Artikel 11
Grenzüberschreitende Observation
Für grenzüberschreitende Observationen gilt Artikel 40 SDÜ mit folgenden Ergänzungen:
1. Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens können die zuständigen Beamten auch eine Person observieren, bei der ernsthaft anzunehmen ist, dass sie zur Identifizierung oder Auffindung der Person führen kann, die im Verdacht steht, an einer auslieferungsfähigen Straftat beteiligt zu sein. Satz 1 ist auch in den Fällen anwendbar, in denen wegen der besonderen Eilbedürftigkeit der Angelegenheit die vorherige Zustimmung des anderen Vertragsstaates nicht eingeholt werden kann. Unbeschadet der Regelung in Nummer 9 richtet sich das weitere Verfahren nach Artikel 40 Absatz 2 SDÜ.
2. Eine grenzüberschreitende Observation ist auch zum Zwecke der Vollstreckung einer rechtskräftig verhängten freiheitsentziehenden Sanktion zulässig, wenn zu erwarten ist, dass die noch zu vollstreckende freiheitsentziehende Sanktion oder die Summe der noch zu vollstreckenden freiheitsentziehenden Sanktionen mindestens vier Monate beträgt.
3. In der Bundesrepublik Deutschland sind Ersuchen an die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht zu richten und direkt zu übermitteln, in deren Zuständigkeitsbereich der Grenzübertritt voraussichtlich erfolgen soll. Sofern bekannt ist, dass eine andere als die in Satz 1 bezeichnete Staatsanwaltschaft in derselben Sache bereits ein Verfahren führt, ist das Ersuchen an diese Staatsanwaltschaft zu richten.
4. In der Republik Österreich sind Ersuchen an denjenigen Gerichtshof erster Instanz als Bewilligungsbehörde zu richten und direkt zu übermitteln, in dessen Sprengel die Grenze voraussichtlich überschritten wird.
5. Die Übermittlung kann auch über die nationalen Zentralstellen oder über die einsatzführenden Polizeibehörden erfolgen.
6. Eine Kopie des Ersuchens ist außer den nationalen Zentralstellen gleichzeitig zuzuleiten
in der Republik Österreich
- dem Gerichtshof erster Instanz, in dessen Sprengel die Grenze voraussichtlich überschritten wird,
- den Sicherheitsdirektionen für die Bundesländer Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Oberösterreich,
- den für die Bundesländer Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Oberösterreich in Zollsachen zuständigen Finanzstrafbehörden I. Instanz (Zollfahndungen),
soweit jeweils der örtliche Zuständigkeitsbereich der vorgenannten Behörden und im Falle der Finanzstrafbehörden auch deren sachliche Zuständigkeit betroffen ist, in der Bundesrepublik Deutschland
- der Landesjustizverwaltung Baden-Württemberg und der Landesjustizverwaltung Bayern, soweit diese nicht allgemein oder im Einzelfall auf eine Übersendung der Kopie verzichten,
- dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg in Stuttgart und dem Bayerischen Landeskriminalamt in München,
- dem Zollkriminalamt in Köln,
soweit jeweils der örtliche Zuständigkeitsbereich der vorgenannten Behörden und im Falle des Zollkriminalamtes auch dessen sachliche Zuständigkeit betroffen ist.
7. Der Grenzübertritt ist in Fällen einer Observation nach Artikel 40 Absatz 2 Satz 1 SDÜ zunächst unverzüglich mitzuteilen
in der Republik Österreich
- den Sicherheitsdirektionen für die Bundesländer Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Oberösterreich,
soweit jeweils der örtliche Zuständigkeitsbereich der vorgenannten Behörden betroffen ist,
in der Bundesrepublik Deutschland
- dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg in Stuttgart und dem Bayerischen Landeskriminalamt in München,
- dem Grenzschutzpräsidium Süd und
- den Bundesgrenzschutzämtern Stuttgart oder München,
soweit jeweils der örtliche Zuständigkeitsbereich der vorgenannten Behörden betroffen ist.
Die Unterrichtung nach Artikel 40 Absatz 2 Satz 1 Buchstabe a in Verbindung mit Absatz 5 SDÜ erfolgt unverzüglich durch die in Satz 1 genannten Stellen. Das nachträgliche Ersuchen nach Artikel 40 Absatz 2 Satz 1 Buchstabe b SDÜ wird entsprechend den Nummern 4 bis 6 übermittelt.
8. Die Bewilligung der grenzüberschreitenden Observation erstreckt sich auf das gesamte Hoheitsgebiet des bewilligenden Vertragsstaates.
9. Eine grenzüberschreitende Observation nach Artikel 40 Absatz 2 SDÜ zur Strafverfolgung ist auch bei Verdacht einer nicht in Artikel 40 Absatz 7 SDÜ angeführten Straftat zulässig, sofern es sich nach dem Recht des ersuchten Vertragsstaates um eine auslieferungsfähige Straftat handelt.
10. Änderungen der Zuständigkeiten nach den Nummern 4 bis 8 werden dem anderen Vertragsstaat mitgeteilt.
11. Wird die observierte Person auf frischer Tat bei der Begehung einer nach dem Recht des Vertragsstaates, auf dessen Hoheitsgebiet die Observation fortgesetzt wird, auslieferungsfähigen Straftat betroffen, dürfen die observierenden Beamten, die unter der Leitung des ersuchten Vertragsstaates tätig sind, die Person festhalten. Die festgehaltene Person darf im Hinblick auf ihre Vorführung vor die zuständige Behörde des ersuchten Vertragsstaates lediglich einer Sicherheitsdurchsuchung unterzogen werden. Ihr dürfen während der Beförderung Handfesseln angelegt werden. Die von der verfolgten Person mitgeführten Gegenstände dürfen bis zum Eintreffen von Beamten der zuständigen Behörde des ersuchten Vertragsstaates vorläufig sichergestellt werden. Straftat im Sinne des Satzes 1 ist auch die strafbare Teilnahme an einer Straftat.
12. Erforderliche technische Mittel dürfen von den Beamten des einen Vertragsstaates auch auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates eingesetzt werden, soweit dies nach dessen innerstaatlichem Recht zulässig ist und der sachleitende Beamte des Vertragsstaates, auf dessen Hoheitsgebiet die technischen Mittel eingesetzt werden sollen, ihrem Einsatz im Einzelfall zugestimmt hat. Die Vertragsstaaten unterrichten einander über die im Einzelfall mitgeführten technischen Mittel.
13. Das Betreten von Wohnungen und öffentlich nicht zugänglichen Grundstücken ist nicht zulässig. Öffentlich zugängliche Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume dürfen während der Arbeits-, Betriebs- und Geschäftszeiten betreten werden.
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