Übereinkommen über das auf Straßenverkehrsunfälle anzuwendende Recht
Artikel 1
Art. 2Artikel 2
Art. 3Artikel 3
Art. 4Artikel 4
Art. 5Artikel 5
Art. 6Artikel 6
Art. 7Artikel 7
Art. 8Artikel 8
Art. 9Artikel 9
Art. 10Artikel 10
Art. 11Artikel 11
Art. 12Artikel 12
Art. 13Artikel 13
Art. 14Artikel 14
Art. 15Artikel 15
Art. 16Artikel 16
Art. 17Artikel 17
Art. 18Artikel 18
Art. 19Artikel 19
Art. 20Artikel 20
Art. 21Artikel 21
Vorwort
Art. 1 Artikel 1
Dieses Übereinkommen bestimmt das auf die außervertragliche zivilrechtliche Haftung aus einem Straßenverkehrsunfall anzuwendende Recht, unabhängig von der Art des Verfahrens, in dem darüber befunden wird.
Unter Straßenverkehrsunfall im Sinne dieses Übereinkommens ist jeder Unfall zu verstehen, an dem ein oder mehrere Fahrzeuge, ob Motorfahrzeuge oder nicht, beteiligt sind und der mit dem Verkehr auf öffentlichen Straßen, auf öffentlich zugänglichem Gelände oder auf nichtöffentlichem, aber einer gewissen Anzahl befugter Personen zugänglichem Gelände zusammenhängt.
Art. 2 Artikel 2
Dieses Übereinkommen ist nicht anzuwenden
1. auf die Haftung von Fahrzeugherstellern, -verkäufern und -reparaturunternehmern;
2. auf die Haftung des Eigentümers des Verkehrswegs oder jeder anderen Person, die für die Instandhaltung des Weges oder die Sicherheit der Benutzer zu sorgen hat;
3. auf die Haftung für Dritte, ausgenommen die Haftung des Fahrzeugeigentümers oder des Geschäftsherrn;
4. auf Rückgriffsansprüche zwischen haftpflichtigen Personen;
5. auf Rückgriffsansprüche und den Übergang von Ansprüchen, soweit Versicherer betroffen sind;
6. auf Ansprüche und Rückgriffsansprüche, die von Einrichtungen der sozialen Sicherheit, Trägern der Sozialversicherung oder anderen ähnlichen Einrichtungen und öffentlichen Kraftfahrzeug-Garantiefonds *) oder gegen sie geltend gemacht werden sowie auf jeden Haftungsausschluß, der in dem für diese Einrichtungen maßgebenden Recht vorgesehen ist.
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*) Für die Schweiz: Motorfahrzeug-Garantiefonds
Art. 3 Artikel 3
Das anzuwendende Recht ist das innerstaatliche Recht des Staates, in dessen Hoheitsgebiet sich der Unfall ereignet hat.
Art. 4 Artikel 4
Vorbehaltlich des Artikels 5 wird in folgenden Fällen von Artikel 3 abgewichen:
a) Ist nur ein Fahrzeug an dem Unfall beteiligt und ist dieses Fahrzeug in einem anderen als dem Staat zugelassen, in dessen Hoheitsgebiet sich der Unfall ereignet hat, so ist das innerstaatliche Recht des Zulassungsstaates anzuwenden auf die Haftung
– gegenüber dem Fahrzeugführer, dem Halter, dem Eigentümer oder jeder anderen Person, die hinsichtlich des Fahrzeuges ein Recht hat, ohne Rücksicht auf ihren gewöhnlichen Aufenthalt;
– gegenüber einem Geschädigten, der Fahrgast war, wenn er seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen als dem Staat hatte, in dessen Hoheitsgebiet sich der Unfall ereignet hat;
– gegenüber einem Geschädigten, der sich am Unfallort außerhalb des Fahrzeuges befand, wenn er seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zulassungsstaat hatte.
Im Falle mehrerer Geschädigter wird das anzuwendende Recht für jeden von ihnen gesondert bestimmt.
b) Sind mehrere Fahrzeuge an dem Unfall beteiligt, so ist Buchstabe a nur anzuwenden, wenn alle Fahrzeuge im selben Staat zugelassen sind.
c) Sind Personen an dem Unfall beteiligt, die sich am Unfallort außerhalb der Fahrzeuge befanden, so sind die Buchstaben a und b nur anzuwenden, wenn alle diese Personen ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zulassungsstaat hatten. Dies gilt selbst dann, wenn diese Personen auch Geschädigte des Unfalls sind.
Art. 5 Artikel 5
Das Recht, das nach den Artikeln3 und 4 auf die Haftung gegenüber dem Fahrgast anzuwenden ist, regelt auch die Haftung für Schäden an den mit dem Fahrzeug beförderten Sachen, die dem Fahrgast gehören oder ihm anvertraut worden sind.
Das Recht, das nach den Artikeln 3 und 4 auf die Haftung gegenüber dem Fahrzeugeigentümer anzuwenden ist, regelt die Haftung für Schäden an anderen als den in Absatz 1 bezeichneten mit dem Fahrzeug beförderten Sachen.
Das Recht, das auf die Haftung für Schäden an außerhalb des oder der Fahrzeuge befindlichen Sachen anzuwenden ist, ist das Recht des Staates, in dessen Hoheitsgebiet sich der Unfall ereignet hat. Die Haftung für Schäden an der außerhalb der Fahrzeuge befindlichen persönlichen Habe des Geschädigten unterliegt jedoch dem innerstaatlichen Recht des Zulassungsstaates, wenn dieses Recht auf die Haftung gegenüber dem Geschädigten nach Artikel 4 anzuwenden ist.
Art. 6 Artikel 6
Bei nicht zugelassenen oder in mehreren Staaten zugelassenen Fahrzeugen tritt an die Stelle des innerstaatlichen Rechts des Zulassungsstaates das Recht des Staates des gewöhnlichen Standorts. Das gleiche gilt, wenn weder der Eigentümer noch der Halter noch der Führer des Fahrzeugs zur Zeit des Unfalls ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zulassungsstaat hatten.
Art. 7 Artikel 7
Unabhängig von dem anzuwendenden Recht sind bei der Bestimmung der Haftung die am Ort und zur Zeit des Unfalls geltenden Verkehrs- und Sicherheitsvorschriften zu berücksichtigen.
Art. 8 Artikel 8
Das anzuwendende Recht bestimmt insbesondere
1. die Voraussetzungen und den Umfang der Haftung;
2. die Haftungsausschlußgründe sowie jede Beschränkung und jede Aufteilung der Haftung;
3. das Vorhandensein und die Art zu ersetzender Schäden;
4. die Art und den Umfang des Ersatzes;
5. die Übertragbarkeit des Ersatzanspruchs;
6. die Personen, die Anspruch auf Ersatz des persönlich erlittenen Schadens haben;
7. die Haftung des Geschäftsherrn für seinen Gehilfen;
8. die Verjährung und den auf Zeitablauf beruhenden Rechtsverlust, einschließlich des Beginns, der Unterbrechung und der Hemmung der Fristen.
Art. 9 Artikel 9
Die geschädigten Personen haben ein unmittelbares Klagerecht gegen den Versicherer des Haftpflichtigen, wenn ihnen ein solches Recht nach dem gemäß Artikel 3, 4 oder 5 anzuwendenden Recht zusteht.
Sieht das nach Artikel 4 oder 5 anzuwendende Recht des Zulassungsstaats ein unmittelbares Klagerecht nicht vor, so kann es gleichwohl ausgeübt werden, wenn es vom innerstaatlichen Recht des Staates zugelassen ist, in dessen Hoheitsgebiet sich der Unfall ereignet hat.
Sieht keines dieser Rechte ein solches Klagerecht vor, so kann es ausgeübt werden, wenn es von dem Recht zugelassen ist, das für den Versicherungsvertrag maßgebend ist.
Art. 10 Artikel 10
Die Anwendung eines der durch dieses Übereinkommen für anwendbar erklärten Rechte kann nur ausgeschlossen werden, wenn sie mit der öffentlichen Ordnung offensichtlich unvereinbar ist.
Art. 11 Artikel 11
Die Anwendung der Artikel 1 bis 10 ist unabhängig vom Erfordernis der Gegenseitigkeit. Das Übereinkommen ist auch anzuwenden, wenn das anzuwendende Recht nicht das Recht eines Vertragsstaats ist.
Art. 12 Artikel 12
Jede Gebietseinheit, die Teil eines Staates mit einem nicht einheitlichen Rechtssystem ist, wird im Sinne der Artikel 2 bis 11 als Staat angesehen, wenn sie ihr eigenes Rechtssystem in bezug auf die außervertragliche zivilrechtliche Haftung bei Straßenverkehrsunfällen hat.
Art. 13 Artikel 13
Ein Staat mit einem nicht einheitlichen Rechtssystem ist nicht verpflichtet, dieses Übereinkommen auf Unfälle anzuwenden, die sich in seinem Hoheitsgebiet ereignen und an denen nur Fahrzeuge beteiligt sind, die in den Gebietseinheiten dieses Staates zugelassen sind.
Art. 14 Artikel 14
Ein Staat mit einem nicht einheitlichen Rechtssystem kann bei der Unterzeichnung, der Ratifizierung oder dem Beitritt erklären, daß dieses Übereinkommen sich auf alle oder nur auf eines oder mehrere seiner Rechtssysteme erstreckt; er kann diese Erklärung jederzeit durch eine neue Erklärung ändern.
Diese Erklärungen werden dem Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten der Niederlande notifiziert; sie haben ausdrücklich anzugeben, auf welche Rechtssysteme das Übereinkommen anzuwenden ist.
Art. 15 Artikel 15
Dieses Übereinkommen hat keinen Vorrang gegenüber anderen Übereinkommen, deren Vertragsparteien die Vertragsstaaten sind oder werden und die auf besonderen Gebieten die außervertragliche zivilrechtliche Haftung aus einem Straßenverkehrsunfall regeln.
Art. 16 Artikel 16
Dieses Übereinkommen liegt für die auf der Elften Tagung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht vertretenen Staaten zur Unterzeichnung auf.
Es bedarf der Ratifizierung; die Ratifikationsurkunden sind beim Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten der Niederlande zu hinterlegen.
Art. 17 Artikel 17
Dieses Übereinkommen tritt am sechzigsten Tag nach der in Artikel 16 Absatz 2 vorgesehenen Hinterlegung der dritten Ratifikationsurkunde in Kraft.
Das Übereinkommen tritt für jeden Unterzeichnerstaat, der es später ratifiziert, am sechzigsten Tag nach Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde in Kraft.
Art. 18 Artikel 18
Jeder auf der Elften Tagung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht nicht vertretene Staat, der Mitglied dieser Konferenz oder der Vereinten Nationen oder einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen oder Vertragspartei der Satzung des Internationalen Gerichtshofs ist, kann diesem Übereinkommen beitreten, nachdem es gemäß Artikel 17 Absatz 1 in Kraft getreten ist.
Die Beitrittsurkunde ist beim Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten der Niederlande zu hinterlegen.
Das Übereinkommen tritt für den beitretenden Staat am sechzigsten Tag nach der Hinterlegung seiner Beitrittsurkunde in Kraft.
Der Beitritt wirkt nur im Verhältnis zwischen dem beitretenden Staat und den Vertragsstaaten, die erklärt haben, den Beitritt anzunehmen. Die Erklärung ist beim Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten der Niederlande zu hinterlegen; dieses übermittelt jedem Vertragsstaat auf diplomatischem Wege eine beglaubigte Abschrift.
Das Übereinkommen tritt wischen dem beitretenden Staat und dem Staat, der erklärt hat, den Beitritt anzunehmen, am sechzigsten Tag nach Hinterlegung der Annahmeerklärung in Kraft.
Art. 19 Artikel 19
Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung, der Ratifizierung oder dem Beitritt erklären, daß dieses Übereinkommen sich auf alle Hoheitsgebiete, deren internationale Beziehungen er wahrnimmt, oder auf eines oder mehrere dieser Hoheitsgebiete erstreckt. Diese Erklärung wird wirksam, sobald das Übereinkommen für diesen Staat in Kraft tritt.
Später wird jede derartige Erstreckung dem Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten der Niederlande notifiziert.
Das Übereinkommen tritt für die Hoheitsgebiete, auf die es erstreckt wird, am sechzigsten Tag nach der in Absatz 1 bezeichneten Notifizierung in Kraft.
Art. 20 Artikel 20
Dieses Übereinkommen gilt für die Dauer von fünf Jahren, beginnend mit dem Tag, an dem es nach Artikel 17 Absatz 1 in Kraft tritt; dies gilt auch für die Staaten, die es später ratifiziert haben oder ihm später beigetreten sind.
Die Geltungsdauer des Übereinkommens verlängert sich, außer im Fall der Kündigung stillschweigend um jeweils fünf Jahre.
Die Kündigung ist spätestens sechs Monate vor Ablauf der fünf Jahre dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten der Niederlande zu notifizieren.
Die Kündigung kann sich auf einzelne Hoheitsgebiete beschränken, für die das Übereinkommen gilt.
Die Kündigung wirkt nur für den Staat, der sie notifiziert hat. Für die anderen Vertragsstaaten bleibt das Übereinkommen in Kraft.
Art. 21 Artikel 21
Das Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten der Niederlande notifiziert den in Artikel 16 bezeichneten Staaten, und den Staaten, die nach Artikel 18 beigetreten sind,
a) jede Unterzeichnung und Ratifikation nach Artikel 16;
b) den Tag, an dem dieses Übereinkommen nach Artikel 17 Absatz 1 in Kraft tritt;
c) jeden Beitritt nach Artikel 18 und den Tag, an dem der Beitritt wirksam wird;
d) jede Erklärung nach den Artikeln 14 und 19;
e) jede Kündigung nach Artikel 20 Absatz 3.
ZU URKUND DESSEN haben die hiezu gehörig Bevollmächtigten dieses Übereinkommen unterzeichnet.
GESCHEHEN in Den Haag am 4. Mai 1971 in französischer und englischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv der Regierung der Niederlande hinterlegt und von der jedem auf der Elften Tagung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht vertretenen Staat auf diplomatischem Wege eine beglaubigte Abschrift übermittelt wird.