Vorwort
Artikel 1
Art. 1
Dieses Abkommen gilt für Nachlässe von Erblassern, die im Zeitpunkt ihres Todes einen Wohnsitz in einem Vertragstaat oder in beiden Vertragstaaten hatten.
Artikel 2
Art. 2
(1) Dieses Abkommen gilt, ohne Rücksicht auf die Art der Erhebung, für Nachlaß- und Erbschaftsteuern, die für Rechnung eines der beiden Vertragstaaten, der Länder, Kantone, Bezirke, Kreise, Gemeinden oder Gemeindeverbände (auch in Form von Zuschlägen) erhoben werden.
(2) Als Nachlaß- und Erbschaftsteuern gelten alle Steuern, die von Todes wegen als Nachlaßsteuern, Erbanfallsteuern, Abgaben vom Vermögensübergang oder Steuern von Schenkungen auf den Todesfall erhoben werden.
(3) Zu den zur Zeit bestehenden Steuern, für die das Abkommen gilt, gehören insbesondere
a) in Österreich:
die Erbschaft- und Schenkungsteuer, soweit ihr die Erwerbe von Todes wegen unterliegen;
b) in der Schweiz:
die von den Kantonen, Bezirken, Kreisen und Gemeinden erhobenen Nachlaß- und Erbanfallsteuern.
(4) Das Abkommen gilt auch für alle Nachlaß- und Erbschaftsteuern, die künftig neben den zur Zeit bestehenden Steuern oder an deren Stelle erhoben werden.
Artikel 3
Art. 3
(1) Ob ein Erblasser im Zeitpunkt seines Todes einen Wohnsitz in einem Vertragstaat hatte, bestimmt sich bei Anwendung dieses Abkommens nach dem Recht dieses Staates.
(2) Hatte nach Absatz 1 ein Erblasser in beiden Vertragstaaten einen Wohnsitz, so gilt folgendes:
a) Der Wohnsitz des Erblassers gilt als in dem Vertragstaat gelegen, in dem er über eine ständige Wohnstätte verfügte. Verfügte er in beiden Vertragstaaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sein Wohnsitz als in dem Vertragstaat gelegen, zu dem er die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hatte (Mittelpunkt der Lebensinteressen).
b) Kann nicht bestimmt werden, in welchem Vertragstaat der Erblasser den Mittelpunkt der Lebensinteressen hatte, oder verfügte er in keinem der Vertragstaaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sein Wohnsitz in dem Vertragstaat gelegen, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
c) Hatte der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt in beiden Vertragstaaten oder in keinem der Vertragstaaten, so gilt sein Wohnsitz als in dem Vertragstaat gelegen, dessen Staatsangehörigkeit er besaß.
d) Besaß der Erblasser die Staatsangehörigkeit beider Vertragstaaten oder keines Vertragstaates, so verständigen sich die zuständigen Behörden der Vertragstaaten gemäß Artikel 10.
Artikel 4
Art. 4
(1) Unbewegliches Vermögen darf in dem Vertragstaat besteuert werden, in dem dieses Vermögen liegt.
(2) Der Ausdruck “unbewegliches Vermögen” bestimmt sich nach dem Recht des Vertragstaates, in dem das Vermögen liegt. Der Ausdruck umfaßt in jedem Fall das Zubehör zum unbeweglichen Vermögen, das lebende und tote Inventar land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, die Rechte, auf die die Vorschriften des Privatrechts über Grundstücke Anwendung finden, die Nutzungsrechte an unbeweglichem Vermögen sowie die Rechte auf veränderliche oder feste Vergütungen für die Ausbeutung oder das Recht auf Ausbeutung von Mineralvorkommen, Quellen und- anderen Bodenschätzen; Schiffe und Luftfahrzeuge gelten nicht als unbewegliches Vermögen.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für unbewegliches Vermögen eines Unternehmens und für unbewegliches Vermögen, das der Ausübung eines freien Berufes oder einer sonstigen selbständigen Tätigkeit ähnlicher Art dient.
Artikel 5
Art. 5
(1) Vermögen, das Betriebsvermögen einer Betriebsstätte eines Unternehmens darstellt - ausgenommen das nach den Artikeln 4 und 6 zu behandelnde Vermögen -, darf in dem Vertragstaat besteuert werden, in dem sich die Betriebsstätte befindet. Dies gilt auch für eine Beteiligung an einer Personengesellschaft.
(2) Der Ausdruck Betriebstätte” bedeutet eine feste Geschäftseinrichtung, in der die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird.
(3) Der Ausdruck “Betriebstätte” umfaßt insbesondere:
a) einen Ort der Leitung,
b) eine Zweigniederlassung,
c) eine Geschäftsstelle,
d) eine Fabrikationsstätte,
c) eine Werkstätte,
f) ein Bergwerk, einen Steinbruch oder eine andere Stätte der Ausbeutung von Bodenschätzen,
g) eine Bauausführung oder Montage, deren Dauer zwölf Monate überschreitet.
(4) Als Betriebstätten gelten nicht:
a) Einrichtungen, die ausschließlich zur Lagerung, Ausstellung oder Auslieferung von Gütern oder Waren des Unternehmens benutzt werden;
b) Bestände von Gütern oder Waren des Unternehmens, die ausschließlich zur Lagerung, Ausstellung oder Auslieferung unterhalten werden;
c) Bestände von Gütern oder Waren des Unternehmens, die ausschließlich zu dem Zweck unterhalten werden, durch ein anderes Unternehmen bearbeitet oder verarbeitet zu werden;
d) eine feste Geschäftseinrichtung, die ausschließlich zu dem Zweck unterhalten wird, für das Unternehmen Güter oder Waren einzukaufen oder Informationen zu beschaffen;
e) eine feste Geschäftseinrichtung, die ausschließlich zu dem Zweck unterhalten wird, für das Unternehmen zu werben, Informationen zu erteilen, wissenschaftliche Forschung zu betreiben oder ähnliche Tätigkeiten auszuüben, die vorbereitender Art sind oder eine Hilfstätigkeit darstellen.
(5) Ist eine Person - mit Ausnahme eines unabhängigen Vertreters im Sinne des Absatzes 6 - in einem Vertragstaat für ein Unternehmen des anderen Vertragstaates tätig, so gilt eine in dem erstgenannten Staat gelegene Betriebstätte als gegeben, wenn die Person eine Vollmacht besitzt, im Namen des Unternehmens Verträge abzuschließen, und die Vollmacht in diesem Staat gewöhnlich ausübt, es sei denn, daß sich ihre Tätigkeit auf den Einkauf von Gütern oder Waren für das Unternehmen beschränkt.
(6) Ein Unternehmen eines Vertragstaates wird nicht schon deshalb so behandelt, als habe es eine Betriebstätte in dem anderen Vertragstaat, weil es dort seine Tätigkeit durch einen Makler, Kommissionär oder einen anderen unabhängigen Vertreter ausübt, sofern diese Personen im Rahmen ihrer ordentlichen Geschäftstätigkeit handeln.
(7) Vermögen, das zu einer der Ausübung eines freien Berufes oder einer sonstigen selbständigen Tätigkeit ähnlicher Art dienenden festen Einrichtung gehört - ausgenommen das nach Artikel 4 zu behandelnde Vermögen - darf in dem Vertragstaat besteuert werden, in dem sich die feste Einrichtung befindet.
Artikel 6
Art. 6
Seeschiffe und Luftfahrzeuge im internationalen Verkehr und Schiffe, die der Binnenschiffahrt dienen, sowie bewegliches Vermögen, das dem Betrieb dieser Schiffe und Luftfahrzeuge dient, dürfen in dem Vertragstaat besteuert werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet.
Artikel 7
Art. 7
Das nicht nach den Artikeln 4, 5 und 6 zu behandelnde Vermögen darf nur in dem Vertragstaat besteuert werden, in dem der Erblasser im Zeitpunkt des Todes seinen Wohnsitz hatte.
Artikel 8
Art. 8
Nachlaßschulden werden im Verhältnis der in jedem Vertragstaat der Steuer unterliegenden Teile der rohen Nachlaßaktiven zum gesamten vom Erblasser hinterlassenen Rohvermögen in Abzug gebracht.
Artikel 9
Art. 9
Der Vertragstaat, in dem der Erblasser im Zeitpunkt des Todes seinen Wohnsitz hatte, nimmt das Vermögen, das nach diesem Abkommen im anderen Vertragstaat besteuert werden darf, von der Besteuerung aus; dieser Staat darf aber bei der Festsetzung der Steuer für das Vermögen, für das er das Besteuerungsrecht behält, den Steuersatz anwenden, der anzuwenden wäre, wenn das betreffende Vermögen nicht von der Besteuerung ausgenommen wäre.
Artikel 10
Art. 10
(1) Ist eine Person der Auffassung, daß die Maßnahmen eines Vertragstaates oder beider Vertragstaaten für sie zu einer Besteuerung geführt haben oder führen werden, die diesem Abkommen nicht entspricht, so kann sie unbeschadet der nach innerstaatlichem Recht dieser Staaten vorgesehenen Rechtsmittel ihren Fall der zuständigen Behörde eines der beiden Staaten unterbreiten.
(2) Hält diese zuständige Behörde die Einwendung für begründet und ist sie selbst nicht in der Lage, eine befriedigende Lösung herbeizuführen, so wird sie sich bemühen, den Fall durch Verständigung mit der zuständigen Behörde des anderen Vertragstaates so zu regeln, daß eine dem Abkommen nicht entsprechende Besteuerung vermieden wird.
(3) Die zuständigen Behörden der Vertragstaaten werden sich bemühen, Schwierigkeiten oder Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des Abkommens entstehen, in gegenseitigem Einvernehmen zu beseitigen. Sie können auch gemeinsam darüber beraten, wie eine Doppelbesteuerung in Fällen, die in dem Abkommen nicht behandelt sind, vermieden werden kann.
(4) Die zuständigen Behörden der Vertragstaaten können zur Herbeiführung einer Einigung im Sinne der vorstehenden Absätze unmittelbar miteinander verkehren und die dazu notwendigen Auskünfte austauschen. Erscheint ein mündlicher Meinungsaustausch für die Herbeiführung der Einigung zweckmäßig, so kann ein solcher Meinungsaustausch in einer Kommission durchgeführt werden, die aus Vertretern der zuständigen Behörden der Vertragstaaten besteht.
(5) Der Ausdruck “zuständige Behörde” bedeutet
a) in Österreich: der Bundesminister für Finanzen;
b) in der Schweiz: der Direktor der Eidgenössischen Steuerverwaltung oder sein bevollmächtigter Vertreter.
Artikel 11
Art. 11
(1) Dieses Abkommen berührt nicht die steuerlichen Vorrechte, die den Angehörigen einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung oder ihnen nahestehenden Personen nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts oder auf Grund besonderer Vereinbarungen gewährt werden.
(2) Soweit Vermögen wegen der einer Person nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts oder auf Grund besonderer zwischenstaatlicher Verträge zustehenden diplomatischen oder konsularischen Vorrechte im Empfangsstaat nicht besteuert werden, steht das Besteuerungsrecht dem Entsendestaat zu.
Artikel 12
Art. 12
Mit dem Inkrafttreten dieses Abkommens tritt das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Erbschaftsteuern vom 12. November 1953 *) außer Kraft, soweit es durch das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 30. Januar 1974 nicht bereits außer Kraft getreten ist. Seine nach Satz 1 aufgehobenen Bestimmungen finden aber auf Nachlässe von Personen Anwendung, die vor dem 1. Januar 1975 verstorben sind.
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*) Kundgemacht in BGBl. Nr. 251/1954
Artikel 13
Art. 13
(1) Dieses Abkommen bedarf der Ratifikation. Die Ratifikationsurkunden sollen so bald wie möglich in Bern ausgetauscht werden.
(2) Dieses Abkommen tritt mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft und seine Bestimmungen finden auf Nachlässe von Personen Anwendung, die nach dem 31. Dezember 1974 sterben.
Artikel 14
Art. 14
Dieses Abkommen bleibt in Kraft, solange es nicht von einem der Vertragstaaten gekündigt wird. Jeder Vertragstaat kann das Abkommen auf diplomatischem Weg schriftlich unter Einhaltung einer Frist von mindestens sechs Monaten zum Ende eines Kalenderjahres kündigen. In diesem Fall findet das Abkommen nicht mehr auf Nachlässe von Personen Anwendung, die nach Ablauf des Kalenderjahres verstorben sind, zu dessen Ende das Abkommen gekündigt worden ist.
Zu Urkund dessen haben die hiezu gehörig Bevollmächtigten dieses Abkommen unterzeichnet und mit Siegeln versehen.
Geschehen zu Wien, am 30. Januar 1974, in zweifacher Urschrift.