JudikaturJustiz22R69/11t

22R69/11t – LG Salzburg Entscheidung

Entscheidung
24. Februar 2011

Kopf

Das Landesgericht Salzburg hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Hemetsberger als Vorsitzenden sowie DDr. Aichinger und Dr. Meinhart in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) J***** S***** und 2.) U***** S***** , beide K***** 2, ***** E*****, beide vertreten durch Pallauf Meißnitzer Staindl Partner, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1.) P***** W***** , M***** 17, ***** E*****, und 2.) Verlassenschaft nach R***** W***** , 21 A ***** des Bezirksgerichtes Salzburg, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Maria Paumgartner, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, wegen Beweissicherung, über den Rekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Salzburg vom 19. Jänner 2011, 18 C 1422/09a–30, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien haben ihre Rekurskosten selbst zu tragen.

Die klagenden Parteien haben die Kosten ihrer Rekursbeantwortung vorbehaltlich ihres Ersatzanspruches im Hauptprozess selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht – soweit rekursgegenständlich – die Kosten der beklagten Parteien für die Intervention bei der Befundaufnahme im Rahmen der von den klagenden Parteien beantragten und bewilligten Beweissicherung mit EUR 325,44 und verpflichtete die klagenden Parteien zur ungeteilten Hand zur Zahlung dieses Betrages. Für die Teilnahme an der Befundaufnahme durch den Sachverständigen gebühre – abweichend vom Kostenverzeichnis, in welchem Kosten nach TP 3 A III RATG zuzüglich doppeltem Einheitssatz begehrt werden – lediglich eine Entlohnung nach TP 7 Abs 2 RATG und kein doppelter Einheitssatz.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen gerichtete Rekurs der beklagten Parteien, mit dem ein weiterer Kostenzuspruch von EUR 417,24 angestrebt wird, ist nicht berechtigt.

Die Rekurswerber argumentieren ausschließlich damit, dass ihnen für die Teilnahme an der Befundaufnahme durch den Sachverständigen Kosten nach TP 3 A III RATG zuzüglich doppeltem Einheitssatz zustehen würden, weil die Beiziehung der Parteienvertreter über ausdrücklichen Auftrag des Gerichtes erfolgt sei. Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:

Mit Beschluss vom 5. Dezember 2009 (ON 8), mit dem die Beweissicherung bewilligt und der Sachverständige bestellt wurde, ersuchte das Erstgericht den Sachverständigen, ehestmöglich an Ort und Stelle in E***** einen Befund zur Mauerdurchfeuchtung und zum Bauzustand von Kamin und Dach aufzunehmen. Überdies hielt es fest, dass der Sachverständige vom Zeitpunkt der Befundaufnahme die Parteienvertreter verständigen wolle (AS 38).

Ob ein derartiger, dem Sachverständigen erteilter Auftrag, die Parteienvertreter vom Termin der Befundaufnahme zu verständigen, für die Honorierung nach TP 3 A III RATG („..., sofern die Beiziehung der Parteienvertreter über ausdrücklichen Auftrag des Gerichtes erfolgt“) anspruchsbegründend ist, wird von Rechtsprechung und Lehre nicht einheitlich beantwortet. Die überwiegende Judikatur bejaht dies mit der Begründung, dass die Formulierung, die Parteienvertreter mögen vom Termin der Befundaufnahme (rechtzeitig) verständigt werden, nicht anders verstanden werden könne als dahin, dass die Parteienvertreter zur Befundaufnahme zu laden seien. Ergehe der Auftrag an den Sachverständigen, den Parteienvertretern Gelegenheit zur Teilnahme an der Befundaufnahme zu geben, so gebe das Gericht damit zu erkennen, dass es die Beiziehung der Parteienvertreter für notwendig erachte. Der Auftrag der Verständigung sei ein ausdrücklicher Auftrag, weshalb die Kosten für die Teilnahme an der Befundaufnahme in diesem Fall nach TP 3 A III RATG zu bestimmen seien (OLG Wien 28. September 2009, 11 R 158/09z mwN; Obermaier: Kostenhandbuch², Rz 692 mwN).

Das Landesgericht Salzburg hingegen hat in seiner Entscheidung vom 11. September 2009 zu 54 R 154/09z ausgesprochen, dass der vom Gericht dem Sachverständigen erteilte Auftrag, die Parteienvertreter bzw. Parteien vom Befundaufnahmetermin schriftlich zu verständigen, kein gerichtlicher Auftrag zur Beiziehung der Parteienvertreter iSd TP 3 A III RATG ist.

In der – soweit überblickbar – zuletzt veröffentlichten Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien vom 15. Oktober 2010, 16 R 180/10y, wird zwar grundsätzlich die Entscheidungslinie des Oberlandesgerichtes Wien aufrecht erhalten und ausgesprochen, dass das Gericht durch den Auftrag an den Sachverständigen, den Parteien(vertretern) Gelegenheit zur Teilnahme an der Befundaufnahme zu geben, zu erkennen gebe, dass es die Beiziehung der Parteienvertreter für notwendig erachte. Diese Rechtsauffassung wird aber dahin eingeschränkt, dass dies insbesondere in Prozessen gelte, wo die Beiziehung der Parteienvertreter zur Befundaufnahme sinnvoll sei, weil dadurch ein Beitrag zur Aufklärung des Sachverhaltes und/oder zur vollständigen Beachtung des Verfahrensstoffes geleistet werden könne, wie beispielsweise in einem komplizierten Bauprozess (RIS-Justiz RW0000495; OLG Wien 15. Oktober 2010, 16 R 180/10y). Damit schließt sich aber das Oberlandesgericht Wien insoweit nunmehr den Ausführungen von Obermaier (Kostenhandbuch², Rz 692), der eine restriktive Interpretation der TP 3 A III RATG – differenziert nach der Sinnhaftigkeit der Beiziehung der Parteienvertreter zur Befundaufnahme – verficht, an.

Obermaier betont, dass schon nach der Wortinterpretation der TP 3 A III RATG nur das Vorliegen eines gerichtlichen Auftrages an den Sachverständigen, die Parteienvertreter beizuziehen, für das Honorar nach TP 3 A III RATG anspruchsbegründend sei. Unterbleibe ein solcher Auftrag, gebühre weiterhin das Honorar nach TP 7 RATG für die bei der Befundaufnahme verbrachte Zeit. Die Anwesenheit der Parteien(vertreter) müsse zwar zur Wahrung des Parteiengehörs bei den Ermittlungen des Sachverständigen gewährleistet sein. Ein Auftrag des Gerichtes, die Parteienvertreter vom Termin der Befundaufnahme zu verständigen, diene nur der Wahrung des rechtlichen Gehörs; das reiche nicht aus, einen gerichtlichen Auftrag, die Befundaufnahme nur in ihrer Anwesenheit durchzuführen, anzunehmen. Der Auftrag iSd TP 3 A III RATG, die Parteienvertreter zur Befundaufnahme beizuziehen, müsse deshalb einem Verbot entsprechen, die Befundaufnahme in ihrer Abwesenheit durchzuführen; nur dann gebühre das höhere Honorar nach TP 3 A III RATG (Obermaier: Kostenhandbuch², Rz 692).

Der erkennende Rekurssenat schließt sich im Wesentlichen – unter Aufrechterhaltung der Judikatur eines anderen Senates dieses Gerichtes (54 R 154/09z) – dieser Auffassung von Obermaier an. Nach den ErläutRV soll nämlich mit dem der TP 3 A RATG durch das BGBl I Nr. 68/2005 neu angefügten Abschnitt III. dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Beteiligung von Rechtsanwälten an Befundaufnahmen durch Sachverständige von der Schwierigkeit her häufig der Intervention bei einer kontradiktorischen Verhandlung vor Gericht gleichsteht und daher so wie diese entlohnt werden soll (Obermaier: Kostenhandbuch, Rz 692; OLG Innsbruck 7. Oktober 2010, 4 R 198/10i).

Die (gegenüber TP 7 Abs 2 RATG) höhere Entlohnung nach TP 3 A III RATG soll deshalb nach der Intention des Gesetzgebers nur dann gebühren, wenn die Beiziehung der Parteienvertreter zur Befundaufnahme durch den Sachverständigen nach Ansicht des Gerichtes erforderlich und sinnvoll ist, insbesondere weil dadurch – ähnlich wie in einer kontradiktorischen Verhandlung – ein Beitrag zur Aufklärung des Sachverhaltes und/oder zur vollständigen Beachtung des in Frage kommenden Verfahrensstoffes durch den nicht immer rechtskundigen Sachverständigen zu erwarten ist (Obermaier: Das Kostenhandbuch, Rz 602). Das wäre etwa bei Ortsaugenscheinen durch den Sachverständigen (Verkehrsunfälle, Grenzen etc.), anlässlich derer zwangsläufig schon bei der Befundaufnahme auch Parteien und teils Zeugen zu befragen sind, der Fall; ebenso (zur vollständigen Beachtung des Verfahrensstoffes) bei einem komplizierten Bauprozess (OLG Wien 15. Oktober 2010, 16 R 180/10y).

Im gegenständlichen Beweissicherungsverfahren war durch den Sachverständigen lediglich „Befund zur Mauerdurchfeuchtung und zum Bauzustand von Kamin und Dach aufzunehmen“ (AS 38). Die Beteiligung der Parteienvertreter an dieser Befundaufnahme stand deshalb von der Schwierigkeit her keinesfalls der Intervention bei einer kontradiktorischen Verhandlung vor Gericht gleich. Dementsprechend hat das Erstgericht dem Sachverständigen auch nicht den Auftrag erteilt, die Parteienvertreter zur Befundaufnahme beizuziehen . Vielmehr ersuchte es den Sachverständigen lediglich, die Parteienvertreter vom Zeitpunkt der Befundaufnahme zu verständigen . Damit hat es aber – wie letztlich auch der angefochtene Beschluss zum Ausdruck bringt – entgegen den ErläutRV nur auf das rechtliche Gehör („verständigen“) und nicht auf das sachliche Erfordernis ihrer Beiziehung („beiziehen“) abgestellt. Es wurde ja nicht die Befundaufnahme (nur) in Anwesenheit der Parteienvertreter angeordnet; vielmehr wurde ihnen die Teilnahme an der Befundaufnahme freigestellt. Angesichts des konkreten Befundauftrages ist auch nicht erkennbar, weshalb das Gericht dem Sachverständigen einen Auftrag zur Beiziehung der Parteienvertreter erteilen hätte sollen bzw. was die Parteienvertreter konkret über eine nach TP 7 Abs 2 RATG hinausgehende Teilnahme beim Befundaufnahmetermin beitragen hätten können oder sollen (hg. 22 R 219/09y).

Damit erfolgte aber die Teilnahme der Parteienvertreter an der Befundaufnahme am 21. Dezember 2009 nicht „über ausdrücklichen Auftrag des Gerichtes“ iSd TP 3 A III RATG, sodass das Erstgericht den beklagten Parteien für die Teilnahme an dieser Befundaufnahme zu Recht nur Kosten nach TP 7 Abs 2 RATG zugesprochen hat. Zu dieser Tarifpost gebührt grundsätzlich kein doppelter Einheitssatz.

Dem Rekurs musste somit ein Erfolg versagt bleiben, zumal eine Erhöhung der Entlohnung im elektronischen Rechtsverkehr gemäß § 23a RATG im Kostenbestimmungsantrag der beklagten Parteien (ON 11) nicht verzeichnet wurde. Die beklagten Parteien haben daher ihre Rekurskosten gemäß §§ 40 und 50 ZPO endgültig selbst zu tragen.

Gemäß § 388 Abs 3 ZPO tragen die Antragsteller alle ihre Kosten des Beweissicherungsverfahrens zunächst selbst. Das gilt auch für den gesamten Schriftsatzaufwand, also für den Antrag wie auch für allfällige Rekurse und Rekursbeantwortungen (Obermaier: Kostenhandbuch², Rz 376). Es war daher auszusprechen, dass die klagenden Parteien die Kosten ihrer (erfolgreichen) Rekursbeantwortung vorbehaltlich ihres Ersatzanspruches im Hauptprozess selbst zu tragen haben (Klauser/Kodek: JN, ZPO 16 , E 14 zu § 388 ZPO).

In Kostensachen ist gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jeder weitere Rechtszug ausgeschlossen.