BundesrechtInternationale VerträgeInternationales Übereinkommen gegen Doping im SportAnl. 2

Anl. 2

In Kraft seit 01. September 2007
Up-to-date

4.0 Kriterien für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur therapeutischen Anwendung

Einem Athleten kann eine Ausnahmegenehmigung zur therapeutischen Anwendung (TUE) erteilt werden, die es ihm gestattet, einen in der Verbotsliste enthaltenen verbotenen Wirkstoff oder eine in der Verbotsliste enthaltene verbotene Methode anzuwenden. Ein Antrag auf Erteilung einer TUE wird von einem Ausschuss für Ausnahmegenehmigungen zur therapeutischen Anwendung (TUEC) geprüft. Der TUEC wird von einer Anti-Doping-Organisation ernannt. Eine Ausnahmegenehmigung wird nur erteilt, wenn folgende Kriterien strikt eingehalten werden:

[Anmerkung: Dieser Standard findet auf alle Athleten im Sinne und nach Maßgabe des Codes Anwendung, das heißt auf Athleten ohne und mit Behinderungen. Dieser Standard wird unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angewandt. Beispielsweise kann eine Ausnahmegenehmigung, die für einen Athleten mit Behinderung angemessen ist, für einen anderen Athleten unangemessen sein.]

4.1 Der Athlet soll einen Antrag auf TUE spätestens 21 Tage vor seiner Teilnahme an einer Veranstaltung stellen.

4.2 Der Athlet würde eine wesentliche gesundheitliche Beeinträchtigung erfahren, wenn ihm der verbotene Wirkstoff oder die verbotene Methode bei der Behandlung einer akuten oder chronischen Krankheit vorenthalten würde.

4.3 Die therapeutische Anwendung des verbotenen Wirkstoffs oder der verbotenen Methode würde keine zusätzliche Leistungssteigerung bewirken außer derjenigen, die durch Wiedererlangen eines Zustands normaler Gesundheit nach Behandlung einer bestätigten Krankheit zu erwarten wäre. Die Anwendung eines verbotenen Wirkstoffs oder einer verbotenen Methode zur Steigerung „niedrig-normaler“ Spiegel jedes endogenen Hormons gilt nicht als akzeptabler therapeutischer Eingriff.

4.4 Es gibt keine angemessene therapeutische Alternative zur Anwendung der ansonsten verbotenen Wirkstoffe oder ansonsten verbotenen Methoden.

4.5 Die Notwendigkeit der Anwendung ansonsten verbotener Wirkstoffe oder ansonsten verbotener Methoden darf weder gänzlich noch teilweise die Folge einer vorausgegangenen nicht-therapeutischen Anwendung eines Wirkstoffs aus der Verbotsliste sein.

4.6 Die TUE wird von der erteilenden Stelle widerrufen, wenn

a) der Athlet nicht umgehend alle Anforderungen oder Bedingungen der die Ausnahmegenehmigung erteilenden Anti-Doping-Organisation erfüllt;

b) die Laufzeit der TUE abgelaufen ist;

c) der Athlet darauf hingewiesen wurde, dass die TUE von der Anti-Doping-Organisation zurückgenommen wurde.

[Anmerkung: Jede TUE hat eine bestimmte vom TUEC festgelegte Laufzeit. Es kann vorkommen, dass eine TUE abgelaufen ist oder zurückgenommen wurde und der verbotene Wirkstoff, für welchen die TUE galt, noch im Organismus des Athleten vorhanden ist. In einem solchen Fall muss die Anti-Doping-Organisation, die eine erste Überprüfung des von der Norm abweichenden Ergebnisses durchführt, feststellen, ob das Ergebnis mit dem Ablauf oder der Rücknahme der TUE vereinbar ist.]

4.7 Ein Antrag auf Erteilung einer TUE wird nicht im Hinblick auf eine rückwirkende Genehmigung berücksichtigt, außer in Fällen, in denen

a) eine Notfallbehandlung oder die Behandlung einer akuten Krankheit erforderlich war oder

b) es aufgrund außergewöhnlicher Umstände für einen Antragsteller beziehungsweise einen TUEC an Zeit oder Gelegenheit fehlte, vor einer Dopingkontrolle einen Antrag zu stellen beziehungsweise zu prüfen.

[Anmerkung: Medizinische Notfälle oder akute Krankheiten, welche die Anwendung ansonsten verbotener Wirkstoffe oder ansonsten verbotener Methoden erforderlich machen, bevor ein Antrag auf TUE gestellt werden kann, sind ungewöhnlich. Ebenso sind Umstände, die wegen bevorstehenden Wettkampfs eine beschleunigte Prüfung eines Antrags auf TUE erforderlich machen, selten. Anti-Doping-Organisationen, die TUEs erteilen, sollen über interne Verfahren verfügen, die es erlauben, mit solchen Situationen umzugehen.]

5.0 Vertrauliche Behandlung von Informationen

5.1 Der Antragsteller muss sein schriftliches Einverständnis für die Weiterleitung aller den Antrag betreffenden Informationen an die Mitglieder des TUEC und, sofern erforderlich, an andere unabhängige medizinische oder wissenschaftliche Sachverständige oder an alle an der Bearbeitung, der Überprüfung oder an Rechtsbehelfen in Bezug auf TUEs beteiligten erforderlichen Mitarbeiter geben.

Ist Unterstützung durch externe unabhängige Sachverständige erforderlich, so werden alle Einzelheiten des Antrags weitergeleitet, ohne die Identität des mit der Betreuung des Athleten befassten Arztes zu nennen. Der Antragsteller muss außerdem sein schriftliches Einverständnis dafür geben, dass Entscheidungen des TUEC in Übereinstimmung mit dem Code an andere zuständige Anti-Doping-Organisationen weitergeleitet werden dürfen.

5.2 Die Mitglieder der TUECs und die Verwaltung der beteiligten Anti-Doping-Organisation führen alle ihre Tätigkeiten unter Einhaltung strenger Vertraulichkeit durch. Alle Mitglieder eines TUEC und alle beteiligten Mitarbeiter unterzeichnen Vertraulichkeitsvereinbarungen. Insbesondere die folgenden Informationen werden vertraulich behandelt:

a) alle vom Athleten und von den mit seiner Betreuung befassten Ärzten bereitgestellten medizinischen Informationen und Daten;

b) alle Einzelheiten des Antrags, einschließlich des Namens des/der an dem Verfahren beteiligten Arztes/Ärzte.

Will der Athlet dem TUEC oder dem TUEC der WADA die Berechtigung entziehen, in seinem Namen Informationen über seinen Gesundheitszustand einzuholen, so muss er dies seinem behandelnden Arzt schriftlich mitteilen. Als Folge einer solchen Entscheidung wird dem Athleten keine TUE erteilt beziehungsweise keine bestehende TUE verlängert.

6.0 Ausschuss für Ausnahmegenehmigungen zur therapeutischen Anwendung (TUEC)

Die Einsetzung und die Tätigkeit der TUECs richten sich nach den folgenden Leitlinien:

6.1 Den TUECs sollen mindestens drei Ärzte mit Erfahrung in der Betreuung und Behandlung von Athleten und mit fundierten Kenntnissen in den Bereichen klinische Medizin sowie Sport- und Bewegungsmedizin angehören. Um ein bestimmtes Maß an Entscheidungsunabhängigkeit zu garantieren, soll die Mehrheit der TUEC-Mitglieder keine offizielle Verpflichtung in der Anti-Doping-Organisation haben. Alle Mitglieder eines TUEC müssen eine Erklärung unterzeichnen, der zufolge kein Interessenkonflikt besteht. Bei Anträgen betreffend Athleten mit Behinderungen muss mindestens ein TUEC-Mitglied über besondere Erfahrungen in der Betreuung und Behandlung von Athleten mit Behinderungen verfügen

6.2 Die TUECs können bei der Prüfung der Umstände eines Antrags auf TUE jeden von ihnen für geeignet erachteten medizinischen oder wissenschaftlichen Sachverständigen heranziehen.

6.3 Der TUEC der WADA setzt sich nach den in Absatz 6.1 genannten Kriterien zusammen. Der TUEC der WADA wird eingesetzt, um auf eigene Initiative die von Anti-Doping-Organisationen getroffenen Entscheidungen über die Erteilung von TUEs zu überprüfen. Wie in Artikel 4.4 des Codes ausgeführt, hat der TUEC der WADA auf Ersuchen von Athleten, denen TUEs von einer Anti-Doping-Organisation verweigert wurden, solche Entscheidungen zu überprüfen und ist dabei befugt, diese aufzuheben.

7.0 Antragsverfahren für Ausnahmegenehmigungen zur therapeutischen Anwendung (TUE)

7.1 Eine TUE wird erst nach Eingang eines vollständig ausgefüllten Antragsformulars, dem alle einschlägigen Unterlagen beigefügt sein müssen (siehe Anhang 1 – TUE-Formular), geprüft. Das Antragsverfahren muss in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der strikten Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht durchgeführt werden.

7.2 Die in Anhang 1 dargestellten TUE-Antragsformulare können von Anti-Doping-Organisationen dahingehend geändert werden, dass zusätzliche Informationen abgefragt werden; es darf jedoch kein Abschnitt oder Unterpunkt gestrichen werden.

7.3 Das/die TUE-Antragsformular/e kann/können von Anti-Doping-Organisationen in andere Sprachen übersetzt werden; Englisch oder Französisch muss jedoch auf dem Antragsformular/den Antragsformularen verbleiben.

7.4 Ein Athlet darf eine TUE nur bei einer einzigen Anti-Doping-Organisation beantragen. Der Antrag muss Angaben zur Sportart des Athleten sowie gegebenenfalls zur Disziplin und zur spezifischen Position oder Funktion enthalten.

7.5 Im Antrag müssen frühere und/oder gegenwärtig anhängige Anträge auf Erteilung einer Erlaubnis, ansonsten verbotene Wirkstoffen oder ansonsten verbotene Methoden anzuwenden, vermerkt sein; außerdem müssen darin Angaben über die Stelle, bei welcher der Antrag eingereicht wurde, sowie über deren Entscheidung gemacht werden.

7.6 Dem Antrag müssen eine umfassende Krankengeschichte sowie die Ergebnisse aller für den Antrag einschlägigen Untersuchungen, Laboranalysen und Bildgebungsstudien beigefügt sein.

7.7 Zusätzliche vom TUEC der Anti-Doping-Organisation verlangte einschlägige Analysen, Untersuchungen oder Bildgebungsstudien werden auf Kosten des Antragstellers oder seines nationalen Sportfachverbands durchgeführt.

7.8 Dem Antrag muss ein Attest eines einschlägig qualifizierten Arztes beigefügt sein, in dem die Notwendigkeit der ansonsten verbotenen Wirkstoffe oder ansonsten verbotenen Methoden bei der Behandlung des Athleten bestätigt wird und die Gründe dafür angegeben werden, dass eine alternative, erlaubte Medikation bei der Behandlung dieses Krankheitszustands nicht angewandt werden kann oder könnte.

7.9 Dosis, Einnahmehäufigkeit, Verabreichungsweg und Dauer der Verabreichung der betreffenden ansonsten verbotenen Wirkstoffe oder ansonsten verbotenen Methoden müssen angegeben werden.

7.10 Entscheidungen des TUEC sollen binnen 30 Tagen nach Eingang aller einschlägigen Unterlagen getroffen werden und sind dem Athleten schriftlich durch die zuständige Anti-Doping-Organisation zu übermitteln. Ist einem Athleten, welcher der registrierten Kontrollgruppe (Registered Testing Pool) der Anti-Doping-Organisation angehört, eine TUE erteilt worden, so erhalten der Athlet und die WADA umgehend eine Genehmigung mit Angaben zur Laufzeit der Ausnahmegenehmigung und allen an die TUE geknüpften Bedingungen.

7.11

a) Erhält der TUEC der WADA, wie in Artikel 4.4 des Codes ausgeführt, von einem Athleten ein Ersuchen um Überprüfung, so kann er, wie in Artikel 4.4 des Codes beschrieben, eine Entscheidung über eine von einerAnti-Doping-Organisation erteilte TUE aufheben. Der Athlet stellt dem TUEC der WADA alle zu einer TUE gehörenden Informationen, die ursprünglich bei der Anti-Doping-Organisation eingereicht worden waren, zur Verfügung und entrichtet eine Antragsgebühr. Bis zum Abschluss des Überprüfungsverfahrens bleibt die ursprüngliche Entscheidung wirksam. Das Verfahren soll nicht länger als 30 Tage nach Eingang der Informationen bei der WADA dauern.

b) Eine Überprüfung durch die WADA kann jederzeit erfolgen. Der TUEC der WADA bringt seine Überprüfung innerhalb von 30 Tagen zum Abschluss.

7.12 Wird die Entscheidung über die Erteilung einer TUE infolge der Überprüfung aufgehoben, so gilt die Aufhebung nicht rückwirkend und führt nicht zur Ungültigkeit der Ergebnisse des Athleten, die er während des Zeitraums, für welche die TUE erteilt wurde, erzielt hat; die Aufhebung wird spätestens 14 Tage nach Benachrichtigung des Athleten von der Entscheidung wirksam.

8.0 Antrag auf Ausnahmegenehmigung zur therapeutischen Anwendung nach dem verkürzten Verfahren (ATUE)

8.1 Einige in der Liste verbotener Wirkstoffe aufgeführte Wirkstoffe werden anerkanntermaßen zur Behandlung von in Athletenkreisen verbreiteten Krankheiten angewendet. In diesen Fällen ist ein vollständiger Antrag nach den Artikeln 4 und 7 nicht notwendig. Folglich wurde ein vereinfachtes Verfahren für TUEs eingeführt.

8.2 Ausschließlich die folgenden verbotenen Wirkstoffe beziehungsweise die folgenden verbotenen Methoden dürfen im Wege dieses verkürzten Verfahrens genehmigt werden:

Beta-2-Agonisten (Formoterol, Salbutamol, Salmeterol und Terbutalin) durch Inhalation sowie Glukokortikosteroide über nicht-systemische Verabreichungswege.

8.3 Um einen der genannten Wirkstoffe anwenden zu können, muss der Athlet der Anti-Doping-Organisation ein ärztliches Attest vorlegen, in dem Gründe für die therapeutische Notwendigkeit angegeben sind. In einem solchen ärztlichen Attest, wie es in Anhang 2 enthalten ist, sind die Diagnose, der Name des Medikaments, die Dosierung, der Verabreichungsweg und die Dauer der Behandlung anzugeben. Gegebenenfalls sollen zur Feststellung der Diagnose durchgeführte Tests (nicht aber die eigentlichen Ergebnisse oder Einzelheiten) beigefügt werden.

8.4 Das vereinfachte Antragsverfahren umfasst Folgendes:

a) Die Genehmigung zur Anwendung verbotener Wirkstoffe im Rahmen des vereinfachten Verfahrens wird bei Eingang einer vollständigen Mitteilung bei der Anti-Doping-Organisation wirksam. Unvollständige Mitteilungen müssen an den Antragsteller zurückgeschickt werden;

b) die Anti-Doping-Organisation hat den Athleten unverzüglich nach Eingang der vollständigen Mitteilung zu informieren. Gegebenenfalls sind auch der internationale Sportfachverband, der nationale Sportfachverband und die nationale Anti-Doping-Organisation des Athleten entsprechend zu informieren. Die Anti-Doping-Organisation informiert die WADA nur bei Eingang einer Mitteilung eines internationalen Spitzenathleten;

c) eine Mitteilung in Bezug auf eine ATUE wird nicht im Hinblick auf eine rückwirkende Genehmigung berücksichtigt, außer in Fällen, in denen

eine Notfallbehandlung oder die Behandlung einer akuten Krankheit erforderlich

war oder

es aufgrund außergewöhnlicher Umstände für einen Antragsteller beziehungsweise einen TUEC an Zeit oder Gelegenheit fehlte, vor einer Dopingkontrolle einen Antrag zu stellen beziehungsweise zu erhalten.

8.5 a. Eine Überprüfung durch den TUEC oder den TUEC der WADA kann jederzeit während der Laufzeit einer ATUE eingeleitet werden.

b. Verlangt ein Athlet die Überprüfung einer später verweigerten ATUE, so kann der TUEC der WADA zusätzliche von ihm für notwendig erachtete medizinische Informationen vom Athleten verlangen, deren Kosten zu Lasten des Athleten gehen sollen.

8.6 Eine ATUE kann jederzeit vom TUEC oder vom TUEC der WADA widerrufen werden. Der Athlet, sein internationaler Sportfachverband sowie alle zuständigen Anti-Doping-Organisationen sind darüber umgehend zu benachrichtigen.

8.7 Der Widerruf wird umgehend nach Benachrichtigung des Athleten von dieser Entscheidung wirksam. Der Athlet kann ungeachtet dessen nach Artikel 7 eine TUE beantragen.

9.0 Clearingstelle

9.1 Die Anti-Doping-Organisationen sind verpflichtet, der WADA alle nach Artikel 7 ausgestellten TUEs mit allen sie unterstützenden Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

9.2 In Bezug auf ATUEs stellen die Anti-Doping-Organisationen der WADA die von internationalen Spitzenathleten eingereichten und nach Artikel 8.4 ausgestellten medizinischen Anträge zur Verfügung.

9.3 Die Clearingstelle gewährleistet die Einhaltung strenger Vertraulichkeit in Bezug auf alle medizinischen Informationen.

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