Die Vertragsparteien wenden sowohl bei Beschaffungen, die unter ihre jeweiligen Anhänge zu Anlage I des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen fallen, als auch bei solchen, die unter Anhang XI dieses Abkommens fallen, die folgenden zusätzlichen Regeln an:
(1) Jede Vertragspartei stellt sicher, dass alle Bekanntmachungen einer beabsichtigten Beschaffung unmittelbar auf elektronischem Wege über einen einzigen Zugangspunkt im Internet kostenlos zugänglich gemacht werden. Darüber hinaus können solche Bekanntmachungen auch in einem geeigneten Printmedium veröffentlicht werden. Solche Bekanntmachungen werden weit verbreitet und bleiben für die Öffentlichkeit mindestens bis zum Ablauf der darin genannten Frist leicht zugänglich.
(2) Jede Vertragspartei stellt sicher, dass für die in Artikel XVIII des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen genannten Nachprüfungsverfahren die erforderlichen Befugnisse vorgesehen werden, damit
a) so schnell wie möglich im Wege der einstweiligen Verfügung vorläufige Maßnahmen ergriffen werden können, um den mutmaßlichen Verstoß zu beseitigen oder weitere Schädigungen der betroffenen Interessen zu verhindern; dazu gehören auch Maßnahmen, um das Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags oder die Durchführung jeder sonstigen Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers auszusetzen oder die Aussetzung zu veranlassen,
b) die Aufhebung rechtswidriger Entscheidungen, einschließlich der Streichung diskriminierender technischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Spezifikationen in der Veröffentlichung der beabsichtigten oder geplanten Beschaffung, den Verdingungsunterlagen oder in jedem sonstigen sich auf das betreffende Vergabeverfahren beziehenden Dokument vorgenommen oder veranlasst werden kann und
c) denjenigen, die durch den Verstoß geschädigt worden sind, Schadensersatz zuerkannt werden kann.
(3) Im Falle der Nachprüfung einer Zuschlagsentscheidung stellt jede Vertragspartei sicher, dass der öffentliche Auftraggeber den Vertragsschluss nicht vornehmen kann, bevor die Nachprüfungsstelle eine Entscheidung über einen Antrag auf vorläufige Maßnahmen oder eine Entscheidung in der Hauptsache getroffen hat. Diese Aussetzung endet frühestens mit Ablauf der Stillhaltefrist nach Absatz 6.
(4) Jede Vertragspartei stellt sicher, dass die Entscheidungen der Nachprüfungsstellen wirksam durchgesetzt werden können.
(5) Die Mitglieder unabhängiger Nachprüfungsstellen dürfen nicht Vertreter eines öffentlichen Auftraggebers sein.
Im Hinblick auf Nachprüfungsstellen, die keine Gerichte sind, stellt jede Vertragspartei sicher, dass
a) ihre Entscheidungen stets schriftlich begründet werden,
b) eine mutmaßliche rechtswidrige Maßnahme der unabhängigen Nachprüfungsstelle oder ein mutmaßlicher Verstoß bei der Ausübung der ihr übertragenen Befugnisse zum Gegenstand einer gerichtlichen Nachprüfung oder einer Nachprüfung bei einer anderen gegenüber dem Auftraggeber und der Nachprüfungsstelle unabhängigen Stelle, die ein Gericht ist, gemacht werden können,
c) für die Ernennung und das Ende der Amtszeit der Mitglieder dieser unabhängigen Stelle bezüglich der für ihre Ernennung zuständigen Behörde, der Dauer ihrer Amtszeit und ihrer Absetzbarkeit die gleichen Bedingungen wie für Richter gelten,
d) zumindest der Vorsitzende der unabhängigen Stelle die juristischen und beruflichen Qualifikationen eines Richters besitzt und
e) die unabhängige Stelle ihre Entscheidungen in einem Verfahren trifft, in dem beide Seiten gehört werden, und ihre Entscheidungen in der von jeder Vertragspartei jeweils zu bestimmenden Weise rechtsverbindlich sind.
(6) Der Vertragsabschluss durch einen öffentlichen Auftraggeber im Anschluss an die Zuschlagsentscheidung für einen Auftrag, der in den Geltungsbereich dieses Kapitels fällt,
a) darf nicht vor Ablauf einer Stillhaltefrist von mindestens zehn Kalendertagen erfolgen, gerechnet ab dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter und Bewerber abgesendet wurde, falls sie per Fax oder auf elektronischem Weg abgesendet wird, oder
b) darf nicht vor Ablauf einer Stillhaltefrist von entweder mindestens 15 Kalendertagen erfolgen, gerechnet ab dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter und Bewerber abgesendet wurde, oder mindestens zehn Kalendertagen, gerechnet ab dem Tag nach dem Eingang der Zuschlagsentscheidung, falls andere Kommunikationsmittel verwendet werden.
Alternativ kann eine Vertragspartei vorsehen, dass die Stillhaltefrist mit der Veröffentlichung der Zuschlagsentscheidung in einem kostenfrei zugänglichen elektronischen Medium gemäß Artikel XVI Absatz 2 des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen beginnt.
Bieter gelten als betroffen, wenn sie noch nicht endgültig ausgeschlossen wurden. Der Ausschluss gilt als endgültig, wenn er den betroffenen Bietern mitgeteilt wurde und entweder von einer unabhängigen Nachprüfungsstelle als rechtmäßig anerkannt wurde oder keinem Nachprüfungsverfahren mehr unterzogen werden kann. Bewerber gelten als betroffen, wenn der öffentliche Auftraggeber den betroffenen Bietern keine Informationen über die Ablehnung ihrer Bewerbung zur Verfügung gestellt hat, bevor die Mitteilung über die Zuschlagsentscheidung ergangen ist.
(7) Eine Vertragspartei kann vorsehen, dass die in Absatz 6 Unterabsatz 1 Buchstaben a und b genannten Stillhaltefristen in folgenden Fällen nicht angewendet werden:
a) wenn der einzige betroffene Bieter im Sinne von Absatz 6 Unterabsatz 3 der Bieter ist, dem der Zuschlag erteilt wird, und wenn es keine anderen betroffenen Bewerber gibt,
b) bei einem Auftrag, dem eine Rahmenvereinbarung zugrunde liegt, und
c) bei einem Einzelauftrag, der auf einem dynamischen Beschaffungssystem beruht.
(8) Jede Vertragspartei trägt dafür Sorge, dass ein Vertrag durch eine von dem öffentlichen Auftraggeber unabhängige Nachprüfungsstelle oder eine Justizbehörde als unwirksam angesehen wird oder dass sich seine Unwirksamkeit aus der Entscheidung einer solchen Stelle ergibt, falls der öffentliche Auftraggeber einen Auftrag ohne vorherige Veröffentlichung vergeben hat und das nicht zulässig ist.
Die Folgen der Unwirksamkeit eines Vertrags richten sich nach dem Recht jeder Vertragspartei, das vorsehen kann, dass alle vertraglichen Verpflichtungen rückwirkend aufgehoben werden oder dass die noch nicht erfüllten Verpflichtungen aufgehoben werden. Im letzteren Fall trägt jede Vertragspartei dafür Sorge, dass alternative Sanktionen Anwendung finden.
(9) Eine Vertragspartei kann vorsehen, dass die Nachprüfungsstelle oder Justizbehörde einen Vertrag auch bei rechtswidriger Vergabe nicht als unwirksam ansehen kann, wenn die Nachprüfungsstelle oder eine Justizbehörde nach Prüfung aller einschlägigen Aspekte feststellt, dass zwingende Gründe eines Allgemeininteresses es rechtfertigen, die Wirkung des Vertrags zu erhalten. In diesem Fall sieht jede Vertragspartei alternative Sanktionen vor.
(10) Jede Vertragspartei stellt sicher, dass den Anbietern der anderen Vertragspartei, die sich in ihrem Gebiet durch Gründung, Erwerb oder Fortführung einer juristischen Person gewerblich niedergelassen haben, bei allen öffentlichen Aufträgen der Vertragspartei in ihrem Gebiet Inländerbehandlung gewährt wird. Diese Verpflichtung gilt unabhängig davon, ob ein Auftrag unter die Anhänge der Vertragsparteien zu Anlage I des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen oder unter Anhang XI dieses Abkommens fällt oder nicht.
Es gelten die allgemeinen Ausnahmen gemäß Artikel III des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen.
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