Abkommen über die polizeiliche Zusammenarbeit (Nordmazedonien)
Bereiche und Ziel der Zusammenarbeit
Art. 2Formen der Zusammenarbeit
Art. 3Zeugenschutz
Art. 4Zuständige Behörden
Art. 5Datenschutz
Art. 6Schutz klassifizierter Informationen
Art. 7Konsultationen
Art. 8Einschränkung der Zusammenarbeit
Art. 9Kosten
Art. 10Verhältnis zu anderen internationalen Verträgen
Art. 11Auslegung des Abkommens
Art. 12Inkrafttreten, Änderungen, Ergänzungen und Kündigung
Vorwort
Artikel 1
Art. 1 Bereiche und Ziel der Zusammenarbeit
Die Vertragsparteien verpflichten sich, nach Maßgabe ihres nationalen Rechts und im Rahmen ihrer Zuständigkeit bei der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, sowie bei der Verhütung und der Aufklärung von gerichtlich strafbaren Handlungen zusammenzuarbeiten und Amtshilfe zu leisten. Diese Zusammenarbeit umfasst insbesondere folgende Bereiche:
1. den illegalen Anbau, die illegale Erzeugung, Einfuhr, Ausfuhr, den illegalen Transport und Handel von Suchtgift, psychotropen Substanzen und Vorläuferstoffen;
2. den Terrorismus;
3. andere Formen der organisierten internationalen Kriminalität einschließlich Schlepperei und illegale Migration, Eigentumskriminalität, Diebstahl von und illegalem Handel mit Kunstgegenständen und Kulturgütern, Wirtschaftskriminalität, Korruption, Geldwäsche, Fälschungskriminalität (Geld, Wertpapiere und Dokumente) und Umweltkriminalität.
Artikel 2
Art. 2 Formen der Zusammenarbeit
(1) Die Zusammenarbeit der Vertragsparteien im Sinne dieses Abkommens erfolgt nach Maßgabe des jeweiligen nationalen Rechts, sowie im Rahmen des jeweiligen Zuständigkeitsbereiches und umfasst insbesondere
1. die gegenseitige Information im Fall, dass Kenntnisse vorliegen, die zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, sowie zur Verhütung und Aufklärung von gerichtlich strafbaren Handlungen beitragen können; personenbezogene Daten dürfen nur übermittelt werden, soweit dies zur Abwehr der genannten Gefahren sowie zur Aufklärung der genannten Handlungen erforderlich ist;
2. die gegenseitige Unterstützung bei der Personenfahndung und der Sachenfahndung;
3. die Durchführung von koordinierten polizeilichen Maßnahmen der Vertragsparteien auf ihrem Hoheitsgebiet zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, sowie zur Verhütung und Aufklärung von gerichtlich strafbaren Handlungen;
4. die wechselseitige Hilfeleistung bei der Bekämpfung der illegalen Migration, insbesondere soweit Staatsangehörige der Vertragsparteien davon betroffen sind, sowie die Schaffung der allenfalls dafür notwendigen organisatorischen Maßnahmen;
5. den Schutz von Zeugen;
6. den Austausch von Erfahrungen über die Anwendung von Rechtsvorschriften, über die Kriminalitätsvorbeugung, sowie über angewendete Methoden, Mittel und Technik der Kriminalistik;
7. den Austausch von Erfahrungen von Experten in bestimmten Bereichen der Kriminalität und die Abhaltung von Expertentreffen.
(2) Die Vertragsparteien unterstützen einander auf Ersuchen.
(3) Informationen nach Absatz 1 Ziffern 1 und 7 teilt jede Vertragspartei nach Maßgabe ihres nationalen Rechts der anderen Vertragspartei auch ohne Ersuchen mit, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass deren Kenntnis für die andere Vertragspartei für die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder die Verhütung und Aufklärung von gerichtlich strafbaren Handlungen erforderlich ist. Die Vertragsparteien unterstützen einander hiedurch insbesondere dann, wenn im Staatsgebiet einer Vertragspartei eine Straftat begangen oder vorbereitet wird und Informationen bestehen, dass ein Zusammenhang mit dem Staatsgebiet der anderen Vertragspartei besteht.
(4) Die Durchführung der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien kann auch über Verbindungsbeamte erfolgen. Der Verbindungsbeamte führt Informationsund Beratungstätigkeiten aus und verfügt über keine Exekutivbefugnisse. Die Aufgaben des Verbindungsbeamten werden von den zuständigen Behörden nach Maßgabe des nationalen Rechts festgelegt.
Artikel 3
Art. 3 Zeugenschutz
(1) Die Vertragsparteien arbeiten beim Schutz von Zeugen und deren Angehörigen (in der Folge „die zu schützende Person“) zusammen.
(2) Die Zusammenarbeit umfasst insbesondere den Austausch von Informationen, die logistische Hilfe, sowie die Übernahme von zu schützenden Personen.
(3) Eine gesonderte Durchführungsvereinbarung in jedem Einzelfall regelt die Modalitäten der Zusammenarbeit bei der Übernahme von zu schützenden Personen.
(4) Die zu schützende Person muss bei der ersuchenden Vertragspartei im Zeugenschutzprogramm aufgenommen sein. Die zu schützende Person wird nicht in das Zeugenschutzprogramm der ersuchten Vertragspartei aufgenommen. Bei der Durchführung von Unterstützungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Schutz dieser Person findet die Rechtsordnung der ersuchten Vertragspartei entsprechend Anwendung.
(5) Die ersuchende Vertragspartei trägt für die zu schützenden Personen, sofern erforderlich, die Lebenshaltungskosten und die Kosten der anderen Maßnahmen, um deren Durchführung diese Vertragspartei ersucht hat. Die ersuchte Vertragspartei trägt die Kosten für Personal- und Sachaufwand zum Schutz dieser Personen.
(6) Die ersuchte Vertragspartei kann bei Vorliegen schwerwiegender Gründe nach vorheriger Information der ersuchenden Vertragspartei die Unterstützungsmaßnahmen beenden. Die ersuchende Vertragspartei hat in solchen Fällen die Verpflichtung, die Person in angemessener Frist wieder zu übernehmen.
Artikel 4
Art. 4 Zuständige Behörden
(1) Für die Zusammenarbeit im Sinne dieses Abkommens gemäß dem nationalen Recht zuständige Behörden sind:
1. auf österreichischer Seite: Der Bundesminister für Inneres;
2. auf mazedonischer Seite: Das Ministerium für innere Angelegenheiten.
(2) Die Vertragsparteien teilen einander eintretende Änderungen der Zuständigkeit oder der Bezeichnung dieser Behörden mit.
(3) Der Informationsaustausch zwischen den Vertragsparteien im Rahmen der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (Interpol) kann nach Maßgabe des nationalen Rechts durch direkte Kontakte zwischen den zuständigen Fachdienststellen ergänzt werden.
Artikel 5
Art. 5 Datenschutz
Die wechselseitige Übermittlung personenbezogener Daten (in der Folge: Daten) zwischen den Vertragsparteien erfolgt nach Maßgabe des jeweiligen nationalen Rechts unter Beachtung der von der übermittelnden Behörde erteilten Auflagen und nach Maßgabe folgender Grundsätze, welche gleichermaßen auf automationsunterstützt oder nicht automationsunterstützt verarbeitete Daten
Anwendung finden:
1. Die übermittelten Daten dürfen ohne vorherige Zustimmung der übermittelnden Behörde zu keinen anderen als den der Übermittlung zugrunde liegenden Zwecken verwendet werden. Eine solche Zustimmung darf nur erteilt werden, soweit das nationale Recht der Datei führenden Vertragspartei diese Verwendung zu solchen anderen Zwecken zulässt.
2. Die übermittelten Daten sind zu löschen beziehungsweise richtig zu stellen, sobald
a) sich die Unrichtigkeit der Daten von Amts wegen oder aufgrund einer Mitteilung des Betroffenen ergibt, oder
b) die übermittelnde Behörde mitteilt, dass die übermittelten Daten rechtswidrig ermittelt oder übermittelt worden sind, oder rechtmäßig übermittelte Daten gemäß dem nationalen Recht der übermittelnden Behörde zu einem späteren Zeitpunkt zu löschen sind, oder
c) die Daten nicht mehr zur Erfüllung der für die Übermittlung maßgeblichen behördlichen Aufgabe benötigt werden, es sei denn, dass eine ausdrückliche Ermächtigung besteht, die übermittelten Daten zu anderen Zwecken zu verwenden.
3. Im Falle eines Ersuchens der zuständigen übermittelnden Behörde einer Vertragspartei ist die empfangende Behörde verpflichtet, Auskunft über jegliche Verwendung der empfangenen Daten zu geben.
4. Die zuständige übermittelnde Behörde stellt die Richtigkeit und Aktualität der übermittelten Daten sicher und ist verpflichtet, auf die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit in Bezug auf den mit der Übermittlung verfolgten Zweck, sowie die Einhaltung der nach dem jeweiligen nationalen Recht geltenden Übermittlungsverbote zu achten. Zeigt sich, dass unrichtige Daten oder Daten, die nicht hätten übermittelt werden dürfen, übermittelt worden sind oder dass rechtmäßig übermittelte Daten gemäß den Rechtsvorschriften des Staates der übermittelnden Behörde zu einem bestimmten Zeitpunkt zu löschen sind, wird die empfangende Behörde darüber unverzüglich unterrichtet. Diese hat ihrerseits umgehend die erforderliche Löschung beziehungsweise Richtigstellung durchzuführen.
5. Hat die empfangende Behörde Grund zur Annahme, dass übermittelte Daten unrichtig sind oder zu löschen wären, so unterrichtet sie die übermittelnde Behörde unverzüglich.
6. Die Vertragsparteien treffen Vorsorge, dass für die Datenübermittlung nur solche Kommunikationsmittel verwendet werden, die einen angemessenen Schutz der Daten vor unbefugter Kenntnisnahme oder Veränderung durch Dritte während des Übermittlungsvorganges gewährleisten.
7. Die empfangende Behörde ist verpflichtet, die übermittelten Daten wirksam vor zufälliger oder unbefugter Zerstörung, zufälligem Verlust, unbefugter oder zufälliger Änderung oder Weitergabe, unbefugtem Zugang und unbefugter Veröffentlichung zu schützen.
8. Die übermittelnde und die empfangende Behörde sind verpflichtet, Übergabe, Übernahme und Vernichtung der Daten zu dokumentieren. Die Dokumentation beinhaltet den Grund der Übergabe, den Inhalt, die übermittelnde Behörde und die empfangende Behörde, den Zeitpunkt der Übermittlung sowie der Vernichtung der Daten. Diese Aufzeichnungen sind durch geeignete Vorkehrungen gegen zweckfremde Verwendung und sonstigen Missbrauch zu schützen und drei Jahre aufzubewahren. Nach dieser Frist sind sie unverzüglich zu löschen. Die Dokumentationsdaten dürfen ausschließlich zur Kontrolle, ob die maßgeblichen Rechtsvorschriften über den Datenschutz eingehalten worden sind, verwendet werden.
9. Jeder Betroffene hat das Recht, bei Nachweis seiner Identität auf Antrag von der für die Verarbeitung verantwortlichen Behörde in allgemein verständlicher Form und ohne unzumutbare Verzögerung Auskunft über die zu seiner Person im Rahmen dieses Abkommens übermittelten oder verarbeiteten Daten, deren Herkunft, allfällige Empfänger und Empfängerkategorien, den vorgesehenen Verwendungszweck und die Rechtsgrundlage zu erhalten, sowie auf Richtigstellung unrichtiger und Löschung unzulässigerweise verwendeter Daten. Die Vertragsparteien stellen darüber hinaus sicher, dass der Betroffene sich im Falle der Verletzung seiner Rechte auf Datenschutz mit einer wirksamen Beschwerde an ein unabhängiges und unparteiisches, auf Gesetz basierendes Gericht im Sinne des Artikel 6 Absatz 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten 1 (Europäische Menschenrechtskonvention) wenden kann und dass ihm die Möglichkeit eröffnet wird, einen Schadenersatzanspruch oder Abhilfe anderer Art gerichtlich geltend zu machen. Die Einzelheiten des Verfahrens zur Durchsetzung dieser Rechte richten sich nach dem nationalen Recht der Vertragspartei, bei der diese geltend gemacht werden. Die Vertragsparteien stellen dabei zumindest ein Schutzniveau sicher, wie es sich aus der Konvention Nr. 108 des Europarats zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten, des Zusatzprotokolls vom 8. November 2001 hiezu, sowie der Empfehlung Nr. R (87) 15 des Ministerkomitees des Europarats vom 17. September 1987 zur Regelung der Benutzung personenbezogener Daten durch die Polizei, und zwar auch insoweit als die Daten nicht automatisiert verarbeitet werden, ergibt. Im Falle eines Ansuchens auf Geltendmachung dieser Rechte gibt die Behörde, die über die Daten verfügt, der übermittelnden Behörde Gelegenheit zur Stellungnahme, bevor eine Entscheidung über das Ansuchen getroffen wird.
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1 Kundgemacht in BGBl. Nr. 210/1958 idgF.
Artikel 6
Art. 6 Schutz klassifizierter Informationen
Für die in Durchführung dieses Abkommens empfangenen klassifizierten Informationen, die als solche gekennzeichnet sind, gewährleisten die Vertragsparteien mindestens die von der übermittelnden Vertragspartei bestimmte Klassifizierungsstufe und zumindest den gleichwertigen Schutz.
Artikel 7
Art. 7 Konsultationen
Im Bedarfsfall können leitende Beamte der Vertragsparteien Konsultationen führen, um Mittel und Wege zur effektiven Anwendung des vorliegenden Abkommens, sowie mögliche Maßnahmen zur Weiterentwicklung und Verbesserung der Zusammenarbeit zu erörtern.
Artikel 8
Art. 8 Einschränkung der Zusammenarbeit
(1) Ist eine Vertragspartei der Ansicht, dass die Erledigung eines Ersuchens oder eine andere Art der Zusammenarbeit geeignet ist, ihre Souveränität, ihre Sicherheit, ihre öffentliche Ordnung (ordre public) oder andere wesentliche Interessen ihres Landes zu beeinträchtigen oder gegen Grundsätze ihrer Rechtsordnung zu verstoßen, so kann sie die Unterstützung ganz oder teilweise verweigern oder von bestimmten Bedingungen abhängig machen.
(2) Die ersuchende Vertragspartei ist von der Entscheidung unter Angabe der Gründe in Kenntnis zu setzen.
Artikel 9
Art. 9 Kosten
Soweit in diesem Abkommen nichts anderes bestimmt ist, trägt jede Vertragspartei die ihr aus der Anwendung dieses Abkommens entstehenden Kosten selbst.
Artikel 10
Art. 10 Verhältnis zu anderen internationalen Verträgen
Durch die Bestimmungen dieses Abkommens werden Rechte und Pflichten der Vertragsparteien aus anderen internationalen Verträgen nicht berührt.
Artikel 11
Art. 11 Auslegung des Abkommens
(1) Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens werden im Wege von direkten Verhandlungen zwischen den Vertragsparteien entschieden.
(2) Sollte im Weg der Verhandlungen nach Absatz 1 eine Einigung nicht erzielt werden, wird die Angelegenheit auf diplomatischem Weg einer Entscheidung zugeführt.
Artikel 12
Art. 12 Inkrafttreten, Änderungen, Ergänzungen und Kündigung
(1) Dieses Abkommen tritt am ersten Tag des dritten Monats in Kraft, der auf den Zeitpunkt folgt, in dem die Vertragsparteien einander mitteilen, dass die jeweiligen hiefür erforderlichen innerstaatlichen rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
(2) Dieses Abkommen wird von den Vertragsparteien auf unbestimmte Dauer abgeschlossen. Im schriftlichen Einvernehmen können an diesem Abkommen Änderungen und Ergänzungen vorgenommen werden.
(3) Jede Vertragspartei kann dieses Abkommen schriftlich auf diplomatischem Weg kündigen. In diesem Fall wird die Kündigung am ersten Tag des zweiten Monats wirksam, der auf den Monat folgt, in dem die Notifikation der anderen Vertragspartei zugegangen ist.
Geschehen zu Brdo-Kranj, am 25.01.2008, in zwei Urschriften, jede in deutscher und mazedonischer Sprache, von denen beide gleichermaßen authentisch sind.