BundesrechtInternationale VerträgeHandelsvertrag (China)

Handelsvertrag (China)

In Kraft seit 15. September 1926
Up-to-date

Art. 1

Artikel I . Die Staatsangehörigen der Republik Österreich werden auf chinesischem Gebiete und die Staatsangehörigen der Republik China werden auf österreichischem Gebiete gegenseitig den vollen und ganzen Schutz der Gesetze ihres Aufenthaltslandes für ihre Personen und ihr Eigentum genießen.

Die Staatsangehörigen jedes der vertragschließenden Teile, die sich auf dem Gebiete des anderen aufhalten, werden unter Beobachtung der Gesetze und Vorschriften des Landes das Recht haben, überall dort zu reisen, sich niederzulassen und Handel und Gewerbe zu treiben, wo die Staatsangehörigen irgendeines anderen Landes dies tun dürfen.

Es besteht Einverständnis, daß die vorstehenden Bestimmungen auch auf Handlungsreisende und auf Gesellschaften, immer vorbehaltlich der in Kraft stehenden Gesetze und Vorschriften, Anwendung finden.

Art. 2

Artikel II. Die Hohen vertragschließenden Teile werden das Recht haben, zueinander ordnungsgemäß beglaubigte diplomatische Vertreter zu entsenden, die gegenseitig in dem Lande ihres Aufenthaltes alle Freiheiten und Vorrechte genießen sollen, die ihnen nach Völkerrecht zukommen.

Jeder der Hohen vertragschließenden Teile wird das Recht haben, Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln und Konsularagenten in den Häfen und Handelsplätzen des anderen Teiles zu bestellen, in denen solche Vertreter eines anderen Landes zum Aufenthalt zugelassen sind.

Die Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln und Konsularagenten müssen, bevor sie ihre Tätigkeit auszuüben beginnen, das Exequatur der Regierung ihres Aufenthaltslandes erhalten. Es besteht Einverständnis, daß die Regierung, die das Exequatur erteilt, dieses widerrufen kann, wenn sie hiefür eine gerechtfertigte Ursache hat.

Die Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln und Konsularagenten jedes der Hohen vertragschließenden Teile werden gegenseitig die Befreiungen, Rechte, Vorrechte und das Entgegenkommen genießen, die ihnen nach internationalem Recht und den Gebräuchen zukommen.

Es besteht Einverständnis, daß, falls Personen, die Handel oder Gewerbe betreiben, als Konsularvertreter eines der beiden Hohen vertragschließenden Teile in den Gebieten des anderen bestellt werden, diese Personen nur als Honorarkonsularvertreter bestellt werden.

Art. 3

Artikel III . Die Staatsangehörigen eines der beiden vertragschließenden Teile, die sich nach den Gebieten des anderen zu begeben wünschen, müssen Pässe besitzen, die von den zuständigen Behörden ihres Landes ausgestellt sind und ihre Staatsangehörigkeit und den Zweck ihrer Reise bestätigen. Der Paß ist nicht gültig, wenn er nicht durch einen Konsul des anderen Teiles vidiert ist.

Art. 4

Artikel IV . Die Staatsangehörigen der beiden vertragschließenden Teile unterliegen in straf- und zivilrechtlichen Fällen der Jurisdiktion ihres Aufenthaltslandes. Sie werden freien und leichten Zutritt zu den ordentlichen Gerichten haben, um ihre Rechte zu wahren und sich zu verteidigen, und sich der Dienste von Advokaten und Vertretern in gleicher Weise wie die Inländer bedienen können.

Die österreichische Regierung wird chinesischen Staatsangehörigen in Österreich vollen Schutz für ungestörte Berufsausübung gewähren und verpflichtet sich auch, ihr Eigentum nicht zu beschlagnahmen, außer in Fällen, wo dies nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechtes und des österreichischen Rechtes zulässig ist, vorausgesetzt, daß die chinesische Regierung österreichischen Staatsangehörigen in China die gleiche Behandlung gewähren wird.

Prozesse und andere Rechtsfälle, betreffend österreichische Staatsangehörige in China, werden vor die modernen Gerichte gebracht werden, hiebei wird das Recht zur Berufung zustehen und es werden gemäß den neuen Gesetzen hiebei ordnungsgemäße Verhandlungen stattfinden.

Während der Prozeßdauer ist der Beistand von Advokaten und Dolmetschen österreichischer oder anderer Nationalität, wenn sie vom Gerichte ordnungsgemäß anerkannt sind, gestattet.

Art. 5

Artikel V . Die Regierung jedes der beiden vertragschließenden Teile wird Arbeitern, die Staatsangehörige des anderen Teiles sind und nach ihren Gebieten kommen sollten, die gleiche Behandlung gewähren wie Arbeitern, die Staatsangehörige irgendeines anderen Landes sind, und ihnen gemäß den Gesetzen und Vorschriften des Landes den gleichen Schutz angedeihen lassen wie inländischen Arbeitern.

Art. 6

Artikel VI . Die Staatsangehörigen der beiden vertragschließenden Teile haben die Gesetze ihres Aufenthaltslandes zu beobachten. Sie werden keine höheren Steuern, Gebühren oder Beitragsleistungen zu entrichten haben, als sie von den Inländern entrichtet werden.

Art. 7

Artikel VII. Die Staatsangehörigen jedes der beiden vertragschließenden Teile, die sich im Gebiete des anderen aufhalten, sollen von jeder Art Militärdienst und ebenso von allen an Stelle des Militärdienstes eingeführten Kontributionen oder Leistungen befreit sein.

Art. 8

Artikel VIII. Die beiden Hohen vertragschließenden Teile kommen überein, daß alle Angelegenheiten, betreffend die Zölle, ausschließlich durch die innere Gesetzgebung jedes Teiles geregelt werden. Jedoch werden von Waren, die Natur- oder Gewerbserzeugnisse eines der beiden vertragschließenden Teile oder irgendeines anderen Landes sind und die von den Staatsangehörigen der beiden vertragschließenden Teile ein- oder ausgeführt werden, keine höheren Abgaben eingehoben werden, als sie von Inländern entrichtet werden.

Es besteht Einverständnis, daß Waren, die Natur- oder Gewerbserzeugnisse eines der beiden vertragschließenden Teile sind, bei ihrer Einfuhr nach den Gebieten des anderen gegenseitig auf gleichem Fuße behandelt werden.

Art. 9

Artikel IX . Die Waren, die von Staatsangehörigen der beiden vertragschließenden Teile ein- oder ausgeführt werden, müssen über Orte gehen, wo Zollämter errichtet sind. Hiebei haben die dort geltenden Gesetze und Vorschriften beobachtet zu werden.

Art. 10

Artikel X. Die Staatsangehörigen eines der beiden vertragschließenden Teile, die sich in den Gebieten des anderen befinden, haben das Recht, über ihr Eigentum durch letzten Willen zu verfügen. Falls einer dieser Staatsangehörigen in diesem Gebiete stirbt, ohne einen gesetzlichen Erben am Orte zu besitzen, ist der Konsul des Landes, dem der Verstorbene angehörte, berufen, seinen Nachlaß zeitweilig zu verwalten.

Die gleiche Regel gilt bezüglich des Eigentums, das ein verstorbener Staatsangehöriger des einen Teiles in dem Gebiete des anderen vertragschließenden Teiles besaß, falls er außerhalb des Gebietes dieses Teiles stirbt, ohne einen gesetzlichen Erben am Orte zu besitzen.

Falls der Todesfall auf der See eintritt, wird das Eigentum des Verstorbenen dem nächsten Konsulat des Landes, dem der Verstorbene angehörte, übergeben werden. Der unbewegliche Teil des Nachlasses des Verstorbenen wird den Gesetzen des Landes unterliegen, wo dieses unbewegliche Eigentum gelegen ist.

In allen diesen Fällen sollen keine höheren Steuern oder Abgaben eingehoben werden als von Inländern.

Alle anderen Fragen, die sich auf die Erbfolge beziehen, werden den Gesetzen des Staates, dessen Angehöriger der Verstorbene war, unterliegen.

Art. 11

Artikel XI . Die Staatsangehörigen eines der beiden vertragschließenden Teile, die sich in den Gebieten des anderen an Orten, wo der Aufenthalt gestattet ist, befinden und Handel oder Industrie betreiben, haben wie die Inländer die Polizeivorschriften und die geltenden Bestimmungen über Steuern oder Gebühren hinsichtlich ihrer Wohnungen, Warenhäuser und Geschäftslokalitäten einschließlich allen Zubehörs zu beobachten.

Art. 12

Artikel XII . Es besteht Einverständnis, daß die Wohnungen, Warenhäuser und Geschäftslokalitäten einschließlich allen Zubehörs, die dem Handel oder Gewerbe von Staatsangehörigen eines der vertragschließenden Teile in dem Gebiete des anderen dienen, unter keinem Vorwand irgendwelcher Art durchsucht werden sollen, außer in Übereinstimmung mit den ausdrücklichen Bestimmungen der Gesetze und Verordnungen, die in dem Lande gelten und auf Inländer Anwendung finden, und daß die Bücher und die Korrespondenz, die die geschäftliche Tätigkeit betreffen, vor jeder ungesetzlichen Durchsuchung geschützt sein sollen.

Art. 13

Artikel XIII. Die beiden vertragschließenden Teile verpflichten sich gegenseitig, den beiderseitigen Schiffen das Recht zum freien Eintritt in alle dem internationalen Handel geöffneten Häfen zu gewähren.

Kein österreichisches Schiff soll in den Häfen Chinas und kein chinesisches Schiff in den Häfen Österreichs zurückgehalten oder beschlagnahmt werden, ausgenommen gemäß den Bestimmungen des Artikels XVI des gegenwärtigen Vertrages. Dies gilt auch für ihre Ladungen und Materialien.

Art. 14

Artikel XIV. Ein Schiff eines der vertragschließenden Teile kann in Fällen von Schiffbruch, Seenot oder einer anderen Gefahr an der Küste des anderen Teiles zeitweilig die Seehäfen des letzteren aufsuchen, um Zuflucht zu nehmen, Reparaturen vorzunehmen, Vorräte und andere notwendige Gegenstände zu beschaffen und seine Reise fortzusetzen, ohne Abgaben entrichten zu müssen, außer wenn Waren verkauft werden. Falls der Kapitän des Schiffes oder der Eigentümer genötigt sein sollte, einen Teil ihrer Waren zu verkaufen, um ihre Ausgaben zu decken, haben sie die Abgaben gemäß den Vorschriften und Bestimmungen zu entrichten, die an den Ort, wo das Schiff eingelaufen ist, in Geltung stehen.

Falls ein Kriegsschiff oder ein anderes Schiff eines der vertragschließenden Teile an der Küste des anderen scheitern oder seinen Weg verlieren sollte, werden die Lokalbehörden hievon sogleich dem nächsten zuständigen Konsul Kenntnis geben und an Ort und Stelle alle zur Rettung notwendige Hilfe und Beistand gemäß den Übungen des internationalen öffentlichen Rechtes leisten.

Art. 15

Artikel XV. Um gegenseitig die Interessen ihrer Staatsangehörigen zu schützen, verpflichten sich die beiden vertragschließenden Teile, die Erfindungen, Handelsmarken, Zeichnungen und Modelle, die den von ihren Staatsangehörigen gegründeten Firmen oder Handels- oder Industriegesellschaften gehören und von ihnen bei den zuständigen Behörden des Landes, wo sie errichtet sind, registriert sind, zu schützen. Jede Nachahmung oder Verfälschung soll strenge verboten werden.

Die Handelsmarken, die österreichischen Staatsangehörigen gehören und früher bei den chinesischen Seezollämtern registriert waren, sollen nach dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages durch neuerliche Registrierung durch ihre ursprünglichen Eigentümer bei dem Bureau of Trade-Marks wieder Geltung erlangen.

Art. 16

Artikel XVI. Jedes Verbot der Ein- und Ausfuhr gewisser Waren, das von der Regierung eines der vertragschließenden Teile für in- und ausländische Schiffe erlassen wird, wird auch auf die Staatsangehörigen des anderen Teiles Anwendung finden. Jede Übertretung eines solchen Verbotes wird gemäß den in diesem Lande in Kraft stehenden Gesetzen verfolgt werden.

Bei der Erlassung und Anwendung eventueller Ein- oder Ausfuhrverbote werden die Hohen vertragschließenden Teile ohne Rücksicht auf den Herkunfts- oder Bestimmungsort der Waren vorgehen, außer in Fällen von Verboten aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, der Gesundheitspflege oder der Verhütung von Tierseuchen.

Art. 17

Artikel XVII. Hinsichtlich der in dem gegenwärtigen Vertrag nicht behandelten Fragen kommen die beiden vertragschließenden Teile überein, die Grundsätze der Gleichheit und Gegenseitigkeit anzuwenden, die die Grundlage des gegenwärtigen Vertrages bilden.

Art. 18

Artikel XVIII. Es besteht Einverständnis, daß der gegenwärtige Vertrag in keiner Weise die Bestimmungen irgendeines Teiles des Vertrages von Saint-Germain-en-Laye berühren soll und daß dessen Bestimmungen, welche die die beiden Teile betreffenden Fragen regeln, in Kraft bleiben.

Art. 19

Artikel XIX. Der gegenwärtige Vertrag soll während zehn Jahren vom Zeitpunkt seines Inkrafttretens Geltung haben. Nach diesem Zeitpunkt wird er stillschweigend verlängert werden, wenn er nicht durch einen oder den anderen der vertragschließenden Teile gekündigt worden ist. Eine Kündigung wird erst sechs Monate nach ihrer Bekanntgabe an den anderen Teil wirksam werden.

Art. 20

Artikel XX. Der gegenwärtige Vertrag ist in deutscher, chinesischer und englischer Sprache in zwei Exemplaren ausgefertigt. Im Falle verschiedener Auslegung entscheidet der englische Text.

Art. 21

Artikel XXI. Der gegenwärtige Vertrag soll ratifiziert und die Ratifikationen sollen in Wien ausgetauscht werden. Er tritt drei Monate nach Austausch der Ratifikationsinstrumente in Kraft.

Zu Urkund dessen haben die obgenannten Bevollmächtigten den gegenwärtigen Vertrag in zweifacher Ausfertigung gezeichnet und ihre Siegel beigesetzt.

So geschehen zu Wien, den neunzehnten Oktober tausendneunhundertfünfundzwanzig, entsprechend dem neunzehnten Tage des zehnten Monates des vierzehnten Jahres der Republik China.