JudikaturAUSL EGMR

Bsw15271/16 – AUSL EGMR Entscheidung

Entscheidung
11. Juni 2020

Kopf

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Kammer V, Beschwerdesache Baldassi u.a. gg. Frankreich, Urteil vom 11.6.2020, Bsw. 15271/16.

Spruch

Art. 7 EMRK, Art. 10 EMRK - Strafrechtliche Verurteilung von Aktivisten wegen Aufrufs zu Boykott israelischer Produkte.

Zulässigkeit der Beschwerden (einstimmig).

Keine Verletzung von Art. 7 EMRK (6:1 Stimmen).

Verletzung von Art. 10 EMRK (einstimmig).

Entschädigung nach Art. 41 EMRK: € 380,– für materiellen Schaden und € 7.000,– für immateriellen Schaden an jeden der Bf.; € 20.000,– an die Bf. gemeinsam für Kosten und Auslagen (einstimmig).

Text

Begründung:

Sachverhalt:

Die Bf. sind Aktivisten der Gruppe »Collectif Palestine 68«, die sich auf lokaler Ebene für die internationale Kampagne »Boycott, Divestment and Sanctions« (Boykott – Desinvestition – Sanktionen; »BDS«) einsetzt. Genannte Kampagne ruft zu Protestmaßnahmen gegen Israel auf, um dieses dazu zu bringen, die Besetzung und Kolonisation aller arabischen Gebiete und den Mauerbau in den besetzten palästinensischen Gebieten zu beenden, die vollkommene rechtliche Gleichstellung der arabisch-palästinensischen Bürgerinnen und Bürger zu gewähren und das Recht der palästinensischen Flüchtlinge anzuerkennen, in ihre Heimat und zu ihrem Eigentum zurückzukehren. (Anm: Für nähere Informationen siehe die Homepage von BDS Austria, abrufbar unter https://bds-info.at/ (30.6.2020).

Am 26.9.2009 und 22.5.2010 nahmen die Bf. im Großmarkt von Illzach an Aktionen teil, um zum Boykott von israelischen Produkten aufzurufen. Sie präsentierten den Kunden in drei Einkaufswagen Produkte, die ihrer Ansicht nach aus Israel stammten, und verteilten Flugblätter mit Aufschriften wie »Sie können Israel zur Achtung der Menschenrechte zwingen. Boykottieren Sie aus Israel importierte Produkte.« »Aus Israel importierte Produkte zu kaufen bedeutet, die Verbrechen in Gaza zu legitimieren, das bedeutet die von der Regierung Israels vertretene Politik gutzuheißen.« Es kam im Rahmen dieser Aktionen weder zu Gewalt noch zu Schäden.

Die Bf. wurden in der Folge unter anderem beschuldigt, wegen Aufstachelung zur wirtschaftlichen Diskriminierung gegen Art. 24 Abs. 8 des Gesetzes vom 29.7.1881 verstoßen zu haben. Diese Bestimmung sieht vor: »Wer [...] aufgrund deren Herkunft oder Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Ethnie, einer Nation, einer Rasse oder einer bestimmten Religion zu Diskriminierung, Hass oder Gewalt gegenüber einer Person oder einer Gruppe von Personen provoziert, ist mit einem Jahr Gefängnis und einer Geldstrafe von € 45.000,– oder mit lediglich einer dieser Strafen zu belegen.«

Am 15.12.2011 wurden die Bf. vom Strafgericht Mühlhausen von den Vorwürfen freigesprochen, insbesondere da Art. 24 Abs. 8 nicht auf die Aufstachelung zur wirtschaftlichen Diskriminierung im Sinne der Definition des Art. 225-2 StGB als »Einschränkung der normalen Ausübung einer wirtschaftlichen Aktivität« abziele. Das Berufungsgericht Colmar hob diese Urteile am 27.11.2013 jedoch auf und verurteilte jeden der Bf. pro Aktion zu einer bedingten Geldstrafe in der Höhe von € 1.000,– sowie alle Bf. gemeinsam zur Zahlung von € 1.000,– für immateriellen Schaden an vier Nebenkläger sowie von € 3.000,– an Prozesskosten. Laut dem Gericht hätten die Bf. dazu provoziert, aus Israel stammende Produkte zu diskriminieren, und die Kunden dazu aufgestachelt, diese Waren aufgrund der Herkunft ihrer Produzenten nicht zu kaufen. Der Cour de cassation wies die von den Bf. insbesondere auf die Art. 7 und 10 EMRK gestützten Rechtsmittel gegen dieses Urteil am 20.10.2015 ab. Er befand, dass das Berufungsgericht seine Entscheidungen ausreichend begründet hatte und die Meinungsäußerungsfreiheit zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zum Schutz der Rechte anderer beschränkt werden hatte können.

Rechtliche Beurteilung

Rechtsausführungen:

Unter Berufung auf Art. 7 EMRK (Keine Strafe ohne Gesetz) rügten die Bf., wegen Aufstachelung zu wirtschaftlicher Diskriminierung verurteilt worden zu sein, obwohl der Text des Art. 24 Abs. 8 des Gesetzes vom 29.7.1881 eine solche Art der Diskriminierung gar nicht umfasse. Zudem rügten sie eine Verletzung von Art. 10 EMRK (Meinungsäußerungsfreiheit) durch die Verurteilung.

Zur behaupteten Verletzung von Art. 7 EMRK

(26) Da diese Rüge nicht offensichtlich unbegründet […] und zudem auch aus keinem anderen Grund unzulässig ist, erklärt der GH sie für zulässig (einstimmig).

(35) [...] Eine Straftat muss rechtlich klar definiert sein, egal ob auf nationaler oder internationaler Ebene. Diese Bedingung ist erfüllt, wenn der Rechtsunterworfene aufgrund des Wortlauts der betreffenden Bestimmung und notfalls mit Hilfe von dessen Auslegung durch die Gerichte und sachkundiger Rechtsberatung erkennen kann, welche Handlungen und Unterlassungen zu seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit führen. Diesbezüglich hat der GH darauf hingewiesen, dass der Begriff »Recht« in Art. 7 EMRK jenem des »Gesetzes« entspricht, der sich in den anderen Artikeln der Konvention findet. Er umfasst das geschriebene wie das ungeschriebene Recht und impliziert qualitative Voraussetzungen, unter anderem jene der Zugänglichkeit und Vorhersehbarkeit.

(38) Gewiss verweist der Text von Art. 24 Abs. 8 des Gesetzes vom 29.7.1881 nicht explizit auf die Provokation zur wirtschaftlichen Diskriminierung. Abs. 9 zielt ausdrücklich auf diese Form der Provokation [...] ab, jedoch nur aufgrund des Geschlechts, der sexuellen Orientierung oder der Behinderung, nicht jedoch aufgrund der Herkunft oder der Zugehörigkeit zu einer Nation.

(39) Der GH stellt trotzdem […] fest, dass der Cour de cassation sich vor dem Zeitpunkt der gegenständlichen Ereignisse für eine Anwendung von Art. 24 Abs. 8 des Gesetzes vom 29.7.1881 auf den Fall des Aufrufs zum Boykott von aus Israel importierten Produkten ausgesprochen hat. Im Zusammenhang mit dem Fall Willem/F (Anm: In diesem Fall wurde ein Bürgermeister wegen Provokation zu Diskriminierung zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt, nachdem er in einer Gemeinderatsversammlung vor Journalisten und später auch auf der Internetseite der Gemeinde verkündet hatte, von den Gastronomieeinrichtungen der Gemeinde verlangt zu haben, israelische Lebensmittel zu boykottieren, um gegen die Politik des israelischen Premierministers gegenüber den Palästinensern zu protestieren. Der EGMR konnte in diesem Fall keine Verletzung von Art. 10 EMRK feststellen.) bestätigte der Cour de cassation [...] mit Urteil vom 28.9.2004 ein Urteil des Berufungsgerichts Douai […], das Folgendes festhielt: »die Art. 23 und 24 des Gesetzes vom 29.7.1881 stellen die Tat des Provozierens zur Diskriminierung durch Beschränkung der normalen Ausübung einer wirtschaftlichen Aktivität unter Strafe [...]«. Er betonte, das angegriffene Urteil würde insbesondere ausführen, dass der Beschuldigte durch die Ankündigung seiner Absicht, als Bürgermeister von den Gastronomieeinrichtungen der Gemeinde zu verlangen, keine Produkte aus Israel mehr zu kaufen, diese dazu aufgestachelt hätte, die Herkunft dieser Produkte zu berücksichtigen und in der Folge die Ausübung der wirtschaftlichen Aktivität der israelischen Produzenten zu beschränken. Dieser Aufruf zum Boykott wäre aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Nation Israel erfolgt. Er urteilte, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts deshalb gerechtfertigt gewesen wäre. Zudem hätte die Verbreitung der vom Bürgermeiste getroffenen Entscheidung, die israelischen Produkte zu boykottieren, auf der Internetseite der Gemeinde zusammen mit einem militanten Kommentar – wodurch die Empfänger der Nachricht vervielfacht wurden – ihrer Natur nach diskriminierendes Verhalten provozieren können.

(40) Somit konnten die Bf. mit Blick auf den Stand der Rechtsprechung zur Zeit der Ereignisse wissen, dass sie aufgrund ihres Aufrufs zum Boykott von aus Israel importierten Produkten Gefahr liefen, auf Basis von Art. 24 Abs. 8 des Gesetzes vom 29.7.1881 verurteilt zu werden.

(41) Es erfolgte daher keine Verletzung von Art. 7 EMRK (6:1 Stimmen; abweichendes Sondervotum von Richterin O’Leary).

Zur behaupteten Verletzung von Art. 10 EMRK

(43) Da diese Beschwerde nicht offensichtlich unbegründet […] und auch aus keinem anderen Grund unzulässig ist, erklärt sie der GH für zulässig (einstimmig).

(58) Die Verurteilung der Bf. stellt einen »Eingriff« in die Ausübung ihrer Meinungsäußerungsfreiheit dar. […]

(59) Angesichts seiner Schlussfolgerungen zu Art. 7 EMRK hält der GH fest, dass der Eingriff iSd. Art. 10 EMRK »gesetzlich vorgesehen« war.

(60) Aus der Begründung der Urteile des Berufungsgerichts Colmar vom 20.11.2013 ergibt sich, dass die Bf. verurteilt wurden, weil sie dazu aufgerufen hatten, die Produzenten oder Lieferanten von aus Israel stammenden Produkten zu diskriminieren. Ihre Verurteilung zielte deshalb darauf ab, deren kommerziellen Rechte zu schützen. Der GH gesteht deshalb [...] zu, dass der strittige Eingriff das Ziel des Schutzes der »Rechte anderer« iSd. Art. 10 Abs. 2 EMRK verfolgte.

(62) [...] Abgesehen vom Inhalt von Ideen und Informationen schützt Art. 10 EMRK auch die Mittel zu ihrem Ausdruck.

Erwägungen zum Aufruf zum Boykott

(63) Der Boykott ist zunächst eine Form des Ausdrucks von Protestansichten. Der Aufruf zum Boykott, der darauf abzielt, diese Ansichten zu kommunizieren, indem er zu speziellen Handlungen aufruft, die mit diesen in Verbindung stehen, unterfällt daher grundsätzlich dem Schutz des Art. 10 EMRK.

(64) Er begründet trotzdem eine spezielle Form der Ausübung der Meinungsäußerungsfreiheit, mit welcher der Ausdruck einer Protestansicht und die Aufstachelung zu einer Ungleichbehandlung auf eine Weise kombiniert werden, die den charakteristischen Umständen nach geeignet ist, einen Aufruf zur Diskriminierung eines anderen zu begründen. Nun unterfällt der Aufruf zu Diskriminierung aber dem Aufruf zu Intoleranz, der gemeinsam mit dem Aufruf zu Gewalt und dem Aufruf zu Hass eine der Grenzen darstellt, die im Rahmen der Ausübung der Meinungsäußerungsfreiheit in keinem Fall überschritten werden dürfen. Dennoch läuft eine Aufstachelung zur Ungleichbehandlung nicht notwendig auf einen Aufruf zur Diskriminierung hinaus.

Zum vorliegenden Fall

(70) Im Unterschied zu den Umständen im Fall Willem/F handelt es sich bei den Bf. einerseits um einfache Bürger, die nicht die Pflichten und Verantwortlichkeiten treffen, die an das Mandat des Bürgermeisters gekoppelt sind, und deren Einfluss auf die Konsumenten nicht vergleichbar ist zu jenem eines Bürgermeisters auf die Dienste seiner Gemeinde. Andererseits haben die Bf. die Aktionen zum Boykottaufruf […] offenkundig durchgeführt, um zu provozieren oder die Debatte unter den Konsumenten der Großmärkte anzuregen. Deshalb […] drängt sich die Schlussfolgerung, zu welcher der GH im Fall Willem/F gelangt ist, im vorliegenden Fall nicht auf.

(71) Der GH beobachtet sodann, dass die Bf. nicht verurteilt wurden, weil sie rassistische oder antisemitische Äußerungen getätigt oder weil sie zu Hass oder Gewalt aufgerufen hatten. Sie wurden auch nicht verurteilt, weil sie anlässlich der Ereignisse vom 26.9.2009 und 22.5.2010 gewalttätig gewesen waren oder Schaden verursacht hatten. Es geht im Übrigen aus der Akte sehr klar hervor, dass es weder zu Gewalt noch zu einem »Schaden« gekommen ist. […]

(73) Um zu einer Verurteilung zu gelangen, hielt das Berufungsgericht Colmar fest, dass die Bf. – indem sie die Kunden des Großmarktes dazu aufriefen, keine Produkte aus Israel zu kaufen – zur Diskriminierung der Produzenten oder Lieferanten dieser Produkte aufgrund ihrer Herkunft aufgerufen hatten. Es betonte sodann, dass der Aufruf zur Diskriminierung nicht dem Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung unterfalle, da er einen Akt der Ablehnung im Hinblick auf eine Kategorie von Personen darstellen würde, der sich durch die Aufstachelung zur Vornahme einer Ungleichbehandlung manifestierte. Laut ihm reichte der Umstand, dass die Beschuldigten andere aufgestachelt hatten, zu einer Diskriminierung unter den Produzenten und Lieferanten zu schreiten, um jene aus Israel abzulehnen, aus, um das materielle Element der Straftat der Provokation zu Diskriminierung, Hass oder Gewalt gemäß Art. 24 Abs. 8 des Gesetzes vom 29.7.1881 […] zu erfüllen. […] Das Gericht fügte hinzu, dass die Meinungsäußerungsfreiheit ihren Träger nicht autorisierte, unter ihrem Deckmantel ein gesetzlich strafbares Delikt zu begehen.

(74) Der GH hat nicht die Absicht, die Auslegung von Art. 24 des Gesetzes vom 29.7.1881 in Frage zu stellen, auf welcher die Verurteilung der Bf. beruht […]. Es obliegt in erster Linie den nationalen Behörden und insbesondere den Gerichten, das nationale Recht auszulegen und anzuwenden. Die Rolle des GH beschränkt sich darauf zu prüfen, ob der Eingriff durch die Verurteilung der Bf. aufgrund dieses Delikts als »in einer demokratischen Gesellschaft notwendig« gelten kann – das heißt insbesondere, ob die zu seiner Rechtfertigung vorgebrachten Gründe stichhaltig und ausreichend sind.

(75) Der GH betont dennoch, dass das französische Recht, so wie es im vorliegenden Fall ausgelegt und angewendet wurde, jeden Aufruf zum Boykott von Produkten aufgrund ihrer geografischen Herkunft untersagt, egal welchen Gehalt dieser Aufruf hat, aus welchen Gründen er erfolgt und in welche Umstände er sich einbettet.

(76) Er hält sodann fest, dass das Berufungsgericht Colmar […] die verfolgten Handlungen und Äußerungen nicht im Lichte dieser Faktoren untersucht hat. Dieses kam vielmehr auf allgemeine Weise zum Schluss, dass der Aufruf zum Boykott eine Provokation zur Diskriminierung iSd. Art. 24 Abs. 8 des Gesetzes vom 29.7.1881 […] begründete und dass er »nicht unter das Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit fallen konnte«.

(77) Mit anderen Worten hat das innerstaatliche Gericht nicht festgestellt, dass die Verurteilung der Bf. unter den Umständen des vorliegenden Falles aufgrund des Aufrufs zum Boykott von Produkten aus Israel […] in einer demokratischen Gesellschaft notwendig war, um das verfolgte legitime Ziel zu erreichen, nämlich den Schutz der Rechte anderer iSv. Art. 10 Abs. 2 EMRK.

(78) Eine ausführliche Begründung war im vorliegenden Fall trotzdem umso wesentlicher, als es sich dabei um einen Fall handelt, in dem Art. 10 EMRK ein höheres Niveau an Schutz für das Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit verlangt. Tatsächlich betrafen die Handlungen und Äußerungen, die den Bf. vorgeworfen wurden, einerseits einen Gegenstand von öffentlichem Interesse, nämlich die Achtung des Völkerrechts durch den israelischen Staat und die Menschenrechtssituation in den besetzten palästinensischen Gebieten und betteten sich in eine zeitgenössische Debatte ein, die in Frankreich und der gesamten internationalen Gemeinschaft eröffnet worden war. Andererseits waren diese Handlungen und Äußerungen politische und aktivistische Willensbekundungen. Der GH hat bei zahlreichen Gelegenheiten betont, dass Art. 10 Abs. 2 EMRK kaum Raum für Beschränkungen der Meinungsäußerungsfreiheit im Bereich der politischen Rede oder von Fragen von allgemeinem Interesse lässt.

(79) Wie der GH im Urteil Perinçek/CH in Erinnerung gerufen hat, ist die politische Rede ihrer Natur nach Quell von Polemik und oft mit »Schärfe« versehen. Sie verbleibt dennoch im öffentlichen Interesse, außer sie artet in einen Aufruf zu Gewalt, Hass oder Intoleranz aus. Hier befindet sich die Grenze, die nicht überschritten werden darf. Das wurde im Hinblick auf den Aufruf zum Boykott auch vom UN-Sonderberichterstatter für Religions- oder Glaubensfreiheit in seinem Tätigkeitsbericht an die Mitglieder der UN-Generalversammlung vom 20.9.2019 (A/74/358) sowie von der Internationalen Föderation der Menschenrechtsligen und der Menschenrechtsliga in ihrer Stellungnahme als Drittbeteiligte betont.

(80) Der GH schließt daraus, dass die Verurteilung der Bf. nicht auf stichhaltigen und ausreichenden Gründen beruhte. Er ist nicht überzeugt davon, dass das innerstaatliche Gericht Regeln angewendet hat, die im Einklang mit den Prinzipien des Art. 10 EMRK stehen, und sich auf eine akzeptable Beurteilung der Tatsachen stützte.

(81) Folglich kam es zu einer Verletzung von Art. 10 EMRK (einstimmig; im Ergebnis übereinstimmendes Sondervotum von Richterin O’Leary).

Entschädigung nach Art. 41 EMRK

€ 380,– für materiellen Schaden und € 7.000,– für immateriellen Schaden an jeden der Bf.; € 20.000,– an die Bf. gemeinsam für Kosten und Auslagen (einstimmig).

Vom GH zitierte Judikatur:

Willem/F v. 16.7.2009 = NL 2009, 221

Perinçek/CH v. 15.10.2015 (GK) = NLMR 2015, 435

Vasiliauskas/LT v. 20.10.2015 (GK) = NLMR 2015, 419

Hinweis:

Das vorliegende Dokument über das Urteil des EGMR vom 11.6.2020, Bsw. 15271/16, entstammt der Zeitschrift "Newsletter Menschenrechte" (NLMR 2020, 220) bzw. der entsprechenden Datenbank des Österreichischen Institutes für Menschenrechte, Salzburg, und wurde von diesem dem OGH zur Aufnahme in die Entscheidungsdokumentation Justiz im RIS zur Verfügung gestellt.

Das Original des Urteils ist auf der Website des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (www.echr.coe.int/hudoc) abrufbar.

Rückverweise