Als Seehäfen im Sinne dieses Statuts gelten die Häfen, die üblicherweise von Seeschiffen angelaufen werden und dem Außenhandel dienen
Unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit und mit dem in Artikel 8, Absatz 1, vorgesehenen Vorbehalt verpflichtet sich jeder Vertragsstaat, den Seeschiffen jedes anderen Vertragsstaates die gleiche Behandlung zu gewährleisten wie seinen eigenen Seeschiffen oder denen irgendeines anderen Staates in den seiner Staatshoheit oder Herrschaft unterstellten Häfen hinsichtlich des freien Zugangs zum Hafen, seiner Benutzung und des vollen Genusses der für die Schiffahrt und die Handelsverrichtungen bestehenden Einrichtungen, die er den Seeschiffen, ihren Waren und Reisenden zur Verfügung stellt.
Die so festgesetzte Gleichbehandlung erstreckt sich auf die Erleichterungen aller Art wie: Zuteilung von Kaiplätzen, Lade- und Löscheinrichtungen sowie auf jede Art von Abgaben und Gebühren, die im Namen oder für Rechnung der Regierung, der öffentlichen Behörden, der Konzessionäre oder von Anstalten jeder Art erhoben werden.
Die Bestimmungen des vorhergehenden Artikels beschränken in keiner Weise die Freiheit der zuständigen Behörden eines Seehafens bei der Anwendung der Maßnahmen, die zu ergreifen sie im Interesse einer guten Verwaltung des Hafens für angezeigt erachten, vorausgesetzt, daß diese Maßnahmen dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechen, wie er in dem genannten Artikel näher bestimmt ist.
Alle Abgaben und Gebühren für die Benutzung der Seehäfen müssen vor ihrer Inkraftsetzung in gehöriger Weise veröffentlicht werden.
Dasselbe gilt für die Polizei- und Betriebsvorschriften.
In jedem Seehafen hat die Hafenverwaltung ein Verzeichnis der in Kraft befindlichen Abgaben von Gebühren sowie der Polizei- und Betriebsvorschriften zur Verfügung der Interessenten zu halten
Bei der Festsetzung und Einhebung von Zöllen und ähnlichen Abgaben, von Orts- und Verbrauchsabgaben sowie von Nebenkosten, die bei Ein- oder Ausfuhr der Waren über Seehäfen zu entrichten sind, die der Staatshoheit oder Herrschaft der Vertragsstaaten unterstellt sind, darf die Flagge des betreffenden Seeschiffes in keiner Weise in Betracht gezogen und daher keinerlei Unterschied gemacht werden zum Nachteil der Flagge irgendeines Vertragsstaates zwischen dieser und der Flagge des Staates, dessen Staatshoheit oder Herrschaft der Hafen untersteht oder der irgendeines anderen Staates.
Um den in Artikel 2 festgelegten Grundsatz der Gleichbehandlung in den Seehäfen in der Praxis nicht dadurch unwirksam zu machen, daß gegen Seeschiffe eines Vertragsstaates, welche die genannten Häfen benutzen, andere Maßnahmen ergriffen werden, die eine unterschiedliche Behandlung mit sich bringen, verpflichtet sich jeder Vertragsstaat zur Anwendung der Bestimmungen der Artikel 4, 20, 21 und 22 des Statuts, das dem in Genf am 9. Dezember 1923 unterzeichneten Übereinkommen über das internationale Regime der Eisenbahnen beigefügt ist, soweit sich diese Artikel auf die Transporte von oder nach einem Seehafen beziehen, gleichviel ob dieser Vertragsstaat Vertragsteil des Übereinkommens über das internationale Regime der Eisenbahnen ist oder nicht. Die genannten Artikel müssen gemäß den Bestimmungen des Unterzeichnungsprotokolls des vorerwähnten Übereinkommens ausgelegt werden (s. Anlage).
Sofern keine besonderen Gründe vorliegen, die sich namentlich auf geographische, wirtschaftliche oder technische, eine Abweichung rechtfertigende Erwägung stützen, dürfen die Zölle, die in irgendeinem der Staatshoheit oder Herrschaft eines Vertragsstaates unterstellten Seehafen erhoben werden, nicht höher sein als die, welche an den anderen Zollgrenzen desselben Staates auf Waren gleicher Art, gleicher Herkunft oder gleicher Bestimmung erhoben werden.
Wenn wegen der obenerwähnten Gründe auf anderen Ein- und Ausfuhrwegen besondere Zollerleichterungen von einem Vertragsstaat gewährt werden, so wird dieser sie nicht zu unangemessener unterschiedlicher Behandlung zum Nachteil der Ein- oder Ausfuhr der seiner Staatshoheit oder Herrschaft unterstellten Seehäfen benutzen.
Jeder Vertragsstaat behält sich die Freiheit vor, nach vorheriger Mitteilung auf diplomatischem Wege den Vorzug der Gleichbehandlung für alle Schiffe eines Staates vorübergehend aufzuheben, der in einem seiner Staatshoheit oder seiner Herrschaft unterstellten Seehafen die Bestimmungen des Statuts auf die Schiffe des betreffenden Vertragsstaates, deren Waren oder Reisenden tatsächlich nicht anwendet.
Falls die im vorigen Absatz vorgesehene Maßnahme Anwendung findet, haben beide Staaten, sowohl derjenige, der sie ergriffen hat, als auch der, gegen den sie gerichtet ist, das Recht, sich an den Ständigen Internationalen Gerichtshof mit einem an die Gerichtsschreiberei gerichteten Antrag zu wenden. Dieser hat darüber im summarischen Verfahren zu entscheiden.
Es steht jedoch jedem Vertragsstaat frei, im Augenblick der Unterzeichnung oder der Ratifikation des Abkommens zu erklären, daß er gegenüber allen Vertragsstaaten, welche die gleiche Erklärung abgeben, auf das Recht verzichtet, die im ersten Absatz dieses Artikels erwähnten Maßnahmen zu ergreifen
Das Statut bezieht sich in keiner Weise auf die Küstenschiffahrt.
Jeder Vertragsstaat behält sich das Recht vor, in seinen Seehäfen den Schleppdienst nach seinem Ermessen einzurichten, jedoch hat er dabei die Bestimmungen der Artikel 2 und 4 zu beachten.
Jeder Vertragsstaat behält sich das Recht vor, das Lotsenwesen nach seinem Ermessen einzurichten oder durch Bestimmungen zu regeln.
Bei Lotsenzwang unterliegen die Tarife und Dienstleistungen den Bestimmungen der Artikel 2 und 4, jedoch kann jeder Vertragsstaat seine Staatsangehörigen, welche die festgesetzten fachlichen Bedingungen erfüllen, von dieser Verpflichtung befreien
Jedem Vertragsstaat steht es frei, bei der Unterzeichnung oder der Ratifizierung dieses Übereinkommens zu erklären, daß er sich das Recht vorbehält, gemäß seiner eigenen Gesetzgebung unter möglichster Anlehnung an die Grundsätze des Statuts die Beförderung von Auswanderern auf diejenigen Seeschiffe zu beschränken, denen er dazu die Ermächtigung mit Rücksicht darauf erteilt hat, daß sie die von der Gesetzgebung aufgestellten Bedingungen erfüllt haben.
Die zur Beförderung von Auswanderern ermächtigten Seeschiffe genießen in allen Seehäfen alle in dem Statut vorgesehenen Vorteile.
Das Statut findet Anwendung auf alle Seeschiffe, gleichviel ob sie Privaten, öffentlichen Verbänden oder dem Staat gehören.
Es bezieht sich jedoch in keiner Weise auf Kriegsschiffe, Schiffe des Polizei- und Aufsichtsdienstes, noch im allgemeinen auf Schiffe, die irgendwie die Staatsgewalt ausüben, noch auf alle anderen Schiffe, sobald sie ausschließlich den Zwecken der See-, Militär- oder Luftstreitkräfte eines Landes dienen.
Das Statut bezieht sich in keiner Weise auf Fischereifahrzeuge und ihren Fang.
Sollte ein Vertragsstaat durch Vertrag, Abkommen oder Vereinbarung einem anderen Staate in einer bestimmten Zone eines seiner Seehäfen zur Erleichterung der Durchfuhr von Waren und Reisenden nach oder von dem genannten Staat gewisse Rechte eingeräumt haben, so kann kein anderer Vertragsstaat sich auf die Bestimmungen des Statuts berufen, um gleichartige Rechte für sich in Anspruch zu nehmen.
Jeder Vertragsstaat, der solche Rechte in einem Seehafen eines Vertragsstaates oder eines anderen Staates genießt, muß sich hinsichtlich der Behandlung der Schiffe, die mit ihm Handel treiben, sowie ihrer Waren und Reisenden nach den Bestimmungen des Statuts richten.
Jeder Vertragsstaat, der solche Rechte einem Staat, der nicht Vertragsteil ist, einräumt, hat in der zu diesem Zweck getroffenen Abmachung dem Staat, der diese Rechte genießen soll, die Verpflichtung aufzuerlegen, sich hinsichtlich der Behandlung der Schiffe, die mit ihm Handel treiben, sowie ihrer Waren und Reisenden nach den Bestimmungen des Statuts zu richten.
Ausnahmsweise und für eine möglichst beschränkte Zeit können die Vorschriften der Artikel 2 bis 7 einschließlich durch besondere oder allgemeine Maßnahmen abgeändert werden, die ein Vertragsstaat beim Eintreten schwerwiegender, die Sicherheit des Staates oder die Lebensinteressen des Landes berührender Ereignisse zu treffen genötigt ist. Es besteht Einverständnis darüber, daß dabei die Grundsätze des Statuts in möglichst vollem Umfange aufrechterhalten bleiben müssen.
Keiner der Vertragsstaaten wird durch das Statut verpflichtet, die Durchreise solcher Personen, denen das Betreten seines Gebietes verboten ist, oder den Durchgang solcher Waren zu gestatten, deren Einfuhr aus Gründen der öffentlichen Gesundheitspflege oder der öffentlichen Sicherheit oder zur Verhütung der Einschleppung von Tier- und Pflanzenkrankheiten untersagt ist. Was den Verkehr, abgesehen vom Durchgangsverkehr, anbetrifft, so ist keiner der Vertragsstaaten durch das Statut verpflichtet, die Beförderung solcher Personen, denen das Betreten seines Gebietes nach den Landesgesetzen verboten ist, oder solcher Waren, deren Ein- oder Ausfuhr nach diesen Gesetzen untersagt ist, zu gestatten.
Jeder Vertragsstaat ist berechtigt, die erforderlichen Vorsichtsmaßregeln für die Beförderung gefährlicher oder gleichartiger Waren zu treffen sowie allgemeine polizeiliche Anordnungen einschließlich derjenigen für Ein- und Auswanderer zu erlassen, wobei Einverständnis darüber besteht, daß solche Maßnahmen nicht zu einer unterschiedlichen, den Grundsätzen des Statuts zuwiderlaufenden Behandlung führen dürfen.
Das Statut kann ferner in keiner Weise die Maßnahmen berühren, die irgendeiner der Vertragsstaaten auf Grund allgemeiner internationaler Vereinbarungen, an denen er beteiligt ist, oder die späterhin abgeschlossen werden sollten, zu treffen sich veranlaßt sieht oder sehen könnte. Namentlich gilt dies für Vereinbarungen, die unter dem Schutze des Völkerbundes abgeschlossen sind und den Frauen- und Kinderhandel, den Durchgangsverkehr, die Aus- oder Einfuhr bestimmter Warengattungen, wie Opium und anderer schädlicher Drogen, Waffen oder Fischereierzeugnisse, betreffen, und ebenso für allgemeine Vereinbarungen, welche die Verhütung irgendwelcher Beeinträchtigung von gewerblichen, literarischen oder künstlerischen Eigentumsrechten zum Gegenstand haben oder sich auf die Anwendung falscher Waren- oder Ursprungsbezeichnungen oder anderer Mittel des unlauteren Wettbewerbs beziehen.
Das Statut ordnet nicht die Rechte und Pflichten der Kriegführenden und Neutralen in Kriegszeiten, bleibt jedoch auch in Kriegszeiten in Geltung, soweit es mit diesen Rechten und Pflichten vereinbar ist
Die Vertragsstaaten verpflichten sich, die am 9. Dezember 1923 in Kraft befindlichen Übereinkommen, falls sie den Bestimmungen des Statuts zuwiderlaufen sollten, sobald die Verhältnisse es ermöglichen, spätestens bei Erlöschen der Übereinkommen, durch entsprechende Abänderungen so weit mit ihnen in Einklang zu bringen, wie es die geographischen, wirtschaftlichen oder technischen Verhältnisse der Länder oder Gebiete irgend gestatten, die den Gegenstand jener Übereinkommen bilden.
Dasselbe gilt für Konzessionen, die vor dem 9. Dezember 1923 zum vollständigen oder teilweisen Betriebe der Seehäfen erteilt worden sind.
Das Statut hat keineswegs die Aufhebung bestehender weitergehender Erleichterungen zur Folge, die für die Benutzung der Seehäfen unter Bedingungen gewährt worden sind, die mit den Grundsätzen des Statuts vereinbar sind. Ebensowenig will es die Gewährung solcher Erleichterungen für die Zukunft ausschließen.
Unbeschadet des im zweiten Absatze des Artikels 8 vorgesehenen Vorbehalts werden die Streitfälle, die zwischen Vertragsstaaten wegen Auslegung oder Anwendung des Statuts entstehen sollten, folgendermaßen geschlichtet:
Wenn der Streitfall nicht unmittelbar zwischen den Parteien oder anderweitig auf gütlichem Wege beigelegt werden kann, so können die Parteien, bevor sie ein Schiedsgerichtsverfahren oder ein gerichtliches Verfahren herbeiführen, den Streitfall zur Begutachtung der Stelle vorlegen, die von dem Völkerbund als beratendes fachmännisches Organ der Mitglieder des Bundes in Fragen der Verkehrswege und des Durchgangsverkehrs eingesetzt sein sollte. In dringenden Fällen kann ein vorläufiger Bescheid die Anwendung einstweiliger Maßnahmen empfehlen, die insbesondere dazu dienen, dem internationalen Verkehr wieder die Erleichterungen zu gewähren, die vor der Handlung oder vor dem Vorfall, die den Streitfall herbeiführten, bestanden haben.
Kann der Streitfall nicht durch eines der im vorhergehenden Absatz angegebenen Verfahren beigelegt werden, so unterbreiten ihn die Vertragsstaaten einem Schiedsgericht, sofern sie nicht auf Grund einer Vereinbarung zwischen den Parteien beschlossen haben oder beschließen, ihn bei dem Ständigen Internationalen Gerichtshof anhängig zu machen
Ist die Angelegenheit dem Ständigen Internationalen Gerichtshof unterbreitet, so wird gemäß Artikel 27 des Statuts des genannten Gerichtshofes verfahren und erkannt.
Sofern die Parteien nichts anderes bestimmen, bezeichnet im Falle eines Schiedsverfahrens jede Partei einen Schiedsrichter; das dritte Mitglied des Schiedsgerichtes wird von den Schiedsrichtern, oder wenn sie sich nicht einigen können, vom Völkerbundrat gewählt, und zwar aus der Liste der Beisitzer für die in Artikel 27 des Statuts des Ständigen Internationalen Gerichtshofes angeführten Angelegenheiten der Verkehrswege und des Durchgangsverkehrs; in diesem Falle wird das dritte Mitglied gemäß der Bestimmungen im vorletzten Absatz des Artikels 4 und im ersten Absatz des Artikels 5 der Völkerbundsatzung gewählt.
Das Schiedsgericht erkennt auf Grund des von den Parteien in gemeinsamem Einvernehmen geschlossenen Schiedsvertrags. Haben sich die Parteien nicht einigen können, so stellt das Schiedsgericht durch einstimmige Entscheidung den Schiedsvertrag nach Prüfung der von den Parteien vorgebrachten Ansprüche fest; wird keine Einstimmigkeit erzielt, so entscheidet der Völkerbundrat nach den im vorhergehenden Absatz vorgesehenen Bestimmungen. Hat der Schiedsvertrag das Verfahren nicht festgelegt, so geschieht dies durch das Schiedsgericht selbst.
Die Parteien verpflichten sich, im Verlaufe des Schiedsgerichtsverfahrens und mangels gegenteiliger Abmachungen im Schiedsvertrag jede Frage des internationalen Rechts oder jede Frage der rechtlichen Auslegung des Statuts dem Ständigen Internationalen Gerichtshof zu unterbreiten, wenn das Schiedsgericht auf Antrag einer Partei sich dahin aussprechen sollte, daß die Frage vor Schlichtung des Streitfalles gelöst werden müsse.
Es besteht Einverständnis darüber, daß das Statut nicht in dem Sinne ausgelegt werden darf, als ob es in irgendeiner Beziehung die Rechte und Pflichten von Gebieten unter sich (inter se) berühre, die Bestandteile eines und desselben souveränen Staates bilden oder unter seinem Schutze stehen, gleichviel, ob diese Gebiete jedes für sich Vertragsstaaten sind oder nicht.
In den vorstehenden Artikeln darf keine Bestimmung so ausgelegt werden, als ob sie irgendwie die Rechte oder Pflichten irgendeines Vertragsstaates in seiner Eigenschaft als Mitglied des Völkerbundes berühre
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