Vorwort
Artikel 1
Art. 1
(1) Jede Vertragspartei übernimmt ohne besondere Formalität aus dem Gebiet der anderen Vertragspartei jede Person, von der glaubhaft gemacht wird, daß sie ihre Staatsangehörigkeit besitzt. Stellt sich nachträglich heraus, daß die übernommene Person im Zeitpunkt der Einreise nicht die Staatsbürgerschaft des übernehmenden Staates besessen hat, so muß sie von der anderen Vertragspartei zurückgenommen werden; dies gilt nicht, falls die Behörden der Vertragspartei, die die Person übernommen hat, dieser zu Unrecht ein Reisedokument ausgestellt haben.
(2) Kann die Staatsangehörigkeit nicht glaubhaft gemacht werden, so wird die diplomatische Mission oder konsularische Vertretung jener Vertragspartei, deren Staatsangehörigkeit die Person vermutlich besitzt, diese auf Ersuchen unverzüglich klarstellen und erforderlichenfalls eine Übernahmserklärung zur Verfügung stellen.
(3) Die Übergabe einer Person, die wegen ihres Alters, Gesundheitszustandes oder aus anderen schwerwiegenden Gründen besonderer Pflege bedarf, wird der diplomatischen Mission oder konsularischen Vertretung jener Vertragspartei, deren Staatsangehörigkeit die Person besitzt, angekündigt, damit diese Vertragspartei die notwendigen Maßnahmen zur Übernahme der Person treffen kann. Innerhalb eines Monats nach Ankündigung ist der Vertragspartei, auf deren Gebiet sich die Person aufhält, mitzuteilen, wo und wann die Übernahme erfolgen wird.
Artikel 2
Art. 2
(1) Jede Vertragspartei übernimmt einen Drittausländer, der sich auf ihrem Gebiet aufgehalten hat und rechtswidrig in das Gebiet der anderen Vertragspartei eingereist ist.
(2) Die ersuchte Vertragspartei übernimmt den Drittausländer auf Grund einer Übernahmserklärung. Der Übernahmsantrag kann innerhalb von längstens 90 Tagen nach der rechtswidrigen Einreise des Drittausländers jederzeit gestellt werden. Der Antrag muß die Personaldaten der zu übernehmenden Person sowie Angaben enthalten, die den Aufenthalt auf dem Gebiet der ersuchten Vertragspartei und die rechtswidrige Einreise glaubhaft machen. Auf den Übernahmsantrag ist innerhalb von 72 Stunden nach dessen Übermittlung eine Antwort zu erteilen. Der Antrag auf Übernahme und die Mitteilung, ob der Fremde übernommen wird, erfolgen im Wege der beiden Innenministerien.
(3) Die Verpflichtung zur Übernahme besteht nicht hinsichtlich der Angehörigen eines dritten Staates, der eine gemeinsame Grenze mit jener Vertragspartei besitzt, die den Übernahmsantrag gestellt hat.
Artikel 3
Art. 3
Sofern eine gemäß den Artikeln 1 und 2 zu übernehmende Person nicht über ausreichende Mittel verfügt, trägt die Vertragspartei, auf deren Gebiet sich die Person aufhält, die Transportkosten bis zum Ort der Übernahme durch die andere Vertragspartei.
Artikel 4
Art. 4
(1) Jede Vertragspartei übernimmt die polizeiliche Durchbeförderung von Drittausländern, wenn die andere Vertragspartei darum ersucht und die Übernahme durch den Zielstaat und die Weiterreise durch allfällige weitere Durchbeförderungsstaaten sicherstellt.
(2) Die Durchbeförderung wird nicht beantragt und kann abgelehnt werden, wenn der Drittausländer im Zielstaat oder in einem allfälligen weiteren Durchbeförderungsstaat Gefahr läuft, unmenschlicher Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden, oder in seinem Leben oder seiner Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre. Die Durchbeförderung kann weiters abgelehnt werden, wenn der Drittausländer im ersuchten Staat strafgerichtlich verfolgt werden müßte oder ihm im Zielstaat oder in einem allfälligen weiteren Durchbeförderungsstaat strafrechtliche Verfolgung droht.
(3) Das Ersuchen um polizeiliche Durchbeförderung wird auf direktem Wege zwischen dem österreichischen Bundesministerium für Inneres und dem Innenministerium der Republik Kroatien gestellt und erledigt. Das Ersuchen muß außer den persönlichen Daten des Drittausländers auch die Erklärung enthalten, daß die Voraussetzungen gemäß Absatz 1 gegeben und keine Ablehnungsgründe nach Absatz 2 bekannt sind. Weiters werden darin das Datum der beabsichtigten Übergabe sowie der gewünschte Grenzübergang angegeben. Die ersuchte Vertragspartei wird im Einvernehmen mit der ersuchenden Vertragspartei den Drittausländer unverzüglich durchbefördern.
(4) Lehnt die ersuchte Vertragspartei das Ersuchen mangels Vorliegens der erforderlichen Voraussetzungen ab, so wird sie der ersuchenden Partei die Ablehnungsgründe mitteilen.
(5) Drittausländer können an die ersuchende Vertragspartei zurückgestellt werden, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die der polizeilichen Durchbeförderung entgegenstehen.
(6) Die aus der polizeilichen Durchbeförderung und der allfälligen Rückstellung entstehenden Kosten trägt die ersuchende Vertragspartei.
Artikel 5
Art. 5
Zur Durchführung dieses Abkommens können die Innenminister der Vertragsparteien zweckentsprechende Vereinbarungen treffen, insbesondere über
a) die Vorgangsweise bei der gegenseitigen Verständigung;
b) die für eine Übernahme erforderlichen Angaben und Unterlagen;
c) die Umstände, unter denen der Aufenthalt auf dem Gebiet der ersuchten Vertragspartei und eine rechtswidrige Einreise anzunehmen ist;
d) die Grenzübergänge für die Übernahme;
e) den Kostenersatz nach Artikel 4 Absatz 6;
f) die Abhaltung von Expertengesprächen.
Artikel 6
Art. 6
(1) Dieses Abkommen tritt mit dem ersten Tag des zweiten Monats in Kraft, der auf den Monat folgt, in dem die Vertragsparteien einander schriftlich auf diplomatischem Wege mitgeteilt haben, daß ihre jeweiligen innerstaatlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten erfüllt sind.
(2) Dieses Abkommen bleibt auf unbestimmte Zeit in Kraft, sofern nicht eine der Vertragsparteien das Abkommen schriftlich auf diplomatischem Wege kündigt; in diesem Fall tritt das Abkommen sechs Monate nach Einlangen der Kündigung außer Kraft.
Geschehen zu Wien, am 18. Juni 1997, in zwei Urschriften in deutscher und kroatischer Sprache, wobei beide Texte gleichermaßen authentisch sind.