Vorwort
Art. 1
1. Jeder der vertragschließenden Staaten erkennt Schiedsabreden und Schiedsklauseln, durch welche sich in Handelssachen und anderen Angelegenheiten, bei denen eine Regelung durch vertraglich vereinbartes Schiedsverfahren zulässig ist, die Parteien eines Vertrages verpflichten, Streitfragen aus diesem Vertrage ganz oder zum Teil einem Schiedsverfahren zu unterwerfen, zwischen Personen, die der Gerichtsbarkeit der vertragschließenden Staaten unterworfen sind, als gültig an, und zwar auch dann, wenn das Schiedsverfahren in einem anderen Staate stattfindet als dem, dessen Gerichtsbarkeit jede der Parteien unterworfen ist.
Jeder vertragschließende Staat behält sich die Freiheit vor, die obengenannte Verpflichtung auf diejenigen Verträge zu beschränken, die durch seine Landesgesetzgebung als Handelsangelegenheiten behandelt werden. Wenn einer der vertragschließenden Teile von dieser Befugnis Gebrauch macht, so wird er hievon dem Generalsekretär des Völkerbundes zum Zwecke der Benachrichtigung der anderen vertragschließenden Staaten Mitteilung machen.
Art. 2
2. Für das Verfahren in Schiedssachen einschließlich der Zusammensetzung des Schiedsgerichts ist der Parteiwille und die Gesetzgebung des Landes maßgebend, auf dessen Gebiet das Schiedsverfahren stattfindet.
Die vertragschließenden Staaten verpflichten sich, die Verfahrenshandlungen, die auf ihrem Gebiete vorgenommen werden müssen, nach Maßgabe der Bestimmungen zu erleichtern, die nach ihrer Gesetzgebung für das Verfahren in Schiedssachen kraft Vereinbarung maßgebend sind.
Art. 3
3. Jeder vertragschließende Staat übernimmt die Verpflichtung, daß die Vollstreckung der auf seinem Gebiete gemäß den vorstehenden Artikeln erlassenen Schiessprüche durch seine Behörden und nach Maßgabe der Bestimmungen seiner Landesgesetzgebung gewährleistet wird.
Art. 4
4. Wenn den Gerichten der vertragschließenden Staaten ein Rechtsstreit aus einem Vertrage zwischen den unter Artikel 1 erwähnten Personen unterbreitet wird und der Vertrag eine Schiedsabrede oder eine Schiedsklausel enthält, die nach dem genannten Artikel gültig ist und zur Ausführung gebracht werden kann, so werden sie die Beteiligten auf Antrag eines von ihnen zwecks Entscheidung des Rechtsstreits vor die Schiedsrichter verweisen.
Diese Verweisung hat keine bindende Wirkung hinsichtlich der Zuständigkeit der Gerichte in dem Falle, daß aus irgendeinem Grunde die Schiedsabrede, die Schiedsklausel oder das Schiedsverfahren hinfällig oder unausführbar geworden sind.
Art. 5
5. Das gegenwärtige Protokoll, dessen Zeichnung allen Staaten freisteht, soll ratifiziert werden. Die Ratifikationsurkunden sollen so bald als möglich bei dem Generalsekretär des Völkerbundes hinterlegt werden, der die Hinterlegung allen Vertragsstaaten mitteilen wird.
Art. 6
6. Das gegenwärtige Protokoll soll in Kraft treten, sobald zwei Ratifikationsurkunden hinterlegt sind. Späterhin soll das Protokoll für jeden vertragschließenden Staat einen Monat nach der Mitteilung des Generalsekretärs des Völkerbundes über die Niederlegung seiner Ratifikationsurkunde in Kraft treten.
Art. 7
7. Das gegenwärtige Protokoll kann von jedem der vertragschließenden Staaten mit einer Frist von einem Jahre gekündigt werden. Die Kündigung soll durch eine schriftliche Mitteilung an den Generalsekretär des Völkerbundes erfolgen. Letzterer wird diese Mitteilung sofort allen anderen Vertragsstaaten in Abschrift unter Angabe des Tages des Einganges mitteilen. Die Kündigung soll ein Jahr nach dem Tage der Mitteilung an den Generalsekretär wirksam werden. Sie soll nur für denjenigen vertragschließenden Staat gelten, der sie vorgenommen hat.
Art. 8
8. Den vertragschließenden Staaten steht es frei, zu erklären, daß von der durch sie erfolgten Annahme des gegenwärtigen Protokolls die nachstehenden Gebiete, und zwar insgesamt oder zum Teil, ausgeschlossen sind, nämlich Kolonien, überseeische Besitzungen oder Gebiete, Protektorate oder Gebiete, über die sie ein Mandat ausüben.
Diese Staaten können später dem Protokoll besonders für jedes der auf diese Weise ausgeschlossenen Gebiete beitreten. Die Beitrittserklärung soll so bald als möglich dem Generalsekretär des Völkerbundes übermittelt werden, der sie allen Vertragsstaaten mitteilen wird, und sie soll einen Monat nach ihrer Mitteilung durch den Generalsekretär an alle Vertragsstaaten in Kraft treten.
Die vertragschließenden Staaten können in gleicher Weise das Protokoll besonders für jedes der vorbezeichneten Gebiete kündigen. Der Artikel 7 findet auf diese Kündigung Anwendung.
Eine beglaubigte Abschrift des gegenwärtigen Protokolls soll durch den Generalsekretär allen vertragschließenden Staaten übersandt werden.
Geschehen in Genf, den 24. September 1923 in einem einzigen Exemplar, dessen englischer und französischer Text in gleicher Weise authentisch ist und das in den Archiven des Völkerbundes niedergelegt bleibt.