Bei der am heutigen Tag erfolgten Unterzeichnung des Zusatzabkommens, betreffend den Verkehr mit Tieren, tierischen Rohstoffen und Produkten (Tierseuchenübereinkommen), haben die beiderseitigen Bevollmächtigten folgende Erklärungen und Verabredungen, die einen integrierenden Bestandteil dieses Zusatzabkommens bilden, im gegenwärtigen Protokoll niedergelegt:
1. Die Bestimmungen des Tierseuchenübereinkommens finden nur auf Herkünfte eines der vertragschließenden Teile Anwendung. Die Zulassung von Tieren oder Gegenständen, die, aus anderen Ländern stammend, durch die Gebiete des einen Teiles zur Ein- oder Durchfuhr in die Gebiete des anderen Teiles gelangen sollen, liegt, insoweit diesfalls nicht spezielle Vereinbarungen getroffen sind, außerhalb des Rahmens des gegenwärtigen Übereinkommens.
2. Alle aus den Gebieten des einen vertragschließenden Teiles in das Gebiet des anderen Teiles zur Einfuhr gelangenden Tiere unterliegen den im Einfuhrlande geltenden veterinärpolizeilichen Vorschriften.
Die zur Schlachtung bestimmten Tiere (Rinder, Schafe, Ziegen, Schweine und Pferde) können nach allen öffentlichen, veterinärpolizeilich überwachten und mit den gehörigen Einrichtungen versehenen Schlachthäusern und Schlachtviehmärkten gebracht werden.
Für alle Klauentiere, welche nicht zur Schlachtung bestimmt sind, werden die veterinärpolizeilichen Vorsichtsmaßnahmen, welche einer der vertragschließenden Teile vor Zulassung dieser Tiere zum freien Verkehr vorzukehren für nötig erachtet, auf das unumgänglich erforderliche Mindestmaß beschränkt werden.
Einhufer, welche nicht zur Schlachtung bestimmt sind, werden auf Kosten der Partei an der Grenze oder im Bestimmungsorte mit möglichster Beschleunigung einem diagnostischen Verfahren unterzogen werden. Zur Durchfuhr bestimmte Einhufer unterliegen nicht dem diagnostischen Verfahren.
3. Die unmittelbare Durchfuhr von lebenden Tieren mittels Eisenbahn oder Schiff aus den Gebieten des einen durch die Gebiete des anderen vertragschließenden Staates wird, soweit es sich um Herkünfte eines der vertragschließenden Teile handelt und soweit die Tiere aus nicht gesperrten Gebieten stammen, unter den für die Einfuhr von Schlachttieren geltenden Voraussetzungen gestattet, falls Sicherheit besteht, daß das Bestimmungsland und etwaige Durchfuhrländer die Transporte übernehmen.
Die unmittelbare Durchfuhr von frischem und zubereitetem Fleische, sonstigen tierischen Rohstoffen und Erzeugnissen aus den Gebieten des einen durch die Gebiete des anderen vertragschließenden Teiles auf der Eisenbahn in plombierten, umschlossenen Wagen oder auf Schiffen in abgesonderten und verwahrten Räumen ist, soweit es sich um Herkünfte eines der vertragschließenden Teile handelt, ohne Beschränkungen zulässig.
4. In den für den Viehverkehr in Betracht kommenden Eintrittsstationen werden die erforderlichen Einrichtungen für rasche und unverzögerte Durchführung des veterinärpolizeilichen Dienstes getroffen werden.
Die für den gegenseitigen Viehverkehr in Betracht kommendenEintrittsstationen werden vor dem Inkrafttreten des Übereinkommens einvernehmlich festgestellt und können fernerhin nur im gegenseitigen Einvernehmen abgeändert werden.
5. In Gemeindegebieten von mehr als 150 Quadratkilometer und in größeren isolierten Gütern oder zusammenhängenden Güterkomplexen soll es nicht ausgeschlossen sein, nach Maßgabe ihrer Konfiguration und der dadurch bedingten veterinärpolizeilichen Sicherstellung eine Unterteilung in kleinere Rayons vorzunehmen. Die beiden Teile werden sich von Fall zu Fall über die Frage der Zulässigkeit einer solchen Teilung sowie über die Festsetzung der natürlichen Grenzen dieser Rayons verständigen. Eine solche Unterteilung hat rücksichtlich der Lungenseuche keine Gültigkeit.
6. Für Geflügeltransporte im Grenzverkehre, die aus weniger als 100 Stück bestehen, ist bei der Einbringung in die Gebiete eines der vertragschließenden Teile lediglich das gemäß Artikel 2 des Tierseuchenübereinkommens von der Ortsbehörde auszustellende Ursprungszeugnis beizubringen. Im übrigen finden auf sie die Bestimmungen des angeführten Artikels 2 keine Anwendung.
7. Für Stalldünger im Grenzverkehre, für tierische Därme, Schlünde, Magen und Blasen, die weder trocken noch gesalzen sind, im Postverkehr, und für frisches Fleisch von Pferden, Rindern, Schweinen, Ziegen und Schafen sowie für totes Geflügel im Grenzverkehr für den eigenen Gebrauch der Grenzbewohner und im privaten Post- und Reiseverkehr sind keine Ursprungszeugnisse beizubringen.
8. Als Grenzverkehr im Sinne der Punkte 6 und 7 gilt der Verkehr aus einem Grenzverwaltungsbezirk I. Instanz des einen vertragschließenden Teiles zur Verwendung in einem solchen Bezirke des anderen Teiles.
9. Das Vorkommen der Wut bei Hunden und Katzen soll der Ausstellung der im Absatz 1 des Artikels 2 vorgesehenen Ursprungszeugnisse für andere Haustiere nicht entgegenstehen. Ferner soll das Vorkommen der Räude bei Schafen und Ziegen, die Ausstellung der Zeugnisse für Einhufer und das Vorkommen der Räude bei Einhufern die Ausstellung der Zeugnisse für Schafe und Ziegen nicht behindern.
10. Die im Art. 3 des Tierseuchenübereinkommens vorgesehene Zurückweisung ansteckungsverdächtiger Tiere wird sich nur auf Tiere erstrecken, die mit den kranken oder krankheitsverdächtigen Tieren nachweislich in Berührung gekommen sind, insbesondere also auf Tiere, die in einem Eisenbahnwagen oder auf einem Schiffe gleichzeitig befördert oder auf derselben Station und derselben Rampe an einem und demselben Tage ent- oder verladen worden sind.
11. Die nach Artikel 5 zu verhängenden Repressiv- und Präventivsperren haben sich auf den verseuchten Verwaltungsbezirk und auf die benachbarten Verwaltungsbezirke I. Instanz zu beschränken und sind nur für die Dauer der Seuchengefahr aufrechtzuerhalten.
Zeigt die in Betracht kommende Seuche die Tendenz, sich über weitere Gebiete auszubreiten, oder nimmt sie einen besonders bösartigen Verlauf, so können diese Verfügungen auch auf weitere Gebiete ausgedehnt werden.
Die Dauer der Seuchengefahr berechnet sich bis zu jenem Zeitpunkt, wo, vom Tage der amtlichen Erklärung des Erlöschens der Seuche an, die im Artikel 2, Absatz 2, vorgesehenen Fristen abgelaufen sind.
Sind die Fristen für die amtliche Erklärung des Erlöschens einer Seuche in den Gebieten der vertragschließenden Teile verschieden, so ist die längere Frist maßgebend.
Beschränkungen oder Verbote aus Anlaß des Auftretens oder der Einschleppung einer Seuche sollen nur dann zulässig sein, wenn sie zur Sicherung des Gesundheitszustandes der heimischen Viehbestände nach dem Stande der Seuche zur Hintanhaltung einer tatsächlich drohenden Einschleppungsgefahr unabweislich sind.
12. Die Bestimmung in dem letzten Absatze des Artikels 5 des Tierseuchenübereinkommens erstreckt sich nicht auf den durchgehenden Eisenbahnverkehr in amtlich verschlossenen Wagen und den durchgehenden Schiffsverkehr in abgesonderten und verwahrten Räumen; hiebei soll jedoch jede Zuladung von lebenden Tieren, jede Umladung und jede Transportverzögerung im verseuchten Grenzbezirke untersagt sein.
13. Ist das nach Artikel 2 auszustellende Zeugnis nicht in deutscher Sprache ausgefertigt, so ist ihm eine amtlich beglaubigte Übersetzung in dieser Sprache beizufügen. Die amtliche Beglaubigung dieser Übersetzung ist durch eine zur Führung eines Dienstsiegels befugte Person oder Behörde zu erwirken.
14. Die einzelnen städtischen Bezirke von Wien und von Budapest werden als selbständige Veterinärbezirke behandelt werden. Pferde sollen aus Wien und Budapest auch dann zur Einfuhr in der Regel zugelassen werden, wenn sie mit einem von der zuständigen Zentralbehörde des ausführenden Staates bestätigten Ursprungs- und Gesundheitszeugnisse gedeckt sind, worin der Empfänger des Pferdes angegeben sowie statt des sonst vorgeschriebenen Zeugnisses über die Seuchenfreiheit des Herkunftsortes die amtliche Bescheinigung enthalten ist, daß das Tier tierärztlich gesund befunden wurde und daß in dem Gehöfte, wo es untergebracht war, und in dessen nächster Umgebung keine auf Pferde übertragbare anzeigepflichtige Krankheit herrscht.
15. Renn- und Trabrennpferde sowie Pferde für Preisreiten und Reiterspiele und deren Begleittiere können statt durch Viehpässe durch besondere Zertifikate gedeckt werden. Zur Ausstellung solcher Zertifikate werden von den beiden Regierungen die hiebei in Betracht kommenden Klubs einvernehmlich ermächtigt werden. Die Zertifikate haben das Siegel und das Visum des betreffenden Klubs zu tragen und den Namen und Wohnort des Pferdebesitzers, das genaue Nationale des Pferdes, dessen Provenienz und Bestimmungsort sowie die amtstierärztliche Bestätigung der individuellen Gesundheit des Tieres und des Umstandes zu enthalten, daß das Etablissement, aus welchem das Tier kommt, während der letzten 40 Tage seuchenfrei war.
16. Die Einfuhr von Tieren, welche nachweislich zu Zirkusschaustellungen, für zoologische Gärten, Wildparks und ähnliche Anlagen bestimmt sind und aus diesem Anlasse außerhalb des allgemeinen Verkehrs stehen, ist nur von der Beibringung amtstierärztlicher Bescheinigungen über die individuelle Gesundheit der Tiere und davon abhängig, daß die letzteren mittels Eisenbahn von anderen für den gewöhnlichen Verkehr bestimmten Tieren abgesondert transportiert, gelegentlich der bei der Ausladung vorzunehmenden tierärztlichen Untersuchung vollkommen gesund befunden und von der Ausladestation unmittelbar nach dem Bestimmungsort gebracht werden.
17. Die direkte Durchfuhr von Tieren, tierischen Teilen, Erzeugnissen und Rohstoffen sowie Gegenständen, die Träger des Ansteckungsstoffes sein können, aus und nach dem Gebiete des einen durch das Gebiet des anderen vertragschließenden Teiles ist in geschlossenen Eisenbahnwagen ohne jede Beschränkung unter der Voraussetzung zulässig, daß die Tiere gesund und die Transporte mit den erforderlichen Dokumenten über die seuchenfreie Herkunft versehen sind. Eine tierärztliche Grenzkontrolle findet bei diesem Verkehre nicht statt.
Wien, am 10. Mai 1926.
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