JudikaturJustiz2Ob57/50

2Ob57/50 – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. Februar 1950

Kopf

SZ 23/30

Spruch

Wird ohne Erhebung einer Widerklage auf Antrag des Beklagten die Mitschuld des Klägers wegen Ehebruches im Urteil ausgesprochen, so ist § 80 der 1. DVzEheG. nicht anwendbar.

Entscheidung vom 8. Februar 1950, 2 Ob 57/50.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Das Erstgericht hat die am 16. Februar 1943 geschlossene Ehe der Streiteile über Klage des Ehemannes und den Mitverschuldensantrag der Ehefrau aus beiderseitigem Verschulden geschieden, ohne überwiegendes Verschulden eines Eheteiles und ohne einen Ehebruch des Klägers festzustellen.

Das Berufungsgericht hat dieses Urteil bestätigt. Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobene Revision ficht dieses Urteil insbesondere aus dem Gründe an, weil die Feststellung des Ehebruches des Klägers mit Bibiana H. unterblieben sei.

Die Revision blieb ohne Erfolg.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Auch soweit sich die Revision dagegen wendet, daß das angefochtene Urteil in seinem Spruch einen Ehebruch des Klägers mit Bibiana H. nicht festgestellt habe, ist sie unbegrundet. Im Falle des § 60 Abs. 3 EheG., d. h. wenn ohne Erhebung einer Widerklage auf Antrag des Beklagten die Mitschuld des Klägers wegen Ehebruchs im Urteil ausgesprochen wird, entsteht das Ehehindernis des § 9 EheG. nicht. Denn in einem solchen Falle ist der Ehebruch nicht "Grund der Scheidung", die die beklagte Partei an sich bekämpft, sondern nur Grund der Mitschuld (vgl. Scanzoni, Eherecht, S. 19, Schmidt-Leichner "Das Eheverbot des Ehebruches", Deutsches Gemein- und Wirtschaftsrecht 1940, S. 259, Zeitschrift für Standesamtswesen 1938, S. 354). In einem solchen Fall besteht daher auch kein Anlaß, den Ehebruch im Sinne des § 80 der 1. DVzEheG. im Urteilsspruch festzustellen.