Gemäß Kapitel IV des Protokolls haben die Parteien „eine Expertenmission unter trilateraler Beteiligung“ eingerichtet, die erstmals am 2. Februar 2001 nach Wien entsandt wurde, um die hauptsächlichen Bedenken Österreichs zu identifizieren. Während einer darauf folgenden Mission nach Prag und zum Kernkraftwerk Temelín am 15. und 16. März 2001 hörte dieselbe Expertenmission Erläuterungen, die von Vertretern der Tschechischen Republik zu diesen Bedenken gegeben wurden. Fünf Themenbereiche, zu denen für Österreich schwerwiegende Bedenken bestehen, wurden ausgewählt und eingehend erörtert. Im Februar und im April wurden von tschechischer Seite zwei zusätzliche Workshops zur Behandlung spezifischer technischer Fragen organisiert. Eine „Operational Safety Review Team mission“ der IAEO war im Februar 2001 drei Wochen im Einsatz, um die Betriebssicherheit der Anlage zu überprüfen. Die Schlussfolgerungen wurden der trilateralen Expertenmission vorgelegt. Ein letztes gemeinsames Treffen fand am 15. und 16. Mai 2001 in Brüssel statt, um Lösungen der identifizierten Probleme auf der in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gegebenen Basis des letzten Standes der Technik zu finden. Auf Ersuchen der österreichischen Seite fand am 30. Mai 2001 eine abschließende Diskussion zwischen den Delegationsleitern in Brüssel statt.
Dieser Prozess ist in einem Arbeitspapier enthalten, das das Ergebnis der gemäß dem Melker Protokoll (Juli 2001) eingerichteten Expertenmission unter trilateraler Beteiligung zusammenfasst. Es ist unter der alleinigen Verantwortung der in den Prozess eingebundenen Experten der Europäischen Kommission erstellt worden. Es fasst die Arbeit der trilateralen Mission zusammen. Zu jedem der neunundzwanzig Themen, zu denen Bedenken geäußert wurden, bietet das Papier eine Zusammenfassung der stattgefundenen Diskussionen. Um den Umfang dieses Papiers, in dem die Positionen der Parteien dargestellt werden, einzuschränken, wurden diese Positionen zusammengefasst. Die Zusammenfassungen stellen daher nicht immer die vorgebrachten Bedenken oder die Einzelheiten der zur Verfügung gestellten Informationen in vollem Umfang dar.
Um ein wirkungsvolles „Trialog“-Follow-up im Rahmen des betreffenden tschechisch-österreichischen bilateralen Abkommens zu ermöglichen, wird die weiter unten angeführte Sieben-Punkte Struktur angenommen. Einzelne Punkte beziehen sich auf:
– spezifische Ziele die beim Genehmigungsverfahren für die KKW Temelín Blöcke festgelegt wurden;
– die Beschreibung des derzeitigen Standes und zukünftiger Maßnahmen, die seitens des Lizenznehmers bzw. SUJB vorgesehen sind.
Jeder Diskussionspunkt wird entsprechend dem Arbeitsplan verfolgt werden, wie er beim jährlichen Treffen im Rahmen des bilateralen tschechisch-österreichischen Abkommens vereinbart wird.
Eingedenk des von der EU zur Durchführung der Empfehlungen des Berichts der AQG/WPNS über Nukleare Sicherheit im Kontext der Erweiterung vorgesehenen Beurteilungsverfahrens durch eine Peer Group, sind sich die tschechische und österreichische Seite einig, dass insbesondere die ersten beiden im Folgenden genannten Punkte diesem Beurteilungsverfahren unterzogen würden.
Sicherstellung, dass der Sicherheitsnachweis, der einen adäquaten Schutz gegen den Bruch hochenergetischer Leitungen und daraus resultierender Versagen der Dampf und Speisewasserleitungen zeigt, den Anforderungen und der Praxis, wie sie innerhalb der EU breit angewendet werden, entspricht und eine adäquate Kombination von Maßnahmen besteht.
Die Frage des Schutzes vor Brüchen von hochenergetischen Rohrleitungen und Folgeversagen von Frischdampf- und Speisewasserleitungen ist in der bestehenden Genehmigung von Temelín Block 1 enthalten. Um die Unterschiede in den Expertenmeinungen hinsichtlich dieser Frage zu beseitigen, hat die Aufsichtsbehörde eine neuerliche Überprüfung der Sicherheitsdokumentation in die Wege geleitet, um neuerlich zu bewerten, ob in der EU weitgehend zur Anwendung kommende Erfordernisse und Praktiken eingehalten werden. Zu diesem Zweck werden alternative Bewertungsmethoden ebenso wie Daten herangezogen, die während der Inbetriebnahmeprüfungen von Block 1 gesammelt wurden. Das Ergebnis dieser Bemühungen wird der Aufsichtsbehörde bis Ende September 2002 zur endgültigen Entscheidung zur Verfügung gestellt werden. Je nach Ergebnis kann der Zeitplan für die Durchführung zusätzlicher Sicherheitsmaßnahmen in die oben genannte Vorlage an die Aufsichtsbehörde 2 ) einbezogen werden. Die Unterzeichner sind sich einig, dass zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen für beide Blöcke von der Aufsichtsbehörde erwogen und, falls erforderlich, in die oben genannte Entscheidung mit eingeschlossen werden, um das Ziel dieses Punktes zu erreichen.
Nachweis der zuverlässigen Funktionstüchtigkeit von Dampfsicherheits- und Abblaseventilen unter dynamischer Belastung bei Durchströmen von Wasserdampfgemisch.
Derzeitiger Stand und geplante spezifische Maßnahmen:
Der Nachweis der zuverlässigen Funktionstüchtigkeit von Dampfsicherheits- und Abblaseventilen ist in der ursprünglichen Genehmigung von Temelín Block 1 enthalten. Um die Unterschiede in den Expertenmeinungen hinsichtlich dieser Frage zu beseitigen, hat die Aufsichtsbehörde eine neuerliche Überprüfung der Qualifikationsdokumentation in die Wege geleitet, um die Gültigkeit der Qualifikation der Dampfsicherheitsventile Temelíns neuerlich zu bewerten. Das Ergebnis dieser Bemühungen wird der Aufsichtsbehörde bis Ende September 2002 zur endgültigen Entscheidung zur Verfügung gestellt werden. Je nach Ergebnis kann der Zeitplan für die Durchführung zusätzlicher Sicherheitsmaßnahmen in die oben genannte Vorlage an die Aufsichtsbehörde einbezogen werden. Die Unterzeichner gehen davon aus, dass zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen für beide Blöcke von der Aufsichtsbehörde erwogen und, falls erforderlich, in der oben genannten Entscheidung der Aufsichtsbehörde mit eingeschlossen werden, um das Ziel dieses Punktes zu erreichen.
Die Integrität des Reaktordruckbehälters (RPV) unter Schockbelastung durch Temperatur und Druck (PTS) ist mit einer genügenden Sicherheitstoleranz gegen Sprödbruch während der gesamten Lebensdauer des KKW aufrechtzuerhalten.
Derzeitiger Stand und geplante spezifische Maßnahmen:
Das KKW Temelín wird nach den entsprechend der Westinghouse Methode entwickelten Kurvenberechnungen für Thermoschock unter Druck (PT) kommissioniert und betrieben. Diese Berechnungen werden um eine weitere PTS-Analyse für beide Blöcke unter Anwendung eines schrittweisen Ansatzes bei voller Einhaltung der IAEO-Richtlinien für die PTS-Analyse erweitert. Die PTS-Analyse wird im Einklang mit dem für diesen Punkt genehmigten Projektarbeitsplan fertig gestellt.
Ausgewählte sicherheitsrelevante Komponenten des Primärkreislaufes werden unter Anwendung zertifizierter NDT Methoden geprüft, um ihre Sicherheitsfunktion aufrechtzuerhalten.
Derzeitiger Stand und geplante spezifische Maßnahmen:
Das NDT-Qualifikationsprogramm wird entsprechend dem ENIQ-Netzwerk (European Network for Inspection Qualification), den Empfehlungen der Europäischen Aufsichtsbehörden (Dokument EUR 16802) und IAEO-Grundsätzen durchgeführt. Die Qualifikation der Prüfverfahren, bei denen Testblöcke verwendet werden, wird spätestens bei der ersten Anwendung im Rahmen des betrieblichen Prüfprogramms durchgeführt.
Alle Sicherheitssysteme müssen für die ihnen zugeordnete Sicherheitsfunktion qualifiziert sein.
Derzeitiger Stand und geplante spezifische Maßnahmen:
Die seismische Qualifikation ist abgeschlossen. Die EMC-Qualifikation (elektromagnetische Verträglichkeit) ist abgeschlossen. Die entsprechende Dokumentation ist abgeschlossen und archiviert. Im Falle der umweltrelevanten Qualifikation sind alle nach dem Genehmigungsverfahren erforderlichen Prozesse (Tests und/oder Analysen) durchgeführt worden. Die Qualifikation der Mess- und Regeltechnik sowie der elektrischen Einrichtungen, die den Hauptteil der qualifikationsrelevanten Ausrüstung darstellen, ist dokumentiert und in einem Standardformat archiviert. In einer begrenzten Anzahl von Fällen (in denen die Ausrüstung zu Beginn der Neunzigerjahre beschafft wurde), hat die Aufsichtsbehörde eine Übertragung der Qualifikationsdokumente in das Standardformat bis Ende 2001 gefordert. Diese Vorlagen unterliegen der Überprüfung und Genehmigung seitens der Aufsichtsbehörde, wobei den Erfordernissen der Zugänglichkeit der Dokumente nach modernsten Standards Rechnung zu tragen ist.
Für den Standort der Einrichtung ist die Erdbebengefährdung als eine der möglichen externen Gefahren zu berücksichtigen.
Derzeitiger Stand und geplante spezifische Maßnahmen:
Das KKW Temelín ist einem gewissenhaften Standortauswahlverfahren bezüglich einer möglichen Erdbebengefährdung unterzogen worden. Der tschechische Standard für dieses Verfahren beruht auf Empfehlungen der IAEO. Eine Reihe von schriftlichen Unterlagen, die dieses Verfahren belegen, wurde vor und im Laufe des „Trialogs“ veröffentlicht. Auf Grund der Komplexität dieser Frage und zur Förderung des gegenseitigen Verständnisses wird im Rahmen der bilateralen Zusammenarbeit ein diesbezüglicher Workshop veranstaltet.
Wirksame Vermeidung und Verringerung der Folgen auslegungsüberschreitender Störfälle (schwerer Unfälle).
Derzeitiger Stand und geplante spezifische Maßnahmen:
Hinsichtlich auslegungsüberschreitender Störfälle gibt es im KKW Temelín derzeit eine Reihe von Maßnahmen, die die Folgen von Störfällen vermeiden oder verringern sollen. Diese schließen unter anderem Software- und Hardwaremaßnahmen, wie zum Beispiel symptomorientierte Notfallbetriebsvorschriften, technisches Hilfszentrum, Überwachungssystem für Störfallfolgen, Notfallvorsorge mit ein.
Zum Zwecke der Notfallvorsorge wurde die PSA 3 ) angewendet, mit dem Ziel, Ereignisse mit verschiedenen Eintrittshäufigkeiten, aber ähnlichen Endeffekten, zu identifizieren und in Gruppen einzuteilen. Auf der Grundlage dieser Beurteilung wurde das relative Risiko für spezifische Ereignisse eingeschätzt, um jene davon auszuwählen, die zur Bestimmung von Notfallmaßnahmen dienen werden (vorausgeplante, reaktive).
Richtlinien zum Management schwerer Unfälle (SAMG) als ein dem letzten Stand entsprechendes Instrument werden das gesamte System der folgenverringernden Maßnahmen bezüglich des Managements von auslegungsüberschreitenden Störfällen ergänzen. Der Abschluss des Projekts für die Entwicklung der SAMG ist für Ende 2002 geplant und wird anschließend evaluiert werden.
Zur Förderung des beiderseitigen Verständnisses werden im Rahmen des bilateralen Abkommens Tätigkeiten in zwei Richtungen hin unternommen:
a) Eine Arbeitsgruppe zum Vergleich von Berechnungen hinsichtlich der radiologischen Folgen von BDBA 4 ) wird eingerichtet, um die Grundlagen für eine Notfallvorsorge zu harmonisieren.
b) Der Informationsaustausch zu den SAMG wird die Erörterung der analytischen Grundlage wie auch der entsprechenden Software- und Hardwaremaßnahmen mit einschließen.
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2 ) Einzelheiten sind in der Sechsten Zusatzinformation zum Positionspapier über Kapitel 14 „Energie“ enthalten, die der EK im September 2001 vorgelegt wurden.
3 ) Probalistic Safety Assessment
4 ) Auslegungsüberschreitende Störfälle
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