BundesrechtInternationale VerträgeVerfassung der Internationalen ArbeitsorganisationArt. 19

Art. 19Artikel 19

In Kraft seit 08. Oktober 2015
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1. Erklärt sich die Konferenz für die Annahme von Anträgen, die einen Gegenstand der Tagesordnung betreffen, so hat sie zu bestimmen, ob diese Anträge die Form erhalten sollen a) eines internationalen Übereinkommens oder b) einer Empfehlung, wenn sich der behandelte Gegenstand nicht, oder unter einem bestimmten Gesichtspunkte nicht, für die sofortige Annahme eines Übereinkommens eignet.

2. In beiden Fällen, zur Annahme sowohl eines Übereinkommens als auch einer Empfehlung, bedarf es in der Endabstimmung der Konferenz einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen der anwesenden Delegierten.

3. Bei Aufstellung eines Übereinkommens oder einer Empfehlung von allgemeiner Geltung hat die Konferenz auf diejenigen Länder Rücksicht zu nehmen, in denen das Klima, die unvollkommene Entwicklung der wirtschaftlichen Organisation oder andere Sonderumstände die Verhältnisse der Wirtschaft wesentlich abweichend gestalten. Sie hat in solchen Fällen die Abänderungen vorzuschlagen, die sie angesichts der besonderen Verhältnisse dieser Länder für notwendig erachtet.

4. Zwei Ausfertigungen des Übereinkommens oder der Empfehlung werden vom Präsidenten der Konferenz und vom Generaldirektor hinterzeichnet. Eine Ausfertigung wird im Archiv des Internationalen Arbeitsamtes hinterlegt, die andere dem Generalsekretär der Vereinten Nationen eingehändigt. Der Generaldirektor übermittelt jedem Mitglied eine beglaubigte Abschrift des Übereinkommens oder der Empfehlung.

5. Für ein Übereinkommen gelten die folgenden Bestimmungen:

a) Das Übereinkommen wird allen Mitgliedern im Hinblick auf seine Ratifikation mitgeteilt.

b) Jedes Mitglied verpflichtet sich, spätestens ein Jahr nach Schluß der Tagung der Konferenz (oder, wenn dies infolge außergewöhnlicher Umstände innerhalb eines Jahres unmöglich sein sollte, sobald es angängig ist, aber unter keinen Umständen später als achtzehn Monate nach Schluß der Tagung der Konferenz) das Übereinkommen der zur Entscheidung berufenen Stelle oder den zur Entscheidung berufenen Stellen zum Zwecke der Verwirklichung durch die Gesetzgebung oder zwecks sonstiger Maßnahmein zu unterbreiten.

c) Die Mitglieder setzen den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes von den Maßnahmen in Kenntnis, die sie gemäß diesem Artikel getroffen haben, um das Übereinkommen der zur Entscheidung berufenen Stelle oder den zur Entscheidung berufenen Stellen zu unterbreiten; dabei erteilen sie ihm alle Auskünfte über die Steile oder die Stellen, die als zur Entscheidung berufen erachtet sind, und über deren Entscheidungen.

d) Das Mitglied, das die Zustimmung der zur Entscheidung berufenen Stelle oder der zur Entscheidung berufenen Stellen erlangt hat, setzt den Generaldirektor von seiner förmlichen Ratifikation des Übereinkommens in Kenntnis und trifft die zur Durchführung der Bestimmungen des Übereinkommens erforderlichen Maßnahmen.

e) Findet ein Übereinkommen nicht die Zustimmung der zur Entscheidung berufenen Stelle oder der zur Entscheidung berufenen Stellen, so hat das Mitglied keine weitere Verpflichtung; nur muß es in angemessenen Zeitabständen, wie der Verwaltungsrat entscheidet, dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes Bericht erstatten über den Stand seiner Gesetzgebung und seine Praxis in der Frage, die den Gegenstand des Übereinkommens bildet, wobei anzugeben ist, in welchem Umfange den einzelnen Bestimmungen des Übereinkommens durch die Gesetzgebung, durch Verwaltungsanordnungen, durch Tarifverträge oder auf andere Weise Rechnung getragen worden ist oder Rechnung getragen werden soll, und die Schwierigkeiten darzulegen sind, welche die Ratifikation des Übereinkommens verhindern oder verzögern.

6. Für eine Empfehlung gelten die folgenden Bestimmungen:

a) Die Empfehlung wird allen Mitgliedern zur Prüfung im Hinblick auf ihre Verwirklichung durch die Landesgesetzgebung oder auf andere Weise mitgeteilt.

b) Jedes Mitglied verpflichtet sich, spätestens ein Jahr nach Schluß der Tagung der Konferenz (oder, wenn dies infolge außergerwöhnlicher Umstände innerhalb eines Jahres unmöglich sein sollte, sobald es angängig ist, aber unter keinen Umständen später als achtzehn Monate nach Schluß der Tagung der Konferenz) die Empfehlung der zur Entscheidung berufenden Stelle oder den zur Entscheidung berufenen Stellen zum Zwecke der Verwirklichung durch die Gesetzgebung oder zwecks sonstiger Maßnahmen zu unterbreiten.

c) Die Mitglieder setzen den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes von den Maßnahmen in Kenntnis, die sie gemäß diesem Artikel getroffen haben, um die Empfehlung der zur Entscheidung berufenen Stelle oder den zur Entscheidung berufenen Stellen zu unterbreiten; dabei erteilen sie ihm alle Auskünfte über die Stelle oder die Stellen, die als zur Entscheidung berufen erachtet sind, und über deren Entscheidungen.

d) Außer der Verpflichtung, die Empfehlung der zur Entscheidung berufenen Stelle oder den zur Entscheidung berufenen Stellen zu unterbreiten, haben die Mitglieder keine weitere Verpflichtung; nur müssen sie in angemessenen Zeitabständen, wie der Verwaltungsrat entscheidet, dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes Bericht erstatten über den Stand ihrer Gesetzgebung und ihre Praxis in der Frage, die den Gegenstand der Empfehlung bildet, wobei anzugeben ist, in welchem Umfange den einzelnen Bestimmungen der Empfehlung Rechnung getragen worden ist oder Rechnung getragen werden soll, und die Abänderungen dieser Bestimmungen zu bezeichnen sind, die sich als notwendig erwiesen haben oder als notwendig erweisen können, um die Annahme oder Anwendung der Empfehlung zu ermöglichen.

7. Handelt es sich um einen Bundesstaat, so gelten die folgenden Bestimmungen:

a) Im Falle von Übereinkommen und Empfehlungen, für welche die Bundesregierung nach ihrem Verfassungssystem eine Bundesmaßnahme für angebracht erachtet, sind die Verpflichtungen des Bundesstaates dieselben wie die Verpflichtungen der Mitglieder, die nicht Bundesstaaten sind.

b) Im Falle von Übereinkommen und Empfehlungen, für welche die Bundesregierung nach dem geltenden Verfassungssystem eine Maßnahme der Gliedstaaten, der Provinzen oder der Kantone für eher angebracht erachtet, hat diese Regierung:

I. im Einklang mit ihrer Verfassung und den Verfassungen der von der Frage berührten Gliedstaaten, Provinzen oder Kantone wirksame Vereinbarungen zu treffen, damit diese Übereinkommen oder Empfehlungen spätestens achtzehn Monate nach Schluß der Tagung der Konferenz den berufenen Stellen des Bundes, der Gliedstaaten, der Provinzen oder der Kantone unterbreitet werden im Hinblick auf den Erfaß von Maßnahmen gesetzgeberischer oder anderer Art;

II. vorbehaltlich der Zustimmung der Regierungen der Gliedstaaten, der Provinzen oder der Kantone, Maßnahmen zur Veranstaltung eines regelmäßigen Meinungsaustausches zwischen den Bundesbehörden einerseits und den Behörden der Gliedstaaten, der Provinzen oder der Kantone andererseits zu treffen, um ein gemeinsames Vorgehen innerhalb des Bundesstaates herbeizuführen zur Verwirklichung der Bestimmungen dieser Übereinkommen und Empfehlungen;

III. den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes von den Maßnahmen in Kenntnis zu setzen, die sie nach diesem Artikel getroffen hat, um diese Übereinkommen und Empfehlungen den berufenen Stellen des Bundes, der Gliedstaaten, der Provinzen oder der Kantone zu unterbreiten, wobei sie ihm alle Auskünfte erteilt über die als zuständig erachteten Stellen und über deren Entscheidungen;

IV. im Fall eines jeden dieser Übereinkommen, das sie nicht ratifiziert hat, in angemessenen Zeitabständen, wie der Verwaltungsrat entscheidet, dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes Bericht zu erstatten über den Stand der Gesetzgebung und die Praxis des Bundes und seiner Gliedstaaten, der Provinzen oder Kantone in der Frage, die den Gegenstand des Übereinkommens bildet, wobei anzugeben ist, in welchem Umfange den einzelnen Bestimmungen des Übereinkommens durch die Gesetzgebung, durch Verwaltungsanordnungen, durch Tarifverträge oder auf andere Weise Rechnung getragen worden ist oder Rechnung getragen werden soll;

V. im Falle einer jeden dieser Empfehlungen in angemessenen Zeitabständen, wie der Verwaltungsrat entscheidet, dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes Bericht zu erstatten über den Stand der Gesetzgebung und die Praxis des Bundes und seiner Gliedstaaten, der Provinzen oder Kantone in der Frage, die den Gegenstand der Empfehlung bildet, wobei anzugeben ist, in welchem Umfange den einzelnen Bestimmungen der Empfehlung Rechnung getragen worden ist oder Rechnung getragen werden soll, und die Abänderungen dieser Bestimmungen zu bezeichnen sind, die sich als notwendig erwiesen haben oder als notwendig erweisen können, um die Annahme oder Anwendung der Empfehlung zu ermöglichen.

8. In keinem Fall ist die Annahme eines Übereinkommens oder einer Empfehlung durch die Konferenz oder die Ratifikation eines Übereinkommens durch ein Mitglied so auszulegen, als würde dadurch ein Gesetz, ein Rechtsspruch, ein Brauch oder ein Abkommen berührt, die den beteiligten Arbeitnehmern günstigere als die in dem Übereinkommen oder in der Empfehlung vorgesehenen Bedingungen sichern.

9. Auf Vorschlag des Verwaltungsrats kann die Konferenz mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen der anwesenden Delegierten jedes gemäß den Bestimmungen dieses Artikels angenommene Übereinkommen aufheben, wenn sich herausstellt, daß es gegenstandslos geworden ist oder keinen nützlichen Beitrag zum Erreichen der Ziele der Organisation mehr leistet.

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