JudikaturJustiz54R61/07w

54R61/07w – LG Salzburg Entscheidung

Entscheidung
16. April 2007

Kopf

Das Landesgericht Salzburg hat als Rekursgericht durch die Richter LGVPräs. Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie Dr. Singer und Dr. Hemetsberger in der Rechtssache der klagenden Partei K***** M*****, vertreten durch den Sozialverband VdK, Landesverband Bayern, D-83435 Bad Reichenhall, Kurfürstenstraße 10, gegen die beklagte Partei D***** R***** B*****, wegen Berufsunfähigkeitsrente, über den Rekurs der Republik Österreich, vertreten durch die Revisorin beim Landesgericht Salzburg, gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Thalgau vom 23.11.2006, 8 Hc 66/06s-7, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Gebührenbeschluss dahin abgeändert, dass er insgesamt zu lauten hat:

„Die Gebühren des Sachverständigen Univ.Prof. Dr. B***** M*****, für die Erstattung von Befund und Gutachten vom 11.10.2006 und das neuropsychiatrische Ergänzungsgutachten vom 17.11.2006 werden nach den Bestimmungen des GebAG 1975 i.d.g.F. wie folgt bestimmt:

und Begutachtung EUR 99,30

und Begutachtung EUR 99,30

Ergänzungsgutachten EUR 8,80

Die Anpassung der Auszahlungsanordnung bleibt dem Erstgericht

vorbehalten.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Für die Erstellung eines schriftlichen neuropsychiatrischen Gutachtens samt Ergänzungsgutachten verzeichnete der Sachverständige Univ.Prof. Dr. B***** M***** insgesamt EUR 1.530,90, welche Gebühr vom Erstgericht im angefochtenen Beschluss antragsgemäß bestimmt wurde.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Republik Österreich, vertreten

durch die Revisorin beim Landesgericht Salzburg, wegen Nichtigkeit

und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf

Aberkennung von (netto) EUR 595,80 für sechs Zusatzfragen und von

(netto) EUR 61,80 für die EEG-Untersuchung; eventualiter wird ein Aufhebungsantrag wegen Nichtigkeit gestellt.

Der Sachverständige hat sich am Rechtsmittelverfahren nicht beteiligt.

Der Rekurs ist teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Aufgrund der erforderlichen Auszahlung aus Amtsgeldern wäre als Verfahrensbeteiligtem zwingend auch dem Revisor eine Äußerungsmöglichkeit zum Gebührenantrag einzuräumen gewesen (§ 39 Abs. 1 letzter Satz GebAG). Die mangelnde Einbeziehung des Revisors begründet grundsätzlich als Verletzung des rechtlichen Gehörs den Nichtigkeitsgrund analog § 477 Abs. 1 Z 4 ZPO. Die Aufhebung wegen Nichtigkeit ist jedoch dann eine unnötige Formalität, wenn die im Rekurs aufgezeigten Fehler der angefochtenen Entscheidung bereits aus der Aktenlage ersichtlich sind und daher vom Rekurswerber, ohne gegen das Neuerungsverbot zu verstoßen, mit Erfolg geltend gemacht werden können (Krammer-Schmidt, SDG-GebAG³, E 59 zu § 39 GebAG). Vorliegend wendet sich die Revisorin gegen die Honorierung von sechs Zusatzfragen und der EEG-Untersuchung. Wie im Einzelnen zu zeigen sein wird, kann bereits aufgrund der Aktenlage über die monierten Fehler entschieden werden, sodass sich eine Aufhebung wegen Nichtigkeit erübrigt.

Die Revisorin wendet sich zunächst gegen die Honorierung von sechs Zusatzfragen, weil diese mit dem zweifachen Zuspruch einer Gebühr für Mühewaltung nach § 43 Abs. 1 Z 1 lit. e GebAG bereits abgedeckt seien. Dazu ist Folgendes auszuführen:

Hat ein ärztlicher Sachverständiger mehrere Fragen gutachtlich zu beantworten, so liegen mehrere gesondert zu honorierende Gutachten vor, wenn für die Begutachtung jeder Frage die dem Sachverständigen eigenen Fachkenntnisse erforderlich sind, ein weitergehender Befund notwendig war und durch die Beantwortung der einen Frage nicht die weiteren vom Richter selbst gelöst werden können. Dies ergibt sich aufgrund eines Analogieschlusses aus § 48 GebAG (Krammer-Schmidt, aaO, E 64 zu § 43 GebAG). Bei mehreren zu entlohnenden Gutachten ist allerdings zu berücksichtigen, dass mit den Tarifansätzen des § 43 Abs. 1 Z 1 GebAG die Mühewaltung „für die Untersuchung samt Befund und Gutachten" abgegolten werden soll und in der Regel nur eine Untersuchung erfolgt und häufig auch eine weitgehende gleiche Befundaufnahme den Gutachten zugrunde liegt. In solchen Fällen ist dem Sachverständigen die Mühewaltung zwar nur für eine Untersuchung, jedoch für eine Mehrzahl von Gutachten zu entlohnen. Die Höhe der Gebühren ergibt sich dabei analog zu § 49 Abs. 3 Z 2 GebAG (Krammer-Schmidt, aaO, E 69 zu § 43 GebAG).

Vorliegend wurde dem Sachverständigen für die Erstattung eines neurologischen und psychiatrischen Gutachtens betreffend das Bestehen von Krankheiten und Gebrechen jeweils eine Mühewaltungsgebühr nach § 43 Abs. 1 Z 1 lit. e GebAG zugesprochen, obwohl weder eine Auseinandersetzung mit widersprüchlichen Ergebnissen von Befundaufnahmen noch eine die Honorierung gemäß § 43 Abs. 1 Z 1 lit. e GebAG rechtfertigende Begründung des Gutachtens erforderlich war bzw. erfolgte. Zudem hatte der Sachverständige - im Detail aufgeschlüsselte - Fragen zur qualitativen und quantitativen Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin, zu deren Verlauf in der Vergangenheit und zur zukünftigen Entwicklung, dies jeweils unter Berücksichtigung der bisherigen Diagnosen und/oder Bewertungen, zu beantworten. Dabei handelt es sich in einer Gesamtschau um drei zusätzliche Fragenkreise ohne der Notwendigkeit einer weiteren (relevanten) Befundaufnahme. Demnach ist jeweils eine Honorierung nach § 43 Abs. 1 Z 1 lit. d GebAG für das neurologische und psychiatrische Gutachten und die Entlohnung dreier Zusatzfragen mit dem jeweiligen Hälftebetrag des § 43 Abs. 1 Z 1 lit. d GebAG gerechtfertigt. Da diese Berechnungsweise den Sachverständigen günstiger stellt als die von der Revisorin angestrebte (bloß) zweifache Honorierung nach § 43 Abs. 1 Z 1 lit. e GebAG, ist diese Berechnungsmodalität vom Anfechtungsumfang umfasst und kommt dem Rekurs in diesem Sinn (teilweise) Berechtigung zu.

Weiters strebt die Revisorin die Aberkennung einer Gebühr von netto EUR 61,80 für die EEG-Untersuchung an. Soweit sie sich dabei auf die „ständige Rechtsprechung" bezieht, ist jedoch darauf hinzuweisen, dass gerade nach der überwiegenden Rechtsprechung EEG-Untersuchungen Hilfsbefunde darstellen, die bei einer neurologischen und psychiatrischen Begutachtung nicht zwingend anfallen und daher gesondert zu honorieren sind (vgl. Krammer-Schmidt, aaO, E 51 bis 53 § 43 GebAG). Zur Höhe der Honorierung schließt sich der Rekurssenat dabei der überwiegenden Judikatur an, dass insofern - wie vom Sachverständigen auch verzeichnet - die Honorarordnungen der Krankenkassen heranzuziehen sind (Krammer-Schmidt, aaO, E 68g zu § 34 GebAG). Demnach kommt dem Rekurs insofern keine Berechtigung zu.

Dem Rekurs war daher teilweise Folge zu geben und der angefochtene Beschluss spruchgemäß abzuändern.

Die Anpassung der Auszahlungsanordnung an die durch das Rekursgericht teilweise abgeänderte Gebührenbestimmung war dem Erstgericht zu übertragen (§ 527 Abs. 1 ZPO).

Der Zulässigkeitsausspruch beruht auf § 528 Abs. 2 Z 5 ZPO. Landesgericht Salzburg