Das in den Artikeln 7, 8, 10, und 11 des vorstehend kundgemachten Übereinkommens erwähnte Abkommen zwischen Deutschland, Belgien, Dänemark, Spanien, Frankreich, Großbritannien, Italien, Holland, Portugal, Rußland, Schweden und Norwegen und der Schweiz vom 18. Mai 1904 hat folgenden Wortlaut:
Jede der vertragschließenden Regierungen verpflichtet sich eine Behörde zu errichten oder zu bezeichnen, der es obliegt, alle Nachrichten über Anwerbung von Frauen und Mädchen zu Zwecken der Unzucht im Auslande bei sich zu vereinigen; diese Behörde soll das Recht haben, mit der in jedem der anderen vertragschließenden Staaten errichteten gleichartigen Verwaltung unmittelbar zu verkehren.
Jede der Regierungen verpflichtet sich, Überwachung ausüben zu lassen, um insbesondere auf den Bahnhöfen, in den Einschiffungshäfen und während der Fahrt die Begleiter von Frauen und Mädchen, die der Unzucht zugeführt werden sollen, ausfindig zu machen. Zu diesem Zwecke werden an die Beamten oder an alle anderen hiezu berufenen Personen Weisungen ergehen, um innerhalb der gesetzlichen Grenzen alle Nachrichten zu beschaffen, die geeignet sind, einem verbrecherischen Handel auf die Spur zu kommen.
Das Eintreffen von Personen, die offenbar die Urheber, Mitschuldigen oder die Opfer eines solchen Handels zu sein scheinen, wird gegebenenfalls den Behörden des Bestimmungsortes, den beteiligten diplomatischen oder konsularischen Agenten oder jeder sonst zuständigen Behörde angezeigt werden.
Die Regierungen verpflichten sich, gegebenenfalls und innerhalb der gesetzlichen Grenzen die Aussagen der Frauen oder Mädchen fremder Staatsangehörigkeit, die sich der Unzucht hingeben, aufnehmen zu lassen, um ihre Identität und ihren Personenstand festzustellen und zu ermitteln, wer sie zum Verlassen ihrer Heimat bestimmt hat. Die eingezogenen Nachrichten werden den Behörden des Heimatlandes der besagten Frauen oder Mädchen behufs ihrer etwaigen Heimschaffung mitgeteilt werden.
Die Regierungen verpflichten sich, innerhalb der gesetzlichen Grenzen und soweit dies geschehen kann, die Opfer eines verbrecherischen Handels, wenn sie von Mitteln entblößt sind, öffentlichen oder privaten Unterstützungsanstalten oder Privatpersonen, die die erforderlichen Garantien bieten, vorläufig und im Hinblicke auf eine etwaige Heimschaffung anzuvertrauen.
Die Regierungen verpflichten sich auch, innerhalb der gesetzlichen Grenzen nach Möglichkeit diejenigen unter diesen Frauen und Mädchen nach ihrem Heimatlande zurückzusenden, die ihre Heimschaffung verlangen oder die von Personen, unter deren Gewalt sie stehen, beansprucht werden sollten. Die Heimschaffung wird erst ausgeführt werden nach Verständigung über die Identität, über die Staatsangehörigkeit, sowie über den Ort und den Zeitpunkt des Eintreffens an den Grenzen. – Jeder Vertragsstaat soll die Durchbeförderung durch sein Gebiet erleichtern.
Der Schriftenwechsel über die Heimschaffungen wird nach Möglichkeit auf unmittelbarem Wege erfolgen.
Falls die Reisekosten für eine heimzuschaffende Frau oder für ein solches Mädchen nicht von ihr selbst ersetzt werden können, und sie weder einen Gatten, noch Eltern, noch einen Vormund hat, die für sie zahlen würden, werden die durch die Heimschaffung verursachten Kosten bis zur nächsten Grenze oder zum nächsten Einschiffungshafen in der Richtung des Heimatlandes dem Lande, auf dessen Gebiete sie sich aufhält, und im übrigen ihrem Heimatlande zur Last fallen.
Durch die Bestimmungen der obigen Artikel 3 und 4 werden die zwischen den vertragschließenden Regierungen etwa bestehenden besonderen Übereinkommen nicht berührt.
Die vertragschließenden Regierungen verpflichten sich, innerhalb der gesetzlichen Grenzen nach Möglichkeit eine Überwachung der Anstalten und Agenturen auszuüben, die sich mit der Anstellung vom Frauen oder Mädchen im Auslande befassen.
Den Staaten, die das vorliegende Abkommen nicht unterzeichnet haben, wird der Beitritt freigestellt. Zu diesem Zwecke zeigen sie ihre Absicht dem Generalsekretär der Vereinten Nationen an, der hievon alle Vertragsstaaten sowie alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen in Kenntnis setzen wird.
Das gegenwärtige Abkommen tritt sechs Monate nach dem Zeitpunkte des Austausches der Ratifikationen in Kraft. Falls einer der vertragschließenden Teile es kündigen sollte, würde diese Kündigung nur in Ansehung dieses Teiles, und zwar erst zwölf Monate vom Tage der erwähnten Kündigung an in Wirksamkeit treten.
Das gegenwärtige Abkommen wird ratifiziert und die Ratifikationsurkunden werden binnen möglichst kurzer Frist in Paris ausgetauscht werden.
(Der Beitritt der österreichisch-ungarischen Monarchie zu diesem Abkommen wurde zufolge Allerhöchster Entschließung vom 17. Jänner 1905 am 18. Jänner 1905 vollzogen.
Dem Abkommen sind überdies Brasilien, die Vereinigten Staaten von Amerika und Luxemburg , sowie folgende Staaten für ihre nachbenannten Kolonien und Besitzungen beigetreten, und zwar:
Dänemark für Island und die dänischen Antillen;
Deutschland für alle seine Kolonien;
England für Kanada, Neufundland, Australien, Bahama-Inseln, Guinea, Trinidad, Barbados, Windwards-Inseln, Süd-Rhodesia, Gambia, Goldküste, Nord-Nigeria, Britisch-Zentralafrika, Malta, Gibraltar, Ceylon, Seychelles, Hongkong, St. Helena, Leewards-Inseln, Uganda, Neuseeland, Fidji-Inseln, Jamaika, Sierra-Leone, Somaliland und Wei-Hei-Wei;
Frankreich für alle seine Kolonien;
Italien für Erytrea;
die Niederlande für alle ihre Kolonien;
Rußland für alle seine Kolonien.)
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