JudikaturJustizBsw25918/94

Bsw25918/94 – AUSL EGMR Entscheidung

Entscheidung
15. Mai 1996

Kopf

Europäische Kommission für Menschenrechte, Kammer I, Beschwerdesache Aliriza Altuntas gegen Österreich, Zulässigkeitsentscheidung vom 15.5.1996, Bsw. 25918/94.

Spruch

Art. 8 EMRK - Ausweisung und Recht auf Familienleben.

Unzulässigkeit der Beschwerde (einstimmig).

Text

Begründung:

Sachverhalt:

Der Bf., ein in Österreich geborener türk. Staatsbürger, reiste - gemeinsam mit seinem in Österreich berufstätigen Vater - nach Österreich ein und beantragte die Erteilung eines Sichtvermerks. Der Antrag wurde abgelehnt und die Ausweisung des Bf. angeordnet. Die den Bescheid aussprechende Bezirksverwaltungsbehörde war dabei im wesentlichen von der Tatsache ausgegangen, dass nur der Vater des Bf. sich in Österreich rechtmäßig aufhielt, seine Mutter und Geschwister hingegen in der Türkei lebten. Die im Rechtsmittelweg angerufene Sicherheitsdirektion bestätigte die Entscheidung, die dagegen erhobenen Rechtsmittel an die Höchstgerichte blieben erfolglos.

Rechtliche Beurteilung

Rechtsausführungen:

Der Bf. behauptet, die drohende Ausweisung sei eine Verletzung von Art. 8 EMRK (Recht auf Familienleben).

Art. 8 EMRK enthält keine allgemeine, sondern eine von den Umständen des Einzelfalles abhängige Verpflichtung der Konventionsstaaten, Verwandten von im Inland ansässigen Ausländern eine Aufenthaltsberechtigung einzuräumen. Der Bf. reiste im Alter von 17 Jahren nach Österreich ein. Vor den Behörden konnte der Bf. keine überzeugenden Gründe darlegen, die für die Notwendigkeit seines Zusammenlebens mit seinem Vater gesprochen hätten. Unter diesen Umständen ist fraglich, ob die drohende Ausweisung einen Eingriff in das Familienleben darstellt. Für den Fall, dass das Vorliegen eines Familienlebens bejaht wird, ist zu prüfen, ob der Eingriff in einer demokratischen Gesellschaft notwendig war. Bei der Beurteilung, ob ein Eingriff notwendig ist, steht der Reg. ein gewisser Ermessensspielraum zu (vgl. Urteile Berrehab/NL, A/138 § 28 bzw. Funke/F, A/256-A § 55). Die österr. Behörden stützten ihre Entscheidung auf die Tatsache, dass der Bf. illegal nach Österreich eingereist war. Die familiäre Situation des Bf. - Mutter und Geschwister leben in der Türkei - wurde von den Behörden ebenso berücksichtigt wie der Umstand, dass der Bf. keine besonderen Gründe vorweisen konnte, die ihn zu einem Aufenthalt in Österreich berechtigt hätten. Für die Ausweisungsentscheidung der Behörden lagen daher ausreichende Gründe vor. Die Reg. hat bei der Abwägung zwischen dem Interesse des Bf. an der Fortsetzung seines Familienlebens mit seinem Vater und dem öffentlichen Interesse den ihr zustehenden Ermessensspielraum nicht überschritten. Von besonderer Relevanz ist schließlich die Tatsache, dass der Bf. erst im Alter von 17 Jahren nach Österreich eingereist ist und die Mehrzahl seiner Familienmitglieder in der Türkei lebt. Der Eingriff war somit nach Art. 8 (2) EMRK gerechtfertigt. Die Kms. erklärt die Bsw. für unzulässig (einstimmig).

Hinweis:

Das vorliegende Dokument über die Zulässigkeitsentscheidung der EKMR vom 15.5.1996, Bsw. 25918/94, entstammt der Zeitschrift „ÖIMR-Newsletter" (NL 1996,104) bzw. der entsprechenden Datenbank des Österreichischen Institutes für Menschenrechte, Salzburg, und wurde von diesem dem OGH zur Aufnahme in die Entscheidungsdokumentation Justiz im RIS zur Verfügung gestellt.

Die Zulässigkeitsentscheidung im englischen Originalwortlaut (pdf-Format):

www.menschenrechte.ac.at/orig/96_4/Altuntas.pdf

Das Original der Zulässigkeitsentscheidung ist auch auf der Website des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (www.echr.coe.int/hudoc) abrufbar.