Bsw25629/94 – AUSL EGMR Entscheidung
Kopf
Europäische Kommission für Menschenrechte, Kammer I, Beschwerdesache H. F. K-F. gegen Deutschland, Bericht vom 10.9.1996, Bsw. 25629/94.
Spruch
Art. 5 Abs. 1 EMRK - Rechtmäßigkeit einer Festnahme und Dauer der Anhaltung.
Keine Verletzung von Art. 5 Abs. 1 lit. c EMRK (7:6 Stimmen).
Text
Begründung:
Sachverhalt:
Der Bf. hatte eine Ferienwohnung für sich und seine Frau gemietet. Zwei Monate nach dem Einzug verständigte die Vermieterin die Polizei: Der Bf. und seine Frau beabsichtigten abzureisen, hätten aber weder Miete noch Telefonrechnungen bezahlt. Ersten Ermittlungen zufolge war gegen den Bf. bereits einmal ein Strafverfahren wegen Verdachts auf Betrug eingeleitet worden. Der Bf. und seine Frau wurden festgenommen aber schon am nächsten Tag aus der Haft entlassen. Die für die Anhaltung zulässige Höchstdauer von 12 Stunden war um 45 Minuten überschritten worden. Der Bf. und seine Frau erstatteten daraufhin Anzeige wegen Freiheitsentziehung, Nötigung und Beleidigung. Diesbezügliche Vorerhebungen wurden eingestellt, dagegen erhobene Rechtsmittel blieben erfolglos: Der geäußerte Verdacht sei unbegründet, die Anhaltung wegen dringenden Tatverdachts und zur Überprüfung der Identität notwendig gewesen. Ferner sei dem diensthabenden Polizeibeamten die Überschreitung der zulässigen Höchstdauer für die Anhaltung nicht vorzuwerfen. Ein dagegen erhobenes Rechtsmittel an das BVerfG blieb erfolglos.
Rechtliche Beurteilung
Rechtsausführungen:
Der Bf. behauptet, seine Festnahme und nachfolgende Anhaltung hätten sein Recht auf Freiheit und Sicherheit gemäß Art. 5 (1) (c) EMRK verletzt.
Die Kms. stellt fest, es bestand hinreichender Verdacht, dass der Bf. eine strafbare Handlung begangen habe. Seine Festnahme und Anhaltung waren rechtmäßig, sie stützten sich auf Bestimmungen der deutschen StPO. Die für die Anhaltung zulässige Höchstdauer wurde um 45 Minuten - eine relativ kurzen Zeitspanne - überschritten. Die Rechtsmittelinstanz hatte jedoch festgestellt, dass dem diensthabenden Polizeibeamten diese Überschreitung nicht vorzuwerfen war. Die Kms. schließt sich diesem Ergebnis an. Keine Verletzung von Art. 5 (1) (c) EMRK (7:6 Stimmen).
Abweichende Meinung der Kommissionsmitglieder Liddy, Pellonpää, Busuttil, Rozakis, Bratza und Ress:
Für die Überschreitung der für die Anhaltung zulässigen Höchstdauer bestand kein zwingender Grund. Es betraf zwar nur eine kurze Zeitspanne - dennoch war sie nicht notwendig. Verletzung von Art. 5 (1) (c) EMRK.
Hinweis:
Das vorliegende Dokument über den Bericht der EKMR vom 10.9.1996, Bsw. 25629/94, entstammt der Zeitschrift „ÖIMR-Newsletter" (NL 1996,165) bzw. der entsprechenden Datenbank des Österreichischen Institutes für Menschenrechte, Salzburg, und wurde von diesem dem OGH zur Aufnahme in die Entscheidungsdokumentation Justiz im RIS zur Verfügung gestellt.
Der Bericht im englischen Originalwortlaut (pdf-Format):
www.menschenrechte.ac.at/orig/96_6/K-F..pdf
Das Original des Berichts ist auch auf der Website des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (www.echr.coe.int/hudoc) abrufbar.