur – FETÖ/PDY« verantwortlich für den versuchten Staatsstreich.

Bereits vor dem Putschversuch hatte sich der Geheimdienst (Milli İstihbarat Teşkilatı, im Folgenden »MİT«) Zugang zum Server der verschlüsselten Messenger-App ByLock verschafft. Der MİT ging davon aus, dass diese App ausschließlich von Mitgliedern der FETÖ/PDY genutzt wurde. Nachdem der Geheimdienst die Rohdaten an die Staatsanwaltschaft weitergegeben hatte, leitete diese Ermittlungen gegen tausende Nutzer*innen wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in der FETÖ/ PDY ein. Im Zuge dieser Verfahren ordnete das Vierte Magistratsgericht Ankara die Prüfung der Rohdaten gemäß Art 134 der Strafprozessordnung an, was insb die Transkription ihres Inhalts mit sich brachte. (Anm: Art 134 der türkischen Strafprozessordnung regelt die Auswertung von auf Computern gespeicherten Daten und erlaubt unter anderem die Entschlüsselung sowie die Anfertigung von Kopien und Abschriften.).

Gemäß einem aufgrund der vom MİT erhaltenen Daten erstellten Bericht der Sicherheitsbehörden hatte auch der als Lehrer tätige Bf die ByLock-App genutzt.

Außerdem war er Mitglied der Gewerkschaft »Aktif Eğitim-Sen« und des »Vereins der ehrenamtlichen Pädagogen Kayseri«, die nach Ansicht der Behörden in einem Naheverhältnis zur FETÖ/PDY standen, und hatte ein Konto bei der ebenfalls in Verbindung zur Gülen-Bewegung stehenden Asya-Bank. Aufgrund dieses Berichts wurde der Bf am 6.1.2017 wegen der Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation angeklagt. Das Geschworenengericht Kayseri verurteilte ihn am 21.3.2017 zu sechs Jahren und drei Monaten Haft. Dabei stützte es sich insb auf die Verwendung von ByLock, die durch einen Bericht der Abteilung für organisierte Kriminalität bewiesen sei, wonach er sich am 3.10.2015 erstmals mit ByLock verbunden hatte. Da ByLock ausschließlich von Mitgliedern der FETÖ/PDY genutzt worden sei und es sich dabei um eine bewaffnete Terrororganisation handle, sei der Tatbestand des Art 314 Abs 2 Strafgesetzbuch erfüllt. Zudem würden auch seine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft und dem Verein sowie sein Konto bei der Asya-Bank für eine Verbindung zur FETÖ/PDY sprechen.

Das Berufungsgericht Ankara bestätigte dieses Urteil am 9.10.2017. Dabei erklärte es insb die Erlangung der Beweise durch den Geheimdienst über die Nutzung von der ByLock-App durch den Bf und deren Verwendung als Beweise im Strafverfahren für zulässig. Das Gericht hatte zwar zunächst einen genauen Bericht über die individuelle Nutzung von ByLock durch den Bf angefordert, dann aber sein Urteil erlassen, ohne dessen Vorlage abzuwarten. Auch die weiteren Rechtsmittel an den Kassationsgerichtshof und den Verfassungsgerichtshof blieben erfolglos.

Rechtliche Beurteilung

Rechtsausführungen:

Der Bf behauptete eine Verletzung von Art 6 (Recht auf ein faires Verfahren), Art 7 (Nulla poena sine lege), Art 8 (hier: Recht auf Achtung des Privatlebens) und von Art 11 EMRK (hier: Vereinigungsfreiheit).

Zur Derogationserklärung der Türkei

(212) Wie der GH in Mehmet Hasan Altan/TR [...] festgestellt hat, begründete der Putschversuch einen »das Leben der Nation bedrohenden öffentlichen Notstand« iSv Art 15 EMRK [...].

(213) [...] Ob die spezifischen Maßnahmen, die gegen den Bf ergriffen wurden, angesichts der Lage unbedingt erforderlich waren [...], wird im Rahmen der Prüfung der relevanten Beschwerdevorbringen in der Sache berücksichtigt werden.

Zur behaupteten Verletzung von Art 7 EMRK

(214) Der Bf brachte vor, die seiner Verurteilung zugrunde liegenden Handlungen wären zur relevanten Zeit rechtmäßig gewesen. Ihn dafür strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen, bedeute eine extensive und willkürliche Auslegung der geltenden Gesetze [...].

Zulässigkeit

(218) [...] Dieser Beschwerdepunkt ist nicht offensichtlich unbegründet [...] und auch aus keinem anderen Grund unzulässig. Er muss daher für zulässig erklärt werden (einstimmig).

In der Sache

Allgemeine Grundsätze

(238) Art 7 EMRK beschränkt sich nicht auf ein Verbot der rückwirkenden Anwendung des Strafrechts zum Nachteil eines Angeklagten. Er enthält auch den allgemeineren Grundsatz, dass nur das Gesetz eine Straftat definieren und eine Strafe vorschreiben kann (nullum crimen, nulla poena sine lege) sowie den Grundsatz, dass das Strafrecht nicht zum Nachteil des Angeklagten weit ausgelegt werden darf [...]. Aus diesen Grundsätzen folgt, dass eine Straftat im Gesetz klar definiert werden muss. [...]

(240) [...] Es liegt primär bei den innerstaatlichen Behörden, namentlich den Gerichten, Probleme der Auslegung der innerstaatlichen Gesetze zu lösen. Die Rolle des GH beschränkt sich darauf, sich zu vergewissern, ob die Auswirkungen einer solchen Auslegung mit der EMRK vereinbar sind.

(241) [...] Seine Prüfungsbefugnisse müssen jedoch größer sein, wenn das Konventionsrecht – im vorliegenden Fall Art 7 – selbst verlangt, dass es eine rechtliche Grundlage für eine Verurteilung [...] gab. [...]

(242) Die Anforderung der Zugänglichkeit und Vorhersehbarkeit bringt grundsätzlich mit sich, dass eine Maßnahme nur als Strafe iSv Art 7 EMRK angesehen werden kann, wenn ein Element der persönlichen Verantwortung seitens des Straftäters festgestellt wurde. [...] Diese Anforderung schließt das Bestehen gewisser Formen einer sich aus Strafbarkeitsvermutungen ergebenden objektiven Haftung nicht aus, vorausgesetzt sie entsprechen der Konvention. Konkret sollte es eine Vermutung einer Person nicht unmöglich machen, sich von den gegen sie erhobenen Vorwürfen zu entlasten.

Anwendung der allgemeinen Grundsätze auf den vorliegenden Fall

(243) Zunächst weist der GH darauf hin, dass es [...] weder seine Aufgabe ist festzustellen, ob der Bf die ihm vorgeworfenen Handlungen – insb die Verwendung der ByLock-App – tatsächlich gesetzt hat, noch über seine individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit zu entscheiden [...]. Die Rolle des GH besteht vielmehr darin, vom Standpunkt des Art 7 EMRK aus zu prüfen, ob seine Verurteilung den in dieser Bestimmung verankerten Grundsätzen der Rechtmäßigkeit und Vorhersehbarkeit entsprach.

(244) Der Bf wurde [...] wegen der Straftat der Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation verurteilt. Der GH wird sich daher zunächst vergewissern, ob eine solche Straftat zur Zeit der dem Bf zugeschriebenen Handlungen im innerstaatlichen Recht klar definiert war.

(245) [...] Die Verurteilung des Bf beruhte auf Art 314 Abs 2 des Strafgesetzbuchs, der für Mitglieder einer bewaffneten Organisation, die zum Zweck der Begehung eines der in Abs 1 genannten Delikte gegen die Sicherheit des Staats oder gegen die verfassungsmäßige Ordnung gebildet wurde, eine Freiheitsstrafe von fünf bis zehn Jahren vorsieht.

(246) Art 314 Abs 2 des Strafgesetzbuchs enthält selbst keine Definition von Terrorismus oder terroristischer Organisation. Diese werden im Gesetz zur Verhütung von Terrorismus dargelegt. Gemäß dessen § 1 [...] wird Terrorismus als jede Form einer unter Anwendung von Gewalt begangenen strafbaren Handlung definiert, durch die mit Mitteln von Druck, Terror, Einschüchterung, Unterdrückung oder Drohung eines der in dieser Bestimmung aufgelisteten Ziele verfolgt wird. [...] § 7 leg cit bestimmt, dass jene, die sich einer terroristischen Organisation anschließen, um unter Anwendung von Gewalt und mit den [genannten] Methoden [...] Straftaten für die in § 1 genannten Zwecke zu begehen, nach Art 314 des Strafgesetzbuchs zu bestrafen sind.

(247) Der rechtliche Rahmen betreffend die Straftat der Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation wird durch die Rsp des Kassationsgerichtshofs ergänzt, die weitere Klarheit sowohl über die Elemente einer bewaffneten Terrororganisation als auch über die Straftat der Mitgliedschaft in einer solchen schafft. [...]

(248) Der Kassationsgerichtshof hat [...] klargestellt, dass eine Verurteilung wegen Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation nur erfolgt, wenn anhand der Beständigkeit, Vielfalt und Intensität der Aktivitäten des Angeklagten dessen organische Verbindung zur bewaffneten Organisation festgestellt und nachgewiesen wurde, dass er sich wissentlich und willentlich in der hierarchischen Struktur der Organisation betätigte und deren Ziele teilte. Er hat zudem den subjektiven Tatbestand [...] als »direkte Absicht und Ziel, eine Straftat zu begehen« definiert. Daraus folgt, dass eine Person, die sich an einer Organisation beteiligt, wissen muss, dass diese Straftaten begeht oder dies beabsichtigt, und dass sie einen spezifischen Vorsatz zur Verwirklichung dieses Ziels haben muss. Auch wenn zur Verwirklichung des Delikts der Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation die tatsächliche Begehung einer Straftat im Zusammenhang mit den Aktivitäten und den Zielen der Organisation nicht erforderlich ist, muss die Person doch einen konkreten materiellen oder mentalen Beitrag zum tatsächlichen Bestehen der Organisation oder zu deren Stärkung geleistet haben.

(249) Angesichts der oben beschriebenen rechtlichen Bestimmungen und ihrer Auslegung durch die innerstaatlichen Gerichte erachtet der GH die Straftat, wegen der der Bf verurteilt wurde, [...] als dem Grundsatz der Rechtmäßigkeit nach Art 7 EMRK entsprechend festgeschrieben und definiert. Art 314 Abs 2 Strafgesetzbuch ist insb iVm dem Gesetz zur Verhinderung von Terrorismus und der Rsp des Kassationsgerichtshofs grundsätzlich mit ausreichender Präzision formuliert, um es dem Einzelnen zu ermöglichen zu erkennen, [...] welche Handlungen und Unterlassungen ihn strafbar machen.

(250) Der Bf brachte trotzdem vor, seine Verurteilung wäre hauptsächlich aus zwei Gründen mit Art 7 EMRK unvereinbar. Er behauptete, die FETÖ/PDY wäre zur Zeit der ihm zugeschriebenen Handlungen nicht als »bewaffnete Terrororganisation« gekennzeichnet gewesen. Und er brachte vor, er wäre aufgrund von rechtmäßigen Handlungen verurteilt worden, nachdem die einschlägigen Bestimmungen extensiv ausgelegt wurden. Das Bestehen der Tatbestandselemente [...] sei [...] nicht gebührend festgestellt worden, insb der subjektive Tatbestand. [...]

War die FETÖ/PDY zur Zeit der dem Bf zugeschriebenen Handlungen als terroristische Organisation gekennzeichnet?

(251) Den innerstaatlichen Urteilen und dem Vorbringen der Regierung zufolge hängt die offizielle Bestimmung [...] als »Terrororganisation« von einer gerichtlichen Entscheidung ab. [...] Die erste diesbezügliche rechtskräftige Entscheidung [...] erging am 7.3.2017. [...]

(253) Der GH anerkennt daher, dass die FETÖ/PDY noch nicht in der vom innerstaatlichen Recht vorgesehenen Art und Weise als bewaffnete Terrororganisation gekennzeichnet war, als der Bf die unterschiedlichen ihm vorgeworfenen Handlungen beging. Allerdings reicht dies alleine nicht aus, um die Verurteilung des Bf als unvereinbar mit Art 7 EMRK zu erachten. Denn wie aus den einschlägigen Urteilen der innerstaatlichen Gerichte [...] hervorgeht, schließt die Regel des türkischen Rechts betreffend die rechtliche Kennzeichnung einer terroristischen Organisation die Strafbarkeit von Gründern oder Mitgliedern der Organisation für vor einer solchen Kennzeichnung gesetzte Handlungen nicht aus, vorausgesetzt sie handelten »wissentlich und willentlich«. [...]

(254) Die relevante Frage ist daher [...] im vorliegenden Fall nicht, ob die FETÖ/PDY zur Zeit der dem Bf zugeschriebenen Handlungen als terroristische Organisation gebrandmarkt war. Die Frage ist vielmehr, ob seine Verurteilung wegen Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation angesichts der Anforderungen des innerstaatlichen Rechts ausreichend vorhersehbar war, insb was die [...] objektiven und subjektiven Tatbestandselemente betrifft, wie sie in Art 314 Abs 2 des Strafgesetzbuchs, dem Gesetz zur Verhinderung von Terrorismus und der relevanten Rsp des Kassationsgerichtshofs in Erscheinung treten.

Wurde die Mitgliedschaft des Bf in einer bewaffneten Terrororganisation den Anforderungen des innerstaatlichen Rechts entsprechend festgestellt?

(256) [...] Es reicht aus Sicht des Art 7 EMRK nicht aus, dass eine Straftat im innerstaatlichen Recht klar definiert ist. Ein Versäumnis der innerstaatlichen Gerichte, das einschlägige Recht zu befolgen, oder eine unvertretbare Auslegung und Anwendung desselben in einem bestimmten Fall kann als solche eine Verletzung von Art 7 EMRK begründen. Die Anforderung einer genauen gesetzlichen Definition von Straftaten würde [...] unterlaufen werden, wenn die innerstaatlichen Gerichte bei deren Anwendung und Auslegung auf einen konkreten Sachverhalt das Gesetz umgehen könnten.

(257) [...] Die Verurteilung des Bf wegen Mitgliedschaft in der FETÖ/PDY [...] ergab sich aus seiner angeblichen Verwendung der Messenger-App ByLock. Die innerstaatlichen Gerichte und die Regierung erachteten die Feststellung der Verwendung von ByLock als solche als ausreichend für eine Verurteilung. [...] Die übrigen dem Bf zugeschriebenen Handlungen – nämlich sein Bankkonto bei der Asya-Bank und die Mitgliedschaft bei einer Gewerkschaft und einem Verein – dienten nur der Erhärtung [...] und hätten nach Angaben der Regierung für sich alleine nicht für den Beweis der Mitgliedschaft des Bf bei der FETÖ/PDY ausgereicht [...].

(258) Wie von den innerstaatlichen Gerichten [...] betont wurde, [...] war die Verwendung von ByLock als solche nicht strafbar [...], sondern diente nur als Beweis zur Feststellung der Schuld [...]. Es wurde allerdings auch klar gemacht, dass die bloße Tatsache der Verwendung von ByLock unabhängig vom Inhalt der ausgetauschten Nachrichten und der Identität der Personen, mit denen kommuniziert wurde, für sich als eindeutiger Beweis für das Vorliegen aller [...] Tatbestandselemente der Straftat der Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation diente.

(259) [...] Obwohl ByLock von öffentlich zugänglichen Quellen bezogen werden konnte und seine angeblich einzigartigen Eigenschaften tatsächlich von einigen weit verbreiteten Apps geteilt wurden, anerkennt der GH, dass es sich um keine gewöhnliche, kommerzielle Messenger-App handelte und seine Verwendung prima facie auf irgendeine Verbindung zur Gülen-Bewegung hindeuten konnte.

(260) Wie der GH allerdings ebenfalls bemerkt, stellt Art 314 Abs 2 Strafgesetzbuch nicht die bloße Verbindung zu einem mutmaßlich kriminellen Netzwerk unter Strafe, sondern die Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation, die anhand der objektiven und subjektiven Tatbestandselemente [...] festzustellen ist. Dementsprechend [...] können nur Personen nach Art 314 Abs 2 Strafgesetzbuch verurteilt werden, deren Position in einer Terrororganisation eine Stufe erreicht hat, die ihre Einstufung als »Mitglied« dieser Organisation rechtfertigt. Daher muss der GH nachprüfen, ob die relevanten Tatbestandselemente [...] im Hinblick auf den Bf [...] gebührend festgestellt wurden und ob die Beurteilung dieser Tatbestandselemente durch die innerstaatlichen Gerichte im Fall des Bf eine vorhersehbare [...] Auslegung und Anwendung der genannten strafrechtlichen Bestimmung darstellte.

(262) [...] Zugegebenermaßen ist es nicht Aufgabe des GH unter Art 7 EMRK, die Relevanz oder das Gewicht zu beurteilen, das einem bestimmten Beweismittel beigemessen wurde. Allerdings ersetzte hier die Feststellung der Verwendung von ByLock über seinen Beweiswert hinaus in Umgehung der Anforderungen des Art 314 Abs 2 Strafgesetzbuch [...] eine individuelle Feststellung über das Vorliegen der objektiven und subjektiven Tatbestandselemente, was mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit unvereinbar ist und Art 7 EMRK auf den Plan ruft.

(263) In diesem Zusammenhang weist der GH auf das Fehlen jeder ernsthaften Erklärung in den Urteilen der innerstaatlichen Gerichte zu bestimmten Fragen hin, die den Kern der Straftat betreffen. Das gilt etwa dafür, wie die bloße Verwendung von ByLock unabhängig davon, was diese Verwendung konkret umfasste, direkt zur Schlussfolgerung führte, dass der Bf wusste, dass die FETÖ/PDY terroristische Ziele verfolgte [...], oder dass er sich selbst dem Willen der FETÖ/PDY unterworfen hatte, den spezifischen Vorsatz hinsichtlich der Verwirklichung ihrer Ziele hatte und als Teil der Hierarchie an ihren Aktivitäten teilnahm oder irgendeinen anderen konkreten [...] Beitrag zum Bestehen oder zur Stärkung der Organisation leistete, wie vom nationalen Recht gefordert.

(264) Die von den innerstaatlichen Gerichten vorgenommene Auslegung scheint eher eben jene Schlussfolgerungen vorauszusetzen, zu denen sie zu führen vorgibt, indem sie davon ausgeht, dass sich diese automatisch aus der bloßen Verwendung von ByLock ergeben. Damit erklärt sie einen Anwender dieser App für strafbar, ohne festzustellen, dass alle Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation (einschließlich des erforderlichen Vorsatzes) erfüllt sind. Dies ist nach Ansicht des GH nicht nur unvereinbar mit dem Kern des fraglichen Tatbestands [...], sondern auch mit dem durch Art 7 EMRK garantierten Recht, nicht bestraft zu werden, ohne dass eine mentale Verbindung besteht, aufgrund derer ein Element der persönlichen Strafbarkeit festgestellt werden kann.

(265) Damit soll nicht bestritten werden, dass die ByLock-App von einigen oder sogar von vielen Leuten als Werkzeug für eine »Organisationskommunikation« in jenem Sinn verwendet wurde, die diesem Begriff von den nationalen Behörden zugeschrieben wird. Es ist allerdings nicht nur unvorhersehbar, sondern auch mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit und der individuellen strafrechtlichen Verantwortung unvereinbar, aus dem Profil und der Kommunikation solcher Anwender entscheidende Schlussfolgerungen auf sämtliche Nutzer zu ziehen, ohne dass konkrete Inhalte oder andere relevante Informationen zu einem spezifischen Angeklagten vorliegen. [...] Die Schwierigkeiten, mit denen staatliche Behörden beim Eindringen in ein Kommunikationswerkzeug konfrontiert sind, das angeblich von einer Organisation benutzt wird, die nach der Verwendung dieses Werkzeugs als kriminell gekennzeichnet wurde, sind kein ausreichender Grund dafür, jene, die dieses Werkzeug vorher benutzt haben, in Missachtung der Garantien des Art 7 EMRK

gleichsam automatisch für strafrechtlich verantwortlich zu erklären.

(267) Angesichts des Vorstehenden muss der GH feststellen, dass die Verurteilung des Bf wegen Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation ohne individuelle Feststellung der Erfüllung aller Tatbestandselemente erfolgte. Dies widersprach den Anforderungen des innerstaatlichen Rechts und den Grundsätzen der Gesetzmäßigkeit und der Vorhersehbarkeit, die den Kern der Schutzes nach Art 7 EMRK bilden. [...] Obwohl die Verwendung von ByLock technisch nicht Teil des Tatbestands der fraglichen Straftat war, hatte die Auslegung der innerstaatlichen Gerichte die praktische Wirkung, die bloße Verwendung von ByLock damit gleichzusetzen, wissentlich und willentlich Mitglied einer bewaffneten Terrororganisation zu sein.

Schlussfolgerung

(269) Der GH ist sich der Schwierigkeiten bewusst, mit denen Staaten im Kampf gegen den Terrorismus [...] konfrontiert sind. [...] Er erinnert [...] an seine in einer Reihe von Fällen getroffene Feststellung [...], wonach der versuchte Militärputsch in der Türkei das Bestehen eines »öffentlichen Notstands, der das Leben der Nation bedroht«, offenbarte. Die Dringlichkeit und Ernsthaftigkeit der Situation, mit der die Behörden und Gerichte nach dem Putsch umgehen mussten, werden somit anerkannt.

(270) Es ist jedoch auch zu betonen, dass keine dieser Überlegungen bedeutet, dass die fundamentalen Garantien, die in Art 7 EMRK – einem nicht derogierbaren Recht, das den Kern des Rechtsstaatsprinzips bildet – enthalten sind, weniger streng angewendet werden können, wenn es um die Verfolgung und Bestrafung terroristischer Straftaten geht, selbst wenn diese angeblich unter Umständen begangen wurden, die das Leben der Nation bedrohen. [...]

(271) Nach Ansicht des GH ist es Sache der Staaten, ihre Terrorismusgesetze so anzupassen, dass sie die wachsenden Bedrohungen des Terrorismus [...] innerhalb der Grenzen des Grundsatzes nullum crimen, nulla poena sine lege effektiv bekämpfen können. Die Straftat der Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation nach türkischen Recht war zur relevanten Zeit ein Vorsatzdelikt und ist dies auch heute noch. Das Vorliegen bestimmter subjektiver Elemente ist daher eine conditio sine qua non. Dessen ungeachtet [...] leiteten die Feststellungen der innerstaatlichen Gerichte durch eine extensive Auslegung [...] aus der Verwendung von ByLock eine objektive Strafbarkeit ab. Diese extensive und unvorhersehbare Interpretation des Rechts [...] hatte nach Ansicht des GH die Wirkung, konstituierende Tatbestandselemente – nämlich den subjektiven Tatbestand – der Straftat zu beseitigen und diese wie ein Delikt mit verschuldensunabhängiger Haftung zu behandeln. Damit wich sie von den im innerstaatlichen Recht klar festgelegten Voraussetzungen ab. Der Anwendungsbereich der Straftat wurde damit in unvorhersehbarer Weise zum Nachteil des Bf ausgeweitet, was dem Ziel und Zweck von Art 7 EMRK widerspricht.

(272) Der GH kommt [...] zu dem Ergebnis, dass eine Verletzung von Art 7 EMRK stattgefunden hat (11:6 Stimmen; abweichendes Sondervotum der Richterinnen und Richter Ravarani, Bårdsen, Chanturia, Jelić, Felici und Yüksel).

Zur behaupteten Verletzung von Art 6 Abs 1 EMRK

(273) Der Bf brachte [...] vor, die sich auf seine Verwendung von ByLock beziehenden Daten, die den für seine Verurteilung entscheidenden Beweis darstellten, wären rechtswidrig erlangt worden und hätten daher nicht zugelassen werden dürfen. Zudem seien ihm die Daten nicht zugänglich gemacht worden [...] und die [...] Gerichte hätten sich ausschließlich auf deren einseitige Bewertung durch die Staatsanwaltschaft und andere Behörden gestützt, ohne diese direkt zu prüfen oder eine unabhängige Beurteilung zu veranlassen. Außerdem wären die seiner Verurteilung zugrunde liegenden Beweise [...] willkürlich bewertet und seine Einsprüche und Anträge [...] ignoriert worden [...].

Zulässigkeit

(281) [...] Dieser Beschwerdepunkt ist weder offensichtlich unbegründet [...] noch aus einem anderen Grund unzulässig. Er muss daher für zulässig erklärt werden (einstimmig).

In der Sache

(301) [...] Der Bf hat einige spezifische Fragen des fairen Verfahrens aufgeworfen, die nicht unter Art 7 EMRK zu behandeln waren. Der GH ist daher aufgefordert, unter Art 6 Abs 1 EMRK zu prüfen, ob die Verteidigungsrechte des Bf durch die verschiedenen behaupteten Versäumnisse beeinträchtigt wurden.

Die Beweise für die angebliche Verwendung von ByLock durch den Bf

(310) [...] Der GH stellt zunächst fest, dass es [...] nicht erforderlich ist zu entscheiden, ob die umstrittenen Beweise tatsächlich dem innerstaatlichen Recht entsprechend erlangt wurden und zulässig waren oder ob den [...] Gerichten [...] bei der Beweiswertung Fehler unterlaufen sind. Seine Aufgabe [...] besteht vielmehr darin, die Fairness des Verfahrens insgesamt zu beurteilen, einschließlich der Art der Gewinnung und Verwendung der Beweise und des Umgangs mit Einsprüchen betreffend die Beweise. [...] Es ist zu unterscheiden zwischen der Zulässigkeit von Beweisen – also der Frage, welche Beweiselemente dem zuständigen Gericht zur Behandlung vorgelegt werden dürfen – und dem Recht der Verteidigung im Hinblick auf Beweise, die dem Gericht tatsächlich übermittelt wurden. [...]

(311) [...] Wie bereits im Kontext der Prüfung unter Art 7 EMRK festgestellt wurde, beruhte die Verurteilung des Bf wegen Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation entscheidend auf der Feststellung, er habe die ByLock-App verwendet. Diese beruhte in erster Linie auf den vom MİT erlangten Daten [...]. Unter diesen Umständen waren die Qualität der umstrittenen Beweise und die Fähigkeit des Bf, diese in einem den Garantien des Art 6 Abs 1 EMRK entsprechenden Verfahren anzufechten, besonders wichtig. [...] Bevor der GH [diese Angelegenheiten] prüft, möchte er klären, ob die spezifische Natur der fraglichen Beweise – nämlich auf dem Server einer Internet-gestützten Kommunikations-App gespeicherte, verschlüsselte elektronische Daten – irgendeine Adaptierung der Anwendung der relevanten Garantien des Art 6 Abs 1 EMRK verlangt.

(312) Der GH anerkennt, dass elektronische Beweise in Strafverfahren angesichts der zunehmenden Digitalisierung aller Lebensbereiche allgegenwärtig geworden sind. [...] Der Rückgriff auf elektronische Beweise für die Verwendung eines verschlüsselten Nachrichtensystems, das speziell für eine kriminelle Organisation entwickelt und ausschließlich von dieser für ihre interne Kommunikation eingesetzt wurde, kann im Kampf gegen die organisierte Kriminalität sehr wichtig sein. [...] Elektronische Beweise unterscheiden sich in vielen Aspekten von herkömmlichen Formen der Beweise, etwa was ihre Natur und die für ihre Gewinnung, Sicherstellung, Verarbeitung und Auswertung erforderlichen besonderen Technologien betrifft. Noch entscheidender ist, dass sie besondere Fragen hinsichtlich ihrer Verlässlichkeit aufwerfen, weil sie ihrer Art nach anfälliger für Zerstörung, Beschädigung, Änderung oder Manipulation sind. [...]

(313) Dennoch verlangen diese Faktoren für sich nicht, die Gewährleistungen des Art 6 Abs 1 EMRK anders – sei es strenger oder milder – anzuwenden. [...]

Zur Qualität der Beweise

(314) Der Bf behauptete [...], die Verlässlichkeit der Daten wäre wegen der Tatsache zweifelhaft, dass der staatliche Geheimdienst die relevanten ByLock-Daten unter völliger Geheimhaltung und ohne jede richterliche Kontrolle oder andere von der Strafprozessordnung vorgesehene prozessuale Garantien erlangt und verarbeitet hat.

(316) Es ist nicht Sache des GH auszusprechen, ob und unter welchen Umständen und in welcher Form Geheimdienstinformationen in einem Strafverfahren als Beweis zugelassen werden dürfen. [...] Er anerkennt jedoch, dass ihre Verlässlichkeit in Fällen eher in Frage gestellt werden kann, in denen die Sammlung oder Verarbeitung solcher Informationen weder einer vorangehenden unabhängigen Genehmigung oder Kontrolle unterliegt noch einer nachfolgenden richterlichen Prüfung, oder wenn sie nicht von anderen prozessualen Sicherungen begleitet oder nicht von anderen Beweisen untermauert werden.

(317) [...] Dem GH liegen keine Hinweise vor, die daran zweifeln lassen, dass der MİT oder andere Behörden im Hinblick auf die ByLock-Daten gutgläubig handelten. Allerdings [...] sehen § 4 Abs 1 und § 6 Abs 1 des Geheimdienstgesetzes, auf die sich die innerstaatlichen Gerichte und die Regierung als Grundlage für das Handeln des MİT beriefen, keine prozessualen Sicherungen vor, die jenen entsprechen würden, die in Art 134 der Strafprozessordnung für die Sammlung elektronischer Beweise enthalten sind [...]. Überdies deutet nichts [...] darauf hin, dass der spätere Beschluss des Vierten Magistratsgerichts Ankara über die Behandlung der ByLock-Daten gemäß Art 134 Strafprozessordnung eine nachfolgende richterliche Überprüfung der Datensammlungsaktivitäten des MİT umfasst hätte. Angesichts dieses Umstands sowie der Tatsache, dass der MİT die relevanten Daten offensichtlich monatelang gespeichert hatte, bevor er sie an die Gerichte weitergab, stimmt der GH dem Argument der Regierung nicht zu, die Zweifel des Bf

hinsichtlich der Verlässlichkeit der ByLock-Daten wären [...] unbegründet [...]. Er wird daher prüfen, ob der MİT oder die Gerichte andere Maßnahmen ergriffen, um diese Zweifel zu zerstreuen.

(319) [...] Das Berufungsgericht Ankara forderte die Behörde für Kommunikationstechnologie auf, IP-Verbindungsdaten und Aufzeichnungen über Telefonverbindungen vorzulegen, um überprüfen zu können, ob der Bf, dessen Nutzer-ID anhand der vom MİT erlangten Rohdaten entdeckt worden war, sich tatsächlich von seinem Telefon aus mit der IP-Adresse von ByLock verbunden hatte. Aus diesen Metadaten, die [...] von den Serviceprovidern stammten, [...] wurde abgeleitet, dass sich der Bf tatsächlich mit der App verbunden hatte. [...]

(320) Die Rechtmäßigkeit, Richtigkeit und Verlässlichkeit dieser ergänzenden IP-Verbindungsdaten und Aufzeichnungen über Telefonverbindungen wurden vom Bf ebenfalls sowohl vor den innerstaatlichen Gerichten als auch vor dem GH bestritten [...]. [...]

(323) [...] Die IP-Verbindungsdaten wurden von den innerstaatlichen Gerichten nicht isoliert betrachtet, sondern in Kombination mit den vom ByLock-Server erlangten Daten und mit den Aufzeichnungen über Telefonverbindungen. Sie kamen zum Ergebnis, dass diese getrennten Datensätze zusammen betrachtet die Verwendung der ByLock-App durch den Bf bewiesen. Obwohl [...] die Umstände der Erlangung der ByLock-Daten durch den MİT aufgrund des Fehlens prozessualer Garantien zur Sicherstellung ihrer Integrität bis zur Übergabe an die Gerichte prima facie Zweifel hinsichtlich ihrer »Qualität« aufwarfen, liegen dem GH keine ausreichenden Elemente dafür vor, die Richtigkeit dieser Daten zu bestreiten – zumindest insoweit als sie die Verwendung der ByLock-App durch den Bf nachwiesen.

Zur Möglichkeit des Bf, die Beweise zu hinterfragen

(324) [...] Eine Beurteilung der Fairness des Verfahrens insgesamt muss sich auch darauf beziehen, ob dem Bf die Gelegenheit gegeben wurde, die Beweise zu hinterfragen und ihrer Verwendung zu widersprechen [...]. [...]

(325) Der Bf brachte in erster Linie vor, er wäre nicht in der Lage gewesen, die [...] sich auf ByLock beziehenden Beweise angemessen zu hinterfragen, weil ihm die vom MİT gewonnenen Daten [...] nicht zugänglich gemacht und diese auch keiner unabhängigen Überprüfung unterworfen worden seien [...]. [...]

(326) [...] Dem Bf standen alle Berichte über ByLock zur Verfügung, auf die sich die innerstaatlichen Gerichte im Strafverfahren stützten, und die Richtigkeit der sich auf ihn beziehenden ByLock-Daten war anhand von Daten, die aus anderen Quellen stammten, überprüft worden. [...] Ohne die Bedeutung dieser Faktoren zu vernachlässigen, erachtet sie der GH nicht als ausschlaggebend für die Frage, ob die Verteidigungsrechte des Bf [...] hinsichtlich der ByLock-Beweise gebührend geachtet wurden.

(327) In diesem Zusammenhang erinnert der GH daran, dass die Anforderung der Offenlegung »aller Sachbeweise« gegenüber der Verteidigung [...] nicht auf von der Anklage als relevant erachtete Beweise beschränkt werden kann. Sie umfasst vielmehr das gesamte sich im Besitz der Behörden befindliche Material, das für die Verteidigung potenziell relevant ist [...]. Die Tatsache, dass der Bf Zugang zu allen im Akt enthaltenen ByLock-Berichten hatte, bedeutet folglich nicht, dass er kein Recht [...] hatte, Zugang zu jenen Daten zu verlangen, auf denen diese Berichte beruhten.

(328) Auch die Tatsache, dass die sich auf den Bf beziehenden ByLock-Daten nach Ansicht der innerstaatlichen Gerichte mit anderen [...] Daten übereinstimmten, beseitigte nicht unbedingt dessen prozessuale Rechte hinsichtlich der erstgenannten Daten. Es ist [...] zu betonen, dass die ByLock-Daten im Fall des Bf entscheidend waren, weil sie das Strafverfahren gegen ihn auslösten [...] und direkt zu seiner Verurteilung führten. Außerdem ist nicht auszuschließen, dass das ByLock-Material Elemente enthielt, die es dem Bf ermöglicht hätten, sich selbst zu entlasten oder die Zulässigkeit, Verlässlichkeit, Vollständigkeit oder den Beweiswert dieses Materials zu bestreiten.

(329) Dennoch muss der GH betonen, dass das Recht auf Offenlegung der Beweise kein absolutes Recht ist. [...] Das Recht des Bf auf Offenlegung darf nicht mit einem Recht auf Zugang zu dem gesamten Material verwechselt werden. Der GH ist folglich bereit zu akzeptieren, dass es legitime Gründe dafür gegeben haben kann, dem Bf [...] nicht die Rohdaten zugänglich zu machen. [...] In Fällen, in denen der Verteidigung Beweise aus Gründen des öffentlichen Interesses vorenthalten wurden, ist es nicht Sache des GH zu entscheiden, ob dies dringend notwendig war [...].

(330) Allerdings muss der GH selbst unter solchen Umständen prüfen, ob etwaige Nachteile, die der Bf aufgrund der Vorenthaltung der relevanten ByLock-Daten erlitt, durch angemessene prozessuale Sicherungen ausgeglichen wurden und ob er eine angemessene Gelegenheit zur Vorbereitung seiner Verteidigung erhielt [...]. Der GH wird nun prüfen, ob die behaupteten Schwierigkeiten, mit denen der Bf bei der Bestreitung dieser belastenden Beweise konfrontiert war, [...] ausgeglichen – oder verschärft – wurden.

(331) Wie der GH erstens feststellt, wurden [...] die von der Regierung [...] vorgebrachten Gründe zur Rechtfertigung der Geheimhaltung der Daten gegenüber dem Bf in den Urteilen der innerstaatlichen Gerichte nie angesprochen [...]. Der Antrag des Bf, die Daten in den Verfahrensakt aufzunehmen, blieb schlicht unbeantwortet. [...] Folglich muss der GH festhalten, dass der Bf keine Erklärung dafür erhielt, warum ihm die Rohdaten – insb soweit sie sich spezifisch auf ihn bezogen – nicht zugänglich gemacht wurden und wer dies entschieden hatte. Damit wurde ihm die Gelegenheit genommen, irgendwelche Gegenargumente vorzubringen [...].

(332) Zweitens gingen die innerstaatlichen Gerichte nicht auf den Antrag des Bf ein, die Rohdaten einer unabhängigen Überprüfung zur Bestätigung ihres Inhalts und ihrer Integrität zu unterwerfen. [...] Dass sich die innerstaatlichen Gerichte bei der Feststellung der Schuld des Bf ausschließlich auf Informationen und Berichte verließen, die vom MİT und der Abteilung für organisierte Kriminalität übermittelt wurden, ohne die Rohdaten einer direkten Prüfung zu unterziehen, reicht insb angesichts der zur Analyse der ByLock-Daten in ihrer Rohform erforderlichen technischen Kompetenzen für sich nicht aus, um das Verfahren unfair zu machen.

(333) Angesichts des Fehlens jeglicher konkreter Information im Akt darüber, dass jemals eine Prüfung oder Bestätigung der Integrität der Daten [...] stattgefunden hat, hatte der Bf [...] ein legitimes Interesse daran, eine Überprüfung durch unabhängige Experten anzustreben, und die Gerichte waren verpflichtet, ihm eine angemessene Antwort zu geben. [...] Das Versäumnis der [...] Gerichte, auf seinen Antrag [...] zu reagieren [...], war problematisch.

(334) Drittens blieb eine Reihe weiterer vom Bf aufgeworfener Argumente betreffend die Verlässlichkeit der ByLock-Beweise [...] ebenfalls unbeantwortet [...]. Wenn die Verteidigung keinen direkten Zugang zu Beweisen hat und deren Integrität und Verlässlichkeit nicht eigenhändig überprüfen kann, [...] bringt dies eine stärkere Verpflichtung der innerstaatlichen Gerichte mit sich, diese Angelegenheiten der genauesten Prüfung zu unterziehen. Die türkischen Gerichte widmeten sich jedoch [...] nicht der Frage, wie die Integrität der vom Server erlangten Daten in jeder Hinsicht – also über die Frage der persönlichen Nutzung durch den Bf hinaus – sichergestellt wurde, insb in der Zeit vor ihrer Weiterleitung an die Gerichte am 9.12.2016. [...] Sie gingen auch nicht darauf ein, dass die ByLock-Daten zwischen ihrer Sammlung durch den MİT und der gerichtlichen Anordnung ihrer Überprüfung bereits verarbeitet und nicht nur für geheimdienstliche Zwecke verwendet worden waren, sondern auch als strafrechtliche Beweise zur Einleitung von Verfahren und zur Verhaftung von Verdächtigen, einschließlich des Bf. Seine Behauptung, der MİT sei nicht befugt, Daten zu erheben, die in Strafverfahren als Beweise benutzt werden, und die gerichtliche Anordnung vom 9.12.2016 hätte die so erlangten Beweise nicht rückwirkend »rechtmäßig« machen können, wurde weder vom Berufungsgericht Ankara noch vom Kassationsgerichtshof behandelt.

(335) Viertens hätte die Anforderung der »Gleichstellung« der Parteien [...] zumindest eine Durchführung des Verfahrens in einer Art verlangt, die es dem Bf ermöglicht hätte, sich zum vollen Umfang des ihn betreffenden, entschlüsselten Materials und insb zur Art und zum Inhalt seiner Aktivitäten auf dieser App zu äußern. [...] Das Berufungsgericht Ankara forderte [...] den Inhalt der mit dem Bf ausgetauschten Nachrichten und Informationen über seine Kommunikationspartner an, fällte dann aber sein Urteil, ohne die Übermittlung dieser Daten abzuwarten [...]. Der Einspruch des Bf betreffend das Fehlen dieser Daten wurde zudem vom Kassationsgerichtshof zurückgewiesen. Dabei stellte er fest, die Erlassung des Berufungsurteils ohne die Vorlage [dieser Daten] abzuwarten, hätte dessen Ergebnis nicht beeinflusst.

(336) [...] Der Kassationsgerichtshof scheint sich bei dieser Feststellung eher mit dem Ausgang des Strafverfahrens beschäftigt zu haben als mit einer Prüfung der Fairness des [...] Verfahrens. Während es nicht Aufgabe des GH ist zu entscheiden, ob der uneingeschränkte Zugang des Bf zum ihn betreffenden ByLock-Material [...] den Ausgang beeinflussen hätte können, ist nicht auszuschließen, dass er dazu dienen hätte können, die Argumente der Verteidigung erheblich zu stärken und die Gültigkeit der Schlüsse anzufechten, die aus der Verwendung der ByLock-App gezogen wurden. Folglich ist der GH der Ansicht, dass die Einräumung einer Gelegenheit für den Bf, sich mit dem entschlüsselten ByLock-Material vertraut zu machen, einen wichtigen Schritt zur Wahrung seiner Verteidigungsrechte dargestellt hätte. [...]

(337) Fünftens wurde der von der Verteidigung durch die oben genannten Versäumnisse erlittene Nachteil noch durch die Mängel in der Begründung der innerstaatlichen Gerichte hinsichtlich der ByLock-Beweise verstärkt. [...]

(338) [...] Die Behauptung, der Bf hätte die ByLock-App für organisatorische Zwecke genutzt, beruhte auf keiner spezifischen Tatsachenfeststellung, wie etwa der Entdeckung eines belastenden Inhalts [...] oder anderer Informationen, die auf eine hierarchische Verbindung hindeuteten. Sie wurde unter das ursprünglich vom MİT aufgeworfene und im Leiturteil des Kassationsgerichtshofs anerkannte Argument subsumiert, ByLock wäre »ausschließlich« von Mitgliedern der FETÖ/ PDY genutzt worden. Dieses Argument [...] wurde offenbar hauptsächlich durch die technischen Merkmale der App unterstützt [...]. Der GH muss allerdings feststellen, dass der Bf im innerstaatlichen Verfahren auf die Tatsache aufmerksam machte, dass die ByLock-App bis Anfang 2016 von öffentlich zugänglichen App-Stores ohne jeglichen Kontrollmechanismus heruntergeladen werden konnte, was [...] eine Beurteilung der spezifischen Aktivitäten jedes einzelnen Nutzers [...] verlange, um festzustellen, ob er die App wie behauptet für »organisatorische Zwecke« verwendet hatte.

(339) [...] Tatsächlich hielt der Bericht des MİT über die technische Analyse fest, dass die ByLock-App mehr als 100.000 Mal aus dem Google Play-Store und zwischen 500.000 und 1.000.000 Mal von Android-Downloadseiten heruntergeladen wurde. [...] Der GH nimmt auch den vom Bf vorgelegten Expertenbericht zur Kenntnis [...], wonach viele der technischen Merkmale, auf die sich das Argument der exklusiven Nutzung durch Mitglieder der FETÖ/PDY stützte, die Verwendung nicht auf eine bestimmte Gruppe beschränkten, sondern von vielen allgemein verfügbaren Apps geteilt wurden [...]. Er verweist zudem auf Aussagen einiger mutmaßlicher Mitglieder der FETÖ/PDY in einem Urteil des Verfassungsgerichtshofs [...], die darauf hindeuten, dass die App auch außerhalb einer strikten organisatorischen Hierarchie heruntergeladen und verwendet worden sein kann. Es ist wichtig, im Hinblick darauf zu betonen, dass nach dem ursprünglichen, in den Leiturteilen des Kassationsgerichtshofs dargelegten Test die Verwendung von ByLock einen Beweis für eine Verbindung zur FETÖ/PDY darstellt, wenn festgestellt wurde, dass eine Person sich »auf Anweisung der Organisation dem Netzwerk angeschlossen« hat, aber in weiterer Folge weder der Kassationsgerichtshof selbst noch die Gerichte im konkreten Fall des Bf eine dahingehende gesonderte Beurteilung vornahmen. Auch lieferten sie keine Erklärung dafür, warum eine solche Einschätzung unter den konkreten Umständen nicht als notwendig erachtet wurde.

(340) Während der GH nicht beabsichtigt, aus diesen Tatsachenbehauptungen Schlüsse in der Sache zu ziehen, weisen sie doch auf einige greifbare Lücken in den Argumenten der »Exklusivität« und der »organisatorischen Verwendung« hin, die eine weitere Erklärung seitens der innerstaatlichen Gerichte dazu verlangten, wie herausgefunden wurde, dass ByLock nicht von jemandem benutzt wurde und nicht benutzt werden konnte, der kein »Mitglied« der FETÖ/PDY iSv Art 314 Abs 2 Strafgesetzbuch war. [...]

(341) Angesichts des Vorstehenden gab es nach Ansicht des GH keine ausreichenden Sicherungen um zu gewährleisten, dass der Bf eine wirkliche Gelegenheit hatte, die ihn belastenden Beweise zu hinterfragen und sich wirksam und gleichberechtigt mit der Anklage zu verteidigen. Das Versäumnis der innerstaatlichen Gerichte, auf die spezifischen und sachdienlichen Anträge und Einsprüche des Bf zu reagieren, warf außerdem die berechtigten Bedenken auf, dass sie unempfänglich für die Argumente der Verteidigung waren und der Bf nicht angemessen »gehört« wurde. [...]

Die weiteren Beweise

(342) Angesichts der obigen Feststellungen und der begrenzten Bedeutung der übrigen Beweise – nämlich der Verwendung eines Kontos bei der Asya-Bank und der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft und einem Verein – [...] erachtet es der GH nicht als geboten, weiter zu prüfen, ob die innerstaatlichen Gerichte eine angemessene Prüfung der sich auf diese Beweise beziehenden Einsprüche vornahmen.

(343) Dennoch muss der GH feststellen, dass in den Urteilen [...] jegliche bedeutsame Auseinandersetzung mit der Frage fehlt, wie diese Handlungen ein strafbares Verhalten – wenn auch nur ergänzend – beweisen konnten. [...] Die fraglichen Handlungen waren alle offensichtlich rechtmäßig [...]. Die innerstaatlichen Gerichte hätten daher erklären müssen, wie diese Handlungen ihre Feststellungen betreffend die Mitgliedschaft des Bf in einer bewaffneten Terrororganisation untermauern konnten. [...]

Vorläufige Schlussfolgerung

unter Art 6 Abs 1 EMRK

(344) [...] Elektronische Beweise für die Verwendung eines verschlüsselten Nachrichtensystems, das mutmaßlich von einer Terrororganisation für Zwecke ihrer internen Kommunikation entworfen wurde, können grundsätzlich sehr wichtig sein im Kampf gegen den Terrorismus oder das sonstige organisierte Verbrechen. Aber auch wenn der Kampf gegen den Terrorismus den Rückgriff auf solche Beweise erfordern kann, ist das Recht auf ein faires Verfahren, aus dem sich die Anforderung der ordnungsgemäßen Rechtspflege ergibt, auf alle Arten von Straftaten – von den eindeutigsten bis zu den komplexesten – anwendbar. Das Recht auf eine faire Verfahrensführung nimmt in einer demokratischen Gesellschaft einen so prominenten Platz ein, dass es nicht zugunsten der Beschleunigung geopfert werden kann. Die erlangten Beweise, seien sie elektronischer Art oder nicht, dürfen von den innerstaatlichen Gerichten nicht in einer Weise verwendet werden, welche die Grundprinzipien des fairen Verfahrens untergräbt.

(345) Folglich waren die innerstaatlichen Gerichte ungeachtet der besonderen Merkmale des fraglichen Strafverfahrens [...] aufgefordert, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um die Gesamtfairness des Verfahrens gegen den Bf sicherzustellen. Wie oben dargelegt, haben sie es verabsäumt, dies zu tun. Ihr Versäumnis [...], angemessene Sicherungen hinsichtlich des Schlüsselbeweises zur Verfügung zu stellen, um dem Bf deren effektive Anfechtung zu ermöglichen, die dem Fall zugrunde liegenden, hervorstechenden Angelegenheiten anzusprechen und Gründe vorzubringen, die ihre Entscheidungen rechtfertigten, war nach Ansicht des GH mit dem Kern der Verfahrensrechte des Bf gemäß Art 6 Abs 1 EMRK unvereinbar. Diese Versäumnisse hatten den Effekt, das öffentliche Vertrauen zu untergraben, das Gerichte in einer demokratischen Gesellschaft erwecken müssen, und die Fairness des Verfahrens zu verletzen.

(346) Diese Überlegungen sind nach Ansicht des GH ausreichend für die Schlussfolgerung, dass das Strafverfahren gegen den Bf nicht den Anforderungen eines fairen Verfahrens entsprach und somit Art 6 Abs 1 EMRK verletzte.

Überlegungen zu Art 15 EMRK

(347) Wie der GH zunächst feststellt, ist Art 6 EMRK [...] ein derogierbares Recht. Der Verstoß gegen bestimmte Verfahrensgarantien [...], der unter »normalen« Umständen eine Verletzung dieser Bestimmung begründen würde, kann daher in Zeiten des Kriegs oder eines anderen öffentlichen Notstands, der das Leben der Nation bedroht, als mit Art 6 EMRK vereinbar angesehen werden, vorausgesetzt die in Art 15 Abs 1 EMRK genannten Voraussetzungen sind erfüllt [...].

(350) [...] Selbst wenn eine Derogation nach Art 15 EMRK durch die herrschenden Bedingungen gerechtfertigt sein mag, befreit sie die Staaten nicht von ihrer Verpflichtung, den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit und die diesen begleitenden Garantien zu achten. [...] Selbst im Kontext eines Notstands muss das grundlegende Prinzip der Rechtsstaatlichkeit herrschen. Ebenso gibt eine gültige Derogation nach Art 15 EMRK den Behörden keinen Freibrief für ein Verhalten, das willkürliche Folgen für Personen nach sich ziehen kann. [...] Bei der Beurteilung, ob eine das Recht auf ein faires Verfahren beeinträchtigende Derogationsmaßnahme aufgrund der Erfordernisse der Situation unbedingt notwendig und daher gerechtfertigt war, muss der GH folglich auch prüfen, ob angemessene Sicherungen gegen Missbrauch vorgesehen waren und ob die Maßnahme die Rechtsstaatlichkeit untergrub.

(352) Im vorliegenden Fall forderte die Regierung den GH dazu auf, die Vorbringen des Bf zu Art 6 EMRK unter gebührender Berücksichtigung der Derogationserklärung zu prüfen. Dabei verwies sie allgemein auf alle während des Notstands erlassenen Gesetzesdekrete. Allerdings behauptete sie in keiner Weise [...], dass die vom Bf im Hinblick auf die ByLock-Beweise aufgeworfenen Angelegenheiten aus den spezifischen Maßnahmen folgten, die mit den genannten Dekreten erlassen worden waren.

(354) [...] Keines der innerstaatlichen Gerichte [...] prüfte die sich auf die ByLock-Beweise beziehenden Fragen des fairen Verfahrens aus dem Blickwinkel des Art 15 EMRK [...] oder erwähnte die sich aus dem Notstand ergebenden Schwierigkeiten [...]. [...]

(355) Dem GH ist bewusst, dass es nicht seine Rolle ist, seine eigene Ansicht darüber, welche Maßnahmen am angemessensten oder zweckmäßigsten waren, um mit einer Notstandssituation umzugehen, an die Stelle jener der staatlichen Behörden zu setzen, die direkt dafür verantwortlich sind, einen Ausgleich zwischen einer effektiven Bekämpfung des Terrorismus auf der einen Seite und der Achtung individueller Rechte auf der anderen zu treffen. Er anerkennt auch, dass die Schwierigkeiten, mit denen die Türkei in Folge des versuchten Militärputsches vom 15.7.2016 konfrontiert war, ohne Zweifel ein zu berücksichtigender Faktor sind. Allerdings bemerkt der GH auch, dass die Regierung [...] keine detaillierten Argumente darüber vorbrachte, ob die spezifischen Fragen des fairen Verfahrens [...] aus den speziellen, während des Notstands ergriffenen Maßnahmen resultierten, und warum diese gegebenenfalls zu seiner Abwehr notwendig waren [...]. Unter diesen Umständen können die Einschränkungen des Rechts des Bf auf ein faires Verfahren – die wie oben in Rz 345 dargelegt mit dem Kern seiner Verfahrensrechte nach Art 6 Abs 1 EMRK unvereinbar waren [...] – nicht als durch die [...] Lage unbedingt erfordert angesehen werden. Unter solchen Umständen würde eine gegenteilige Feststellung die Sicherungen des Art 6 Abs 1 EMRK negieren, die stets im Licht der Rechtsstaatlichkeit auszulegen sind.

Schlussfolgerung

(356) Der GH gelangt angesichts der obigen Überlegungen zu dem Schluss, dass im vorliegenden Fall eine Verletzung von Art 6 Abs 1 EMRK stattgefunden hat (16:1 Stimmen; abweichendes Sondervotum von Richterin Yüksel; im Ergebnis übereinstimmende Sondervoten von Richter Serghides sowie von den Richterinnen und Richtern Ravarani, Bårdsen, Chanturia, Jelić, Felici und Yüksel).

Zu den weiteren behaupteten Verletzungen von Art 6 EMRK

(357) Der Bf brachte unter Art 6 Abs 1 EMRK weiters vor, er wäre nicht von unabhängigen und unparteiischen Gerichten verurteilt worden [...].

(358) Außerdem behauptete er unter Art 6 Abs 3 lit c EMRK, ihm wäre das Recht auf effektiven rechtlichen Beistand verwehrt worden [...].

(365, 367) [...] Der GH erachtet es nicht als erforderlich, diese Beschwerdevorbringen gesondert zu prüfen (16:1 Stimmen; abweichendes Sondervotum von Richter Serghides).

Zur behaupteten Verletzung von Art 8 EMRK

(368) Der Bf brachte [...] vor, die ihn betreffenden ByLock-Daten wären [...] in Verstoß gegen das innerstaatliche Recht [...] und die Daten über seine Internet-Nutzung wären [...] nach Ablauf der gesetzlichen Frist [...] gesammelt und verarbeitet worden.

(371) [...] Den Kern der Beschwerdevorbringen bildet die Verurteilung aufgrund der ByLock- und Internet-Verbindungsdaten, die mutmaßlich rechtswidrig erlangt wurden, und nicht der durch diese [...] Handlungen begründete Eingriff in sein Privatleben. [...]

(373) Angesichts dieser Überlegungen und der Tatsache, dass die vom Bf unter Art 8 EMRK aufgeworfenen wesentlichen Fragen betreffend seine Verurteilung aufgrund unrechtmäßig erlangter Beweise unter Art 6 Abs 1 EMRK behandelt wurden, sieht der GH unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls keine Notwendigkeit für eine gesonderte Entscheidung [...] über diese Beschwerdepunkte unter Art 8 EMRK (16:1 Stimmen; abweichendes Sondervotum von Richter Serghides).

Zur behaupteten Verletzung von Art 11 EMRK

(374) Der Bf behauptete einen Verstoß gegen Art 11 EMRK, weil sich die innerstaatlichen Gerichte bei ihrer Entscheidung, ihn zu verurteilen, auf seine Mitgliedschaft in einer rechtmäßig gegründeten Gewerkschaft (Aktif Eğitim-Sen) und einem Verein (Verein der ehrenamtlichen Pädagogen Kayseri) stützten, die nichts anderes darstellte als die Ausübung seiner durch diese Bestimmung garantierten Grundrechte. [...]

Zulässigkeit

(375) Dieser Beschwerdepunkt ist weder offensichtlich unbegründet noch aus einem anderen [...] Grund unzulässig. Er muss daher für zulässig erklärt werden (einstimmig).

In der Sache

(384) Der GH stellte unter Art 7 EMRK fest, dass die Verurteilung des Bf wegen Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation in entscheidendem Maß auf seiner mutmaßlichen Verwendung der ByLock-App beruhte [...]. [...] Die übrigen dem Bf zugeschriebenen Handlungen, einschließlich seiner Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft und einem Verein dienten nur zur Untermauerung und hatten kaum einen Einfluss auf das Ergebnis [...]. Da diese Mitgliedschaften die Ausübung des durch Art 11 EMRK geschützten Rechts des Bf auf Vereinigungsfreiheit darstellten, verlangt die Tatsache, dass diese – wenn auch nur in einem geringen Ausmaß – für seine Verurteilung herangezogen wurden, dennoch eine Prüfung dieses Vorbringens [...].

Zum Vorliegen eines Eingriffs

(387) [...] In Fällen, in denen es wie im vorliegenden keine objektiven Gründe für die Feststellung der Tatbestandselemente des Delikts der Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation gibt, kann ein Eingriff in die betroffenen Rechte vorliegen, wenn sich die innerstaatlichen Gerichte bei der Entscheidung über die strafrechtliche Verantwortlichkeit auf Äußerungen oder Handlungen stützen, die offensichtlich nicht gewalttätig waren und grundsätzlich durch die EMRK geschützt sein sollten. Die bloß unterstützende Funktion der Heranziehung dieser Äußerungen oder Handlungen im Strafverfahren ändert nichts an dieser Schlussfolgerung. Im vorliegenden Fall war der Bezug [...] auf die Mitgliedschaft des Bf bei Aktif Eğitim-Sen und dem Verein der ehrenamtlichen Pädagogen Kayseri in der Anklage und in den Urteilen [...] ausreichend, um einen Eingriff in seine Rechte nach Art 11 EMRK zu begründen.

Zur Rechtfertigung des Eingriffs

(389) [...] Worum es im vorliegenden Fall geht, ist die »Qualität« des fraglichen Gesetzes, insb ob es in seinen Wirkungen vorhersehbar war und dem Kriterium der Rechtsstaatlichkeit [...] entsprach.

(390) [...] Die fragliche Gewerkschaft und der Verein [...] bestanden rechtmäßig, bis nach dem Putschversuch ihre Auflösung durch das Gesetzesdekret Nr 667 erfolgte, weil sie aufgrund ihrer Verbindung zur FETÖ/ PDY als Bedrohung der nationalen Sicherheit betrachtet wurden. Handlungen, die dem ersten Anschein nach in den Anwendungsbereich von Art 11 EMRK fallen und weder zu Gewalt aufrufen noch in anderer Weise die Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft ablehnen, sollten nach Ansicht des GH von der Vermutung der Rechtmäßigkeit profitieren. Allerdings steht es den innerstaatlichen Behörden frei, diese Vermutung in einem konkreten Fall zu widerlegen. Daher ist zu prüfen, ob dies [...] im vorliegenden Fall geschehen ist.

(391) [...] Die Urteile der Gerichte enthielten weder eine Erklärung über die Natur der Handlungen der [...] Gewerkschaft und des Vereins, die zu ihrer Auflösung [...] führten, [...] noch Ausführungen dazu, ob der Bf irgendwelche Handlungen innerhalb dieser Strukturen gesetzt hatte und welcher Art diese gegebenenfalls waren. [...]

(392) Folglich scheinen die innerstaatlichen Gerichte im Strafverfahren gegen den Bf nie beurteilt zu haben, ob er im Kontext seiner Mitgliedschaft bei Aktif Eğitim-Sen und dem Verein der ehrenamtlichen Pädagogen Kayseri an irgendwelchen Handlungen beteiligt war, die als Aufruf zu Gewalt oder sonstige Ablehnung der Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft ausgelegt werden hätten können. [...] Anzumerken ist weiters, dass die Regierung keine spezifischen Beweise vorlegte, um die Vermutung der Rechtmäßigkeit hinsichtlich der Mitgliedschaft des Bf in der Gewerkschaft und dem Verein zu widerlegen. [...] Die bloße Tatsache der Mitgliedschaft in der fraglichen Gewerkschaft und dem Verein ist als solche, selbst wenn sie nur zur Untermauerung der Mitgliedschaft des Bf in einer bewaffneten Terrororganisation verwendet wurde, nicht ausreichend zur Widerlegung der Vermutung der Rechtmäßigkeit.

(393) An dieser Stelle erinnert der GH an den Fall Selahattin Demirtaş/TR, wo die Untersuchungshaft des Bf im Zusammenhang mit schweren Straftaten nach Art 314 Strafgesetzbuch auf seinen politischen Äußerungen und seiner Beteiligung an einer rechtmäßigen Organisation beruhte. Der GH stellte fest, dass das Spektrum an Handlungen, die zur Rechtfertigung der Haft des Bf herangezogen werden konnten, so breit war, dass der Inhalt dieser Bestimmung gemeinsam mit seiner Auslegung durch die nationalen Gerichte keinen angemessenen Schutz gegen willkürliche Eingriffe [...] bot. [...]

(394) Dies wirft die Frage auf, ob die Schlussfolgerungen im Urteil Selahattin Demirtaş/TR auf den Kontext des Art 11 EMRK im vorliegenden Fall übertragen werden können. [...] In Selahattin Demirtaş/TR bestanden die Beweise, die der Anhaltung und Strafverfolgung des Bf zugrunde lagen, ausschließlich in seinen Reden und Handlungen, die eine Ausübung seiner Meinungsäußerungsfreiheit nach Art 10 EMRK darstellten. Im vorliegenden Fall wurden die durch Art 11 EMRK geschützten Handlungen von den innerstaatlichen Gerichten nur als unterstützende Faktoren für die Verurteilung des Bf herangezogen. Dies ist allerdings bloß ein gradueller Unterschied und ändert nichts daran, dass der Anwendungsbereich von Art 314 Strafgesetzbuch in unvorhersehbarer Weise dahingehend ausgedehnt wurde, dass die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft und einem Verein – die beide zur gegenständlichen Zeit rechtmäßig bestanden – als Indizien für ein strafbares Verhalten galten [...]. Dieser faktische Unterschied erscheint folglich nicht als

ausreichend, um den gegenständlichen Fall von Selahattin Demirtaş/TR zu unterscheiden.

(396) Angesichts der vorstehenden Überlegungen stellt der GH fest, dass die Art und Weise, wie Art 314 Abs 2 Strafgesetzbuch [...] im Hinblick auf die Mitgliedschaft des Bf bei Aktif Eğitim-Sen und dem Verein der ehrenamtlichen Pädagogen Kayseri ausgelegt wurde, den Anwendungsbereich dieser Bestimmung unvorhersehbar ausdehnte und nicht den erforderlichen Mindestschutz vor willkürlichen Eingriffen bot. Daher kann der Eingriff nicht als »gesetzlich vorgesehen« angesehen werden, wie dies von Art 11 Abs 2 EMRK verlangt wird.

Überlegungen unter Art 15 EMRK

(398) [...] Bei der Entscheidung über die Rechtfertigung einer Derogationsmaßnahme, die das Recht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit beeinträchtigt, durch die besonderen Umstände des Notstands [...] muss der GH auch prüfen, ob Sicherungen gegen willkürliche Eingriffe [...] in die Konventionsrechte bestanden und ob die Maßnahme die Rechtsstaatlichkeit untergrub.

(399) Die Regierung argumentierte [...], dass die fragliche Gewerkschaft und der Verein im Kontext der während des Staatsnotstands ergriffenen Maßnahmen [...] aufgelöst wurden. Wie der GH allerdings feststellt, resultiert der Verstoß gegen Art 11 EMRK im vorliegenden Fall nicht aus der Auflösung der fraglichen Gewerkschaft und des Vereins, sondern aus der Heranziehung der Mitgliedschaft des Bf [...] als unterstützender Beweis für seine Verurteilung wegen Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation. [...]

(400) Die Feststellung, dass der Bezug auf diese Handlungen aufgrund ihrer Unvorhersehbarkeit gegen die Anforderungen der Rechtsstaatlichkeit verstieß, bedeutet, dass die innerstaatlichen Gerichte den Anwendungsbereich von Art 314 Abs 2 des Strafgesetzbuchs über Gebühr ausdehnten und damit den Bf des Mindestschutzes gegen willkürliche Eingriffe beraubten, der grundlegend für die Gewährleistung der Rechtsstaatlichkeit ist.

(401) [...] Die Regierung hat es somit verabsäumt nachzuweisen, dass der Eingriff in die durch Art 11 EMRK geschützten Rechte des Bf als gemäß Art 15 EMRK durch die Lage unbedingt erfordert angesehen werden kann.

Schlussfolgerung

(402) Der GH stellt [...] eine Verletzung von Art 11 EMRK fest (einstimmig; im Ergebnis übereinstimmendes Sondervotum von Richterin Yüksel).

Anwendung von Art 46 EMRK

Im Hinblick auf den Bf zu ergreifende individuelle Maßnahmen

(409) Die Feststellungen einer Verletzung im vorliegenden Fall [...] bringen eine Verpflichtung des belangten Staats mit sich, angemessene Maßnahmen zur Wiedergutmachung [...] zu ergreifen.

(410) [...] Es gibt in Europa eine große Bandbreite von Rechtsbehelfen zur Beantragung der Erneuerung eines mit rechtskräftigem Urteil abgeschlossenen Strafverfahrens [...] nach der Feststellung einer Verletzung durch den GH, jedoch keinen einheitlichen Ansatz zwischen den Mitgliedstaaten hinsichtlich des Rechts, eine Erneuerung zu beantragen.

(411) Das türkische Recht [...] sieht ein solches Recht ausdrücklich in Art 311 Abs 1 lit f der Strafprozessordnung vor, wonach die Erneuerung binnen eines Jahres nach einem endgültigen Urteil des GH, mit dem eine Verletzung der EMRK [...] festgestellt wurde, beantragt werden kann. [...]

(412) [...] Ungeachtet möglicher genereller Maßnahmen, die zur Vermeidung oder Wiedergutmachung ähnlicher Verletzungen erforderlich sein können, wäre die Erneuerung des Strafverfahrens, so sie beantragt wird, der angemessenste Weg, um die im gegenständlichen Fall festgestellten Verletzungen zu beenden und dem Bf Wiedergutmachung zu leisten. [...]

Im Hinblick auf ähnliche Fälle zu ergreifende generelle Maßnahmen

(413) [...] Die Verletzungen von Art 7 und Art 6 EMRK resultierten im vorliegenden Fall aus der von den innerstaatlichen Gerichten vorgenommenen Qualifikation der Verwendung von ByLock. Diesem Ansatz zufolge kann grundsätzlich jeder, dessen Nutzung dieser App durch die [...] Gerichte festgestellt wird, alleine auf dieser Grundlage wegen Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation [...] verurteilt werden.

(414) [...] Die Situation, die im gegenständlichen Fall zur Feststellung von Verletzungen der Art 7 und Art 6 EMRK führte, war somit nicht auf einen isolierten Vorfall oder den besonderen Gang der Ereignisse zurückzuführen, sondern das Resultat eines systemischen Problems [...]. Dieses Problem betraf – und betrifft nach wie vor – eine große Zahl von Personen.

Dies wird durch die Tatsache belegt, dass derzeit über 8.000 Verfahren vor dem GH anhängig sind, die ähnliche Beschwerden [...] betreffen.

(415) [...] Angesichts der Zahl der von den Behörden ermittelten ByLock-Nutzer können potenziell noch sehr viel mehr ähnliche Beschwerden [...] erhoben werden.

(416) [...] Wenn sich eine Verletzung aus einem systemischen Problem ergibt, das eine große Zahl von Personen betrifft, wird die Umsetzung eines Urteils generelle Maßnahmen auf innerstaatlicher Ebene verlangen. [...]

(417) [...] Sobald ein solcher Mangel [im nationalen System zum Schutz der Menschenrechte] festgestellt wurde, haben die nationalen Behörden die Aufgabe, [...] entsprechend dem Prinzip der Subsidiarität [...] die erforderlichen Maßnahmen zur Abhilfe zu ergreifen [...], sodass der GH seine Feststellung einer Verletzung nicht in [...] vergleichbaren Fällen wiederholen muss. [...]

(418) [...] Die im vorliegenden Urteil identifizierten Mängel müssen [...] von den türkischen Behörden in größerem Maßstab – also über den spezifischen Fall des Bf hinaus – angegangen werden. Es ist folglich Sache der zuständigen Behörden [...], aus dem vorliegenden Urteil die gebotenen Schlüsse zu ziehen, insb aber nicht nur hinsichtlich der derzeit vor den innerstaatlichen Gerichten anhängigen Fälle, und alle sonstigen allgemeinen Maßnahmen zu ergreifen, die angemessen sind, um das [...] Problem zu lösen, das im vorliegenden Fall zu den Feststellungen einer Verletzung geführt hat. Genauer gesagt müssen die innerstaatlichen Gerichte die relevanten Standards der Konvention berücksichtigen, wie sie im vorliegenden Urteil ausgelegt und angewendet wurden. [...]

Entschädigung nach Art 41 EMRK

Die Feststellung einer Verletzung stellt für sich eine ausreichende gerechte Entschädigung für jeden etwaigen immateriellen Schaden dar, weshalb der Antrag auf gerechte Entschädigung in dieser Hinsicht abgewiesen wird (10:7 Stimmen; abweichendes Sondervotum von Richterin Schembri Orland, gefolgt von Richter Pastor Vilanova und Richterin Šimáčková; abweichende Sondervoten der Richter Felici und Serghides; gemeinsame Erklärung eines abweichenden Votums von Richter Krenc und Richterin Sârcu). € 15.000,– für Kosten und Auslagen (14:3 Stimmen).

Vom GH zitierte Judikatur:

Del Rio Prada/ES, 21.10.2013, 42750/09 (GK) = NLMR 2013, 358

Mehmet Hasan Altan/TR, 20.3.2018, 13237/17 = NLMR 2018, 114

Kavala/TR, 10.12.2019, 28749/18 = NLMR 2019, 491

Baş/TR, 3.3.2020, 66448/17

Sabuncu ua/TR, 10.11.2020, 23199/17 = NLMR 2020, 444

Selahattin Demirtaş/TR (Nr 2), 22.12.2020, 14305/17 (GK) = NLMR 2020, 453

Ahmet Hüsrev Altan/TR, 13.4.2021, 13252/17

Akgün/TR, 20.7.2021, 19699/18

Taner Kılıç/TR (Nr 2), 31.5.2022, 208/18 = NLMR 2022, 231

Hinweis:

Das vorliegende Dokument über das Urteil des EGMR vom 26.9.2023, Bsw. 15669/20, entstammt der Zeitschrift "Newsletter Menschenrechte" (NLMR 2023, 443) bzw. der entsprechenden Datenbank des Österreichischen Institutes für Menschenrechte, Salzburg, und wurde von diesem dem OGH zur Aufnahme in die Entscheidungsdokumentation Justiz im RIS zur Verfügung gestellt.

Das Original des Urteils ist auf der Website des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (www.echr.coe.int/hudoc) abrufbar.

Rückverweise