BundesrechtInternationale VerträgeEuropäische Organisation für Kernphysikalische Forschung

Europäische Organisation für Kernphysikalische Forschung

In Kraft seit 10. November 1959
Up-to-date

ARTIKEL I

Errichtung der Organisation

Art. 1

1. Die Europäische Organisation für kernphysikalische Forschung (im folgenden als „die Organisation“ bezeichnet) wird hiermit errichtet.

2. Sitz der Organisation ist Genf.

ARTIKEL II

Ziele

Art. 2

1. Die Organisation hat die Zusammenarbeit europäischer Staaten bei der rein wissenschaftlichen Forschung und Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Kernphysik sowie der hiermit wesentlich zusammenhängenden Forschung zum Ziele. Die Organisation befaßt sich nicht mit Arbeiten für militärische Zwecke; die Ergebnisse ihrer experimentellen und theoretischen Arbeiten sind zu veröffentlichen oder auf sonstige Weise der Allgemeinheit zugänglich zu machen.

2. Bei der in Ziffer 1 dieses Artikels genannten Zusammenarbeit beschränkt die Organisation ihre Arbeit auf die in Ziffer 3, 4 und 5 dieses Artikels aufgeführten Tätigkeiten.

3. Das Grundprogramm der Organisation umfaßt:

(a) Den Bau eines Internationalen Laboratoriums (im folgenden als „das Laboratorium“ bezeichnet) für Forschungen auf dem Gebiet hochbeschleunigter Teilchen einschließlich der kosmischen Strahlung. Das Laboratorium besteht aus

(i) einem Protonen-Synchrotron für Energien über 10 Gigaelektronenvolt (10 10 eV);

(ii) einem Synchrozyklotron mit einem Protonen-Beschleunigungsvermögen bis annähernd 600 Millionen Elektronenvolt (6 x 10 8 eV);

(iii) den Hilfsgeräten, die zur Durchführung der Forschungsprogramme mit den vorstehend unter (i) und (ii) genannten Anlagen erforderlich sind;

(iv) den zur Unterbringung der in (i), (ii) und (iii) genannten Ausstattung sowie für die Verwaltung der Organisation und die Erfüllung ihrer sonstigen Aufgaben erforderlichen Gebäuden.

(b) Den Betrieb des vorstehend beschriebenen Laboratoriums.

(c) Die Organisation und Förderung der internationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der kernphysikalischen Forschung, und zwar auch außerhalb der Arbeiten des Laboratoriums. Diese Zusammenarbeit kann insbesondere umfassen:

(i) Arbeiten auf dem Gebiete der theoretischen Kernphysik;

(ii) die Förderung der Beziehungen zwischen Wissenschaftlern, den Austausch von Wissenschaftlern, die Verbreitung von Informationen sowie Maßnahmen zur Ermöglichung der weiteren Ausbildung von Forschern;

(iii) Zusammenarbeit mit nationalen Forschungseinrichtungen und ihre Beratung;

(iv) Arbeiten auf dem Gebiet der kosmischen Strahlen.

4. Jedes Ergänzungsprogramm ist dem in Artikel IV genannten Rat vorzulegen und erfordert die Zustimmung einer Zweidrittelmehrheit aller Mitgliedstaaten der Organisation.

5. Das Laboratorium wird im Rahmen seines Grundprogramms und etwaiger Ergänzungsprogramme im größtmöglichen Umfang mit Laboratorien und Instituten in den Gebieten der Mitgliedstaaten zusammenarbeiten. Soweit es sich mit den Zwecken der Organisation vereinbaren läßt, wird das Laboratorium bestrebt sein, seinerseits Forschungsarbeiten zu vermeiden, die bereits in den genannten Laboratorien oder Instituten durchgeführt werden.

ARTIKEL III

Aufnahmebedingungen

Art. 3

1. Staaten, die Vertragsparteien des in der Präambel genannten Abkommens vom 15. Februar 1952 sind oder an den durch diese Vereinbarung errichteten Rat Geld- oder Sachbeiträge geleistet und tatsächlich an seinen Arbeiten teilgenommen haben, sind berechtigt, Mitglieder der Organisation zu werden, indem sie gemäß den Bestimmungen der Artikel XV, XVI, und XVII Vertragsparteien dieses Abkommens werden.

2. (a) Andere Staaten können durch den in Artikel IV genannten Rat mittels einstimmiger Entscheidung der Mitgliedstaaten zur Organisation zugelassen werden.

(b) Wünscht ein Staat der Organisation gemäß den Bestimmungen des vorstehenden Absatzes beizutreten, so setzt er den Direktor hiervon in Kenntnis. Der Direktor setzt alle Mitgliedstaaten von diesem Antrag in Kenntnis, und zwar mindestens drei Monate, bevor er im Rat erörtert wird. Die durch den Rat zugelassenen Staaten können durch Beitritt zu diesem Abkommen gemäß Artikel XVII Mitglied der Organisation werden.

3. Die Mitgliedstaaten werden an der Arbeit der Organisation mit der Maßgabe mitwirken, daß ein Mitgliedstaat nicht verpflichtet ist, einen finanziellen Beitrag zu anderen Arbeiten als den in Artikel II Ziffer 3 genannten zu leisten. Ein Mitgliedstaat ist nicht zur Teilnahme an Arbeiten berechtigt, zu denen er keinen finanziellen Beitrag geleistet hat.

4. Zum Zwecke der Durchführung des Grundprogramms und etwaiger Ergänzungsprogramme der Organisation werden alle Mitgliedstaaten den Austausch von Personen und einschlägigen wissenschaftlichen und technischen Informationen erleichtern; dies gilt mit der Maßgabe, daß durch die Bestimmungen dieser Ziffer

(a) die Anwendung der Gesetze und Verordnungen der Mitgliedstaaten, betreffend die Einreise in ihr Gebiet, den Aufenthalt darin oder die Ausreise aus ihrem Gebiet, nicht berührt wird;

(b) kein Mitgliedstaat verpflichtet ist, in seinem Besitz befindliche Informationen mitzuteilen oder deren Mitteilung zu gestatten, sofern er der Auffassung ist, daß eine derartige Mitteilung den Interessen seiner Sicherheit entgegensteht.

Artikel IV

Organe

Art. 4

Die Organisation besteht aus einem Rat und einem durch entsprechendes Personal unterstützten Direktor.

ARTIKEL V

Der Rat

Art. 5

1. Dem Rat gehören höchstens zwei Delegierte eines jeden Mitgliedstaates an, die bei Sitzungen des Rates von Beratern begleitet sein können.

2. Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Abkommens hat der Rat

(a) die Richtlinien für die Arbeit der Organisation auf wissenschaftlichem, technischem und verwaltungstechnischem Gebiet festzulegen;

(b) den genauen Forschungsplan zu billigen und über etwaige Ergänzungsprogramme der Organisation zu entscheiden;

(c) gemäß dem diesem Abkommen beigefügten Finanzierungsprotokoll den Haushaltsplan zu verabschieden und die finanziellen Maßnahmen der Organisation festzulegen;

(d) die Ausgaben zu prüfen und die durch Rechnungsprüfer kontrollierten Jahresabrechnungen der Organisation zu genehmigen und zu veröffentlichen;

(e) über den Plan der erforderlichen Stellen zu entscheiden;

(f) einen Jahresbericht zu veröffentlichen;

(g) die sonstigen Befugnisse und Aufgaben wahrzunehmen, die zur Durchführung dieses Abkommens erforderlich sind.

3. Der Rat tritt mindestens einmal jährlich an einem von ihm zu bestimmenden Ort zusammen.

4. Jeder Mitgliedstaat hat im Rat eine Stimme; ein Mitgliedstaat hat jedoch nur dann ein Stimmrecht in Angelegenheiten, die eine in einem Ergänzungsprogramm genannte Arbeit betreffen, wenn er sich zu einem finanziellen Beitrag zu dem betreffenden Ergänzungsprogramm bereit erklärt hat oder wenn die zur Abstimmung stehende Angelegenheit sich auf Anlagen bezieht, zu deren Kosten er beigetragen hat.

5. Ein Mitgliedstaat ist im Rat nicht stimmberechtigt, wenn die Höhe seines rückständigen Beitrags die Höhe der Beiträge übersteigt, die dieser Staat für das laufende Rechnungsjahr und das unmittelbar voraufgegangene Rechnungsjahr schuldet. Der Rat kann jedoch mit Zweidrittelmehrheit aller Mitgliedstaaten einem solchen Mitgliedstaate das Stimmrecht gewähren, wenn er zu der Überzeugung gelangt ist, daß der Zahlungsverzug auf Umstände zurückzuführen ist, die sich dem Einfluß des betreffenden Staates entziehen.

6. Soweit in diesem Abkommen nichts anderes bestimmt ist, werden Entscheidungen des Rates mit einfacher Mehrheit der vertretenen und abstimmenden Mitgliedstaaten getroffen.

7. Nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abkommens legt der Rat seine eigene Verfahrensordnung fest.

8. Zur Beschlußfähigkeit des Rates ist bei allen Sitzungen die Anwesenheit von Delegierten der Mehrheit der Mitgliedstaaten erforderlich.

9. Der Rat wählt einen Präsidenten und zwei Vizepräsidenten, die ein Jahr im Amt bleiben und höchstens zweimal hintereinander wiedergewählt werden können.

10. Der Rat kann diejenigen nachgeordneten Stellen einrichten, die für die Zwecke der Organisation erforderlich sind. Die Einrichtung derartiger Stellen und die Festlegung ihres Aufgabenbereichs erfolgt durch den Rat mit Zweidrittelmehrheit aller Mitgliedstaaten.

11. Bereits vor Hinterlegung ihrer Ratifikations- oder Beitrittsurkunden können sich die in Artikel III Ziffer 1 erwähnten Staaten bis zum 31. Dezember 1954 in den Sitzungen des Rates vertreten lassen und an seinen Arbeiten teilnehmen. Dieses Recht umfaßt nicht die Stimmberechtigung, es sei denn, daß der betreffende Staat den nach Artikel 4 Ziffer 1 des diesem Abkommen beigefügten Finanzierungsprotokolls vorgesehenen Beitrag zur Organisation geleistet hat.

ARTIKEL VI

Direktor und Personal

Art. 6

1. (a) Der Rat ernennt mit Zweidrittelmehrheit aller Mitgliedstaaten für eine bestimmte Zeitdauer einen Direktor und kann diesen mit der gleichen Stimmenmehrheit entlassen. Der Direktor ist das oberste Vollzugsorgan der Organisation und ihr gesetzlicher Vertreter. Bei der Finanzverwaltung der Organisation verfährt er gemäß den Bestimmungen des diesem Abkommen beigefügten Finanzierungsprotokolls. Er legt dem Rat einen Jahresbericht vor und nimmt ohne Stimmrecht an allen Sitzungen des Rates teil.

(b) Der Rat kann die Ernennung des Direktors nach Inkrafttreten des Abkommens oder nach späterem Freiwerden der Stelle so lange aufschieben, wie er es für erforderlich hält. In diesem Falle ernennt der Rat an Stelle des Direktors eine Person deren Befugnisse und Obliegenheiten er bestimmt.

2. Dem Direktor steht das vom Rat für erforderlich gehaltene und bewilligte wissenschaftliche, technische Verwaltungs- und Büropersonal zur Seite.

3. Das Personal wird vom Rat auf Empfehlung des Direktors eingestellt und entlassen. Einstellungen und Entlassungen durch den Rat erfordern eine Zweidrittelmehrheit aller Mitgliedstaaten. Mit der gleichen Mehrheit kann der Rat dem Direktor Einstellungs- und Entlassungsbefugnisse übertragen. Beginn und Beendigung aller derartigen Arbeitsverhältnisse erfolgen gemäß der vom Rat mit der gleichen Mehrheit anzunehmenden Personalordnung. Nicht zum Personal gehörende Wissenschaftler, die vom Rat zu Forschungsarbeiten im Laboratorium eingeladen werden, unterstehen dem Direktor und unterliegen allen vom Rat gebilligten allgemeinen Vorschriften.

4. Die Verantwortlichkeiten des Direktors und des Personals in bezug auf die Organisation haben ausschließlich internationalen Charakter. Bei der Wahrnehmung ihrer Dienstobliegenheiten dürfen Direktor und Personal von keiner Regierung und von keiner Behörde außerhalb der Organisation Anweisungen anfordern oder entgegennehmen. Die Mitgliedstaaten haben den internationalen Charakter der Verantwortlichkeiten des Direktors und des Personals zu beachten und dürfen nicht versuchen, die Genannten bei der Wahrnehmung ihrer Dienstobliegenheiten zu beeinflussen.

ARTIKEL VII

Finanzielle Beiträge

Art. 7

1. Jeder Mitgliedstaat beteiligt sich am Kapitalaufwand und den laufenden Betriebskosten der Organisation, und zwar

(a) für die Zeit bis zum 31. Dezember 1956 gemäß dem diesem Abkommen beigefügten Finanzierungsprotokoll und danach

(b) nach einem Schlüssel, der alle drei Jahre vom Rat mit Zweidrittelmehrheit aller Mitgliedstaaten auf der Grundlage des durchschnittlichen Nettovolkseinkommens zu Faktorkosten eines jeden Mitgliedstaates während der letzten drei Jahre, für welche Statistiken vorliegen, festgesetzt wird, mit der Maßgabe, daß

(i) kein Mitgliedstaat gehalten ist, für das Grundprogramm mehr als 25% der Gesamtsumme der vom Rat festgesetzten Beiträge zur Deckung der Kosten dieses Programms zu entrichten;

(ii) der Rat mit Zweidrittelmehrheit aller Mitgliedstaaten beschließen kann, die besonderen Verhältnisse eines Mitgliedstaates zu berücksichtigen und dessen Beitrag entsprechend zu ändern.

2. Die von einem Mitgliedstaat nach Ziffer 1 dieses Artikels zu entrichtenden Beiträge werden für die besonderen Arbeiten, zu denen beizutragen er sich verpflichtet hat, berechnet und nur für diese verwendet. Beteiligen sich einige Mitgliedstaaten nicht an einem Ergänzungsprogramm, so setzt der Rat für die Beiträge der an diesem Programm teilnehmenden Staaten einen besonderen Schlüssel gemäß Ziffer 1 Absatz (b) fest; jedoch findet hierbei die Einschränkung unter (i) keine Anwendung.

3. (a) Der Rat wird von denjenigen Staaten, die nach dem 31. Dezember 1954 Vertragsparteien dieses Abkommens werden, außer den Beiträgen für künftige Kapitalaufwendungen und für die laufenden Betriebskosten die Entrichtung eines besonderen Beitrags zu dem der Organisation bereits entstandenen Kapitalaufwand verlangen. Die Höhe dieses besonderen Beitrags wird vom Rat mit Zweidrittelmehrheit aller Mitgliedstaaten festgesetzt.

(b) Alle nach Absatz (a) entrichteten Beiträge werden zur Senkung

der Beiträge der anderen Mitgliedstaaten verwendet.

4. Die auf Grund der Bestimmungen dieses Artikels geschuldeten Beiträge werden gemäß dem diesem Abkommen beigefügten Finanzierungsprotokoll entrichtet.

5. Nach Maßgabe der vom Rat erteilten Weisungen kann der Direktor Schenkungen und Vermächtnisse für die Organisation annehmen, vorausgesetzt daß solche Schenkungen oder Vermächtnisse keinen Bedingungen unterliegen, die mit den Zwecken der Organisation nicht vereinbar sind.

ARTIKEL VIII

Zusammenarbeit mit der UNESCO und anderen Organisationen

Art. 8

Die Organisation wird mit der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur zusammenarbeiten. Sie kann ferner auf Grund eines mit Zweidrittelmehrheit aller Mitgliedstaaten gefaßten Beschlusses des Rates mit anderen Organisationen und Einrichtungen zusammenarbeiten.

ARTIKEL IX

Rechtsstellung

Art. 9

Die Organisation hat Rechtspersönlichkeit im Mutterland jedes Mitgliedstaates. Der Organisation und den Vertretern der Mitgliedstaaten im Rat, den Mitgliedern aller nachgeordneten gemäß Artikel V Ziffer 10 eingerichteten Stellen, dem Direktor sowie dem Personal der Organisation sind im Mutterland der Mitgliedstaaten auf Grund von Vereinbarungen, die zwischen der Organisation und jedem in Betracht kommenden Mitgliedstaat abzuschließen sind, diejenigen Vorrechte und Befreiungen zu gewähren, die gegebenenfalls für die Ausübung der Funktionen der Organisation im gegenseitigen Einvernehmen für erforderlich gehalten werden. Die zwischen der Organisation und dem Mitgliedstaat, in dessen Gebiet die Organisation ihren Sitz haben wird, abzuschließende Vereinbarung wird außer Bestimmungen über Vorrechte und Befreiungen Bestimmungen zur Regelung der besonderen Beziehungen zwischen der Organisation und diesem Mitgliedstaat enthalten.

ARTIKEL X

Änderungen

Art. 10

1. Der Rat kann den Mitgliedstaaten Änderungen dieses Abkommens und des beigefügten Finanzierungsprotokolls empfehlen. Jeder Mitgliedstaat, der eine Änderung vorzuschlagen wünscht, hat den Direktor hiervon in Kenntnis zu setzen. Der Direktor setzt alle Mitgliedstaaten von jeder ihm auf diese Weise mitgeteilten Änderung in Kenntnis, und zwar mindestens drei Monate, bevor sie vom Rat erörtert wird.

2. Jede vom Rat empfohlene Änderung mit Ausnahme einer Änderung des diesem Abkommen beigefügten Finanzierungsprotokolls bedarf der schriftlichen Annahme durch alle Mitgliedstaaten und tritt dreißig Tage nach dem Zeitpunkt in Kraft, an dem der Direktor von allen Mitgliedstaaten eine Annahmeerklärung erhalten hat. Der Direktor teilt allen Mitgliedstaaten den Zeitpunkt mit, an dem die Änderung demnach in Kraft treten wird.

3. Der Rat kann das diesem Abkommen beigefügte Finanzierungsprotokoll mit Zweidrittelmehrheit aller Mitgliedstaaten ändern, sofern diese Änderung nicht in Widerspruch zu dem Abkommen steht. Jede derartige Änderung tritt in dem vom Rat mit der gleichen Mehrheit bestimmten Zeitpunkt in Kraft. Der Direktor setzt alle Mitgliedstaaten von jeder derartigen Änderung und von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens in Kenntnis.

ARTIKEL XI

Streitigkeiten

Art. 11

Jede Streitigkeit zwischen zwei oder mehr Mitgliedstaaten über die Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens, die nicht durch Vermittlung des Rates beigelegt wird, ist dem Internationalen Gerichtshof vorzulegen, sofern sich die betreffenden Mitgliedstaaten nicht auf eine andere Art der Beilegung einigen.

ARTIKEL XII

Austritt

Art. 12

Nachdem dieses Abkommen sieben Jahre in Kraft gewesen ist, kann ein Mitgliedstaat dem Direktor schriftlich mitteilen, daß er das Abkommen kündigt und aus der Organisation austritt. Eine solche Kündigung wird am Ende des Rechnungsjahres, während dessen sie mitgeteilt wird, wirksam, falls sie während der ersten neun Monate dieses Rechnungsjahres erfolgt. Erfolgt sie während der letzten drei Monate des Rechnungsjahres, so wird sie am Ende des nächsten Rechnungsjahres wirksam.

ARTIKEL XIII

Nichterfüllung der Verpflichtungen

Art. 13

Erfüllt ein Mitgliedstaat seine Verpflichtungen aus diesem Abkommen nicht, so endet seine Mitgliedschaft auf Beschluß des Rates, der mit einer Mehrheit von zwei Dritteln aller Mitgliedstaaten entscheidet.

ARTIKEL XIV

Auflösung

Art. 14

Die Organisation wird aufgelöst, wenn die Zahl der Mitgliedstaaten unter fünf herabsinkt. Sie kann jederzeit durch Übereinkommen der Mitgliedstaaten aufgelöst werden. Vorbehaltlich einer Vereinbarung, die gegebenenfalls im Zeitpunkt der Auflösung zwischen den Mitgliedstaaten getroffen wird, ist der Staat, in dessen Gebiet sich der Sitz der Organisation zu diesem Zeitpunkt befindet, für die Abwicklung verantwortlich. Ein Überschuß ist unter diejenigen Staaten zu verteilen, die im Zeitpunkt der Auflösung Mitglieder sind, und zwar im Verhältnis zu den von ihnen vom Zeitpunkt ihres Beitritts zum Abkommen an tatsächlich geleisteten Beiträgen. Ergibt sich ein Fehlbetrag, so ist er von diesen Mitgliedstaaten im Verhältnis ihrer für das dann laufende Rechnungsjahr festgesetzten Beiträge zu tragen.

ARTIKEL XV

Unterzeichnung

Art. 15

Dieses Abkommen und das beigefügte Finanzierungsprotokoll, das einen wesentlichen Bestandteil dieses Abkommens bildet, liegen bis zum 31. Dezember 1953 zur Unterzeichnung durch jeden Staat auf, der den in Artikel III Ziffer 1 festgesetzten Bedingungen entspricht.

ARTIKEL XVI

Ratifizierung

Art. 16

1. Dieses Abkommen und das beigefügte Finanzierungsprotokoll unterliegen der Ratifizierung.

2. Die Ratifikationsurkunden sind beim Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur zu hinterlegen.

ARTIKEL XVII

Beitritt

Art. 17

1. Jeder den Bedingungen des Artikels III Ziffer 1 oder 2 entsprechende Staat, der nicht Unterzeichnerstaat dieses Abkommens ist, kann vom 1. Januar 1954 an dem Abkommen und dem Finanzierungsprotokoll beitreten.

2. Die Beitrittsurkunden sind beim Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur zu hinterlegen.

ARTIKEL XVIII

Inkrafttreten

Art. 18

1. Dieses Abkommen und das beigefügte Finanzierungsprotokoll treten in Kraft, nachdem sieben Staaten sie ratifiziert haben oder ihnen beigetreten sind, vorausgesetzt, daß

(a) die Summe ihrer Beiträge nach dem in dem Anhang zum Finanzierungsprotokoll angegebenen Schlüssel mindestens 75% beträgt und

(b) sich die Schweiz als das Land, in dem der Sitz der Organisation sein wird, unter diesen sieben Staaten befindet.

2. Für jeden anderen Unterzeichner- oder beitretenden Staat treten dieses Abkommen und das beigefügte Finanzierungsprotokoll mit Hinterlegung seiner Ratifikations- beziehungsweise Beitrittsurkunde in Kraft.

ARTIKEL XIX

Notifizierungen

Art. 19

1. Der Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur benachrichtigt alle Unterzeichner- und beitretenden Staaten sowie alle sonstigen Staaten, die an der Konferenz über die Durchführung von Arbeiten zur Errichtung eines europäischen Laboratoriums für kernphysikalische Forschung im Dezember 1951 in Paris und im Februar 1952 in Genf teilgenommen haben, von der Hinterlegung einer jeden Ratifikations- oder Beitrittsurkunde und vom Inkrafttreten dieses Abkommens.

2. Der Direktor der Organisation unterrichtet alle Mitgliedstaaten und den Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur von jedem Austritt oder jeder Beendigung der Mitgliedschaft.

ARTIKEL XX

Registrierung

Art. 20

Der Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur legt dieses Abkommen nach seinem Inkrafttreten dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zur Registrierung gemäß Artikel 102 der Satzung der Vereinten Nationen vor.

ZU URKUND DESSEN haben die unterzeichneten, von ihren Regierungen hierzu gehörig bevollmächtigten Vertreter dieses Abkommen unterschrieben.

GESCHEHEN zu Paris am 1. Juli 1953 in englischer und französischer Sprache, wobei beide Texte gleichermaßen authentisch sind, in einer einzigen Ausfertigung, die in den Archiven der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur hinterlegt wird, deren Generaldirektor allen Unterzeichner- und beitretenden Staaten sowie allen sonstigen Staaten, die an der Konferenz über die Durchführung von Arbeiten zur Errichtung eines europäischen Laboratoriums für kernphysikalische Forschung teilgenommen haben, eine beglaubigte Abschrift zustellt.

FINANZIERUNGSPROTOKOLL

ANLAGE ZUM ABKOMMEN ÜBER DIE ERRICHTUNG EINER EUROPÄISCHEN

ORGANISATION FÜR KERNPHYSIKALISCHE FORSCHUNG

Anl. 1

DIE STAATEN, die Vertragsparteien des Abkommens über die Errichtung einer Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung (im folgenden als „das Abkommen“ bezeichnet) sind,

WÜNSCHEN, eine Regelung des Finanzgebarens dieser Organisation zu

treffen, und HABEN folgendes VEREINBART:

ARTIKEL 1

Haushalt

Anl. 1

(1) Das Rechnungsjahr der Organisation läuft vom 1. Januar bis zum 31. Dezember.

(2) Der Direktor legt alljährlich spätestens am 1. September dem Rat ins einzelne gehende Voranschläge über Einnahmen und Ausgaben für das folgende Rechnungsjahr zur Prüfung und Genehmigung vor.

(3) Die Voranschläge über Einnahmen und Ausgaben sind nach Kapiteln zu gliedern. Übertragungen innerhalb des Haushaltsplanes sind nur mit Ermächtigung des in Artikel 3 genannten Finanzausschusses zulässig. Die genaue Form der Voranschläge wird vom Finanzausschuß nach gutachtlicher Äußerung des Direktors bestimmt.

ARTIKEL 2

Nachtragshaushalt

Anl. 1

Der Rat kann den Direktor um Vorlage eines Nachtragshaushaltsplanes oder eines berichtigten Haushaltsplanes ersuchen, wenn die Umstände dies erfordern. Ein Beschluß, dessen Durchführung zusätzliche Ausgaben mit sich bringt, gilt erst dann als vom Rat genehmigt, wenn dieser einen vom Direktor vorgelegten Voranschlag für die entsprechenden Mehrausgaben genehmigt hat.

ARTIKEL 3

Finanzausschuß

Anl. 1

Der Rat setzt einen aus Vertretern von fünf Mitgliedstaaten bestehenden Finanzausschuß ein, dessen Funktionen in einer vom Rat genehmigten Finanzordnung festgelegt werden. Der Direktor legt diesem Ausschuß zur Prüfung die Haushaltsvoranschläge vor, die sodann dem Rat mit dem Bericht des Ausschusses übermittelt werden.

ARTIKEL 4

Beiträge

Anl. 1

(1) Für den am 31. Dezember 1954 endenden Zeitabschnitt stellt der Rat vorläufige Haushaltsvoranschläge auf, deren Ausgaben nach Ziffer (1) des Anhangs zu diesem Protokoll durch Beiträge zu decken sind.

(2) Für die Rechnungsjahre 1955 und 1956 werden die genehmigten Haushaltsausgaben durch Beiträge der Mitgliedstaaten gedeckt, deren Höhe im Verhältnis der in Ziffer (2) des Anhangs zu diesem Protokoll angegebenen Prozentsätze festgesetzt wird, wobei als vereinbart gilt, daß die Bestimmungen des Artikels VII Ziffer 1 Absatz (b) unter (i) und (ii) des Abkommens Anwendung finden.

(3) Vom 1. Januar 1957 an werden die genehmigten Haushaltsausgaben durch Beiträge der Mitgliedstaaten nach Artikel VII Ziffer 1 des Abkommens gedeckt.

(4) Wird ein Staat nach dem 31. Dezember 1954 Mitglied der Organisation, so werden die Beiträge aller Mitgliedstaaten neu festgesetzt, und der neue Schlüssel tritt mit Beginn des laufenden Rechnungsjahres in Kraft. Eine Rückerstattung gezahlter Beträge erfolgt, soweit dies zur Anpassung der von allen Mitgliedstaaten für das betreffende Jahr zu zahlenden Beiträge an den neuen Schlüssel erforderlich ist.

(5) (a) Der Finanzausschuß bestimmt im Benehmen mit dem Direktor die Modalitäten für die Beitragsentrichtung, um ein ordnungsgemäßes Finanzgebaren der Organisation sicherzustellen.

(b) Alsdann teilt der Direktor den Mitgliedstaaten die Höhe ihrer Beiträge und die Zahlungstermine mit.

ARTIKEL 5

Währung der Beitragszahlungen

Anl. 1

(1) Der Haushalt der Organisation wird in der Währung des Landes aufgestellt, in dem die Organisation ihren Sitz hat. Die Beiträge der Mitgliedstaaten sind gemäß den jeweils geltenden Zahlungsregelungen in dieser Währung zu entrichten.

(2) Der Rat kann jedoch die Mitgliedstaaten auffordern, einen Teil ihrer Beiträge in irgendeiner anderen Währung zu entrichten, deren die Organisation zur Erfüllung ihrer Aufgaben bedarf.

ARTIKEL 6

Betriebsmittelfonds

Anl. 1

Der Rat kann einen Betriebsmittelfonds einrichten.

ARTIKEL 7

Buchführung und Rechnungsprüfung

Anl. 1

(1) Der Direktor sorgt für die richtige Verbuchung aller Einnahmen und Ausgaben.

(2) Der Rat ernennt auf zunächst drei Jahre Rechnungsprüfer, deren Auftrag erneuert werden kann. Die Rechnungsprüfer prüfen die Buchführung der Organisation, insbesondere um zu bescheinigen, daß die Ausgaben im Rahmen der in Artikel 3 vorgesehenen Finanzordnung den Haushaltsvoranschlägen entsprechen. Die Rechnungsprüfer nehmen auch die sonstigen in der Finanzordnung angegebenen Aufgaben wahr.

(3) Der Direktor erteilt den Rechnungsprüfern alle Auskünfte und gewährt ihnen jede Hilfe, deren sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben bedürfen.

ZU URKUND DESSEN haben die unterzeichneten, von ihren Regierungen hierzu gehörig bevollmächtigten Vertreter dieses Protokoll unterschrieben.

GESCHEHEN zu Paris am 1. Juli 1953 in englischer und französischer Sprache, wobei beide Texte gleichermaßen authentisch sind, in einer einzigen Ausfertigung, die in den Archiven der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur hinterlegt wird, deren Generaldirektor allen Unterzeichner- und beitretenden Staaten sowie allen sonstigen Staaten, die an der Konferenz über die Durchführung von Arbeiten zur Errichtung eines europäischen Laboratoriums für kernphysikalische Forschung teilgenommen haben, eine beglaubigte Abschrift zustellt.

ANHANG

Anl. 1

(1) Beiträge für den am 31. Dezember 1954 endenden Zeitabschnitt.

(a) Die Staaten, welche Vertragsparteien des Abkommens am Tage seines Inkrafttretens sind, sowie alle anderen Staaten, die während des am 31. Dezember 1954 endenden Zeitabschnittes Mitglieder der Organisation werden, bringen zusammen die Gesamtheit der auf Grund der vom Rat gemäß Artikel 4 Ziffer 1 getroffenen vorläufigen Haushaltsmaßnahmen erforderlichen Beträge auf.

(b) Die Beiträge der Staaten, welche im Zeitpunkt der ersten derartigen vorläufigen Haushaltsmaßnahmen des Rates Mitglieder der Organisation sind, werden vorläufig gemäß Artikel 4 Ziffer 2 unter Berücksichtigung der in Artikel VII Ziffer 1 Absatz (b) unter (i) und (ii) enthaltenen Bedingungen mit der Maßgabe festgesetzt, daß hinsichtlich der Einschränkung unter (i) 25% als durch 30% ersetzt gilt.

(c) Die Festsetzung der Beiträge für die Staaten, die in der Zeit zwischen den ersten vorläufigen Haushaltsmaßnahmen und dem 31. Dezember 1954 Mitglieder der Organisation werden, erfolgt vorläufig in der Weise, daß die vorläufigen Beiträge aller Mitgliedstaaten nach dem Verhältnis der in Ziffer 2 dieses Anhangs angegebenen Prozentsätze berechnet werden. Die Beiträge dieser neuen Mitglieder dienen entweder, wie im nachstehenden Absatz (d) vorgesehen, zur späteren Rückerstattung eines Teils der zuvor von den anderen Mitgliedstaaten entrichteten vorläufigen Beiträge oder zur Deckung der vom Rat während dieses Zeitraums genehmigten zusätzlichen Bereitstellungen von Haushaltsmitteln.

(d) Der endgültige Betrag der für den am 31. Dezember 1954 endenden Zeitraum von allen Staaten, die an dem genannten Tage Mitglieder der Organisation sind, geschuldeten Beiträge wird rückwirkend auf Grund des Gesamthaushalts für den betreffenden Zeitraum in der Weise festgesetzt, daß er dem Betrage entspricht, der erhoben worden wäre, wenn alle diese Staaten Vertragsparteien des Abkommens im Augenblick seines Inkrafttretens gewesen wären. Jeder von einem Mitgliedstaat über den rückwirkend festgesetzten Beitrag hinaus entrichtete Betrag wird diesem Mitgliedstaat gutgeschrieben.

(e) Sind alle in dem in Ziffer 2 dieses Anhangs enthaltenen Schlüssel aufgeführten Staaten vor dem 31. Dezember 1954 Mitglied der Organisation geworden, so berechnen sich ihre Beiträge zum Gesamthaushalt für den genannten Zeitraum nach den in diesem Schlüssel angegebenen Sätzen.

(2) Schlüssel für die Berechnung der Beiträge für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 1956.

Prozent
Belgien 4,88
Dänemark 2,48
Frankreich 23,84
Bundesrepublik Deutschland 17,70
Griechenland 0,97
Italien 10,20
Niederlande 3,68
Norwegen 1,79
Schweden 4,98
Schweiz 3,71
Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland 23,84
Jugoslawien 1,93
Zusammen 100,00