Die Rückstellung und Abgabe wird unmittelbar von Staat zu Staat in folgender Weise vor sich zu gehen haben:
1. Jeder der vertragschließenden Staaten wird binnen einer Frist von einem Monate, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Übereinkommens an gerechnet, einen oder mehrere Sachverständige bezeichnen und mit der Prüfung der in Artikel 1 genannten Akten, Archive, Register, Pläne, Verschreibungen und Urkunden jeglicher Art betrauen.
2. Sobald diese Prüfung beendet ist, wird jeder Sachverständige der Persönlichkeit, die für diese Aufgabe von dem Staat, in dem die betreffenden Akten sich befinden, betraut ist, ein Verzeichnis der Akten, Archive usw., die er für sein Land anfordert, zur Prüfung übergeben. Die Rückgabe wird, wenn es dazu kommen sollte, unmittelbar durch die Organe des verwahrenden Staates bewirkt.
3. Wenn im Verlaufe des Verfahrens der Sachverständige oder der verwahrende Staat feststellt, daß es sich um Akten, Archive usw. handelt, die für einen dritten vertragschließenden Staat von Belang sind und von diesem angefordert werden könnten, so werden die beteiligten Staaten davon verständigt und können binnen einer Frist von einem Monate vom Eintreffen der Verständigung an gerechnet, einen oder mehrere Sachverständige zur freundschaftlichen Regelung der Frage der endgültigen Zuteilung der Akten, Archive usw. um die es sich handelt, entsenden.
4. In allen Fällen, in denen sich eine Meinungsverschiedenheit über die Anwendung der Paragraphen 2 und 3 ergibt und ein Übereinkommen zwischen den beteiligten Staaten nicht vorliegt, wird die Frage, wenn lediglich zwei Staaten in Betracht kommen, zwei von den beteiligten Staaten bezeichneten Sachverständigen und einem von diesen Sachverständigen in gemeinsamem Einvernehmen gewählten vorsitzenden Schiedsrichter unterbreitet; in allen Fällen, in denen die Meinungsverschiedenheit die Belange mehrerer Staaten berührt, wird die Entscheidung von einem einzigen, in gemeinsamem Einvernehmen bestellten Schiedsrichter getroffen werden. Sollte eine Einigung über die Wahl des vorsitzenden Schiedsrichters oder des einzigen Schiedsrichters nicht erzielt werden können, so werden diese durch den Präsidenten der Schweizerischen Eidgenossenschaft, oder, falls dieser verhindert ist, durch den Präsidenten des Völkerbundrates aus der Mitte der Fachmänner von Ländern gewählt werden, die nicht zu den vertragschließenden Staaten gehören.
Wenn einer oder mehrere der beteiligten Staaten ihren Sachverständigen nicht binnen einer Frist von zwei Monaten nach der ihnen gegenüber erfolgten Verständigung bezeichnen, so wird der vorsitzende Schiedsrichter oder der einzige Schiedsrichter über Ansuchen der übrigen Parteien gemäß den vorstehenden Bestimmungen ernannt werden.
5. Die gemäß Paragraph 4 ernannten Sachverständigen und Schiedsrichter sind gegebenenfalls auch zuständig, in Sachen der in Artikel 93, Absatz 2, des Staatsvertrages von Saint-Germain und Artikel 77, Absatz 2, des Staatsvertrages von Trianon vorgesehenen Einsichtsgewährung zu entscheiden, und zwar beglaubigte Abschriften zu beheben usw.
6. Die Hohen vertragschließenden Teile verpflichten sich, den Sachverständigen und Schiedsrichtern in allen mit der gegenwärtigen Übereinkunft zusammenhängenden Angelegenheiten freien Zutritt zu allen Verwahrungsstätten der in Betracht kommenden Stücke, sei es bei den gewöhnlichen Hauptstellen, sei es bei den Zweigstellen oder sonstwo, lediglich unter den in Artikel 2 vorgesehenen Einschränkungen zu gewähren. Sie verpflichten sich, ihnen in gleicher Weise die Durchforschung der Inventare, Kataloge usw. sowie der Akten, die den betreffenden Verwaltungen und Anstalten gehören und administrativen Charakter haben, zu ermöglichen und ihnen die Lösung ihrer Aufgaben in jeder Weise zu erleichtern, ohne daß dadurch die Einhaltung der internen Bestimmungen jedes Staates über die Veröffentlichung der in Betracht kommenden Akten berührt werden sollen.
Dabei wird einvernehmlich festgestellt, daß dieser freie Zutritt nur für die unter der vormaligen Regierung Österreichs und Ungarns erwachsenen Akten in Betracht kommt und nur in den Amtsstunden und in Gegenwart eines Beamten der in Rede stehenden Verwaltungen zu erfolgen haben wird.
7. Die Hohen vertragschließenden Teile verpflichten sich, alle in dem gegenwärtigen Übereinkommen behandelten und derzeit in ihrem Besitze befindlichen Archive, Akten usw. bis zur vollständigen Durchführung der in Artikel 1 in Aussicht genommenen Rückstellung und Abgabe unversehrt zu erhalten, sich aller andern durch das gegenwärtige Übereinkommen vorgesehenen Maßregeln zu enthalten und vor allem ohne vorhergehende Verständigung und Ermächtigung der übrigen vertragschließenden Staaten nicht zur Skartierung der in Rede stehenden Akten zu schreiten; wenn auf die vorgenannte Verständigung binnen einer Frist von drei Monaten, vom Tage des Empfanges an gerechnet, keine Antwort erfolgt, so kann zur Skartierung geschritten werden.
8. Die etwaigen Kosten und die Entschädigung des Schiedsrichters werden durch die in den vorstehenden Absätzen vorgesehenen Sachverständigen in gemeinsamem Einvernehmen festgesetzt und aufgeteilt.
Falls eine Meinungsverschiedenheit entstehen sollte, ein Sonderübereinkommen zwischen den beteiligten Staaten nicht vorliegt oder in Aussicht genommen sein sollte, werden alle, die Kosten und die obgenannten Entschädigungen betreffenden Fragen nach dem im gegenwärtigen Artikel vorgesehenen Verfahren entschieden werden.
9. Die obgenannten Maßnahmen schließen in allen Fragen, die den Gegenstand des Paragraphen 5 des Artikels 1A und des Paragraphen 5 des Artikels 1B dieses Übereinkommens bilden, nicht aus, daß diese Rückstellungen nach den übrigen, in den Staatsverträgen von Saint-Germain und Trianon vorgesehenen Bestimmungen erfolgen.
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