BundesrechtInternationale VerträgeÜbereinkommen zur Vereinheitlichung einzelner Regeln über den Zusammenstoß von Binnenschiffen

Übereinkommen zur Vereinheitlichung einzelner Regeln über den Zusammenstoß von Binnenschiffen

In Kraft seit 13. September 1966
Up-to-date

Art. 1 Artikel 1

1. Dieses Übereinkommen gilt für den Ersatz des Schadens, der durch den Zusammenstoß von Binnenschiffen in den Gewässern einer der Vertragsparteien den Schiffen oder den an Bord befindlichen Personen oder Sachen zugefügt wird.

2. Dieses Übereinkommen gilt auch für den Ersatz jedes Schadens, den ein Binnenschiff in den Gewässern einer der Vertragsparteien, ohne daß ein Zusammenstoß stattgefunden hat, durch Ausführung oder Unterlassung eines Manövers oder durch Nichtbeachtung von Vorschriften anderen Binnenschiffen oder den an Bord solcher Schiffe befindlichen Personen oder Sachen zufügt.

3. Der Umstand, daß die in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Schiffe zu demselben Schleppzug gehören, berührt die Anwendbarkeit dieses Übereinkommens nicht.

4. Für die Anwendung dieses Übereinkommens

a) umfaßt die Bezeichnung „Schiff“ auch Kleinfahrzeuge;

b) stehen den Schiffen gleich: Gleitboote, Flöße, Fähren und bewegliche Teile von Schiffsbrücken sowie schwimmende Bagger, Krane, Elevatoren und alle schwimmenden Anlagen und Geräte ähnlicher Art.

Art. 2 Artikel 2

1. Eine Schadenersatzpflicht besteht nur, wenn der Schaden durch Verschulden herbeigeführt ist. Gesetzliche Schuldvermutungen bestehen nicht.

2. Ist der Schaden durch Zufall oder höhere Gewalt herbeigeführt oder können seine Ursachen nicht festgestellt werden, so wird er von denjenigen getragen, die ihn erlitten haben.

3. Ein zu einem Schleppzug gehörendes Schiff haftet nur, wenn es selbst ein Verschulden trifft.

Art. 3 Artikel 3

Ist der Schaden durch das Verschulden nur eines Schiffes verursacht, so trifft die Schadenersatzpflicht dieses Schiff.

Art. 4 Artikel 4

1. Haben zwei oder mehrere Schiffe durch ihr Verschulden bei der Entstehung des Schadens mitgewirkt, so haften sie als Gesamtschuldner für Personenschäden sowie für den Schaden, der den schuldlosen Schiffen und den an Bord dieser Schiffe befindlichen Sachen zugefügt worden ist, jedoch anteilmäßig für den den anderen Schiffen und den an Bord dieser Schiffe befindlichen Sachen zugefügten Schaden.

2. Soweit keine gesamtschuldnerische Haftung besteht, haften die Schiffe, die durch ihr Verschulden bei der Entstehung des Schadens mitgewirkt haben, den Geschädigten in dem Verhältnis der Schwere des jedem von ihnen zur Last fallenden Verschuldens; kann jedoch nach den Umständen das Verhältnis nicht festgestellt werden oder erscheint das Verschulden gleich schwer, so verteilt sich die Haftung zu gleichen Teilen.

3. Soweit gesamtschuldnerische Haftung besteht, hat jedes der haftenden Schiffe einen gemäß Absatz 2 zu bestimmenden Teil der Zahlung an den Gläubiger auf sich zu nehmen. Bezahlt ein Gesamtschuldner mehr als seinen Teil, so kann er bezüglich des Mehrbetrages gegen die Gesamtschuldner, die weniger als ihren Teil gezahlt haben, Rückgriff nehmen. Ein durch die Zahlungsunfähigkeit eines Gesamtschuldners verursachter Ausfall wird von den anderen Gesamtschuldnern in dem in Absatz 2 bestimmten Verhältnis getragen.

Art. 5 Artikel 5

Die in den vorhergehenden Artikeln bestimmte Haftung besteht auch, wenn der Schaden durch das Verschulden eines Lotsen verursacht wird, selbst wenn die Verwendung des Lotsen zwingend vorgeschrieben war.

Art. 6 Artikel 6

Die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen ist nicht von der vorherigen Beachtung irgendeiner besonderen Förmlichkeit abhängig.

Art. 7 Artikel 7

1. Die Schadenersatzansprüche verjähren mit Ablauf von zwei Jahren seit dem Ereignis.

2. Die Rückgriffsansprüche verjähren mit Ablauf eines Jahres. Diese Verjährung beginnt entweder mit dem Tage, an dem eine gerichtliche Entscheidung über die Höhe der gesamtschuldnerischen Haftung rechtskräftig geworden ist, oder, wenn keine solche Entscheidung vorliegt, mit dem Tage der Zahlung, die zu dem Rückgriff Anlaß gibt. Die Verjährung der Ansprüche auf Verteilung des einen zahlungsunfähigen Gesamtschuldner treffenden Teiles beginnt jedoch frühestens mit dem Tage, an dem der Anspruchsberechtigte Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit dieses Gesamtschuldners erlangt.

3. Für die Unterbrechung und die Hemmung der Verjährung gelten die diese Rechtsgebiete regelnden Bestimmungen des Rechtes des angerufenen Gerichtes.

Art. 8 Artikel 8

1. Die Bestimmungen dieses Übereinkommens lassen Beschränkungen allgemeiner Art hinsichtlich der Haftung des Eigentümers oder Ausrüsters eines Schiffes oder des Frachtführers auf Grund internationaler Übereinkommen oder des nationalen Rechtes unberührt, wie Beschränkungen nach der Tragfähigkeit, der Maschinenleistung oder dem Wert des Schiffes sowie Beschränkungen, die sich aus dem Abandonrecht ergeben. Sie lassen auch die sich aus dem Beförderungsvertrag oder aus irgendwelchen anderen Verträgen ergebenden Verpflichtungen unberührt.

2. Die Bestimmungen dieses Übereinkommens gelten nicht für den Ersatz von Schäden, die auf radioaktive Eigenschaften oder auf ein Zusammenwirken radioaktiver Eigenschaften und giftiger, explosiver oder sonstiger gefährlicher Eigenschaften von Kernbrennstoffen oder von radioaktiven Erzeugnissen oder Abfällen zurückzuführen sind.

Art. 9 Artikel 9

Jede Vertragspartei kann zu dem Zeitpunkt, an dem sie dieses Übereinkommen unterzeichnet, ratifiziert oder ihm beitritt, erklären,

a) daß sie sich vorbehält, in ihrem nationalen Recht oder in internationalen Vereinbarungen vorzusehen daß die Bestimmungen dieses Übereinkommens nicht auf Schiffe anzuwenden sind, die ausschließlich der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen;

b) daß sie sich vorbehält, in ihrem nationalen Recht vorzusehen, daß die Bestimmungen dieses Übereinkommens nicht auf die Wasserstraßen anzuwenden sind, die ausschließlich ihrer nationalen Schiffahrt vorbehalten sind.

Art. 10 Artikel 10

1. Dieses Übereinkommen steht den Mitgliedstaaten der Wirtschaftskommission für Europa sowie den nach Absatz 8 des der Kommission erteilten Auftrages in beratender Eigenschaft zu der Kommission zugelassenen Staaten zur Unterzeichnung oder zum Beitritt offen.

2. Die Staaten, die nach Absatz 11 des der Wirtschaftskommission für Europa erteilten Auftrages berechtigt sind, an gewissen Arbeiten der Kommission teilzunehmen, können durch Beitritt Vertragsparteien des Übereinkommens nach seinem Inkrafttreten werden.

3. Das Übereinkommen liegt bis einschließlich 15. Juni 1960 zur Unterzeichnung auf. Nach diesem Tage steht es zum Beitritt offen.

4. Dieses Übereinkommen ist zu ratifizieren.

5. Die Ratifikations- oder Beitrittsurkunden werden beim Generalsekretär der Vereinten Nationen hinterlegt.

Art. 11 Artikel 11

1. Dieses Übereinkommen tritt am neunzigsten Tage nach Hinterlegung der Ratifikations- oder Beitrittsurkunden durch fünf der in Artikel 10 Absatz 1 bezeichneten Staaten in Kraft.

2. Dieses Übereinkommen tritt für jeden Staat, der nach Hinterlegung der Ratifikations- oder Beitrittsurkunden durch fünf Staaten ratifiziert oder beitritt, am neunzigsten Tage nach Hinterlegung seiner Ratifikations- oder Beitrittsurkunde in Kraft.

Art. 12 Artikel 12

1. Jede Vertragspartei kann dieses Übereinkommen durch Notifizierung an den Generalsekretär der Vereinten Nationen kündigen.

2. Die Kündigung wird zwölf Monate nach dem Eingang der Notifizierung beim Generalsekretär wirksam.

Art. 13 Artikel 13

Sinkt durch Kündigungen die Zahl der Vertragsparteien nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens auf weniger als fünf, so tritt das Übereinkommen mit dem Tage außer Kraft, an dem die letzte dieser Kündigungen wirksam wird.

Art. 14 Artikel 14

Jede Meinungsverschiedenheit zwischen zwei oder mehreren Vertragsparteien über die Auslegung oder Anwendung dieses Übereinkommens, die von den Parteien durch Verhandlung oder auf anderem Wege nicht geregelt werden kann, wird auf Antrag einer der beteiligten Vertragsparteien dem Internationalen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

Art. 15 Artikel 15

1. Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations- oder Beitrittsurkunde erklären, daß er sich durch den Artikel 14 des Übereinkommens hinsichtlich der Anrufung des Internationalen Gerichtshofes wegen der Meinungsverschiedenheiten nicht als gebunden betrachtet. Die anderen Vertragsparteien sind gegenüber jeder Vertragspartei, die einen solchen Vorbehalt gemacht hat, durch den Artikel 14 nicht gebunden.

2. Jede Vertragspartei, die einen Vorbehalt nach Absatz 1 gemacht hat, kann diesen Vorbehalt jederzeit durch Notifizierung an den Generalsekretär der Vereinten Nationen zurückziehen.

Art. 16 Artikel 16

Mit Ausnahme der in Artikel 9 Buchstaben a) und b) und in Artikel 15 vorgesehenen Vorbehalte ist kein Vorbehalt zu diesem Übereinkommen zulässig.

Art. 17 Artikel 17

1. Sobald dieses Übereinkommen drei Jahre lang in Kraft ist, kann jede Vertragspartei durch Notifizierung an den Generalsekretär der Vereinten Nationen die Einberufung einer Konferenz zur Revision des Übereinkommens verlangen. Der Generalsekretär wird dieses Verlangen allen Vertragsparteien mitteilen und eine Revisionskonferenz einberufen, wenn binnen vier Monaten nach seiner Mitteilung mindestens ein Viertel der Vertragsparteien ihm die Zustimmung zu dem Verlangen notifiziert.

2. Wenn eine Konferenz nach Absatz 1 einberufen wird, teilt der Generalsekretär dies allen Vertragsparteien mit und fordert sie auf, binnen drei Monaten die Vorschläge einzureichen, die sie durch die Konferenz geprüft haben wollen. Der Generalsekretär teilt allen Vertragsparteien die vorläufige Tagesordnung der Konferenz sowie den Wortlaut dieser Vorschläge mindestens drei Monate vor der Eröffnung der Konferenz mit.

3. Der Generalsekretär lädt zu jeder nach diesem Artikel einberufenen Konferenz alle in Artikel 10 Absatz 1 bezeichneten Staaten sowie die Staaten ein, die auf Grund des Artikels 10 Absatz 2 Vertragsparteien geworden sind.

Art. 18 Artikel 18

Außer den in Artikel 17 vorgesehenen Mitteilungen notifiziert der Generalsekretär der Vereinten Nationen den in Artikel 10 Absatz 1 bezeichneten Staaten sowie den Staaten, die auf Grund des Artikels 10 Absatz 2 Vertragsparteien geworden sind:

a) die gemäß Artikel 9 Buchstaben a) und b) abgegebenen Erklärungen,

b) die Ratifikationen und Beitritte nach Artikel 10,

c) die Zeitpunkte, zu denen dieses Übereinkommen nach Artikel 11 in Kraft tritt,

d) die Kündigungen nach Artikel 12,

e) das Außerkrafttreten dieses Übereinkommens nach Artikel 13,

f) den Eingang der Erklärungen und Notifizierungen nach Artikel 15 Absatz 1 und 2.

Art. 19 Artikel 19

Dieses Übereinkommen wird in französischer und in russischer Sprache in einem einzigen Exemplar ausgefertigt. Dieser Ausfertigung werden Texte in englischer und in deutscher Sprache angeschlossen. Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations- oder Beitrittsurkunde erklären, daß er entweder den französischen oder den russischen oder den englischen oder den deutschen Text als für sich verbindlich ansieht; in diesem Falle ist dieser Text auch im Verhältnis zwischen den Vertragsparteien verbindlich, die von dem gleichen Recht Gebrauch gemacht und denselben Text angenommen haben. In allen anderen Fällen sind der französische und der russische Text maßgebend.

Art. 20 Artikel 20

Nach dem 15. Juni 1960 werden das Original dieses Übereinkommens und die ihm angeschlossenen Texte in englischer und in deutscher Sprache beim Generalsekretär der Vereinten Nationen hinterlegt, der jedem der in Artikel 10 Absatz 1 und 2 bezeichneten Staaten beglaubigte Abschriften dieses Originals und dieser Texte in englischer und in deutscher Sprache übermitteln wird.

ZU URKUND DESSEN haben die hiezu gehörig bevollmächtigten Unterzeichneten dieses am fünfzehnten März eintausendneunhundertsechzig geschlossene Übereinkommen unterschrieben.