A. Allgemeine Grundsätze für den Umgang mit vertraulichen Informationen
B. Beschäftigung und Verhalten des Personals des Technischen Sekretariats
C. Maßnahmen zum Schutz sicherheitsempfindlicher Einrichtungen und zur Verhinderung der Preisgabe vertraulicher Daten im Verlauf der Verifikationstätigkeiten vor Ort
D. Verfahren bei Verletzungen oder behaupteten Verletzungen der Vertraulichkeit
A. ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE FÜR DEN UMGANG MIT VERTRAULICHENINFORMATIONEN
(1) Die Verpflichtung zum Schutz vertraulicher Informationen betrifft die Verifikation sowohl ziviler als auch militärischer Aktivitäten und Einrichtungen. Entsprechend den in Artikel VIII festgelegten allgemeinen Verpflichtungen verhält sich die Organisation wie folgt:
a) Sie verlangt nur die Mindestmenge an Informationen und Daten, die zur rechtzeitigen und wirksamen Erfüllung ihrer Aufgaben auf Grund dieses Übereinkommens erforderlich sind;
b) sie ergreift die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, daß die Inspektoren und die übrigen Mitglieder des Personals des Technischen Sekretariats ein Höchstmaß an Leistungsfähigkeit, fachlicher Eignung und Ehrenhaftigkeit besitzen;
c) sie arbeitet Vereinbarungen und Vorschriften für die Durchführung dieses Übereinkommens aus und gibt so genau wie möglich die Informationen an, die ein Vertragsstaat ihr zugänglich zu machen hat.
(2) Der Generaldirektor trägt die Hauptverantwortung für den Schutz vertraulicher Informationen. Er legt eine zwingende Regelung für den Umgang des Technischen Sekretariats mit vertraulichen Informationen fest; dabei beachtet er folgende Leitlinien:
a) Eine Information gilt als vertraulich,
i) wenn sie von dem Vertragsstaat, von dem sie herrührt und auf den sie sich bezieht, als solche bezeichnet wird, oder
ii) wenn nach Auffassung des Generaldirektors der begründete Verdacht besteht, daß ihre unerlaubte Preisgabe dem Vertragsstaat, auf den sie sich bezieht, oder den Mechanismen zur Durchführung dieses Übereinkommens Schaden zufügt;
b) alle beim Technischen Sekretariat eingehenden Daten und Unterlagen werden von der zuständigen Abteilung des Sekretariats ausgewertet, um festzustellen, ob sie vertrauliche Informationen enthalten. Den Vertragsstaaten werden regelmäßig die Daten übermittelt, die sie benötigen, um sich davon zu überzeugen, daß die anderen Vertragsstaaten dieses Übereinkommen fortgesetzt einhalten. Zu diesen Daten gehören
i) die von den Vertragsstaaten nach den Artikeln III, IV, V und VI und entsprechend dem Verifikationsanhang abgegebenen Erst- und Jahresberichte und Meldungen;
ii) die allgemeinen Berichte über die Ergebnisse und die Wirksamkeit von Verifikationstätigkeiten;
iii) die nach Maßgabe dieses Übereinkommens allen Vertragsstaaten vorzulegenden Informationen;
c) eine bei der Organisation im Zusammenhang mit der Durchführung dieses Übereinkommens eingegangene Information wird nur in folgender Weise veröffentlicht oder anderweitig freigegeben:
i) Allgemeine Informationen über die Durchführung dieses Übereinkommens können in Übereinstimmung mit den Beschlüssen der Konferenz oder des Exekutivrats zusammengestellt und freigegeben werden;
ii) jede Information kann mit ausdrücklicher Zustimmung des Vertragsstaats, auf den sie sich bezieht, freigegeben werden;
iii) als vertraulich eingestufte Informationen werden von der Organisation nur auf Grund von Verfahren freigegeben, die gewährleisten, daß die Freigabe der Informationen nur unter strenger Beachtung der Erfordernisse dieses Übereinkommens erfolgt. Diese Verfahren werden von der Konferenz nach Maßgabe des Artikels VIII Absatz 21 Buchstabe geprüft und genehmigt;
d) der Grad der Sicherheitsempfindlichkeit vertraulicher Daten oder Unterlagen wird nach einheitlich anzuwendenden Kriterien festgelegt, damit der Umgang mit solchen Informationen und ihr Schutz in angemessener Weise sichergestellt sind. Zu diesem Zweck wird ein Klassifikationssystem eingeführt, das unter Berücksichtigung der bei der Ausarbeitung dieses Übereinkommens geleisteten diesbezüglichen Arbeit eindeutige Kriterien festlegt, welche gewährleisten, daß die Informationen in geeignete Vertraulichkeitsstufen eingeordnet werden und daß die Vertraulichkeit der Informationen so lange gewahrt wird, wie dies gerechtfertigt ist. Das Klassifikationssystem muß bei seiner Anwendung einerseits die erforderliche Flexibilität aufweisen, andererseits die Rechte der Vertragsstaaten schützen, die vertrauliche Informationen zur Verfügung stellen. Das Klassifikationssystem wird von der Konferenz nach Maßgabe des Artikels VIII Absatz 21 Buchstabe geprüft und genehmigt;
e) vertrauliche Informationen werden in den Räumen der Organisation sicher aufbewahrt. Einige Daten oder Unterlagen können auch bei der nationalen Behörde eines Vertragsstaats aufbewahrt werden. Sicherheitsempfindliche Informationen, darunter Fotografien, Pläne und andere Unterlagen, die nur für die Inspektion einer bestimmten Einrichtung benötigt werden, können in der betreffenden Einrichtung unter Verschluß gehalten werden;
f) soweit es mit der wirksamen Durchführung der Verifikationsbestimmungen dieses Übereinkommens vereinbar ist, werden Informationen vom Technischen Sekretariat derart behandelt und aufbewahrt, daß eine unmittelbare Identifizierung der Einrichtung, auf die sie sich beziehen, ausgeschlossen ist;
g) die aus einer Einrichtung entnommenen vertraulichen Informationen bleiben auf die für die rechtzeitige und wirksame Durchführung der Verifikationsbestimmungen dieses Übereinkommens erforderliche Mindestmenge beschränkt;
h) der Zugang zu vertraulichen Informationen wird entsprechend ihrer Klassifizierung geregelt. Die Verbreitung vertraulicher Informationen innerhalb der Organisation erfolgt streng nach dem Grundsatz „Kenntnis nur soweit nötig“.
(3) Der Generaldirektor berichtet der Konferenz jedes Jahr über die Durchführung dieser Regelung für den Umgang des Technischen Sekretariats mit vertraulichen Informationen.
(4) Jeder Vertragsstaat behandelt die Informationen, die er von der Organisation erhält, entsprechend dem für diese Informationen festgelegten Grad der Vertraulichkeit. Auf Verlangen teilt ein Vertragsstaat Einzelheiten über den Umgang mit den ihm von der Organisation übermittelten Informationen mit.
B. BESCHÄFTIGUNG UND VERHALTEN DES PERSONALS DES TECHNISCHENSEKRETARIATS
(5) Die Beschäftigungsbedingungen des Personals müssen gewährleisten, daß der Zugang zu vertraulichen Informationen und der Umgang mit ihnen den Verfahren entsprechen, die der Generaldirektor nach Abschnitt A festgelegt hat.
(6) Jeder Arbeitsplatz im Technischen Sekretariat wird durch eine förmliche Arbeitsplatzbeschreibung geregelt, die den Umfang des gegebenenfalls erforderlichen Zugangs zu vertraulichen Informationen im Rahmen dieses Arbeitsplatzes im einzelnen festlegt.
(7) Der Generaldirektor, die Inspektoren und die anderen Mitglieder des Personals geben auch nach Beendigung ihrer Aufgaben vertrauliche Informationen, die ihnen in Wahrnehmung ihrer amtlichen Tätigkeit zur Kenntnis gelangen, unbefugten Personen nicht preis. Sie leiten Informationen, zu denen sie im Zusammenhang mit ihren Tätigkeiten in bezug auf einen Vertragsstaat Zugang erhalten, nicht an einen Staat, eine Organisation oder eine Person außerhalb des Technischen Sekretariats weiter.
(8) In Wahrnehmung ihrer Aufgaben fordern die Inspektoren nur die zur Erfüllung ihres Auftrags notwendigen Informationen und Daten an. Sie fertigen keine Aufzeichnungen von Informationen an, die zufällig zusammengetragen wurden und zu der Verifikation der Einhaltung dieses Übereinkommens keinen Bezug haben.
(9) Die Mitglieder des Personals unterschreiben persönliche Geheimhaltungsverpflichtungen gegenüber dem Technischen Sekretariat, die für die Dauer ihrer Beschäftigung und für weitere fünf Jahre nach Beendigung ihrer Tätigkeit gelten.
(10) Zur Vermeidung einer unzulässigen Preisgabe werden die Inspektoren und die Mitglieder des Personals in geeigneter Weise belehrt und an die Sicherheitserwägungen sowie an mögliche Strafen erinnert, die ihnen bei unzulässiger Preisgabe drohen.
(11) Spätestens 30 Tage, bevor ein Bediensteter zum Zugang zu vertraulichen Informationen ermächtigt wird, die sich auf Tätigkeiten im Hoheitsgebiet oder an einem anderen Ort unter der Hoheitsgewalt oder Kontrolle eines Vertragsstaats beziehen, wird der betreffende Vertragsstaat von der vorgesehenen Ermächtigung unterrichtet. Bei Inspektoren gilt diese Forderung durch die Notifikation ihrer geplanten Bestellung als erfüllt.
(12) Bei der Beurteilung der Leistungen der Inspektoren und sonstiger Bediensteter des Technischen Sekretariats soll dem Verhalten des Betreffenden hinsichtlich des Schutzes vertraulicher Informationen besonderes Augenmerk gelten.
C. MASSNAHMEN ZUM SCHUTZ SICHERHEITSEMPFINDLICHER EINRICHTUNGEN UNDZUR VERHINDERUNG DER PREISGABE VERTRAULICHER DATEN IM VERLAUF DERVERIFIKATIONSTÄTIGKEITEN VOR ORT
(13) Die Vertragsstaaten können die ihnen zum Schutz der Vertraulichkeit notwendig erscheinenden Maßnahmen treffen, sofern sie ihren Verpflichtungen nachkommen, die Einhaltung nach den einschlägigen Artikeln und dem Verifikationsanhang zu beweisen. Bei Aufnahme einer Inspektion kann der Vertragsstaat dem Inspektionsteam die Ausrüstung, Unterlagen oder Bereiche nennen, die er als sicherheitsempfindlich und mit dem Zweck der Inspektion nicht im Zusammenhang stehend betrachtet.
(14) Die Inspektionsteams lassen sich von dem Grundsatz leiten, ihre Inspektionen vor Ort so unaufdringlich wie möglich im Einklang mit der wirksamen und rechtzeitigen Erfüllung ihres Auftrags durchzuführen. Sie berücksichtigen etwaige Vorschläge des die Inspektion aufnehmenden Vertragsstaats in jeder Phase der Inspektion, um zu gewährleisten, daß sicherheitsempfindliche, mit chemischen Waffen nicht im Zusammenhang stehende Ausrüstungen oder Informationen geschützt werden.
(15) Die Inspektionsteams halten sich streng an die Bestimmungen der einschlägigen Artikel und Anhänge, in denen die Durchführung der Inspektionen geregelt ist. Sie beachten in vollem Umfang die Verfahren zum Schutz sicherheitsempfindlicher Anlagen und zur Verhinderung der Preisgabe vertraulicher Daten.
(16) Bei der Ausarbeitung von Regelungen und Vereinbarungen über die Einrichtung wird der Notwendigkeit des Schutzes vertraulicher Informationen gebührend Rechnung getragen. Vereinbarungen über Inspektionsverfahren für einzelne Einrichtungen enthalten auch besondere und ausführliche Regelungen für die Festlegung derjenigen Bereiche der Einrichtung, zu denen den Inspektoren Zugang gewährt wird, die Aufbewahrung vertraulicher Informationen vor Ort, den Umfang der Inspektionstätigkeit in den vereinbarten Bereichen, die Entnahme und Analyse von Proben, den Zugang zu Aufzeichnungen und die Benutzung von Instrumenten und Ausrüstung für die ständige Überwachung.
(17) Der nach jeder Inspektion anzufertigende Bericht enthält nur Sachverhalte im Zusammenhang mit der Einhaltung dieses Übereinkommens. Er wird in Übereinstimmung mir den von der Organisation für den Umgang mit vertraulichen Informationen festgelegten Vorschriften behandelt. Falls erforderlich, werden die in dem Bericht enthaltenen Informationen in eine weniger sicherheitsempfindliche Form gebracht, bevor sie von dem Technischen Sekretariat und dem inspizierten Vertragsstaat nach außen weitergeleitet werden.
D. VERFAHREN BEI VERLETZUNGEN ODER BEHAUPTETEN VERLETZUNGEN DERVERTRAULICHKEIT
(18) Der Generaldirektor legt unter Berücksichtigung der von der Konferenz nach Maßgabe des Artikels VIII Absatz 21 Buchstabe i geprüften und genehmigten Empfehlungen die bei Verletzungen oder behaupteten Verletzungen der Vertraulichkeit zu befolgenden notwendigen Verfahren fest.
(19) Der Generaldirektor wacht über die Durchführung der persönlichen Geheimhaltungsverpflichtungen. Er leitet umgehend eine Untersuchung ein, wenn nach seiner Auffassung ausreichende Hinweise auf eine Verletzung der Verpflichtung zum Schutz vertraulicher Informationen vorliegen. Er leitet auch umgehend eine Untersuchung ein, wenn ein Vertragsstaat behauptet, die Vertraulichkeit sei verletzt worden.
(20) Der Generaldirektor verhängt angemessene Straf- und Disziplinarmaßnahmen gegen Mitglieder des Personals, die ihre Verpflichtung zum Schutz vertraulicher Informationen verletzt haben. Bei schweren Verletzungen kann der Generaldirektor die Immunität von der Gerichtsbarkeit aufheben.
(21) Die Vertragsstaaten arbeiten soweit möglich mit dem Generaldirektor zusammen und unterstützen ihn bei der Untersuchung jeder Verletzung oder behaupteten Verletzung der Vertraulichkeit und bei der Anwendung geeigneter Maßnahmen, wenn eine Verletzung festgestellt wurde.
(22) Für eine von Mitgliedern des Technischen Sekretariats begangene Verletzung der Vertraulichkeit wird die Organisation nicht verantwortlich gemacht.
(23) Bei Verletzungen, an denen sowohl ein Vertragsstaat als auch die Organisation beteiligt sind, wird der Fall von einer als Nebenorgan der Konferenz eingesetzten „Kommission zur Beilegung von Streitigkeiten hinsichtlich der Vertraulichkeit“ geprüft. Diese Kommission wird von der Konferenz bestellt. Die Konferenz verabschiedet auf ihrer ersten Tagung die Regeln über die Zusammensetzung und die Arbeitsweise der Kommission.
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