Anläßlich der Unterzeichnung des Übereinkommens zwischen der Republik Österreich und dem Königreiche der Serben, Kroaten und Slowenen über die Ausführung der Artikel 93 und 191-196 des Staatsvertrages von Saint Germain haben die beiderseitigen Delegierten folgendes festgestellt.
1. In Ergänzung des Artikels IX, letzter Absatz, wird folgendes einvernehmlich festgestellt.
Auf Verlangen werden unter besonderen Umständen und soweit es ohne Beeinträchtigung des laufenden Dienstes und der wissenschaftlichen Forschung möglich ist, einzelne Archivalien dieser Art mit Ausnahme der in Artikel V, Absatz 2, bezeichneten der Regierung des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen auf bestimmte Zeit und unter der Voraussetzung der sofortigen Rückstellung im Falle dringenden Bedarfes der österreichischen oder einer dritten Regierung auch leihweise ausgefolgt. Die Kosten der Versendung trägt die Regierung des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen, die für Verlust oder für Beschädigung von entlehnten Archivalien einen Schadenersatz im Ausmaße einer jeweils vor Entlehnung zu vereinbarenden Versicherungssumme leisten wird.
2. Die österreichischen Delegierten ersuchen auf Grund des Artikels XX und unter Hinweis auf das Schreiben des österreichischen Archivbevollmächtigten vom 20. Juni 1923 die Herren Delegierten des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen im besonderen:
a) um Rückstellung der nach dem Rückzug der österreichisch-ungarischen Armee auf dem Gebiete des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen verbliebenen Akten der höheren Kommanden (von der Brigade aufwärts);
b) um Rückstellung aller Akten und Archivalien der Behörden des ehemaligen Abstimmungsgebietes, welche Akten und Archivalien von den Behörden des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen beim Verlassen des Abstimmungsgebietes mitgenommen worden sein sollen;
c) um Gewährung des freien Zutrittes zu der Registratur der bosnisch-herzegowinischen Abteilung des ehemaligen k. u. k. Finanzministeriums und deren Benützung und Entlehnung nach Maßgabe des Artikels IX;
d) um Gewährung der Einsichtnahme in die etwa noch auf dem Boden des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen befindlichen Akten des ehemaligen k. u. k. Militärgeneralgouvernements Serbien und der k. u. k. Militär-Kreiskommanden;
e) um Rückstellung des Archivs und Museums des ehemaligen k. u. k. Infanterieregimentes Nr. 47 Marburg;
f) um Rückstellung von Teilen des Archivs der ehemaligen k. u. k. österreichisch-ungarischen Gesandtschaft in Belgrad, die sich noch auf dem Boden des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen befinden;
g) um Rückstellung des Archivs der ehemaligen deutsch-österreichisch-ungarischen Gläubigerzentrale in Belgrad;
h) um Erfüllung der Wünsche des österreichischen Bundesministeriums für Finanzen, die noch im einzelnen werden bekanntgegeben werden;
i) um Rückstellung der Operationsakten der 57. Infanteriedivision, die der ehemalige Generalstabsoffizier Emil Krömer beim Spediteur Ranzinger in Laibach hinterlegt hat;
3. Die Delegation der Regierung des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen ersucht, daß die Glocken, die nachweislich anläßlich der Metallablieferungen aus dem Gebiete des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen fortgebracht worden sind, ohne Rücksicht darauf, ob sie ganz oder zerbrochen sind, unentgeltlich zurückgestellt werden.
Ebenso mögen zurückgestellt werden historische oder künstlerisch wertvolle Gegenstände der Kriegsmetallsammlung, die nachweislich aus dem Gebiete des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen stammen, soweit sie nicht von Privaten gekauft worden sind.
Schließlich mögen auch wissenschaftliche Apparate sowie wissenschaftliche Sammlungen, die aus wissenschaftlichen Instituten, Lehranstalten u. s. w. aus dem Gebiete des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen nach dem 1. Juni 1914 weggebracht worden sind, unentgeltlich zurückgestellt werden. Da es sich in allen diesen Fällen lediglich um Restitutionen im Sinne der Artikel 191, 192 des Staatsvertrages von Saint-Germain handelt, ersucht die serbo-kroatisch-slowenische Delegation, die Restitution zu beschleunigen und nach den zu restituierenden Gegenständen amtliche Nachforschungen ehebaldigst anstellen zu lassen.
Wien, den 26. Juni 1923.
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