Bsw10109/14 – AUSL EGMR Entscheidung
Kopf
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Kammer III, Beschwerdesache Meier gg. die Schweiz, Urteil vom 9.2.2016, Bsw. 10109/14.
Spruch
Art. 4 Abs. 2 EMRK, Art. 14 EMRK iVm. Art 4 EMRK - Verpflichtung eines Häftlings zu Arbeit im Gefängnis auch nach Erreichen des Pensionsalters.
Zulässigkeit der Beschwerde hinsichtlich Art. 4 Abs. 2 EMRK (einstimmig).
Keine Verletzung von Art. 4 Abs. 2 EMRK (einstimmig).
Unzulässigkeit der Beschwerde hinsichtlich Art. 14 EMRK iVm. Art. 4 EMRK (einstimmig).
Text
Begründung:
Sachverhalt:
Der Bf. wurde 1946 geboren und ist aktuell in Regensdorf (Kanton Zürich) inhaftiert.
Am 4.7.2003 verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich den Bf. wegen mehrfachem Geschlechtsverkehr mit Minderjährigen sowie mehrfacher sexueller Nötigung zu vier Jahren und vier Monaten Haft. Am 1.3.2010 setzte das Obergericht die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zugunsten einer Verwahrung aus (Anm: Ziel der Verwahrung ist der Schutz der Öffentlichkeit vor gefährlichen Straftätern oder Straftäterinnen.).
Der Bf. beantragte am 6.12.2011, von der Verpflichtung zur Arbeit im Rahmen des Straf- und Maßnahmenvollzugs befreit zu werden. Dieser Antrag wurde vom Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich am 19.3.2012 abgewiesen.
Mit Entscheidung der zuständigen Stelle der Justizvollzugsanstalt Pöschwies vom 29.5.2012 wurde der Bf. aufgrund seiner Weigerung zu arbeiten einem strengeren Gefängnisregime unterworfen und wurden ihm sein Fernseher und sein Computer für 14 Tage entzogen. Diese Entscheidung wurde letztlich am 31.7.2012 von der Direktion der Justiz und des Innern auf Beschwerde des Bf. hin aufgehoben.
Am 20.6.2012 wies die Direktion den Rekurs des Bf. gegen die Entscheidung vom 19.3.2012 ab. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde am 10.1.2013 vom Verwaltungsgericht des Kantons Zürich ebenfalls abgewiesen.
Mit Urteil vom 18.7.2013 (Anm: 6B_182/2013, BGE 139 I 180.) wies das Bundesgericht die Beschwerde gegen diese Entscheidung zurück.
Rechtliche Beurteilung
Rechtsausführungen:
Der Bf. behauptet eine Verletzung von Art. 4 Abs. 2 EMRK (Verbot der Zwangs- und Pflichtarbeit) und rügt, dass er gezwungen wäre, im Rahmen des Straf- und Maßnahmenvollzugs zu arbeiten, obwohl er bereits das Rentenalter erreicht hätte.
Zur behaupteten Verletzung von Art. 4 Abs. 2 EMRK
Zulässigkeit
(35) Die Regierung behauptet, dass der Bf. die Rügen einer Verletzung von Art. 4 EMRK nicht vor dem Bundesgericht vorgebracht und daher die innerstaatlichen Rechtsbehelfe nicht erschöpft habe. [...]
(37) Der GH stellt fest, dass sich der Bf. in seiner Beschwerdeschrift an das Bundesgericht [...] nicht ausdrücklich auf Art. 4 EMRK bezogen hat. Hingegen hat er die Menschenwürde und die persönliche Freiheit iSd. Art. 7 bzw. 10 der Bundesverfassung [der Schweizerischen Eidgenossenschaft] iVm. Art. 81 StGB angeführt, der die Arbeit der Häftlinge regelt. Daher befindet der GH, dass der Bf. im Hinblick auf das Wesen der Beschwerde unter Art. 4 EMRK die innerstaatlichen Rechtsbehelfe zumindest sinngemäß erschöpft hat.
(38) Zudem muss festgehalten werden, dass das Bundesgericht aus eigenem Antrieb eine gewisse Neuzuordnung der Beschwerde des Bf. vorgenommen hat, indem es sich unter anderem auf Art. 4 EMRK bezog. Daraus folgt, dass man nicht behaupten kann, dass der Bf. die innerstaatlichen Rechtsbehelfe im Hinblick auf die Beschwerde unter Art. 4 EMRK nicht erschöpft hätte.
(39) Der GH stellt weiters fest, dass die Beschwerde nicht offensichtlich unbegründet [...] und auch aus keinem anderen Grund unzulässig ist. Sie muss daher für zulässig erklärt werden (einstimmig).
In der Sache
(63) Art. 4 Abs. 2 EMRK verbietet die »Zwangs- oder Pflichtarbeit«. Um diese Bestimmung auszulegen, hat der GH in früheren Fällen die einschlägigen Übereinkommen der ILO (Anm: Internationale Arbeitsorganisation (englisch International Labour Organisation).) berücksichtigt, die praktisch alle Mitgliedstaaten des Europarats einschließlich der Schweiz binden, sowie insbesondere das Übereinkommen Nr. 29 aus 1930 über die Zwangsarbeit (Anm: Übereinkommen über Zwangs- oder Pflichtarbeit vom 28.6.1930, AS 56 956.).
(64) Der GH hat in [diesen] Fällen betont, dass eine auffällige und nicht zufällige Analogie zwischen Abs. 3 von Art. 4 Abs. 3 EMRK und Art. 2 Abs. 2 des ILO-Übereinkommens Nr. 29 besteht. Abs. 1 der letztgenannten Bestimmung konkretisiert, dass »im Sinne« des Übereinkommens Nr. 29 der Ausdruck »Zwangs- oder Pflichtarbeit« »jede Art von Arbeit oder Dienstleistung, die von einer Person unter Androhung irgendeiner Strafe verlangt wird und für die sie sich nicht freiwillig zur Verfügung gestellt hat«, bezeichnet. Der GH hat erwogen, dass diese Definition einen Ausgangspunkt für die Auslegung von Art. 4 EMRK bieten konnte, wobei er hinzugefügt hat, dass es wichtig ist, weder die besonderen Charakteristika [der Konvention] noch ihre Natur als lebendiges Instrument, das »vor dem Hintergrund der in den demokratischen Staaten heute vorherrschenden Vorstellungen« gelesen werden muss, aus dem Blick zu verlieren.
(65) Der GH hat die spezielle Struktur des Art. 4 EMRK betont, dessen Abs. 3 nicht sucht, die Ausübung des von Abs. 2 garantierten Rechts zu »beschränken«, sondern den Inhalt dieses Rechts selbst abzugrenzen, da er mit Abs. 2 ein Ganzes bildet und angibt, was nicht als »Zwangs- oder Pflichtarbeit« angesehen wird. Damit trägt Abs. 3 zur Auslegung von Abs. 2 bei. [...]
(67) Im Fall Stummer/A hat die Große Kammer befunden, dass kein ausreichender Konsens im Hinblick auf die Frage der Zugehörigkeit zum Regime der Alterspension von arbeitenden Häftlingen bestehe, um aus Art. 4 EMRK eine Verpflichtung ableiten zu können. Daher musste die verpflichtende Arbeit, die vom Bf. während seiner Haft geleistet wurde, ohne dem Regime der Alterspension zuzugehören, als eine »üblicherweise von einer Person, der die Freiheit entzogen worden ist, verlangte Arbeit« iSd. Art. 4 Abs. 3 lit. a EMRK angesehen werden.
(68) Die Frage der Verpflichtung zur Arbeit im Gefängnis nach Erreichen des Rentenalters scheint sich dem GH zum ersten Mal zu stellen.
(69) Der GH muss untersuchen, ob im vorliegenden Fall eine Art. 4 EMRK zuwiderlaufende »Zwangs- oder Pflichtarbeit« erfolgte. Er betont, dass der Bf. gemäß Art. 81 Abs. 1 StGB zur Arbeit verpflichtet war. Wenn er die Durchführung der ihm zugewiesenen Arbeit verweigerte, machte er sich schuldig und musste die Folgen daraus tragen, wie die Entscheidung der zuständigen Stelle der Justizvollzugsanstalt Pöschwies vom 29.5.2012 bezeugt, mit welcher er wegen seiner Weigerung zu arbeiten zu einem strengeren Gefängnisregime und dem Entzug seines Fernsehers und Computers für 14 Tage verurteilt wurde. Auch wenn die genannte Entscheidung letztlich aufgehoben wurde, gesteht der GH zu, dass die gegenüber dem Bf. verhängte Sanktion ziemlich schwer erscheint.
(70) Jedenfalls zweifelt der GH, während er die Definition der Zwangs- oder Pflichtarbeit nach Art. 2 Abs. 1 des ILO-Übereinkommens Nr. 29 als Ausgangspunkt für die Auslegung von Art. 4 Abs. 2 EMRK nimmt, nicht daran, dass der Bf. eine Arbeit »unter Androhung irgendeiner Strafe und für die [er] sich nicht freiwillig zur Verfügung gestellt hat« leistete.
(71) Wenn die Parteien diesbezüglich auch einig zu sein scheinen, sind sie hingegen darüber anderer Ansicht, ob die Arbeit, die der Betroffene leistete, als vom Wortlaut des Art. 4 Abs. 3 lit. a EMRK umfasst angesehen werden muss, der vom Begriff der »Zwangs- oder Pflichtarbeit« »jede üblicherweise von einer Person, der unter den Voraussetzungen des Artikels 5 die Freiheit entzogen worden ist, verlangte Arbeit« ausschließt.
(72) Der GH beobachtet zunächst, dass der Text der EMRK keinen Hinweis im Hinblick auf die Frage der Verpflichtung von Häftlingen zur Arbeit nach Erreichen des Rentenalters gibt. Daher befindet der GH, dass die Frage, ob Art. 4 Abs. 3 lit. a EMRK auf eine solche Situation Anwendung findet, im Lichte des Ziels der auferlegten Arbeit, ihrer Natur, ihres Ausmaßes und der Modalitäten ihrer Durchführung untersucht werden muss.
(73) Was das Ziel der auferlegten Arbeit angeht, akzeptiert der GH das Argument der Regierung, wonach die Pflicht von inhaftierten Personen, auch nach dem Rentenalter weiterzuarbeiten, in das Ziel der Reduktion der schädlichen Wirkungen der Haft eingebettet ist. Er gesteht zu, dass eine angepasste und angemessene Arbeit zur Strukturierung des Alltags und zur Erhaltung einer sinnvollen Aktivität beitragen kann, die wichtige Ziele für das Wohl eines Langzeithäftlings darstellen. Diesbezüglich befindet der GH, dass die nationalen Behörden ausreichende Gründe angegeben haben, um den Unterschied zwischen der Arbeit im Straf- und Maßnahmenvollzug einerseits, die einem geschlossenen System entspricht, und der Arbeit in Freiheit andererseits, die dem freien Arbeitsmarkt unterworfen ist, aufzuzeigen.
(74) Was die Natur der von den Häftlingen, die das Rentenalter erreicht haben, durchgeführten Arbeit anbelangt, geht aus der Stellungnahme des Bundesrats vom 10.10.2012, der Antwort auf den Bericht des CPT [(Antifolterkomitees)] über den Besuch in der Schweiz im Oktober 2011 [...], hervor, dass die Verpflichtung zur Arbeit nicht auf alle Häftlinge im gleichen Maß Anwendung findet und dass sie nach den Umständen an die Eignung, aber vor allem an die Arbeitsfähigkeit und den Gesundheitszustand des Häftlings angepasst werden muss. Im Übrigen würden an körperlichen Problemen leidende Personen nur mit leichten Arbeiten betraut und meist nur in reduziertem Maß. Im Fall der von einem Arzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeit würde der Häftling der Verpflichtung zur Arbeit entgehen. Was die konkrete Situation des Bf. betrifft, scheint seine Arbeit diesen Vorgaben sehr wohl gefolgt zu sein. Tatsächlich geht aus der Stellungnahme der Regierung hervor, dass der Bf. nur gezwungen ist, an begleiteten Arbeiten teilzunehmen, insbesondere am Ausmalen von Mandalas, der Reinigung seiner Zelle oder der Herstellung von Skulpturen aus Treibholz. Der GH teilt die Ansicht der Regierung, wonach es sich hierbei um Aktivitäten handelt, die seinem Alter und seinen körperlichen Fähigkeiten völlig angepasst sind – eine Behauptung, die der Bf. im Übrigen nicht bestreitet.
(75) Der GH befindet außerdem, dass das Ausmaß der Pflicht zur Arbeit ebenfalls an die Umstände und die persönliche Situation des Bf. angepasst ist, insofern als er nur ungefähr drei Stunden pro Tag arbeitet, also 18 Stunden und 20 Minuten pro Woche.
(76) Was schließlich die Modalitäten der Durchführung seiner Arbeit angeht, erinnert der GH daran, dass der Bf. zusammen mit anderen Häftlingen, die das Rentenalter erreicht haben, in die »Abteilung für Suchtkranke und Pensionäre» der Justizvollzugsanstalt Pöschwies eingegliedert ist. Zudem wird die Arbeit des Bf. entlohnt und laut der Regierung erleidet der Bf. keinen Lohnverlust, wenn das Arbeitsmaß aus medizinischen Gründen reduziert wird. Im Hinblick auf die Behauptung des Bf., wonach es angesichts des Umstands, dass er weiter der Verpflichtung zur Arbeit unterworfen sei, nicht sicher sei, dass er Leistungen der Alters- und Hinterlassenenversicherung erhalte, erwägt der GH, dass der Bf. dieses Argument überhaupt nicht untermauert hat, insbesondere nicht durch die Übermittlung von Entscheidungen der zuständigen Behörden, die seine These stützen.
(77) Um festzustellen, was als »Arbeit, die üblicherweise von einer Person verlangt wird, der die Freiheit entzogen worden ist«, angesehen werden muss, wird der GH auch Normen berücksichtigen, die heute in den Mitgliedstaaten maßgeblich sind. Was die Praxis der Mitgliedstaaten des Europarats betrifft, bemerkt der GH, dass die vergleichende Studie, die in 28 Ländern durchgeführt wurde, es erlaubt hat zum Schluss zu kommen, dass in 16 Mitgliedstaaten die verurteilten Häftlinge nicht gezwungen werden, nach Erreichen des Rentenalters zu arbeiten. In den zwölf anderen untersuchten Mitgliedstaaten ist die strittige Frage im nationalen Recht nicht ausdrücklich geregelt. Hingegen sehen diese Länder normalerweise Ausnahmen von der Verpflichtung der Häftlinge zur Arbeit vor, insbesondere in Abhängigkeit von ihren Fähigkeiten und ihrem Alter. Die von diesen Ländern eingerichteten Regime ähneln folglich der in der Schweiz übernommenen Lösung. Der GH zieht daraus den Schluss, dass die Schweizer Behörden aufgrund des Fehlens eines ausreichenden Konsenses unter den Mitgliedstaaten des Europarats im Hinblick auf die Verpflichtung der Häftlinge zur Arbeit nach Erreichen des Rentenalters einen beträchtlichen Ermessensspielraum genossen.
(78) Im Übrigen erinnert der GH daran, dass die Konvention nicht isoliert ausgelegt werden darf, sondern so, dass sie mit den allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts in Einklang steht. Gemäß Art. 31 Abs. 3 lit. c der Wiener Konvention über das Recht der Verträge (WVK) von 1969 hat die Auslegung eines Vertrags unter Berücksichtigung »jede[s] in den Beziehungen zwischen den Vertragsparteien anwendbare[n] einschlägige[n] Völkerrechtssatz[es]« zu erfolgen, insbesondere jener mit Bezug zum internationalen Schutz der Menschenrechte.
Diesbezüglich erinnert der GH daran, dass die Regel Nr. 105.2 der Europäischen Gefängnisregeln angibt, dass »Strafgefangene, die das normale Rentenalter noch nicht erreicht haben, entsprechend ihrer vom/von der Anstaltsarzt/Anstaltsärztin festgestellten körperlichen und geistigen Eignung zur Arbeit verpflichtet werden können«.
Obwohl die zitierten Gefängnisregeln keine bindende Rechtskraft haben, hat der GH ihnen nun aber in seiner Rechtsprechung immer eine beträchtliche Bedeutung beigemessen. Was den konkreten Fall betrifft, beobachtet er, dass die Regel Nr. 105.2 ziemlich offen formuliert ist und kein einheitliches Regime im Hinblick auf Arbeit der Häftlinge, die das Rentenalter erreicht haben, auferlegt. Jedenfalls befindet der GH, dass diese Regel nicht unbedingt so ausgelegt werden muss, als dass sie den Mitgliedstaaten ein absolutes Verbot von Arbeit für Häftlinge, die das Rentenalter erreicht haben, vorschreiben würde. Im vorliegenden Fall erachtet der GH sich nicht für verpflichtet, diese Frage endgültig zu beantworten, da er in Erinnerung ruft, dass die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Umsetzung dieser Empfehlung durch die Gefängnisbehörden einen gewissen Ermessensspielraum genießen, die auf jeden Fall besser geeignet sind als der GH, um über mit den Bedingungen und der Behandlung von Häftlingen verbundene Fragen abzusprechen. Diesbezüglich ist der GH der Ansicht, dass es in erster Linie den innerstaatlichen Behörden zukommt, die wirksamen und praktikablen Bedingungen und Modalitäten zur Organisation ihrer Gefängnissysteme festzulegen, wenn auch unter voller Achtung der aus der Konvention erfließenden Erfordernisse.
(79) In Summe und insbesondere ohne Konsens innerhalb der Mitgliedstaaten des Europarats hinsichtlich der Frage der Verpflichtung von inhaftierten Personen zur Weiterarbeit nach Erreichen des Rentenalters kann daraus kein absolutes Verbot unter Art. 4 EMRK erwachsen. Folglich kann die vom Bf. während seiner Haft durchgeführte verpflichtende Arbeit, einschließlich der nach Erreichen des Rentenalters geleisteten, als eine »üblicherweise von einer Person, der die Freiheit entzogen worden ist, verlangte Arbeit« iSd. Art. 4 Abs. 3 lit. a EMRK angesehen werden. Daher stellte sie keine »Zwangs- oder Pflichtarbeit« iSd. Art. 4 Abs. 2 EMRK dar.
(80) Angesichts des Vorgesagten kommt der GH unter der Feststellung, dass der Bf. sich im vorliegenden Fall darauf beschränkt hat, den Grundsatz zur Verpflichtung zur Arbeit, die den inhaftierten Personen, die das Rentenalter erreicht haben, auferlegt ist, selbst anzufechten, ohne sich über die Modalitäten der Durchführung der Arbeit zu beschweren, die ihm von den Schweizer Behörden zugeteilt wurde, zum Schluss, dass keine Verletzung von Art. 4 EMRK erfolgte (einstimmig).
Zur behaupteten Verletzung von Art. 14 iVm. Art. 4 EMRK
(81) Der Bf. rügt ebenfalls eine Diskriminierung, die er als Häftling, der das Rentenalter erreicht hat, insbesondere im Vergleich zu einer Person in Freiheit, die nicht verpflichtet ist weiterzuarbeiten, erlitten habe. [...]
(84) Der GH betont, dass der Bf., der gebührend von einem Anwalt vertreten war, vor dem Bundesgericht die Rüge einer diskriminierenden Behandlung [...] nicht einmal sinngemäß untermauert hat.
(85) Daraus folgt, dass diese Beschwerde [...] wegen Nichterschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzugs [als unzulässig] zurückgewiesen werden muss (einstimmig).
Vom GH zitierte Judikatur:
Van Droogenbroeck/B v. 24.6.1982 = EuGRZ 1984, 6
Van der Mussele/B v. 23.11.1983 = EuGRZ 1985, 477
Karlheinz Schmidt/D v. 18.7.1994 = NL 1994, 325 = EuGRZ 1995, 392 = ÖJZ 1995, 148
Zarb Adami/M v. 20.6.2006 = NL 2006, 147
Neulinger und Shuruk/CH v. 6.7.2010 (GK) = NL 2010, 211
Stummer/A v. 7.7.2011 (GK) = NLMR 2011, 215 = ÖJZ 2012, 138
Hinweis:
Das vorliegende Dokument über das Urteil des EGMR vom 9.2.2016, Bsw. 10109/14, entstammt der Zeitschrift "Newsletter Menschenrechte" (NL 2016, 26) bzw. der entsprechenden Datenbank des Österreichischen Institutes für Menschenrechte, Salzburg, und wurde von diesem dem OGH zur Aufnahme in die Entscheidungsdokumentation Justiz im RIS zur Verfügung gestellt.
Das Urteil im französischen Originalwortlaut (pdf-Format):
www.menschenrechte.ac.at/orig/16_1/Meier.pdf
Das Original des Urteils ist auch auf der Website des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (www.echr.coe.int/hudoc) abrufbar.