BundesrechtInternationale VerträgeAbkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche

Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche

In Kraft seit 18. Oktober 1930
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Artikel 1

Art. 1

In den Gebieten eines der Hohen Vertragschließenden Teile, auf die dieses Abkommen anzuwenden ist, wird ein Schiedsspruch, der auf Grund einer Schiedsabrede oder einer Schiedsklausel ergangen ist, wie sie in dem seit dem 24. September 1923 in Genf aufgelegten Protokoll über die Schiedsklauseln vorgesehen sind, als wirksam anerkannt und gemäß den Verfahrensvorschriften des Landes, in dem er geltend gemacht wird, zur Vollstreckung zugelassen, wenn er im Gebiete eines der Hohen Vertragschließenden Teile, auf das dieses Abkommen anzuwenden ist, und zwischen Personen ergangen ist, die der Gerichtsbarkeit eines der Hohen Vertragschließenden Teile unterstehen.

Zu dieser Anerkennung oder Vollstreckung ist ferner notwendig:

a) daß der Schiedsspruch auf Grund einer Schiedsabrede oder einer Schiedsklausel ergangen ist, die nach der auf sie anwendbaren Gesetzgebung gültig sind;

b) daß nach dem Rechte des Landes, in dem der Schiedsspruch geltend gemacht wird, der Gegenstand des Schiedsspruchs einem schiedsgerichtlichen Verfahren unterworfen werden kann;

c) daß der Schiedsspruch von dem Schiedsgerichte gefällt wurde, das in der Schiedsabrede oder der Schiedsklausel vorgesehen oder gemäß der Vereinbarung der Parteien und den auf das Schiedsverfahren anwendbaren Rechtsvorschriften gebildet worden ist;

d) daß der Schiedsspruch in dem Lande, in dem er ergangen ist, eine endgültige Entscheidung darstellt; er gilt nicht als endgültig, wenn er dem Einspruch, der Berufung oder Nichtigkeitsbeschwerde unterworfen ist (in den Ländern, in denen diese Rechtsbehelfe bestehen) oder wenn nachgewiesen wird, daß ein Verfahren zwecks Anfechtung der Gültigkeit des Schiedsspruchs anhängig ist;

e) daß die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs nicht der öffentlichen Ordnung oder den Grundsätzen des öffentlichen Rechts des Landes, in dem er geltend gemacht wird, widerspricht.

Artikel 2

Art. 2

Auch wenn die im Artikel 1 vorgesehenen Voraussetzungen gegeben sind, ist die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs zu versagen, wenn der Richter feststellt:

a) daß der Schiedsspruch in dem Lande, in dem er ergangen ist, für nichtig erklärt worden ist;

b) daß die Partei, gegen die der Schiedsspruch geltend gemacht wird, nicht zeitig genug von dem schiedsgerichtlichen Verfahren Kenntnis erlangt hat, um ihre (Angriffs- und Verteidigungs ) Mittel geltend machen zu können, oder daß sie im Falle ihrer Prozeßunfähigkeit nicht ordnungsmäßig vertreten war;

c) daß der Schiedsspruch nicht die in der Schiedsabrede erwähnten oder unter die Bestimmungen der Schiedsklausel fallenden Streitpunkte betrifft oder daß er Entscheidungen enthält, welche die Grenzen der Schiedsabrede oder der Schiedsklausel überschreiten.

Wenn der Schiedsspruch nicht alle dem Schiedsgericht unterbreiteten Fragen entschieden hat, kann die zuständige Behörde des Landes, in dem die Anerkennung oder Vollstreckung nachgesucht wird, die Anerkennung oder Vollstreckung, wenn sie dies für angebracht hält, aussetzen oder von einer Sicherheitsleistung abhängig machen, die sie zu bestimmen hat.

Artikel 3

Art. 3

Wenn die Partei, zu deren Ungunsten der Schiedsspruch ergangen ist, dartut, daß sie nach den auf das Schiedsverfahren anwendbaren Rechtsvorschriften die Gültigkeit des Schiedsspruchs aus einem anderen Grunde als den im Artikel 1, lit. a und c, und Artikel 2, lit. b und c, erwähnten Gründen gerichtlich anzufechten berechtigt ist, kann der Richter nach seinem Ermessen die Anerkennung oder Vollstreckung versagen oder sie aussetzen und der Partei eine angemessene Frist bestimmen, um vor dem zuständigen Gericht den Ausspruch der Nichtigkeit herbeizuführen.

Artikel 4

Art. 4

Die Partei, die den Schiedsspruch geltend macht oder seine Vollstreckung beantragt, hat insbesondere vorzulegen:

1. die Urschrift des Schiedsspruchs oder eine Abschrift, die nach der Gesetzgebung des Landes, in dem er ergangen ist, alle für ihre Beweiskraft erforderlichen Bedingungen erfüllt;

2. die Urkunden und Unterlagen, die dartun, daß der Schiedsspruch in dem Lande, in dem er ergangen ist, eine endgültige Entscheidung im Sinne des Artikels 1, lit. d, darstellt;

3. erforderlichenfalls die Urkunden und Unterlagen, die dartun, daß die im Artikel 1, Absatz 1 und Absatz 2, lit. a und c, bestimmten Voraussetzungen vorliegen.

Auf Verlangen ist eine Übersetzung des Schiedsspruchs und der anderen in diesem Artikel erwähnten Urkunden in die amtliche Sprache des Landes, in dem der Schiedsspruch geltend gemacht wird, beizubringen. Diese Übersetzung muß von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter des Landes, dem die Partei, die den Schiedsspruch geltend macht, angehört oder von einem beeidigten Dolmetscher des Landes, in dem der Schiedsspruch geltend gemacht wird, als richtig bescheinigt sein.

Artikel 5

Art. 5

Die Bestimmungen der vorangehenden Artikel schließen nicht aus, daß eine Partei von einem Schiedsspruch nach Maßgabe der Gesetzgebung oder der Verträge des Landes, in dem er geltend gemacht wird, Gebrauch macht.

Art. 6

Dieses Abkommen findet nur auf Schiedssprüche Anwendung, die nach dem Inkrafttreten des in Genf seit dem 24. September 1923 aufgelegten Protokolls über die Schiedsklauseln ergangen sind.

Artikel 7

Art. 7

Dieses Abkommen, dessen Zeichnung allen Staaten freisteht, die das Protokoll von 1923 über die Schiedsklauseln gezeichnet haben, ist zu ratifizieren.

Es kann nur im Namen derjenigen Mitglieder des Völkerbundes sowie derjenigen nicht zu den Mitgliedern gehörigen Staaten ratifiziert werden, für die das Protokoll von 1923 ratifiziert worden ist.

Die Ratifikationsurkunden sind so bald wie möglich bei dem Generalsekretär des Völkerbundes zu hinterlegen. Dieser wird die Hinterlegung allen Unterzeichnern mitteilen.

Artikel 8

Art. 8

Dieses Abkommen tritt drei Monate, nachdem es im Namen von zwei der Hohen Vertragschließenden Teile ratifiziert worden ist, in Kraft. In der Folge tritt es für jeden Hohen Vertragschließenden Teil drei Monate nach der Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde beim Generalsekretär des Völkerbundes in Kraft.

Artikel 9

Art. 9

Dieses Abkommen kann im Namen jedes Mitglieds des Völkerbundes oder jedes nicht zu den Mitgliedern gehörigen Staates gekündigt werden. Die Kündigung ist schriftlich dem Generalsekretär des Völkerbundes mitzuteilen. Dieser wird unverzüglich eine beglaubigte Abschrift der Mitteilung allen anderen vertragschließenden Teilen übersenden und ihnen dabei den Tag bekanntgeben, an dem er die Mitteilung erhalten hat.

Die Kündigung wirkt nur hinsichtlich des Hohen Vertragschließenden Teiles, der sie mitgeteilt hat, und erst mit dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Mitteilung dem Generalsekretär des Völkerbundes zugegangen ist.

Die Kündigung des Protokolls über die Schiedsklauseln hat ohne weiteres die Kündigung dieses Abkommens zur Folge.

Artikel 10

Art. 10

Die Geltung dieses Abkommens erstreckt sich nicht ohne weiteres auf die Kolonien, Protektorate oder Gebiete, die unter der Oberhoheit oder dem Mandat eines der Hohen Vertragschließenden Teile stehen.

Die Ausdehnung auf eine oder mehrere dieser Kolonien, Gebiete oder Protektorate, auf die das seit dem 24. September 1923 in Genf aufgelegte Protokoll über die Schiedsklauseln anwendbar ist, kann jederzeit durch eine an den Generalsekretär des Völkerbundes gerichtete Erklärung eines der Hohen Vertragschließenden Teile herbeigeführt werden.

Diese Erklärung tritt drei Monate nach ihrer Hinterlegung in Kraft.

Die Hohen Vertragschließenden Teile können jederzeit das Abkommen für alle oder einzelne der oben erwähnten Kolonien, Protektorate oder Gebiete kündigen. Artikel 9 findet auf diese Kündigung Anwendung.

Artikel 11

Art. 11

Eine beglaubigte Abschrift dieses Abkommens wird durch den Generalsekretär des Völkerbundes allen Mitgliedern des Völkerbundes und allen nicht zu den Mitgliedern gehörenden Staaten, die dieses Abkommen unterzeichnet haben, übersandt werden.

Urkund dessen haben die oben genannten Bevollmächtigten dieses Abkommen gezeichnet.

Geschehen in Genf, am 26. September 1927 in einer einzigen Ausfertigung, deren englischer und französischer Wortlaut in gleicher Weise maßgebend ist und die in den Archiven des Völkerbundes niedergelegt bleibt.