BundesrechtInternationale VerträgeGATT - Entwicklungsländer - differenzierte Regelungen

GATT - Entwicklungsländer - differenzierte Regelungen

In Kraft seit 28. November 1979
Up-to-date

Art. 1

1. Ungeachtet des Artikels I des Allgemeinen Abkommens *) können die Vertragsparteien den Entwicklungsländern 1 ) eine differenzierte und günstigere Behandlung gewähren, ohne diese Behandlung den anderen Vertragsparteien zu gewähren.

2. Absatz 1 findet Anwendung auf 2 ):

a) präferenzielle Zollbehandlung seitens der entwickelten Vertragsparteien für Waren mit Ursprung in Entwicklungsländern gemäß dem Allgemeinen Präferenzsystem 3 );

b) differenzierte und günstigere Behandlung in bezug auf die Bestimmungen des Allgemeinen Abkommens betreffend nichttarifliche Maßnahmen, die Gegenstand von Bestimmungen von im Rahmen des GATT auf multilateraler Ebene ausgehandelten Instrumenten sind;

c) regionale oder weltweite Vereinbarungen, die weniger entwickelte Vertragsparteien zum gegenseitigen Abbau oder zur gegenseitigen Beseitigung von Zöllen und — in Übereinstimmung mit den Kriterien oder Bedingungen, die von den VERTRAGSPARTEIEN festgelegt werden können — zum gegenseitigen Abbau oder zur gegenseitigen Beseitigung nichttariflicher Maßnahmen auf Erzeugnisse, die diese weniger entwickelten Länder voneinander einführen, schließen;

d) besondere Behandlung zugunsten der am wenigsten entwickelten Länder unter den Entwicklungsländern im Rahmen allgemeiner oder spezifischer Maßnahmen zugunsten der Entwicklungsländer.

3. Jede im Rahmen dieser Klausel vorgesehene differenzierte und günstigere Behandlung

a) muß so gestaltet werden, daß sie den Handel der Entwicklungsländer erleichtert und fördert und für den Handel aller anderen Vertragsparteien keine Hemmnisse errichtet oder ungebührliche Schwierigkeiten schafft;

b) darf nicht ein Hindernis für die Verringerung oder Beseitigung von Zöllen und sonstigen Handelsbeschränkungen auf Meistbegünstigungsbasis darstellen;

c) muß, wenn sie von entwickelten Vertragsparteien an Entwicklungsländer gewährt wird, so gestaltet und erforderlichenfalls geändert werden, daß sie den Entwicklungs-, Finanz- und Handelsbedürfnissen der Entwicklungsländer positiv Rechnung trägt.

4. 4 ) Jede Vertragspartei, die Vorkehrungen trifft, um eine Regelung gemäß den Absätzen 1, 2 und 3 einzuführen, oder zu einem späteren Zeitpunkt Vorkehrungen trifft, um die differenzierte und günstigere Behandlung zu ändern oder zurückzunehmen, hat

a) dies den VERTRAGSPARTEIEN zu notifizieren und ihnen alle von ihnen in diesem Zusammenhang für angemessen erachteten Angaben mitzuteilen;

b) auf Ersuchen jeder interessierten Vertragspartei angemessene Gelegenheit für Konsultationen innerhalb kürzester Frist über jede sich ergebende Schwierigkeit oder Frage zu bieten. Die VERTRAGSPARTEIEN führen auf Antrag der jeweiligen Vertragspartei mit allen betroffenen Vertragsparteien im Hinblick auf für alle diese Vertragsparteien befriedigende Lösungen Konsultationen über die Angelegenheit.

5. Die entwickelten Länder erwarten keine Gewährung der Gegenseitigkeit für die Von ihnen in Handelsverhandlungen übernommenen Verpflichtungen zum Abbau oder zur Beseitigung von Zöllen und anderen sonstigen Hemmnissen für den Handel der Entwicklungsländer, das heißt, die entwickelten Länder erwarten von den Entwicklungsländern nicht, daß sie bei Handelsverhandlungen Leistungen erbringen, die mit ihren eigenen Entwicklungs-, Finanz- und Handelsbedürfnissen unvereinbar sind. Die entwickelten Vertragsparteien versuchen folglich von den weniger entwickelten Vertragsparteien keine Zugeständnisse zu erwirken, die mit deren Entwicklungs-, Finanz- und Handelsbedürfnissen unvereinbar sind; ebenso wenig sind die weniger entwickelten Vertragsparteien verpflichtet, solche Zugeständnisse zu machen.

6. Mit Rücksicht auf die besonderen wirtschaftlichen Schwierigkeiten und die besonderen Entwicklungs-, Finanz- und Handelsbedürfnisse der am wenigsten entwickelten Länder üben die entwickelten Länder äußerste Zurückhaltung bei dem Streben nach Zugeständnissen oder Leistungen für Verpflichtungen, die sie zum Abbau oder zur Beseitigung von Zöllen und sonstigen Hemmnissen für den Handel dieser Länder eingehen; ebensowenig werden von den am wenigsten entwickelten Ländern Zugeständnisse oder Leistungen erwartet, die mit ihren anerkannten besonderen Verhältnissen und Problemen unvereinbar sind.

7. Die von den entwickelten und den weniger entwickelten Vertragsparteien im Rahmen der Bestimmungen des Allgemeinen Abkommens gewährten Zugeständnisse, erbrachten Leistungen und übernommenen Verpflichtungen sollten die Grundziele des Allgemeinen Abkommens einschließlich der in der Präambel und im Artikel XXXVI aufgestellten Ziele erreichen helfen. Die weniger entwickelten Vertragsparteien erwarten, daß ihre Fähigkeit, Leistungen zu erbringen oder ausgehandelte Zugeständnisse zu gewähren oder andere gegenseitig vereinbarte Maßnahmen im Rahmen der Bestimmungen und Verfahren des Allgemeinen Abkommens zu treffen, mit der fortschreitenden Entwicklung ihrer Wirtschaft und Verbesserung ihrer Handelssituation zunimmt, und erwarten folglich, verstärkt an den Rechten und Pflichten aus dem Allgemeinen Abkommen teilzunehmen.

8. Besonders zu berücksichtigen ist, daß die am wenigsten entwickelten Länder auf Grund ihrer besonderen wirtschaftlichen Lage und ihrer Entwicklungs-, Finanz- und Handelsbedürfnisse ernste Schwierigkeiten haben, Zugeständnisse zu gewähren und Leistungen zu erbringen.

9. Die Vertragsparteien arbeiten an Vereinbarungen zur Überprüfung des Funktionierens dieser Bestimmungen mit, wobei sie die Notwendigkeit individueller und gemeinsamer Bemühungen der Vertragsparteien, den Entwicklungsbedürfnissen der Entwicklungsländer und den Zielen des Allgemeinen Abkommens zu entsprechen, im Auge behalten.

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1 ) Der in diesem Text verwendete Begriff „Entwicklungsländer“ bezieht sich auch auf die Entwicklungsgebiete.

*) Kurzbezeichnung für Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen (GATT).

2 ) Den VERTRAGSPARTEIEN steht es frei, auf einer Ad-hoc-Basis im Rahmen der GATT-Bestimmungen über gemeinsames Vorgehen Vorschläge für eine differenzierte und günstigere Behandlung zu prüfen, die nicht unter den Anwendungsbereich dieses Absatzes fallen.

3 ) Entsprechend der Definition im Beschluß der VERTRAGSPARTEIEN vom 25. Juni 1971 betreffend die Einführung von „allgemeinen, nicht reziproken und nichtdiskriminierenden Präferenzen zum Nutzen der Entwicklungsländer“ (BGBl. Nr. 6/1972).

4 ) Diese Bestimmungen berühren t die Rechte der Vertragsparteien aus dem Allgemeinen Abkommen.

(Übersetzung)

ERKLÄRUNG BETREFFEND HANDELSMASSNAHMEN ZUM SCHUTZ DER ZAHLUNGSBILANZ

Beschluß vom 28. November 1979

Anl. 1

Die VERTRAGSPARTEIEN —

Unter Berücksichtigung der Artikel XII und XVIII Abschnitt B des Allgemeinen Abkommens 1 ),

Unter Hinweis auf die vom Rat am 28. April 1970 genehmigten Verfahren für Konsultationen über Beschränkungen zum Schutz der Zahlungsbilanz (BISD, 18. Ergänzungsband, Seiten 48 bis 53 der englischen Fassung) und die vom Rat am 19. Dezember 1972 genehmigten Verfahren für regelmäßige Konsultationen mit den Entwicklungsländern über Beschränkungen zum Schutz der Zahlungsbilanz (BISD, 20. Ergänzungsband, Seiten 47 bis 49 der englischen Fassung),

In der Überzeugung , dass Handelsbeschränkungen im allgemeinen ein unwirksames Mittel zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Zahlungsbilanzgleichgewichts sind,

Feststellend , daß andere Einfuhrbeschränkungen als mengenmäßige Beschränkungen zum Schutz der Zahlungsbilanz in Anspruch genommen worden sind,

Bestätigend , daß Einfuhrbeschränkungen zum Schutz der Zahlungsbilanz nicht zum Schutz einer bestimmten Industrie oder eines bestimmten Sektors getroffen werden sollten,

In der Überzeugung , daß die Vertragsparteien nach Kräften vermeiden sollten, daß Einfuhrbeschränkungen zum Schutz der Zahlungsbilanz einen Anreiz für neue Investitionen, die ohne diese Maßnahmen wirtschaftlich nicht existenzfähig wären, bilden,

In der Erkenntnis , daß die weniger entwickelten Vertragsparteien bei der Anwendung von Einfuhrbeschränkungen zum Schutz der Zahlungsbilanz ihre Entwicklungs-, Finanz- und Handelssituation in Betracht ziehen müssen,

In der Erkenntnis , daß Handelsmaßnahmen der entwickelten Länder weitreichende Folgen für die Wirtschaft der Entwicklungsländer haben können,

In der Erkenntnis , daß die entwickelten Vertragsparteien in größtmöglichem Ausmaß die Anwendung von Handelsbeschränkungen zum Schutz der Zahlungsbilanz vermeiden sollten —

kommen wie folgt überein:

1. Die in den Artikeln XII und XVIII festgelegten Prüfungsverfahren werden auf alle Einfuhrbeschränkungen zum Schutz der Zahlungsbilanz angewendet. Für die Anwendung von Einfuhrbeschränkungen zum Schutz der Zahlungsbilanz gilt zusätzlich zu den in den Artikeln XII, XIII, XV und XVIII enthaltenen Bedingungen und unbeschadet anderer Bestimmungen des Allgemeinen Abkommens folgendes:

a) Bei der Anwendung von Einfuhrbeschränkungen beachten die Vertragsparteien die im GATT vorgesehenen Verhaltensregeln und geben den Maßnahmen den Vorzug, die den Handel am wenigsten beeinträchtigen 2 );

b) die gleichzeitige Anwendung von mehr als einer Art von Handelsmaßnahmen für diesen Zweck sollte vermieden werden;

c) wann immer durchführbar geben die Vertragsparteien einen Zeitplan für die Beseitigung der Maßnahmen bekannt.

Die Bestimmungen dieses Absatzes bezwecken nicht, die wesentlichen Bestimmungen des Allgemeinen Abkommens zu ändern.

2. Sieht sich eine entwickelte Vertragspartei ungeachtet der Grundsätze dieser Erklärung gezwungen, Einfuhrbeschränkungen aus Zahlungsbilanzgründen anzuwenden, so berücksichtigt sie bei der Bestimmung der Auswirkungen ihrer Maßnahmen die Ausfuhrinteressen der weniger entwickelten Vertragsparteien und kann Erzeugnisse, an deren Ausfuhr diese Vertragsparteien interessiert sind, von ihren Maßnahmen ausnehmen.

3. Die Vertragsparteien notifizieren dem GATT innerhalb kürzester Frist die Einführung oder Verschärfung von Einfuhrbeschränkungen zum Schutz der Zahlungsbilanz. Hat eine Vertragspartei Grund zur Annahme, daß eine von einer anderen Vertragspartei angewendete Einfuhrbeschränkung zum Schutz der Zahlungsbilanz eingeführt wurde, so kann sie diese Maßnahme dem GATT notifizieren oder das GATT-Sekretariat auffordern, Informationen über die Maßnahme einzuholen und diese, soweit angezeigt, allen Vertragsparteien zugänglich zu machen.

4. Über alle Einfuhrbeschränkungen zum Schutz der Zahlungsbilanz finden im GATT-Komitee „Beschränkungen zum Schutz der Zahlungsbilanz“ — im folgenden „das Komitee“ genannt — Konsultationen statt.

5. Alle Vertragsparteien, die dies wünschen, können dem Komitee angehören. Es sollte sichergestellt werden, daß die Zusammensetzung des Komitees nach Möglichkeit die Merkmale der Gesamtheit der Vertragsparteien hinsichtlich ihrer geographischen Lage, ihrer finanziellen Außenposition und ihres Wirtschaftsentwicklungsstandes widerspiegelt.

6. Das Komitee befolgt vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen die vom Rat am 28. April 1970 genehmigten und in BISD, 18. Ergänzungsband, Seiten 48 bis 53 der englischen Fassung niedergelegten Verfahrensregeln für Konsultationen über Beschränkungen zum Schutz der Zahlungsbilanz (im folgenden „ausführliche Konsultationsverfahren“ genannt) oder die vom Rat am 19. Dezember 1972 genehmigten und in BISD, 20. Ergänzungsband, Seiten 47 bis 49 der englischen Fassung niedergelegten Verfahrensregeln für regelmäßige Konsultationen mit Entwicklungsländern über Beschränkungen zum Schutz der Zahlungsbilanz (im folgenden „vereinfachte Konsultationsverfahren“ genannt).

7. Das GATT-Sekretariat erarbeitet unter Heranziehung aller geeigneten Informationsquellen einschließlich derjenigen der zur Konsultation gerufenen Vertragspartei zwecks Erleichterung der Konsultationen im Komitee eine Sachverhaltsdarstellung, die die Handelsaspekte der getroffenen Maßnahmen einschließlich der für die weniger entwickelten Vertragsparteien besonders bedeutsamen Aspekte beschreibt. In dem Dokument können auch alle anderen vom Komitee zu bestimmenden Fragen behandelt werden. Das GATT-Sekretariat gibt der zur Konsultation gerufenen Vertragspartei Gelegenheit, sich zu dem Dokument zu äußern, bevor es dieses dem Komitee unterbreitet.

8. Bei Konsultationen im Rahmen von Artikel XVIII Abs. 12 lit. b) stützt das Komitee seine Entscheidung über die Art des einzuschlagenden Verfahrens unter anderem auf folgendes:

a) die Zeitspanne, die seit den letzten ausführlichen Konsultationen verstrichen ist;

b) die Schritte, die seitens der zur Konsultation gerufenen Vertragspartei auf Grund der Schlussfolgerungen vorhergegangener Konsultationen unternommen worden sind;

c) die Veränderungen im Gesamtumfang oder in der Art der zum Schutz der Zahlungsbilanz getroffenen Handelsmaßnahmen;

d) die Veränderungen in der Zahlungsbilanzsituation oder in den Zahlungsbilanzaussichten;

e) die Frage, ob die Zahlungsbilanzprobleme struktureller oder vorübergehender Art sind.

9. Eine weniger entwickelte Vertragspartei kann jederzeit ausführliche Konsultationen beantragen.

10. Eine zur Konsultation gerufene weniger entwickelte Vertragspartei wird auf Antrag von den Dienststellen des GATT-Sekretariats für technische Hilfe bei der Vorbereitung der Unterlagen für die Konsultationen unterstützt.

11. Das Komitee berichtet dem Rat über seine Konsultationen. Die Berichte über ausführliche Konsultationen enthalten folgendes:

a) die Schlußfolgerungen des Komitees sowie die Sachverhalte und Gründe, auf die sie sich stützen;

b) die Schritte, die seitens der zur Konsultation gerufenen Vertragspartei auf Grund der Schlussfolgerungen vorhergegangener Konsultationen unternommen worden sind;

c) im Falle weniger entwickelter Vertragsparteien die Sachverhalte und Gründe, auf die das Komitee seine Entscheidung über das einzuschlagende Verfahren gestützt hat, und

d) im Falle von entwickelten Vertragsparteien die Frage, ob wirtschaftspolitische Alternativmaßnahmen möglich sind.

Stellt das Komitee fest, daß die Maßnahmen der zur Konsultation gerufenen Vertragspartei

a) in wesentlichen Punkten mit von einer anderen Vertragspartei angewandten Handelsbeschränkungen zusammenhängen 3 ) oder

b) erheblich nachteilige Folgen für die Ausfuhrinteressen einer weniger entwickelten Vertragspartei haben,

so berichtet es dem Rat, der die von ihm für notwendig erachteten zusätzlichen Maßnahmen ergreift.

12. Bei ausführlichen Konsultationen mit einer weniger entwickelten Vertragspartei schenkt das Komitee auf Wunsch der zur Konsultation gerufenen Vertragspartei den Möglichkeiten einer Entschärfung und Behebung des Zahlungsbilanzproblems durch Maßnahmen, die Vertragsparteien zur Erleichterung einer Steigerung der Ausfuhrerlöse der zur Konsultation gerufenen Vertragspartei gemäß Ziffer 3 der ausführlichen Konsultationsverfahren ergreifen könnten, besondere Aufmerksamkeit.

13. Stellt das Komitee fest, daß eine Einfuhrbeschränkung, die von einer zur Konsultation gerufenen Vertragspartei zum Schutz der Zahlungsbilanz getroffen worden ist, mit Artikel XII, Artikel XVIII Abschnitt B oder dieser Erklärung unvereinbar ist, so trifft es in seinem Bericht an den Rat Feststellungen, die diesem helfen, geeignete Empfehlungen im Hinblick auf die Anwendung der Artikel XII und XVIII Abschnitt B und dieser Erklärung auszusprechen. Der Rat überwacht alle Angelegenheiten, zu denen er Empfehlungen ausgesprochen hat.

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1 ) Kurzbezeichnung für Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen (GATT).

2 ) Es besteht Einverständnis darüber, daß die weniger entwickelten Vertragsparteien bei der Wahl der anzuwendenden jeweiligen Maßnahme ihre Entwicklungs-, Finanz- und Handelssituation in Betracht zu ziehen haben.

3 ) Es wird angemerkt, daß eine solche Feststellung im Falle in jüngster Zeit ergriffener Maßnahmen eher getroffen werden dürfte als im Falle von Maßnahmen, die seit längerer Zeit in Kraft sind.

Anl. 2

(Übersetzung)

SCHUTZMASSNAHMEN ZU ENTWICKLUNGSZWECKEN

Beschluß vom 28. November 1979

Anl. 2

1. Die VERTRAGSPARTEIEN erkennen an, daß die Durchführung von Wirtschaftsentwicklungsprogrammen und politiken seitens der weniger entwickelten Vertragsparteien mit dem Ziel einer Hebung des allgemeinen Lebensstandards der Bevölkerung neben der Errichtung bestimmter Wirtschaftszweige 1 ) die Entwicklung neuer oder die Änderung oder Ausweitung bestehender Produktionsstrukturen im Hinblick auf eine vollständigere und wirksamere Nutzung der Ressourcen in Übereinstimmung mit den Prioritäten ihrer Wirtschaftsentwicklung notwendig machen kann. Sie kommen infolgedessen überein, daß eine weniger entwickelte Vertragspartei zur Erreichung dieser Ziele Zugeständnisse, die in den entsprechenden Listen zum Allgemeinen Abkommen 2 ) enthalten sind, gemäß Artikel XVIII Abschnitt A ändern oder zurücknehmen oder, falls diese Ziele nicht durch Maßnahmen erreicht werden können, die mit den anderen Bestimmungen des Allgemeinen Abkommens vereinbar sind, Artikel XVIII Abschnitt C mit den nachstehend vorgesehenen zusätzlichen Erleichterungen in Anspruch nehmen kann. Dabei hat die betreffende weniger entwickelte Vertragspartei die Ziele des Allgemeinen Abkommens und die Notwendigkeit, unnötigen Schaden für den Handel anderer Vertragsparteien zu vermeiden, gebührend zu berücksichtigen.

2. Die VERTRAGSPARTEIEN erkennen ferner an, dass außergewöhnliche Umstände eintreten können, in denen ein Verzug in der Durchführung von Maßnahmen, die eine weniger entwickelte Vertragspartei im Rahmen von Artikel XVIII Abschnitt A oder C einzuführen wünscht, zu Schwierigkeiten bei der Durchführung ihrer Wirtschaftsentwicklungsprogramme und politiken für die oben genannten Zwecke führen kann. Sie kommen infolgedessen überein, daß die betreffende weniger entwickelte Vertragspartei unter solchen Umständen von den Bestimmungen des Abschnittes A und den Abs. 14, 15, 17 und 18 des Abschnittes C in dem Maße abweichen kann, wie dies notwendig ist, um die in Aussicht genommenen Maßnahmen sofort nach ihrer Notifizierung vorläufig einzuführen.

3. Dabei gilt, daß alle übrigen Vorschriften des einleitenden Teils von Artikel XVIII und der Abschnitte A und C des gleichen Artikels wie auch die in der Anlage I enthaltenen Anmerkungen und ergänzenden Bestimmungen zu diesen Abschnitten auf die Maßnahmen, auf die sich dieser Beschluß bezieht, weiterhin Anwendung finden.

4. Die VERTRAGSPARTEIEN überprüfen diesen Beschluß anhand der bei seiner Durchführung gewonnenen Erfahrungen, um zu bestimmen, ob er zu verlängern, zu ändern oder aufzuheben ist.

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1 ) Entsprechend den Abs. 2, 3, 7, 13 und 22 von Artikel XVIII und der Anmerkung zu diesen Absätzen.

2 ) Kurzbezeichnung für Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen (GATT).

(Übersetzung)

VEREINBARUNG ÜBER NOTIFIKATIONEN, KONSULTATIONEN, STREITBEILEGUNG UND ÜBERWACHUNG

Beschluß vom 28. November 1979

Anl. 3

1. Die VERTRAGSPARTEIEN bekräftigen ihr Festhalten an der grundlegenden GATT-Regelung für die Behandlung von Streitfällen auf der Basis der Artikel XXII und XXIII 1 ). Zur Verbesserung und Verfeinerung der GATT-Regelung kommen die VERTRAGSPARTEIEN wie folgt überein:

Notifikation

Anl. 3

2. Die Vertragsparteien bekräftigen, daß sie zu den Verpflichtungen aus dem Allgemeinen Abkommen 2 ) betreffend Bekanntmachungen und Notifikationen stehen 3 ).

3. Die Vertragsparteien werden des weiteren in größtmöglichem Ausmaß den VERTRAGSPARTEIEN die Einführung von Handelsmaßnahmen, die sich auf die Durchführung des Allgemeinen Abkommens auswirken, notifizieren, wobei die Notifikation als solche die Standpunkte bezüglich der Vereinbarkeit oder des Zusammenhangs dieser Maßnahmen mit den Rechten und Pflichten aus dem Allgemeinen Abkommen in keiner Weise präjudiziert. Die Vertragsparteien sollten solche Maßnahmen nach Möglichkeit vor ihrer Anwendung notifizieren. Ist eine vorherige Notifikation nicht möglich, so sollten die Maßnahmen innerhalb kürzester Frist nachträglich notifiziert werden. Vertragsparteien, die Grund zu der Annahme haben, daß eine andere Vertragspartei derartige Handelsmaßnahmen getroffen hat, können bei der betreffenden Vertragspartei auf bilateraler Ebene Auskünfte über diese Maßnahmen einholen.

Konsultationen

Anl. 3

4. Die Vertragsparteien bekräftigen ihre Entschlossenheit, die Wirksamkeit der von den Vertragsparteien eingeschlagenen Konsultationsverfahren zu stärken und zu verbessern. In diesem Zusammenhang werden sie Konsultationsersuchen innerhalb kürzester Frist stattgeben und sich bemühen, diese Konsultationen rasch zu einem Abschluß zu bringen, um zu gegenseitig zufrieden stellenden Schlußfolgerungen zu gelangen. Jedes Konsultationsersuchen sollte begründet werden.

5. Bei den Konsultationen sollten die Vertragsparteien den besonderen Problemen und Interessen der weniger entwikkelten Vertragsparteien besondere Aufmerksamkeit schenken.

6. Die Vertragsparteien sollten sich bemühen, zu einer befriedigenden Regelung der Angelegenheit gemäß Artikel XXIII Abs. 1 zu gelangen, bevor sie die Bestimmungen von Abs. % des gleichen Artikels in Anspruch nehmen.

Streitbeilegung

Anl. 3

7. Die VERTRAGSPARTEIEN kommen überein, dass die im Anhang definierte übliche GATT-Praxis der Streitbeilegung in Zukunft mit den nachstehend dargelegten Verbesserungen beibehalten werden sollte. Sie erkennen an, daß ein wirksames Funktionieren des Systems von ihrem Willen abhängt, sich an diese Vereinbarung zu halten. Die VERTRAGSPARTEIEN bekräftigen, daß die übliche Praxis auch die von den VERTRAGSPARTEIEN 1966 beschlossenen Verfahren für die Beilegung von Streitfällen zwischen entwickelten und weniger entwickelten Ländern [BISD, 14. Ergänzungsband, Seite 18 der englischen Fassung *4) umfaßt und dass diese Verfahren den weniger entwickelten Vertragsparteien, die sie anzuwenden wünschen, weiterhin offenstehen.

8. Wird ein Streitfall nicht im Wege von Konsultationen beigelegt, so können die betreffenden Vertragsparteien eine geeignete Einrichtung oder Person um ihre guten Dienste bei der Schlichtung der Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien ersuchen. Handelt es sich bei dem nicht beigelegten Streitfall um eine Angelegenheit, deretwegen eine weniger entwickelte Vertragspartei Beschwerde gegen eine entwickelte Vertragspartei geführt hat, so kann die weniger entwickelte Vertragspartei die guten Dienste des Generaldirektors in Anspruch nehmen, der bei Wahrnehmung seiner Aufgaben den Vorsitzenden der VERTRAGSPARTEIEN und den Vorsitzenden des Rates konsultieren kann.

9. Die Schlichtungsersuchen und die Inanspruchnahme der im Artikel XXIII Abs. 2 vorgesehenen Verfahren zur Streitbeilegung dürfen nicht als streitiger Akt beabsichtigt oder gewertet werden; entstehen Streitfälle, so leiten alle Vertragsparteien diese Verfahren in gutem Glauben und in dem Bemühen um ihre Beilegung ein. Außerdem besteht Einvernehmen darüber, daß Beschwerden und Gegenbeschwerden betreffend gesonderte Angelegenheiten nicht verbunden werden sollten.

10. Es besteht Einigung darüber, daß die VERTRAGSPARTEIEN für den Fall, dass eine Vertragspartei, die Artikel XXIII Abs. 2 in Anspruch nimmt, die Einsetzung einer Sondergruppe (panel), die die VERTRAGSPARTEIEN bei der Prüfung der Angelegenheit zu unterstützen hat, beantragt, über deren Einsetzung nach der üblichen Praxis beschließen. Ebenso besteht Einigung darüber, daß die VERTRAGSPARTEIEN in gleicher Weise über die Einsetzung einer Arbeitsgruppe beschließen, wenn eine Vertragspartei, die die Bestimmungen dieses Artikels in Anspruch nimmt, dies beantragt. Ferner besteht Einigung darüber, daß diesen Anträgen erst stattgegeben wird, nachdem die betroffene Vertragspartei Gelegenheit erhalten hat, die Beschwerde zu prüfen und hierzu vor den VERTRAGSPARTEIEN Stellung zu nehmen.

11. Wird eine Sondergruppe eingesetzt, so sollte der Generaldirektor nach Einholung der Zustimmung der beteiligten Vertragsparteien die Zusammensetzung der je nach Fall drei- oder fünfköpfigen Gruppe den VERTRAGSPARTEIEN zur Genehmigung vorlegen. Die Mitglieder einer Sondergruppe sollten vorzugsweise Staatsbeamte sein. Dabei gilt, dass Angehörige von Ländern, deren Regierungen *5) Streitparteien sind, nicht Mitglieder der Sondergruppe sein dürfen, die sich mit dem betreffenden Streitfall zu befassen hat. Die Sondergruppe wird innerhalb kürzester Frist und normalerweise binnen dreißig Tagen nach der Entscheidung der VERTRAGSPARTEIEN gebildet.

12. Die Streitparteien nehmen zu den vom Generaldirektor vorgenommenen Nominierungen der Mitglieder der Sondergruppe innerhalb kurzer Zeit, das ist binnen sieben Arbeitstagen, Stellung und lehnen diese Nominierungen außer bei zwingenden Gründen nicht ab.

13. Um die Bildung von Sondergruppen zu erleichtern, sollte der Generaldirektor eine informelle Auswahlliste von Staatsbeamten und sonstigen Personen führen, die besondere Qualifikationen auf dem Gebiet der Handelsbeziehungen, der Wirtschaftsentwicklung und der sonstigen unter das Allgemeine Abkommen fallenden Fragen besitzen und für eine Mitwirkung in Sondergruppen bereitstehen könnten. Zu diesem Zweck würde jede Vertragspartei aufgefordert, dem Generaldirektor zu Beginn eines jeden Jahres eine oder zwei Personen zu bezeichnen, die für diese Aufgaben verfügbar wären 6 ).

14. Die Mitglieder der Sondergruppen werden in ihrer persönlichen Eigenschaft und nicht als Regierungsvertreter oder Vertreter einer Organisation handeln. Die Regierungen würden ihnen daher keine Weisungen erteilen und nicht versuchen, sie als Einzelpersonen im Hinblick auf die in einer Sondergruppe zu behandelnden Fragen zu beeinflussen. Bei der Auswahl der Mitglieder einer Sondergruppe sollte darauf geachtet werden, daß die Unabhängigkeit der Mitglieder, die Mitwirkung von Personen, eine ausreichend vielfältige Fachorientierung und Ausbildung sowie ein breites Erfahrungsspektrum gewährleistet sind 7 ).

15. Jede Vertragspartei, die ein wesentliches Interesse an der einer Sondergruppe vorgelegten Frage hat und dies dem Rat notifiziert hat, sollte Gelegenheit erhalten, ihren Standpunkt in der Sondergruppe vorzutragen. Jede Sondergruppe sollte das Recht haben, von jeder von ihr als geeignet erachteten Person oder Einrichtung Auskünfte oder Gutachten anzufordern. Bevor die Sondergruppe von einer unter die Rechtsprechung eines Staates fallenden Privatperson oder Einrichtung derartige Auskünfte oder Gutachten anfordert, unterrichtet sie die Regierung dieses Staates. Die Vertragsparteien sollten jedem Ersuchen einer Sondergruppe um Mitteilung der für notwendig und zweckdienlich erachteten Auskünfte innerhalb kürzester Frist und vorbehaltlos stattgeben. Vertrauliche Auskünfte sollten nicht ohne formelle Zustimmung der Vertragspartei, die sie erteilt hat, preisgegeben werden.

16. Aufgabe der Sondergruppen ist es, die VERTRAGSPARTEIEN bei der Erfüllung ihrer Pflichten nach Artikel XXIII Abs. 2 zu unterstützen. Folglich sollten die Sondergruppen die ihnen vorgelegten Fragen einschließlich aller Fakten der Angelegenheit, der Frage der Anwendbarkeit des Allgemeinen Abkommens und der Übereinstimmung mit dessen Bestimmungen objektiv beurteilen und auf Antrag der VERTRAGSPARTEIEN alle anderen Feststellungen treffen, die es den VERTRAGSPARTEIEN erleichtern, gemäß Artikel XXIII Abs. 2 an die Parteien Empfehlungen oder Entscheidungen zu richten. Dabei sollten die Sondergruppen mit den Streitparteien regelmäßig Konsultationen abhalten und ihnen angemessene Möglichkeiten bieten, eine allseitig zufrieden stellende Lösung zu erarbeiten.

17. Gelingt es den Parteien nicht, eine allseitig zufrieden stellende Lösung auszuarbeiten, so sollte die Sondergruppe ihre Feststellungen schriftlich vorlegen. Normalerweise sollte die Sondergruppe die in ihrem Bericht ausgesprochenen Feststellungen und Empfehlungen begründen. Ist eine bilaterale Regelung zustande gekommen, so kann sich die Sondergruppe in ihrem Bericht darauf beschränken, die Angelegenheit kurz darzulegen und anzugeben, daß eine Lösung gefunden worden ist.

18. Um die Erarbeitung allseitig zufriedenstellender Lösungen zwischen den Parteien zu fördern und Bemerkungen der Parteien einzuholen, sollte jede Sondergruppe den beteiligten Parteien zunächst den beschreibenden Teil ihres Berichts vorlegen und anschließend den Streitparteien ihre Schlussfolgerungen oder eine Zusammenfassung davon übermitteln, wobei eine angemessene Zeitspanne vorzusehen ist, bevor diese den VERTRAGSPARTEIEN übermittelt werden.

19. Erarbeiten die Parteien eines Streits, mit dem eine Sondergruppe befaßt ist, eine allseitig zufriedenstellende Lösung, so hat jede an der Frage interessierte Vertragspartei das Recht, sich über diese Lösung zu informieren und in angemessener Weise unterrichtet zu werden, soweit diese Lösung Handelsfragen betrifft.

20. Die von den Sondergruppen aufgewendete Zeit richtet sich nach dem jeweiligen Fall 8 ). Die Sondergruppen sollten sich indes bemühen, ihre Feststellungen ohne ungebührlichen Verzug vorzulegen, wobei sie die den VERTRAGSPARTEIEN auferlegte Verpflichtung, für eine rasche Beilegung von Streitfällen Sorge zu tragen, berücksichtigen. In Dringlichkeitsfällen sollte die Sondergruppe ihre Feststellungen innerhalb einer Frist von normalerweise drei Monaten vom Zeitpunkt ihrer Einsetzung an vorlegen.

21. Die VERTRAGSPARTEIEN sollten sich mit den Berichten der Sondergruppen und Arbeitsgruppen innerhalb kürzester Frist befassen. Die VERTRAGSPARTEIEN sollten innerhalb einer angemessenen Zeitspanne auf Grund der Berichte von Sondergruppen und Arbeitsgruppen geeignete Maßnahmen treffen. Ist die Angelegenheit von einer weniger entwickelten Vertragspartei vorgebracht worden, so sollten diese Maßnahmen erforderlichenfalls in einer eigens einberufenen Sitzung beschlossen werden. Bei der Prüfung der geeignetsten Maßnahmen berücksichtigen die VERTRAGSPARTEIEN in solchen Fällen nicht nur den Umfang des von den beanstandeten Maßnahmen betroffenen Handels, sondern auch deren Auswirkungen auf die Wirtschaft der betroffenen weniger entwickelten Vertragsparteien.

22. Die VERTRAGSPARTEIEN überwachen die Angelegenheiten, zu denen sie Empfehlungen oder Entscheidungen ausgesprochen haben. Werden die Empfehlungen der VERTRAGSPARTEIEN nicht innerhalb einer angemessenen Zeitspanne durchgeführt, so kann die vortragende Vertragspartei von den VERTRAGSPARTEIEN verlangen, geeignete Bemühungen zu unternehmen, um eine angemessene Lösung zu finden.

23. Ist die Angelegenheit von einer weniger entwickelten Vertragspartei vorgebracht worden, so prüfen die VERTRAGSPARTEIEN, welche weiteren von ihnen zu treffenden Maßnahmen unter den gegebenen Umständen angemessen sind.

Überwachung

Anl. 3

24. Die VERTRAGSPARTEIEN werden die Entwicklung der Handelsordnung regelmäßig und systematisch überprüfen. Besonderes Augenmerk sind dabei Entwicklungen, die die Rechte und Pflichten aus dem GATT berühren, ferner Fragen, die die Interessen von weniger entwickelten Vertragsparteien berühren, handelspolitische Maßnahmen, die auf Grund dieser Vereinbarung notifiziert wurden, und allen Maßnahmen zu schenken, die Gegenstand von in dieser Vereinbarung vorgesehenen Verfahren der Konsultation, Schlichtung oder Streitbeilegung waren.

Technische Hilfe

Anl. 3

25. Weniger entwickelte Vertragsparteien werden auf Antrag von den Dienststellen des GATT-Sekretariats für technische Hilfe bei allen Fragen unterstützt, die unter diese Vereinbarung fallen. __________________

1 ) Wie von den VERTRAGSPARTEIEN unter anderem bei der Verabschiedung des Berichts der mit der Prüfung der besonderen Schwierigkeiten im Handel mit Grundstoffen beauftragten Arbeitsgruppe (L/930) anerkannt wurde, kann auch Artikel XXV eine geeignete Grundlage für Konsultationen und für die Streitbeilegung unter bestimmten Umständen bieten.

2 ) Kurzbezeichnung für Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen (GATT).

3 ) Siehe Dokument des Sekretariats „Notifications required from contracting parties“ (MTN/FR/W/ 17 vom 1. August 1978).

4 ) Veröffentlicht in BGBl. Nr. 180/1967.

5 ) In den Fällen, in denen eine Zollunion oder ein gemeinsamer Markt Streitpartei ist, gilt diese Bestimmung für die Angehörigen aller Mitgliedsländer der Zollunion oder des gemeinsamen Marktes.

6 ) Die Übernahme der Reisekosten sollte im Rahmen der Budgetmöglichkeiten geprüft werden.

7 ) Im Anhang ist eine Erklärung über die herrschende Praxis bei der Einbeziehung von Angehörigen von Entwicklungsländern in die Sondergruppen enthalten.

8 ) Der Anhang enthält folgende Erläuterung: „In den meisten Fällen werden die Arbeiten der Sondergruppen innerhalb einer angemessenen Zeitspanne, die von drei bis neun Monate reicht, abgeschlossen“.

ANHANG

Vereinbarte Beschreibung der üblichen GATT-Praxis auf dem Gebiet der Streitbeilegung (Artikel XXIII Abs. 2)

Anl. 4

1. Streitfälle, die nicht auf bilateraler Ebene im Rahmen der einschlägigen Bestimmungen des Allgemeinen Abkommens beigelegt worden sind, können den VERTRAGSPARTEIEN 1 ) vorgelegt werden, die nach Artikel XXIII Abs. 2 verpflichtet sind, die ihnen vorgelegten Angelegenheiten zu untersuchen und geeignete Empfehlungen oder Entscheidungen auszusprechen. Artikel XXIII Abs. 2 sagt nichts darüber aus, ob Streitfälle von einer Arbeitsgruppe oder von einer Sondergruppe zu behandeln sind 2 ).

2. Die VERTRAGSPARTEIEN haben 1966 einen Beschluß gefaßt, der das Verfahren für Konsultationen nach Artikel XXIII zwischen entwickelten und weniger entwickelten Vertragsparteien regelt [BISD, 14. Ergänzungsband, Seite 18 der englischen Fassung 3 )]. Dieses Verfahren sieht unter anderem vor, dass der Generaldirektor zwecks Erleichterung einer Lösung seine guten Dienste zur Verfügung stellt, Sondergruppen eingesetzt werden, die die Probleme zwecks Empfehlung geeigneter Lösungen zu prüfen haben, sowie Fristen für die Durchführung der verschiedenen Teile des Verfahrens festgesetzt werden.

3. Eine Sondergruppe hat normalerweise die Aufgabe, den Sachverhalt eines Falles und die Anwendbarkeit von GATT-Bestimmungen zu prüfen und zu einer objektiven Beurteilung dieser Fragen zu gelangen. In diesem Zusammenhang führen die Sondergruppen mit den Streitparteien regelmäßig Konsultationen und räumen den Parteien angemessene Möglichkeiten ein, zu einer allseitig befriedigenden Lösung zu gelangen. Die Sondergruppen berücksichtigen die besonderen Interessen der Entwicklungsländer in angemessener Weise. Konnten die Parteien nicht zu einer allseitig befriedigenden Regelung gelangen, so unterstützten die Sondergruppen die VERTRAGSPARTEIEN normalerweise dabei, gemäß Artikel XXIII Abs. 2 Empfehlungen oder Entscheidungen auszusprechen.

4. Die Vertragsparteien wägen zunächst sorgfältig ab, ob zur Lösung eines Falles ein Vorgehen nach Artikel XXIII Abs. 2 Erfolg verspreche. Die den VERTRAGSPARTEIEN nach dieser Bestimmung vorgetragenen Fälle sind, von wenigen Ausnahmen abgesehen, zufrieden stellend geregelt worden. Ziel der VERTRAGSPARTEIEN ist es stets gewesen, für einen Streitfall eine positive Lösung zu finden. Eindeutig vorzuziehen ist eine Lösung, die für alle Streitparteien gegenseitig annehmbar ist. Kommt es nicht zu einer allseitig annehmbaren Lösung, so besteht das vorrangige Ziel der VERTRAGSPARTEIEN gewöhnlich darin, die Aufhebung der betreffenden Maßnahmen zu erwirken, wenn festgestellt wird, daß sie mit dem Allgemeinen Abkommen unvereinbar sind. Von der Möglichkeit eines Ausgleichs sollte erst Gebrauch gemacht werden, wenn die sofortige Aufhebung der betreffenden Maßnahme nicht möglich ist, und nur als Übergangsmaßnahme, bis die mit dem Allgemeinen Abkommen nicht zu vereinbarenden Maßnahmen aufgehoben worden sind. Die letzte Möglichkeit, die Artikel XXIII dem Land einräumt, das sich auf dieses Verfahren beruft, besteht darin, die Erfüllung von Zugeständnissen oder sonstigen Verpflichtungen auf einer diskriminierenden Grundlage gegenüber der anderen Vertragspartei auszusetzen, sofern die VERTRAGSPARTEIEN solche Maßnahmen genehmigen. Ein derartiges Vorgehen ist nur selten in Erwägung gezogen worden, und unter den gemäß Artikel XXIII Abs. 2 vorgelegten Fällen kam es nur in einem Fall dazu.

5. In der Praxis haben sich die Vertragsparteien nur dann auf Artikel XXIII berufen, wenn nach ihrer Auffassung ein ihnen aus dem Allgemeinen Abkommen erwachsender Vorteil zunichte gemacht oder geschmälert wurde. In den Fällen, in denen eine Verletzung der Verpflichtungen aus dem Allgemeinen Abkommen vorliegt, wird vermutet, daß ein Vorteil zunichte gemacht oder geschmälert wurde. Jede Vermutung, daß ein Vorteil zunichte gemacht oder geschmälert wurde, würde ipso facto die Prüfung der Frage erfordern, ob die Umstände schwerwiegend genug sind, um die Aussetzung von Zugeständnissen oder Verpflichtungen zu rechtfertigen, wenn die beschwerdeführende Vertragspartei dies verlangt. Mit anderen Worten, es wird normalerweise vermutet, daß ein Verstoß gegen die Regeln sich für andere Vertragsparteien nachteilig auswirkt, und es ist dann Sache der Vertragsparteien, gegen die Beschwerde geführt worden ist, die Beschwerdepunkte zu widerlegen. Abs. 1 lit. b ermöglicht es, auf Artikel XXIII zurückzugreifen, falls die Zunichtemachung oder die Schmälerung von Maßnahmen herrührt, die von anderen Vertragsparteien getroffen werden, auch wenn diese Maßnahmen nicht gegen das Allgemeine Abkommen verstoßen; Abs. 1 lit. c gestattet dies auch für den Fall, daß irgendeine andere Sachlage gegeben ist. Behauptet eine Vertragspartei, die eine Angelegenheit nach Artikel XXIII vorgetragen hat, daß Maßnahmen, die zu den Bestimmungen des Allgemeinen Abkommens nicht im Widerspruch stehen, die ihr aus dem Allgemeinen Abkommen erwachsenden Vorteile zunichte gemacht oder geschmälert haben, so müsste sie dies im einzelnen nachweisen.

6. Zu den üblichen Verfahrenseinzelheiten der Arbeitsgruppen und Sondergruppen ist folgendes zu bemerken:

i) Arbeitsgruppen werden vom Rat auf Antrag einer oder mehrerer Vertragsparteien eingesetzt. Sie haben im allgemeinen die Aufgabe, „die Angelegenheit im Lichte der einschlägigen Bestimmungen des Allgemeinen Abkommens zu prüfen und dem Rat darüber zu berichten“. Die Arbeitsgruppen legen ihre Arbeitsverfahren fest. Nach bisheriger Praxis haben sie eine oder zwei Sitzungen abgehalten, um die Angelegenheit zu prüfen, sowie eine Schlußsitzung, in der di« Schlußfolgerungen erörtert wurden. An den Sitzungen der Arbeitsgruppen kann jede Vertragspartei, die an der Angelegenheit interessiert ist, teilnehmen. In der Regel setzen sich die Arbeitsgruppen je nach Bedeutung der Frage und der berührten Interessen aus etwa fünf bis zwanzig Delegationen zusammen. Die Länder, die Streitparteien sind, gehören der Arbeitsgruppe stets als Mitglieder an und haben denselben Status wie andere Delegationen. Der Bericht der Arbeitsgruppe enthält die Auffassungen aller ihrer Mitglieder und gibt daher gegebenenfalls unterschiedliche Meinungen wieder. Da generell ein Konsens angestrebt wird, kommt es bei der Ausarbeitung des Berichts der Arbeitsgruppe in der Regel zu einem gewissen Maß von Verhandlungen und Kompromissen. Der Rat nimmt den Bericht an. Die Berichte der Arbeitsgruppen sind Stellungnahmen, auf deren Grundlage die VERTRAGSPARTEIEN eine endgültige Entscheidung treffen können.

ii) Bei Streitfällen haben die VERTRAGSPARTEIEN Sondergruppen (unter verschiedenen Bezeichnungen) oder Arbeitsgruppen eingesetzt, die sie bei der Prüfung der nach Artikel XXIII Abs. 2 aufgeworfenen Fragen unterstützen sollen. Seit 1952 stellen die Sondergruppen das übliche Verfahren dar. Der Rat hat solche Beschlüsse jedoch erst gefaßt, nachdem die betreffende Partei Gelegenheit hatte, die Beschwerde zu prüfen und ihre Erwiderung vor dem Rat vorzubereiten. Das Mandat der Gruppen wird vom Rat erörtert und genehmigt. Normalerweis« lautet ihr Mandat „die Angelegenheit zu prüfen und Feststellungen zu treffen, die es den VERTRAGSPARTEIEN erleichtern, nach Artikel XXIII Abs. 2 Empfehlungen oder Weisungen auszusprechen“. Hat eine Vertragspartei, die sich auf Artikel XXIII Abs. 2 beruft, Fragen im Zusammenhang mit der Aussetzung von Zugeständnissen oder anderen Verpflichtungen aufgeworfen, so haben die Gruppen das Mandat, die Angelegenheit nach Artikel XXIII Abs. 2 zu prüfen. Die Mitglieder der Sondergruppen werden gewöhnlich aus den ständigen Delegationen oder — seltener — aus den nationalen Verwaltungen der Hauptstädte unter den Delegierten ausgewählt, die regelmäßig an den Tätigkeiten des GATT teilnehmen. Es war üblich, ein oder mehrere Mitglieder aus Entwicklungsländern zu ernennen, wenn es sich um einen Streitfall zwischen einem Entwicklungs- und einem entwickelten Land handelt.

iii) Von den Mitgliedern der Sondergruppen wird erwartet, daß sie unparteiisch und ohne Weisungen ihrer Regierungen handeln. In einigen wenigen Fällen sind die Parteien angesichts der Art und der Vielschichtigkeit der Angelegenheit übereingekommen, Nicht-Regierungssachverständige zu ernennen. Die Ernennungsvorschläge werden den betroffenen Parteien vom GATT-Sekretariat unterbreitet. Die Zusammensetzung der Sondergruppen (drei bzw. fünf Mitglieder, je nach Fall) wird von den betreffenden Parteien einvernehmlich geregelt und vom GATT-Rat genehmigt. Es hat sich gezeigt, daß in schwierigen Fällen ein breites Spektrum an Meinungen von Vorteil ist, daß je doch die Zahl der Mitglieder der Sondergruppen gelegentlich die Bildung der Sondergruppen und mithin das Streitbeilegungsverfahren verzögert.

iv) Die Sondergruppen legen ihre Arbeitsverfahren selbst fest. Nach bisheriger Praxis haben sie zwei oder drei formelle Sitzungen mit den betroffenen Parteien abgehalten. Sie haben die Parteien aufgefordert, ihren Standpunkt entweder schriftlich und/oder mündlich in Anwesenheit der anderen Partei darzulegen. Die Sondergruppe kann beiden Parteien zu jeder Angelegenheit, die sie für den Streitfall als erheblich ansieht, Fragen stellen. Sondergruppen haben auch die Auffassungen von Vertragsparteien entgegengenommen, die ein wesentliches Interesse an der Angelegenheit hatten, die jedoch an dem Streitfall nicht direkt beteiligt waren, die jedoch im Rat den Wunsch geäußert hatten, ihre Auffassungen darzulegen. Den Sondergruppen vorgelegte Aufzeichnungen gelten als vertraulich, werden den Streitparteien jedoch zur Verfügung gestellt. Die Sondergruppen holen oft von Quellen, die sie für geeignet halten, Auskünfte ein; sie konsultieren gelegentlich Sachverständige, um deren fachlichen Rat zu bestimmten Aspekten der Angelegenheit einzuholen. Die Sondergruppen können Gutachten anfordern oder das Sekretariat als Hüter des Allgemeinen Abkommens um Unterstützung ersuchen, insbesondere in historischen oder verfahrenstechnischen Fragen. Das Sekretariat stellt die technischen und Sekretariatsdienste für die Sondergruppen.

v) Gelangen die Parteien nicht zu einer allseitig befriedigenden Lösung, so legt die Sondergruppe schriftlich dar, zu welchen Feststellungen sie gelangt ist. Die Berichte der Sondergruppe legen normalerweise den Sachverhalt, die Anwendbarkeit der einschlägigen Bestimmungen sowie die grundsätzliche Rechtfertigung der Feststellungen und Empfehlungen dar. Ist für die Angelegenheit eine bilaterale Regelung gefunden worden, so begnügt sich die Sondergruppe in ihrem Bericht damit, den Fall kurz zu beschreiben und darauf hinzuweisen, daß eine Lösung gefunden worden ist.

vi) Die Berichte der Sondergruppen werden in Abwesenheit der Parteien und im Lichte der eingeholten Auskünfte und abgegebenen Erklärungen erstellt.

vii) Um zwischen den Parteien das Zustandekommen einer allseitig befriedigenden Lösung zu fördern und um Stellungnahmen der Parteien einholen zu können, unterbreitet jede Sondergruppe normalerweise zunächst den betroffenen Parteien den beschreibenden Teil ihres Berichts sowie ihre Schlussfolgerungen oder eine Zusammenfassung davon, wobei sie eine angemessene Frist vorsieht, bevor sie die Mitteilung den VERTRAGSPARTEIEN zuleitet.

viii) Gemäß dem von den VERTRAGSPARTEIEN erteilten Mandat äußern sich die Sondergruppen zu der Frage, ob die geprüfte Maßnahme gegen bestimmte Regeln des Allgemeinen Abkommens verstößt. Auf Ersuchen der VERTRAGSPARTEIEN formulieren die Sondergruppen auch Entwürfe von Empfehlungen an die Parteien. In anderen Fällen wiederum wurden die Sondergruppen aufgefordert, ihren fachlichen Rat zu bestimmten Aspekten der Angelegenheit zu erteilen (beispielsweise zu den Modalitäten der Zurücknahme oder Aussetzung im Zusammenhang mit dem betreffenden Handelsvolumen). Die von den Mitgliedern der Sondergruppe geäußerten Meinungen sind nicht namentlich; die Beratungen der Sondergruppe sind geheim.

ix) Obgleich die VERTRAGSPARTEIEN niemals genaue Fristen für die einzelnen Verfahrensphasen festgelegt haben, wahrscheinlich weil die den Sondergruppen unterbreiteten Fragen unterschiedlich komplex und dringlich sind, wurden die Arbeiten der Sondergruppen in den meisten Fällen innerhalb eines vertretbaren Zeitraumes von normalerweise drei bis neun Monaten abgeschlossen.

Der im Abs. 2 genannte Beschluß der VERTRAGSPARTEIEN von 1966 bestimmt in Abs. 7, daß die Sondergruppe binnen 60 Tagen, nachdem ihr die Frage vorgelegt worden ist, darüber berichtet.

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1 ) Der Rat ist befugt, entsprechend der normalen GATT-Praxis für die VERTRAGSPARTEIEN zu handeln.

2 ) Auf der Revisionstagung (1955) wurde der Vorschlag zur Institutionalisierung der Verfahren der Sondergruppen von den VERTRAGSPARTEIEN in erster Linie deswegen verworfen, weil sie die bestehende Situation beizubehalten und keine Rechtsprechungsverfahren, die eine übermäßige Belastung des GATT bedeuten könnten, einzuführen wünschten.

3 ) Veröffentlicht in BGBl. Nr. 180/1967.