Vorwort
Abschnitt I
Übernahme eigener Staatsangehöriger
Artikel 1
Art. 1
(1) Jede Vertragspartei übernimmt nach vorhergehender schriftlicher Verständigung formlos die Person, die im Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei die geltenden Voraussetzungen für die Einreise oder den Aufenthalt nicht oder nicht mehr erfüllt, wenn nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird, daß sie die Staatsangehörigkeit der ersuchten Vertragspartei besitzt. Das gleiche gilt für Personen, die nach der Einreise in das Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei aus der Staatsangehörigkeit der ersuchten Vertragspartei entlassen worden sind und nicht eine schriftliche Einbürgerungszusicherung seitens der ersuchenden Vertragspartei erhalten haben oder denen von der ersuchten Vertragspartei zu Unrecht ein Reisedokument ausgestellt wurde.
(2) Die ersuchende Vertragspartei nimmt die in Absatz 1 genannten Personen unter denselben Voraussetzungen wieder zurück, wenn die Nachprüfung ergibt, daß sie zum Zeitpunkt der Übernahme durch die ersuchte Vertragspartei nicht im Besitz der Staatsangehörigkeit der ersuchten Vertragspartei waren. Dies gilt nicht, wenn die ersuchte Vertragspartei diese Personen nach der Einreise in das Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei aus der eigenen Staatsangehörigkeit entlassen hat, ohne daß diese Personen eine schriftliche Einbürgerungszusicherung seitens der ersuchenden Vertragspartei erhalten haben, oder wenn die ersuchte Vertragspartei diesen Personen zu Unrecht ein Reisedokument ausgestellt hat.
Artikel 2
Art. 2
(1) Falls die Staatsangehörigkeit nicht entsprechend Artikel 1 Absatz 1 festgestellt werden kann, wird die diplomatische Mission oder konsularische Vertretung jener Vertragspartei, deren Staatsangehörigkeit die Person vermutlich besitzt, diese auf Antrag klarstellen und erforderlichenfalls ein Ersatzreisedokument zur Verfügung stellen.
(2) Die ersuchte Vertragspartei beantwortet die an sie gerichteten Anträge gemäß Absatz 1 unverzüglich, längstens jedoch innerhalb von acht Tagen. Stellt die ersuchte Vertragspartei die Staatsangehörigkeit fest, so stellt sie das allenfalls erforderliche Ersatzreisedokument unverzüglich aus. Läßt sich die Staatsangehörigkeit nicht feststellen, so wird sie der ersuchenden Vertragspartei die Gründe hiefür mitteilen.
(3) Die Rückkehr erfolgt unverzüglich, längstens jedoch innerhalb von 30 Tagen nach Feststellung der Staatsangehörigkeit. Diese Frist wird auf Antrag der ersuchenden Vertragspartei für die Dauer rechtlicher oder tatsächlicher Hindernisse weiter verlängert.
Artikel 3
Art. 3
Die Übergabe einer Person, die wegen ihres Alters, Gesundheitszustandes oder aus anderen schwerwiegenden Gründen besonderer Pflege bedarf oder bei der besondere Schutz- oder Sicherheitsmaßnahmen erforderlich sind, wird der zuständigen Stelle jener Vertragspartei, deren Staatsangehörigkeit die Person besitzt, angekündigt, damit diese Vertragspartei die notwendigen Maßnahmen zur Übernahme der Person treffen kann. Innerhalb von 30 Tagen nach Ankündigung ist der Vertragspartei, auf deren Gebiet sich die Person aufhält, mitzuteilen, wo und wann die Übernahme erfolgen wird.
Abschnitt II
Übernahme von Drittstaatsangehörigen bei rechtswidriger Einreise oder Aufenthalt
Artikel 4
Art. 4
(1) Jede Vertragspartei übernimmt auf Antrag der anderen Vertragspartei aus deren Gebiet Drittstaatsangehörige oder Staatenlose, welche nicht oder nicht mehr die auf dem Gebiet der ersuchenden Vertragspartei gültigen Bedingungen zur Einreise oder zum Aufenthalt erfüllen, sofern nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird, daß diese Personen in das Gebiet der ersuchenden Vertragspartei eingereist sind, nachdem sie sich auf dem Gebiet der ersuchten Vertragspartei aufgehalten haben oder durch jenes durchgereist sind.
(2) Die Verpflichtung zur Übernahme gemäß Absatz 1 besteht nicht für:
1. Staatsangehörige dritter Staaten oder Staatenlose, die bei ihrer Einreise in das Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei im Besitz eines gültigen Visums oder eines anderen gültigen Aufenthaltstitels dieser Vertragspartei waren oder denen bei bzw. nach ihrer Einreise ein Visum oder ein anderer Aufenthaltstitel durch diese Vertragspartei ausgestellt wurde, es sei denn, daß diese Personen Visa oder andere Aufenthaltstitel besitzen, die von der ersuchten Vertragspartei ausgestellt wurden und die länger gültig sind als jene der ersuchenden Vertragspartei;
2. Staatsangehörige dritter Staaten, mit denen die ersuchende Vertragspartei Abkommen über die Abschaffung der Visumpflicht geschlossen hat, es sei denn, eine solche Person wäre unter Mitwirkung eines Schleppers auf das Hoheitsgebiet dieser Vertragspartei gelangt;
3. Staatsangehörige dritter Staaten oder Staatenlose, welche nach dem Verlassen des Gebietes der ersuchten Vertragspartei und vor Betreten des Gebietes der ersuchenden Vertragspartei ein Visum eines anderen Staates erhalten haben, es sei denn, eine solche Person wäre im Zuge einer Schlepperaktion vom Gebiet der ersuchten Vertragspartei auf das Gebiet der ersuchenden Vertragspartei gelangt;
4. Staatsangehörige dritter Staaten oder Staatenlose, denen die ersuchende Vertragspartei entweder den Flüchtlingsstatus gemäß der Genfer Konvention vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge 1 ), abgeändert durch das Protokoll von New York vom 31. Jänner 1967 2 ) oder den Status von Staatenlosen gemäß der Konvention von New York vom 28. September 1954 über die Rechtsstellung der Staatenlosen zuerkannt hat;
5. Staatsangehörige eines Staates, mit dem die ersuchende Vertragspartei eine gemeinsame Grenze hat, und Staatsangehörige dritter Staaten oder Staatenlose, die in einem solchen Staat zum dauernden Aufenthalt berechtigt sind, sofern die Ausreise in diesen Staat möglich ist;
6. Staatsangehörige dritter Staaten oder Staatenlose, die sich seit mehr als einem Jahr auf dem Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei aufgehalten haben.
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1 ) Kundgemacht in BGBl. Nr. 55/1955
2 ) Kundgemacht in BGBl. Nr. 78/1974
Artikel 5
Art. 5
Als Aufenthaltstitel im Sinne dieses Rückübernahmeabkommens gilt jede von einer Vertragspartei ausgestellte Erlaubnis gleich welcher Art, die zum Aufenthalt in deren Hoheitsgebiet berechtigt. Hiezu zählt nicht die befristete Zulassung zum Aufenthalt im Hoheitsgebiet einer der Vertragsparteien im Hinblick auf die Behandlung eines Asylbegehrens.
Artikel 6
Art. 6
(1) Die ersuchte Vertragspartei beantwortet die an sie gerichteten Übernahmeanträge unverzüglich, längstens jedoch innerhalb von acht Tagen. Lehnt die ersuchte Vertragspartei die Übernahme ab, so wird sie der ersuchenden Vertragspartei die Ablehnungsgründe mitteilen.
(2) Die Übernahme des Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen erfolgt unverzüglich, längstens jedoch innerhalb von 30 Tagen, nachdem die ersuchte Vertragspartei der Übernahme zugestimmt hat. Diese Frist wird auf Antrag der ersuchenden Vertragspartei für die Dauer rechtlicher oder tatsächlicher Hindernisse verlängert.
Artikel 7
Art. 7
Die ersuchende Vertragspartei nimmt einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen zurück, wenn die ersuchte Vertragspartei nach der Übernahme feststellt, daß die Voraussetzungen nach Artikel 4 nicht vorliegen.
Abschnitt III
Durchbeförderung
Artikel 8
Art. 8
(1) Jede Vertragspartei übernimmt die polizeiliche Durchbeförderung von Drittstaatsangehörigen, wenn die andere Vertragspartei darum ersucht und die Übernahme durch den Zielstaat und die Weiterreise durch allfällige weitere Durchbeförderungsstaaten sichergestellt ist.
(2) Die Durchbeförderung wird nicht beantragt und kann abgelehnt werden, wenn der Drittstaatsangehörige im Zielstaat oder in einem anfälligen weiteren Durchbeförderungsstaat Gefahr läuft, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden, oder in seinem Leben oder seiner Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre. Die Durchbeförderung kann weiters abgelehnt werden, wenn der Drittstaatsangehörige im ersuchten Staat strafgerichtlich verfolgt werden müßte oder ihm im Zielstaat oder in einem anfälligen weiteren Durchbeförderungsstaat strafrechtliche Verfolgung droht.
(3) Lehnt die ersuchte Vertragspartei das Ersuchen um Durchbeförderung mangels Vorliegens der erforderlichen Voraussetzungen ab, so wird sie der ersuchenden Vertragspartei die Ablehnungsgründe mitteilen.
(4) Ein Transitvisum der ersuchten Vertragspartei ist nicht erforderlich.
(5) Trotz erteilter Bewilligung können zur Durchbeförderung übernommene Personen an die andere Vertragspartei zurückgegeben werden, wenn nachträglich Tatsachen im Sinne des Absatzes 2 eintreten oder bekannt werden, die einer Durchbeförderung entgegenstehen, oder wenn die Weiterreise oder die Übernahme durch den Zielstaat nicht mehr gesichert ist.
Abschnitt IV
Begleitung
Artikel 9
Art. 9
(1) Sofern die Beförderung von Personen, die gemäß den Artikeln 3 oder 4 übernommen oder gemäß Artikel 8 durchbefördert werden, unter Begleitung erfolgen soll, wird die ersuchte Vertragspartei von der ersuchenden Vertragspartei hievon in Kenntnis gesetzt.
(2) Die Begleitung bis zur Übergabe der Person an die ersuchte Vertragspartei wird grundsätzlich von der ersuchenden Vertragspartei beigestellt. Erfolgt die Beförderung mit einer Fluggesellschaft der ersuchten Vertragspartei, so kann diese verlangen, daß ihr Personal die Begleitung vornimmt.
(3) Erfolgt die Beförderung von Personen, die gemäß Artikel 8 durchbefördert werden, unter Begleitung des Personals der ersuchenden Vertragspartei, so überwacht die ersuchte Vertragspartei im Falle der Weiterreise auf dem Luftweg die Zwischenlandung auf ihrem Flughafen.
(4) Das Begleitpersonal der ersuchenden Vertragspartei darf die internationale Zone des Flughafens der ersuchten Vertragspartei nicht verlassen.
Abschnitt V
Kosten
Artikel 10
Art. 10
Alle mit der Übernahme gemäß den Artikeln 3 und 4 zusammenhängenden Kosten bis zur Grenze der ersuchten Vertragspartei sowie die Kosten der Durchbeförderung gemäß Artikel 8 trägt die ersuchende Vertragspartei. Das gleiche gilt für die Fälle der Rückübernahme gemäß Artikel 1 Absatz 2 und Artikel 7.
Abschnitt VI
Datenschutz
Artikel 11
Art. 11
(1) Soweit für die Durchführung dieses Abkommens personenbezogene Daten zu übermitteln sind, dürfen diese Informationen ausschließlich betreffen:
1. die Personalien der zu übergebenden Person und gegebenenfalls der Angehörigen (Familienname, gegebenenfalls Vatersname, Vorname, gegebenenfalls früherer Name, Beinamen oder Pseudonyme, Aliasnamen, Geburtsdatum und ort, Geschlecht, derzeitige und gegebenenfalls frühere Staatsangehörigkeit);
2. den Reisepaß, den Personalausweis, sonstige Identitäts- und Reisedokumente und die Passierscheine (Nummer, Gültigkeitsdauer, Ausstellungsdatum, ausstellende Behörde, Ausstellungsort usw.);
3. sonstige zur Identifizierung der zu übergebenden Personen erforderliche Angaben;
4. die Aufenthaltsorte und Reisewege;
5. die ausgestellten Aufenthaltstitel oder Visa;
6. allenfalls vorhandenes erkennungsdienstliches Material, das für die Prüfung der Übernahmevoraussetzungen nach diesem Abkommen von Belang sein könnte.
(2) Soweit personenbezogene Daten im Rahmen dieses Abkommens übermittelt werden, gelten die nachfolgenden Bestimmungen unter Beachtung der für jede Vertragspartei geltenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften:
1. Die Verwendung der Daten durch den Empfänger ist nur zu dem angegebenen Zweck und zu den durch die übermittelnde Behörde vorgeschriebenen Bedingungen zulässig.
2. Der Empfänger unterrichtet die übermittelnde Behörde auf Ersuchen über die Verwendung der übermittelten Daten und über die dadurch erzielten Ergebnisse.
3. Personenbezogene Daten dürfen nur an die zuständigen Stellen übermittelt werden. Die weitere Übermittlung an andere Stellen darf nur mit vorheriger Zustimmung der übermittelnden Stelle erfolgen.
4. Die übermittelnde Behörde ist verpflichtet, auf die Richtigkeit der zu übermittelnden Daten sowie auf die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit in bezug auf den mit der Übermittlung verfolgten Zweck zu achten. Dabei sind die nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht geltenden Übermittlungsverbote zu beachten. Erweist es sich, daß unrichtige Daten oder Daten, die nicht übermittelt werden durften, übermittelt worden sind, so ist dies dem Empfänger unverzüglich mitzuteilen. Er ist verpflichtet, die Berichtigung oder Vernichtung vorzunehmen.
5. Die übermittelnde und empfangende Behörde sind verpflichtet, die Übermittlung von personenbezogenen Daten aktenkundig zu machen.
6. Die übermittelnde und die empfangende Behörde sind verpflichtet, die übermittelten personenbezogenen Daten wirksam gegen unbefugten Zugang, unbefugte Veränderung und unbefugte Bekanntgabe zu schützen.
7. Übermittelte Daten, die von der übermittelnden Behörde gelöscht werden, sind binnen sechs Monaten auch vom Empfänger zu löschen.
Abschnitt VII
Bestimmungen zur Durchführung des Abkommens
Artikel 12
Art. 12
Die zur Durchführung dieses Abkommens erforderlichen weiteren Regelungen über
1. die Art und Weise der gegenseitigen Verständigung und die praktische Vorgangsweise,
2. die Angaben, die in den Übernahme- und Durchbeförderungsanträgen enthalten sein müssen,
3. die Unterlagen und Beweismittel bzw. Mittel zur Glaubhaftmachung, die zur Übernahme erforderlich sind, und die Wertigkeit dieser Mittel,
4. die für die Durchführung dieses Abkommens zuständigen Stellen,
5. die Kostenregelung und
6. die Abhaltung von Expertengesprächen
werden in einem Protokoll zur Durchführung dieses Abkommens vereinbart.
Abschnitt VIII
Schlußbestimmungen
Artikel 13
Art. 13
Streitigkeiten, die aus der Anwendung und der Interpretation dieses Abkommens entstehen könnten, werden auf diplomatischem Weg beigelegt werden.
Artikel 14
Art. 14
Die Bestimmungen dieses Abkommens lassen die Verpflichtungen der Vertragsparteien aus der Anwendung anderer völkerrechtlicher Abkommen unberührt.
Artikel 15
Art. 15
Dieses Abkommen tritt am 40. Tag nach Eingang der 2. Note in Kraft, mit der die Vertragsparteien einander auf diplomatischem Wege mitteilen, daß ihre jeweiligen innerstaatlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten erfüllt sind.
Artikel 16
Art. 16
(1) Dieses Abkommen wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.
(2) Jede Vertragspartei kann dieses Abkommen auf diplomatischem Weg kündigen. Die Kündigung wird am 40.Tag nach Eingang der entsprechenden Notifikation bei der anderen Vertragspartei wirksam.
(3) Jede Vertragspartei kann dieses Abkommen aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, Ordnung oder Gesundheit suspendieren. Die Suspendierung, die auf diplomatischem Weg zu erfolgen hat, tritt mit Einlangen der Notifikation in Kraft. Die Vertragsparteien setzen einander in diesem Fall über die Gründe für die Suspendierung und den Wegfall dieser Gründe in Kenntnis.
Geschehen zu Wien, am 26. Juni 1998 in zwei Urschriften in deutscher und bulgarischer Sprache, wobei beide Texte gleichermaßen authentisch sind.