Durchführung von Artikel 83bis des Abkommens über die Internationale Zivilluftfahrt (Deutschland)
Vorwort
Artikel 1
Art. 1 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Abkommens bedeuten, soweit sich aus dem Wortlaut nichts anderes ergibt:
1. „Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt“ das Abkommen vom 7. Dezember 1944 über die Internationale Zivilluftfahrt einschließlich aller nach dessen Artikel 90 angenommenen Anhänge und aller Änderungen der Anhänge oder des Abkommens selbst nach dessen Artikeln 90 und 94, soweit diese Anhänge und Änderungen für beide Vertragsparteien in Kraft getreten oder von ihnen ratifiziert worden sind,
2. „ICAO“ die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation,
3. „EASA“ die Europäische Agentur für Flugsicherheit,
4. „Dry-Lease-Vereinbarung“ eine Vereinbarung zwischen dem Leasinggeber und dem Leasingnehmer zur Überlassung des Gebrauchs eines Luftfahrzeugs gegen Entgelt ohne Besatzung, wobei das Luftfahrzeug unter dem Luftverkehrsbetreiberzeugnis des Leasingnehmers betrieben wird,
5. „Leasinggeber“ der eingetragene Eigentümer oder jede juristische oder natürliche Person, der/die den Gebrauch eines Luftfahrzeuges gegen Entgelt dem Leasingnehmer überlässt,
6. „Leasingnehmer“ der Luftfahrtunternehmer, dem gegen Entgelt ein Luftfahrzeug zum Gebrauch überlassen wird und in dessen Betriebsgenehmigung bzw. in dessen Luftverkehrsbetreiberzeugnisses (AOC) das betreffende Luftfahrzeug eingetragen wird,
7. „Zivilluftfahrtbehörde“ in Bezug auf die Republik Österreich die für die Durchführung des Abkommens zuständige österreichische Luftfahrtbehörde Austro Control GmbH, Wagramer Straße 19, A-1220 Wien in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland das durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur der Bundesrepublik Deutschland nach § 3a Absatz 2 des Luftverkehrsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland bestimmte Luftfahrt-Bundesamt, Hermann-Blenk-Str. 26, D-38108 Braunschweig, oder in beiden Fällen jede andere Person oder Stelle, die zur Wahrnehmung der diesen Behörden obliegenden Aufgaben ermächtigt ist,
8. „Eintragungsstaat“, der Staat, in dessen Luftfahrzeugregister das Luftfahrzeug eingetragen ist,
9. „Betreiberstaat“ der Staat, von dem der Leasingnehmer seine Betriebsgenehmigung erhalten hat.
Artikel 2
Art. 2 Anwendungsbereich
(1) Dieses Abkommen findet Anwendung auf Luftfahrzeuge, die in dem Luftfahrzeugregister des Staates einer Vertragspartei eingetragen sind und von einem Luftfahrtunternehmer aus dem Staat der jeweils anderen Vertragspartei für die gewerbsmäßige Beförderung im Luftverkehr unter einer Dry-Lease-Vereinbarung betrieben werden.
(2) Dieses Abkommen kann entsprechend angewandt werden, wenn keine Dry-Lease-Vereinbarung vorliegt, weil Luftfahrtunternehmer und Eigentümer des betreffenden Luftfahrzeuges identisch sind.
Artikel 3
Art. 3 Übertragene Zuständigkeiten
(1) Die Zivilluftfahrtbehörde des Eintragungsstaates ist gemäß den Regelungen dieses Abkommens befugt, die folgenden Zuständigkeiten, einschließlich der Aufsicht und Überwachung der in den jeweiligen Anhängen zum Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt enthaltenen Aufgaben, auf die Zivilluftfahrtbehörde des Betreiberstaates zu übertragen:
1. Anhang 1 – Lizenzierung von Luftfahrtpersonal (Personnel Licensing) – mit Ausnahme der Ausstellung und Anerkennung von Lizenzen.
2. Anhang 2 – Luftverkehrsregeln (Rules of the Air) – Durchsetzung der Erfüllung anwendbarer Regeln und Vorschriften für den Luftverkehr und den Betrieb von Luftfahrzeugen.
3. Anhang 6 – Betrieb von Luftfahrzeugen (Operation of Aircraft) – alle Zuständigkeiten, die in der Regel dem Eintragungsstaat für die Beaufsichtigung und Überwachung des Betriebes der in seinem Luftfahrzeugregister eingetragenen Luftfahrzeuge obliegen.
4. Anhang 8 – Lufttüchtigkeit von Luftfahrzeugen (Airworthiness of Aircraft) – alle Zuständigkeiten, die in der Regel dem Eintragungsstaat für die Überwachung und Kontrolle der in seinem Luftfahrzeugregister eingetragenen Luftfahrzeuge obliegen und nicht von der EASA wahrgenommen werden.
(2) Die Zivilluftfahrtbehörde des Betreiberstaates unterrichtet die Zivilluftfahrtbehörde des Eintragungsstaates über jede beabsichtigte Untervermietung eines Luftfahrzeugs, für das eine Übertragung der Zuständigkeiten nach Absatz 1 erfolgt ist.
(3) Aufgaben und Funktionen nach Absatz 1 dürfen nicht auf einen anderen Staat übertragen werden.
Artikel 4
Art. 4 Verfahren zur Übertragung der Zuständigkeiten
(1) Einzelheiten der Übertragung von Zuständigkeiten nach Artikel 3, einschließlich der anzuwendenden Vorschriften und Verfahren, werden schriftlich zwischen den Zivilluftfahrtbehörden der Vertragsparteien festgelegt. Ersuchen auf Übertragung von Zuständigkeiten durch die Zivilluftfahrtbehörde des Eintragungsstaats bedürfen der schriftlichen Annahme der Zivilluftfahrtbehörde des Betreiberstaats. Aufsichtsübertragungsersuchen können nur für einzelne genau bezeichnete Luftfahrzeuge für die Dauer der Zeitspanne der Dry-Lease-Vereinbarung beziehungsweise in den Fällen des Artikel 2 Absatz 2 für die von der Zivilluftfahrtbehörde des Eintragungsstaats festgelegte Dauer der Aufsichtsübertragung gestellt werden. Mit Zugang der Annahmeerklärung nach Satz 2 bei der jeweils anderen Zivilluftfahrtbehörde wird die Übertragung der Zuständigkeit zur Überwachung der bezeichneten Luftfahrzeuge wirksam.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend bei der Verlängerung einer Dry-Lease-Vereinbarung beziehungsweise in den Fällen des Artikel 2 Absatz 2 bei einer Verlängerung der von der Zivilluftfahrtbehörde des Eintragungsstaates festgelegten Dauer der Aufsichtsübertragung.
(3) Die Zivilluftfahrtbehörden sind befugt, die Übertragung der Zuständigkeiten für einzelne Luftfahrzeuge jederzeit zu widerrufen. Der Widerruf bedarf der Schriftform. Er wird nach Ablauf von 24 Stunden nach Zugang bei der jeweils anderen Zivilluftfahrtbehörde wirksam.
(4) Ein Luftfahrzeug, für das die Zuständigkeit zur Aufsicht und Überwachung auf Grund von Artikel 3 Absatz 1 übertragen wurde, unterliegt den Anforderungen der jeweils anwendbaren Gesetze, sonstigen Vorschriften und Verfahren des Betreiberstaates.
Artikel 5
Art. 5 Zusammenkünfte zwischen den Zivilluftfahrtbehörden
(1) Zwischen den Zivilluftfahrtbehörden der Vertragsparteien werden nach Bedarf Zusammenkünfte anberaumt, um betriebliche oder Lufttüchtigkeitsfragen zu erörtern, die sich bei Überprüfungen der Luftfahrzeuge ergeben haben. Hierbei sollen insbesondere folgende Themen erörtert werden:
1. Flugbetrieb,
2. Überwachung der Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit und Instandhaltung von Luftfahrzeugen,
3. Verfahren des Handbuchs für die Führung der Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit (Continuing Airworthiness Management Exposition – CAME bzw. Operator Maintenance Control Manual – MCM) des Luftfahrtunternehmers, soweit zutreffend,
4. alle sonstigen wichtigen Angelegenheiten, die sich aufgrund von Überprüfungen ergeben.
(2) Auf Ersuchen der Zivilluftfahrtbehörde des Eintragungsstaates nimmt die jeweils andere Zivilluftfahrtbehörde nach Maßgabe des anwendbaren Rechts eine Überprüfung des Luftfahrzeuges vor, für das die Zuständigkeit zur Aufsicht und Überwachung auf Grund von Artikel 3 Absatz 1 übertragen wurde. Soweit möglich, gestattet die ersuchte Zivilluftfahrtbehörde den Vertretern der Zivilluftfahrtbehörde des Eintragungsstaates, bei der Überprüfung des Luftfahrzeuges anwesend zu sein. Die Zivilluftfahrtbehörden treffen die hierzu erforderlichen Absprachen. Die ersuchte Zivilluftfahrtbehörde teilt der Zivilluftfahrtbehörde des Eintragungsstaates das Ergebnis der Überprüfung schriftlich mit.
Artikel 6
Art. 6 Mitführungspflichten
Die Zivilluftfahrtbehörden der Vertragsparteien stellen dem Leasingnehmer und dem Leasinggeber eine Abschrift dieses Abkommens sowie des Schriftwechsels nach Artikel 4 Absatz 1 und Absatz 2 zur Verfügung. An Bord der Luftfahrzeuge, für die die Zuständigkeit der Überwachung aufgrund dieses Abkommens übertragen wurde, sind jeweils Abschriften dieses Abkommens, des Schriftwechsels sowie des Luftverkehrsbetreiberzeugnisses (AOC), in dem das jeweilige Luftfahrzeug eingetragen ist, mitzuführen. Hat der Leasingnehmer von seiner Behörde die Genehmigung für ein System zur Auflistung der Eintragungszeichen der unter seinem AOC betriebenen und zugelassenen Luftfahrzeuge erhalten, so muss diese Liste und der entsprechende Abschnitt des Betriebshandbuches mitgeführt werden.
Artikel 7
Art. 7 Registrierung
(1) Die Vertragsparteien legen dieses Abkommen sowie Änderungen hierzu nach Artikel 83 des Abkommens über die internationale Zivilluftfahrt und in Übereinstimmung mit den Regeln für die Registrierung von Luftfahrtabkommen der ICAO zur Registrierung vor.
(2) Jede Zivilluftfahrtbehörde führt eine Liste, in der die Luftfahrzeuge, für welche sie die Zuständigkeit zur Aufsicht und Überwachung aufgrund dieses Abkommens übertragen hat, unter Angabe von Kennzeichen, Muster sowie der Dauer der Aufsichtsübertragung eintragen werden. Eine Abschrift der Listen wird als Anhang 1 dieses Abkommens der ICAO zur Registrierung vorgelegt. Die Listen werden nach jeweils erfolgter Änderung aktualisiert und der ICAO zur Kenntnis gegeben.
Artikel 8
Art. 8 Gebühren
Jede Behörde stellt Gebühren und Auslagen entsprechend ihren jeweils geltenden nationalen Bestimmungen in Rechnung.
Artikel 9
Art. 9 Inkrafttreten, Geltungsdauer
(1) Dieses Abkommen tritt am ersten Tag des Monats, der auf den Tag der Unterzeichnung folgt, in Kraft. Mit Inkrafttreten dieses Abkommens tritt das Abkommen vom 30. November 2009 3 zwischen der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie der Republik Österreich und dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung der Bundesrepublik Deutschland über die Durchführung von Artikel 83 bis des Abkommens über die Internationale Zivilluftfahrt außer Kraft.
(2) Jede Änderung dieses Abkommens bedarf der Schriftform.
(3) Das Abkommen wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Es kann von jeder der Vertragsparteien jederzeit schriftlich gekündigt werden. Es tritt nach Ablauf von 60 Tagen nach Zugang der schriftlichen Kündigung bei der anderen Vertragspartei außer Kraft.
(4) Das Abkommen wird bis zu seinem Inkrafttreten nach Maßgabe des jeweiligen innerstaatlichen Rechts der Vertragsparteien vorläufig angewendet.
Geschehen zu Wien am 28. Juni 2016, in zwei Urschriften in deutscher Sprache.
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3 Kundgemacht in BGBl. III Nr. 139/2009.