JudikaturJustiz23Rs51/23f

23Rs51/23f – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
20. Dezember 2023

Kopf

Im Namen der Republik

Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Kohlegger als Vorsitzenden und die Richterin des Oberlandesgerichts Dr. Pirchmoser sowie den Richter des Oberlandesgerichts MMag. Dr. Dobler und die fachkundigen Laienrichter:innen Mag. Oswald Wolkenstein (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und AD in RR in Sabine Weber (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Mitglieder des Senats in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A* , geb am B*, Operationsassistent in **, **, vertreten durch Dr. Andreas Ruetz, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, gegen die beklagte Partei C* , D* E*, **, **-Straße **, vertreten durch ihren Mitarbeiter Mag. F*, wegen Feststellung von Schwerarbeitszeiten über die Berufung der beklagten Partei (ON 88) gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 19.9.2023, 16 Cgs 34/21g 84, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird k e i n e Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen zu Handen des Klagsvertreters die mit EUR 731,90 (darin enthalten EUR 121,98 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.

Die (ordentliche) Revision ist n i c h t zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war im verfahrensgegenständlichen Zeitraum bei der E* G* GmbH als Operationsassistent in der H* beschäftigt.

Am 28.12.2020 beantragte er bei der Beklagten, diese Tätigkeit für den Zeitraum 1.9.2003 bis 31.12.2020 als Schwerarbeit anzuerkennen.

Mit dem teilweise angefochtenen Bescheid vom 17.2.2021 stellte die Beklagte

Gegen den abweislichen Teil dieses Bescheids wendete sich der Kläger mit der (fristgerecht) beim Erstgericht erhobenen Bescheidklage mit dem Begehren, auch die von ihm im Zeitraum 1.9.2003 bis 31.12.2020, in denen er als Operationsassistent bei der I* G* GmbH beschäftigt gewesen sei, als Schwerarbeitsmonate/Schwerarbeitszeiten im Sinn der SchwerarbeitsV, BGBl II 104/2006 idgF, festzustellen.

Seine Haupttätigkeit sei im Vorbereiten der Operationsräumlichkeiten, dem Einrichten von operativen Gerätschaften mit hohem Eigengewicht, dem Erstellen der OP Dokumentation, der Annahme, Identifikation und Vorbereitung des Patienten zur Operation, der händischen Hilfestellung auf dem OP Tisch, der Unterstützung des operierenden Arztes/der OP Schwestern in der Bereithaltung von Instrumenten/Medikamenten, der händischen Lagerung der narkotisierten Patienten in der jeweiligen Lage für die Operation, der händischen Umlagerung bei intraoperativen Entscheidungen, der präoperativen Assistenz und Bedienung unsteriler Geräte, der Rücklagerung narkotisierter Patienten und der händischen Einbettung sowie dem Abtransport dieser Personen, der Umsetzung des Hygieneplans sowie der Entsorgung operativen Mülls gelegen. Die wöchentliche Arbeitszeit habe 40 Stunden sowie die tägliche Arbeitszeit von Montag bis Freitag jeweils 8 Stunden bei einer 5 Tage-Woche umfasst. Dabei habe der Kläger unterschiedlich wechselnde Diensttypen wie folgt von 7:00 Uhr bis 15:30 Uhr oder 7:15 Uhr bis 15:45 Uhr oder 10:30 Uhr bis 19:00 Uhr oder von 7:00 Uhr bis 19:00 Uhr mit einer halbstündigen Pause verrichtet.

Die Beklagte bestreitet, beantragt kostenpflichtige Klagsabweisung und hält ihren im Anstaltsverfahren eingenommenen Rechtsstandpunkt aufrecht. Aus zahlreichen Studien lasse sich der Schluss ziehen, dass 100 % an Arbeitszeit nicht gleichzusetzen sei mit 100 % an Arbeitsleistung, sondern mindestens ein Wert von 10 % an unproduktiven Zeiten abgezogen werden müsse. Selbst für den Fall, dass diese Voraussetzungen an bestimmten Tagen erfüllt worden wären, sei pauschal darauf hinzuweisen, dass ein Schwerarbeitsmonat erst vorliege, wenn mindestens an 15 Tagen in diesem Monat Schwerarbeit verrichtet worden sei. Dies sei aus den vorliegenden Unterlagen nicht abzuleiten. Es würden alle im Verfahren relevanten Monate schon dem Grunde nach zur Gänze bestritten. Die im Zeitraum 1.9.2003 bis 31.12.2020 vom Kläger ausgeübte Tätigkeit als Operationsassistent bei der E* G* GmbH entspräche keinem der erforderlichen Schwerarbeitskriterien, weshalb keine Schwerarbeit im Sinn der SchwerarbeitsV vorliege.

Mit dem in die bekämpfte Entscheidung aufgenommenen Beschluss wies das Erstgericht

Mit der Sachentscheidung stellte es fest, dass es sich bei den vom Kläger im Zeitraum vom 1.9.2003 bis 31.12.2020 erworbenen Versicherungsmonaten um Schwerarbeitszeiten im Sinn der SchwerarbeitsV BGBl II 104/2006 idgF handelt, und verpflichtete die Beklagte dazu, dem Kläger die mit EUR 5.604,62 bestimmten Verfahrenskosten erster Instanz zu ersetzen.

Diesem Erkenntnis legte das Erstgericht die in ON 84 S 9 16 enthaltenen Tatsachenfeststellungen zugrunde, auf die gemäß den §§ 2 Abs 1 ASGG, 500a ZPO verwiesen werden kann und aus denen nachstehende von der (insbesondere Mängelrüge) der Berufung betroffen und für das Verständnis der Rechtsmittelentscheidung erforderlich sind:

„Der am B* geborene Kläger hat zum 31.12.2020 484 Beitragsmonate der Pflichtversicherung - Erwerbstätigkeit und 8 Ersatzmonate, somit gesamt 492 Versicherungsmonate erworben und ist zumindest seit September 2003 als Operationsassistent bei der E* K* GmbH in einem Vollzeitbeschäftigungsverhältnis beschäftigt und bestand die Haupttätigkeit des Klägers im Bereich von Operationsassistenzarbeiten (vor, während und nach OP) in der HNO […] .

Der Kläger wurde im klagsgegenständlichen Zeitraum bei einer 5 Tage-Woche wechselnd in drei verschiedenen Diensten (F4, A und Spätdienst - letzterer im Schnitt 1/Woche) eingesetzt, welche wie folgt zeitlich gelagert waren, wobei für alle drei Dienste gilt, dass eine 30 minütige große Pause und eine 15 minütige kurze Pause/Verteilzeit von der tatsächlichen Arbeitszeit abgezogen werden müssen […] :

F4 Dienst:

Dauer: 7:30 Uhr - 16:00 Uhr (abzüglich 45 Minuten Pause/Verteilzeit ergibt eine totale Arbeitszeit von 465 Minuten)

A Dienst:

Dauer: 7:15 Uhr - 16:00 Uhr (abzüglich 45 Minuten Pause/Verteilzeit ergibt eine totale Arbeitszeit von 480 Minuten). Von 7:15 Uhr bis 7:30 Uhr hilft der A Dienst den Schwestern die schweren Container zu vertragen (7 18 kg).

Spätdienst:

Dauer: 10:30 Uhr - 19:00 Uhr (abzüglich 45 Minuten Pause/Verteilzeit ergibt eine totale Arbeitszeit von 465 Minuten). Der Spätdienst ist von 10:30 Uhr bis 15:30 Uhr ident zum F4 und A Dienst und wird hiernach (15:30 19:00 Uhr) mit der Rubrik „Housekeeping“ umschrieben, wobei hier auch Not-OPs wie auch auswärtige OP-Dienste anfallen.

Legende […] :

Die angeführte Unterteilung in leicht, mittel und schwer definiert sich wie folgt […] :

LEICHT:

MITTEL:

SCHWER:

Zur Tätigkeit:

Die Tätigkeiten des Klägers als OP-Assistent bei der E* G* GmbH im relevanten Zeitraum umfasst im wesentlichen die Assistenz bei der Durchführung operativer Eingriffe (im Schnitt fielen im BZR in den drei OP-Sälen 11 OPs zwischen 7:30 Uhr 15:30 Uhr und pro Woche ca 4 Not-OPs nach 15:30 Uhr an) nach ärztlicher Anordnung und unter Aufsicht. Weiters das Einrichten von operativen Gerätschaften mit teilweise hohem Eigengewicht wie beispielsweise OP Tische, OP Leuchten, Deckenpendel. Je nach Operationsmodus müssen notwendige Lasergerätschaften aus den jeweiligen Räumlichkeiten, in welchen diese Gerätschaften eingelagert sind, in den Operationssaal verfrachtet werden. Weiters zählt zu den Aufgaben die Vorbereitung der Operationsräumlichkeiten mit Vorbereiten der erforderlichen Lagerungsbehelfe/Instrumententische etc aber auch das (faktisch stehend, gebückte) Erstellen der OP-Dokumentation während des gesamten OP-Ablaufes und auch die Annahme, Identifikation und Vorbereitung des Patienten zu Operation wie auch die händische Hilfestellung auf dem OP Tisch; Unterstützung des operierenden Arztes/OP-Schwestern in der Bereithaltung von Instrumenten/Medikamenten etc händische Hilfestellung auf dem OP Tisch, händische Lagerung der narkotisierten (teilweise schwergewichtigen) Patienten in die jeweilige Lage für die Operation (keine Umbettschleuse), händische Umlagerung bei inoperativen Entscheidungen, präoperative Bedienung der unsterilen Geräte und Nachreichung derselben, präoperative Assistenz bei der Sterilisation der Geräte und Instrumente wie auch die händische Rücklagerung der narkotisierten Patienten und anschließende Einbettung der Patienten samt händischen Abtransport der schlafenden/narkotisierten Patienten und lfd mehrmaliges Anschieben der Patientenbetten mit hohem Eigengewicht zur Verbringung der Patienten zu den Aufwachstationen, Umsetzung des Hygieneplanes hinsichtlich des OP-Raumes, der Geräte und Instrumente wie auch die Entsorgung des bei der Operation verwendeten Materials/sterilen Mülls [...] .

Die obig angeführten Tätigkeiten lassen sich (aus leistungsphysiologischer Betrachtungsweise) in folgende Rubriken/Bereiche zusammenfassen […] : Hilfe für die Schwester beim Vertragen von diversen Gegenständen, Organisation und Erstellen der OP-Dokumentation, Verbringen von Patienten, OP-Assistenz, Einrichten und Verbringen von groß/klein med-Geräte, Umlagern/Umbetten von Patienten, Verräumen, Reinigen (OP) und Entsorgen von OP-Material, Organisation und Erstellen der OP-Dokumentation-Spätdienst, Verräumen, Reinigen (OP) und Entsorgen von OP-Material-Spätdienst.

Die obig angeführten beruflichen Tätigkeiten des Klägers im klagsgegenständlichen Zeitraum 1.9.2003 bis 31.12.2020 teilen sich im Durchschnitt nach Körperstellung bzw Art der Arbeit in den nachangeführten Zeiträumen/Tagen mit dem ausgeworfenen Arbeitskalorienverbrauch wie folgt auf […] :

a) Dienst von 7:15 Uhr bis 7:30 Uhr (Teil des A-Dienstes):

(sind dem A-Dienst hinzuzurechnen) :

Hilfe beim Vertragen von diversen Gegenständen 100 %

ZALG 30 %

ZAMG 30 %

ZASG 40 %

= 75,23645744 kcal

b) F4 Dienst und Teil des A Dienstes (hier Gewichtung 40 %)

(7 Stunden und 45 Minuten):

Organisation und Erstellen der OP-Dokumentation 19 %

Inbetriebnahme OP, Doku im Computer (Tupfer, Prothesen, Patientendaten, Team Daten, Bioproben Daten, verwendete Sterilgut, verwendetes Einmalmaterial)

ZALG/S 9 %

ZALSi 10 %

Verbringen von Patienten 8 %

KMG 8 %

OP-Assistenz, Einrichten und Verbringen von groß/klein med-Geräte 35 %

HLG 6 % (auch Leergänge)

ZAMG 5 %

ZAMSt 4 %

KLG 4 %

KMG/S 4 %

KMG 7 %

KSG 3 %

KSS/L 2 %

Umlagern/Umbetten von Patienten 17 %

ZaLSt 6,5 %

ZAMSt 3,5 %

KLSt 3,5 %

KMSt 2 %

KSSt 1,5 %

Verräumen, Reinigen (OP) und Entsorgen von OP -Material 21 %

ZAMG 8 %

KLG 4 %

KMG/S 4 %

KMG 3 %

KSS/L 2 %

= 2407,575595 kcal

c) Housekeeping während des Spätdienstes (Gewichtung 60 %)

Organisation und Erstellen der OP-Dokumentation-Spätdienst 19 %

Housekeeping Geräte und Verbrauchsmaterialien; Doku im Computer (Tupfer, Prothesen, fakultativ Patientendaten, Team Daten, Bioproben Daten, verwendete Sterilgut, verwendetes Einmalmaterial)

ZALG/S 9 %

ZALSi 10 %

Verräumen, Reinigen (OP) und Entsorgen von OP -Material-Spätdienst 81 %

ZAMG 43 %

ZAMSt 20 %

KLG 5 %

KMG/S 5 %

KMK 7 %

KSS/L 1 %

= 1995,252938 kcal

Der täglich verbrauchte Arbeitsenergieumsatz des Klägers belief sich während des gesamten Beurteilungszeitraums jeweils auf etwa 1.995 kcal an Arbeitskilokalorienverbrauch pro bezüglichen Arbeitstag für einen (fiktiven Teil-) Arbeitstag von 7 Stunden und 45 Minuten betreffend des Spätdienstes mit der Vorgabe Housekeeping. Somit errechnet sich bei Berücksichtigung der anzuwendenden Gewichtung (10:30 Uhr 15:30 Uhr abzüglich 45 min Pausen mit 40 % und 15:30 Uhr 19:00 Uhr mit 60 % […] ) für einen Arbeitstag im Spätdienst mit 7 Stunden und 45 Minuten ein Arbeitskilokalorien Verbrauch von ca 2.159 kcal (2407 x 0,4 + 1995,25 x 0,6 = 962 + 1197).“

In rechtlicher Beurteilung umschrieb das Erstgericht die Rechtsgrundlagen für Schwerarbeitszeiten im Sinn der §§ 247 Abs 2, 607 Abs 14 ASVG, 4 Abs 4 APG sowie § 1 Abs 1 Z 4 SchwerarbeitsV BGBl II 104/2006 idgF II 201/2013, auf die verwiesen werden kann (§§ 2 Abs 1 ASGG, 500a ZPO: ON 84 S 21 23). Die Bewertung von Tätigkeiten als Schwerarbeit nach der energetischen Belastung erfolge bei Männern ab einer Energieumsatzgrenze von 8.374 Arbeitskilojoule oder 2.000 Arbeitskilokalorien pro Tag. Dabei sei immer der tatsächliche Energieverbrauch pro gesamtem Arbeitstag zu berücksichtigen, etwa auch wenn der Versicherte nachweise, dass er an diesem Tag längere Arbeitszeiten absolviert habe. Nach den §§ 4 SchwerarbeitsV, 231 Z 1 lit a ASVG seien nur jene Monate als Schwerarbeitsmonate zu berücksichtigen, in denen an mindestens 15 Tagen mindestens (bei Männern) 2.000 Arbeitskilokalorien verbraucht würden. Arbeitsunterbrechungen blieben außer Betracht, solange die Pflichtversicherung der Pensionsversicherung weiter bestehe. Die Berechnung/ Zählung der Schwerarbeitstage erfolge grundsätzlich tageweise (10 ObS 30/16h; RIS Justiz RS0129750). Fehlten wie hier eindeutige Beweise für zu berücksichtigende Unproduktivitätszeiten, seien diese bei der Bewertung der Tätigkeit nicht zu berücksichtigen (OLG Innsbruck 19.12.2017, 23 Rs 55/17k). Im vorliegenden Fall seien Pausenzeiten im Ausmaß von 45 Minuten pro Tag und Diensttyp vom Sachverständigen angenommen und von den Arbeitszeiten abgezogen worden. Sonstige faktische Unproduktivitätszeiten seien von der Beklagten nicht einmal substanziell behauptet, geschweige denn erwiesen worden. Zeiten geringerer Tätigkeit habe der Sachverständige ausdrücklich und vollumfänglich in sein Gutachten übernommen. Weitere pauschale Reduktionen könnten keine Berücksichtigung finden.

Das umfängliche Beweisverfahren habe nun im vorliegenden Fall ergeben, dass der Arbeitstagesenergieumsatz des Klägers bei allen Diensten im Betrachtungszeitraum bezogen auf einen Arbeitstag mehr als die geforderten 2.000 Arbeitskilokalorien überschritten habe. Dies treffe jeweils auf mindestens 15 Arbeitstage in den betreffenden Monaten zu. Daher sei im Ergebnis festzustellen, dass der Kläger im Zeitraum vom 1.9.2003 bis 31.12.2020 Schwerarbeitszeiten im Sinn des § 1 Abs 1 Z 4 SchwerarbeitsV erworben habe.

Da der Kläger nur jenen Teil des abweislichen Bescheids angefochten habe, der sich mit der Nichtanerkennung von Versicherungszeiten als Schwerarbeiten beschäftige, sei der übrige feststellende Teil des Bescheids in (Teil-)Rechtskraft erwachsen und kein Gegenstand mehr des Sozialgerichtsverfahrens, sodass eine diesbezügliche Bescheidwiederholung unterbleiben könne (10 ObS 113/22y).

Die Kostenentscheidung stütze sich auf § 77 Abs 1 Z 2 ASGG. Der Kläger habe daher vollen Kostenersatz. Die von der Beklagten erhobene Einwendung gemäß § 54 Abs 1a ZPO betreffend die Befundaufnahme am 18.1.2023 sei unberechtigt, weil keine medizinische Untersuchung des Klägers, sondern ein Lokalaugenschein vor Ort erfolgt sei, dem der Sachverständige und die beiden Parteien beizuziehen gewesen seien (OLG Innsbruck 23 Rs 16/23h Rz 21 f).

Gegen diese Entscheidung wendet sich nunmehr die (rechtzeitige) Berufung der Beklagten aus den Rechtsmittelgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinn einer vollständigen Klagsabweisung ohne Kostenzuspruch für den Kläger abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt (ON 88 S 7).

In seiner (fristgerechten) Berufungsbeantwortung beantragt der Kläger , dem gegnerischen Rechtsmittel kostenpflichtig den Erfolg zu versagen (ON 90 S 4).

Nach Art und Inhalt der geltend gemachten Berufungsgründe war die Anberaumung einer öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung entbehrlich. Über das Rechtsmittel war daher in nichtöffentlicher Sitzung zu befinden (§§ 2 Abs 1 ASGG, 480 Abs 1 ZPO). Dabei erwies es sich aus nachstehenden Erwägungen als unbegründet:

Rechtliche Beurteilung

A. Zur Mängelrüge:

1.: Vorauszuschicken ist, dass - wie in der Berufung zutreffend erkannt wird - die Anfechtung von in eine Ausfertigung mit dem Urteil aufgenommenen Beschlüssen über die Abweisung von Beweisanträgen mit Berufung, genauer wie im Rechtsmittel der Beklagten zutreffend ausgeführt als Teil der Mängelrüge der Berufung zu erfolgen hat (4 Ob 50/06s; OLG Wien 1 R 79/16c ErwGr 1.5. ff, RIS Justiz RW0000865; 10 Rs 89/10x, SVSlg 59.739).

2.: Im Rahmen ihrer Mängelrüge macht die Berufung als Stoffsammlungsmängel (2 Ob 150/10p; Pochmarski/Tanczos/Kober Berufung in der ZPO 4 [2022] 123 f) die ihrer Ansicht nach unberechtigte Abweisung ihrer - oben bei der Darstellung des Verfahrens erster Instanz als a. bis c. aufgezählten - Beweisanträge geltend. Diesem Standpunkt kann sich das Berufungsgericht jedoch mit folgender Begründung nicht anschließen:

3.: Entgegen dem Standpunkt der Berufung bedurfte es nicht der dort vermissten Einholung der angebotenen Akten zu 47 Cgs 133/20t sowie 48 Cgs 88/19f (LG Innsbruck als ASG).

3.1.: Dazu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Akten 47 Cgs 133/20t im erstinstanzlichen Verfahren vom Kläger angeboten wurden und nicht von der Berufungswerberin. Auf die Übergehung eines (selbst in das Prozessprogramm aufgenommenen) Beweisantrags des Prozessgegners kann die Beklagte ihre Mängelrüge nicht mit Erfolg stützen: Die Beklagte ist nicht einmal dem Beweisantrag des Klägers (der übrigens ein abweichendes Beweisthema hat) beigetreten. Die mangelnde Berücksichtigung oder Abweisung eines Beweisantrags des Gegners, dem der Berufungswerber nicht beigetreten ist, und bei dem noch nicht der Grundsatz der Gemeinschaftlichkeit des Beweismittels - beim Urkundenbeweis durch deren Vorlage - eingegriffen hat (§ 302 ZPO), kann jedoch nicht erfolgreich als Verfahrensmangel mit Berufung geltend gemacht werden ( Delle-Karth Die Mangelhaftigkeit des Verfahrens im Berufungssystem des österreichischen Zivilprozessrechts ÖJZ 1993, 10, 50 [20 Pkt IV.5.]; Pochmarski/Tanczos/Kober Berufung in der ZPO 4 [2022] 130 f; Pochmarski/ Lichtenberg/Tanczos/Kober Die Berufung in der ZPO³ [2017] 107 FN 433; LGZ Wien 44 R 3034/93, EFSlg 72.976; OLG Innsbruck 3 R 45/19w ErwGr B.1.; 23 Rs 24/18b; 3 R 33/12w; 13 Ra 17/09m; 1 R 18/87; LG Innsbruck 1 R 257/96t). Der erste Teil der Mängelrüge erweist sich daher als unbegründet.

3.2.: Im Übrigen hat das Erstgericht bereits zutreffend hervorgehoben, dass es unzulässig ist, die pauschale Herbeischaffung ganzer Prozessakten zu beantragen und das Gericht dazu zu zwingen, etwaige für den Prozess relevante Urkunden daraus herauszusuchen. Vielmehr muss dazu einerseits bereits im Beweisantrag ein konkretes Thema angegeben werden, das durch die Beischaffung der vom Beweisführer angeführten Akten bewiesen werden soll (1 Ob 157/14s ErwGr 5.; 7 Ob 145/07k; 1 Ob 1/51, SZ 24/13; 4 Ob 8/48; RIS Justiz RS0039953; RS0039957; OLG Wien 13 R 32/02z; 13 R 196/00i; Rassi Geheimnisschutz bei der Akteneinsicht und Aktenübersendung im Zivilprozess, Zak 2014/583, 303 [305]). Andererseits können grundsätzlich nur einzelne bestimmte Aktenstücke als Beweismittel angeboten und zugelassen werden. Daraus wird abgeleitet, dass ein Aktenbeischaffungsantrag grundsätzlich die relevanten Aktenbestandteile, also die einzelnen konkreten Urkunden anzuführen hat (7 Ob 145/07k; 7 Ob 594/85). Ein Beweisantrag wie jener der Beklagten betreffend die Akten 48 Cgs 88/19f ist daher in diesen Fällen unzulässig (1 Ob 157/14s ErwGr 5.; RIS Justiz RS0039953; Rassi aaO; OLG Innsbruck zB 13 Ra 22/18k ErwGr 3.). Selbst wenn das Gericht Akten ohne Rücksicht auf diese Vorgaben beischaffen sollte, gehört es nicht zu seiner Aufgabe, die wesentlichen Teile daraus herauszufiltern (1 Ob 157/14s ErwGr 5.; Kodek in Fasching/Konecny ZPO² [2004] § 301 Rz 11; ders in Fasching/Konecny ZPO³ III/1 [2017] § 301 Rz 8 FN 13; Rassi aaO; OLG Innsbruck 13 Ra 22/18k ErwGr 3.).

3.3.: Im Übrigen ist festzuhalten, dass einige Teile der im Rechtsmittel thematisierten erstgerichtlichen Akten 47 Cgs 133/20t sowie 48 Cgs 88/19f bereits als Beilagen vorgelegt und vom leistungsphysiologischen Gutachter als auch vom Erstgericht berücksichtigt wurden. Die Berufung vermisst es darzulegen, warum es mit diesen Aktenteilen nicht sein Bewenden haben kann und jeweils noch weitere Stücke (insgesamt die gesamten Akten) einzuholen/vorzulegen wären.

3.4.: Ohnehin ist für die Beklagte aus diesen Akten(teilen) nichts zu gewinnen, weil die Beklagte nicht nachvollziehbar aktenkonform dargelegt hat, inwiefern die den Vorprozessen vor dem Landesgericht Innsbruck zugrundeliegenden Sachverhalte (Tätigkeiten) jenen, die der Kläger verrichtet hat, in allen maßgeblichen Aspekten ident wären. Die Berufung spricht selbst nur von einer „nahezu identen“ Tätigkeit (ON 88 S 4 letzter Satz), legt aber nicht offen, aufgrund welcher Fakten sie zu diesem Ergebnis gelangt. Der bloße Hinweis auf die Tätigkeit als „Operationsassistent im HNO Bereich“ (ON 88 S 4 letzter Absatz) sagt dazu gar nichts aus. Eine solche Sachverhaltsgleichstellung in allen wesentlichen Details wird auch im Rechtsmittel nicht einmal versucht (ON 88 S 3 zweiter Absatz). Um die Vergleichbarkeit mit den beiden Vorverfahren bzw den vorgelegten drei Privatgutachten herzustellen, müsste die Beklagte - anders als die Berufung, die nur pauschale Hinweise enthält - detailliert darlegen , inwieweit die Tätigkeit des Klägers zB beim Schieben und Heben über Leitungen des 150 kg schweren Mikroskops, beim Schieben und Heben über Leitungen des rund 80 kg schweren Videoturms, bei der Inbetriebnahme des OPs (Herstellung der Dokumentation im Computer, Bereitstellung von Tupfern, Prothesen, Teamdaten, Daten von Bioproben, verwendetes Sterilgut, verwendetes Einzelmaterial), bei der Art der OP-Assistenz (zB Einrichten und Verbringen von großen und kleinen medizinischen Geräten, das Umlagern/Umbetten von Patienten, das Verbringen von Patienten, das Verräumen, Reinigen des OPs und der Entsorgung von OP-Material), bei der Anzahl und den verschiedenen Arten der OPs sowohl in sterilen als auch in nicht sterilen Operationssälen, bei der Häufigkeit von Notfällen/Notfall-OPs, Spät-Nacht-, Wochenend- und Feiertagdiensten denjenigen Fällen, die den erwähnten beiden Vorverfahren (47 Cgs 133/20t sowie 48 Cgs 88/19f) und den drei vorgelegten Privatgutachten (Beilagen ./5, ./6 und ./7) vergleichbar wären. Nur dann könnte das Berufungsgericht überhaupt Stellung dazu beziehen, inwieweit die berufskundlichen Privatgutachten, das gerichtliche Gutachten im Verfahren 48 Cgs 88/19f und das leistungsphysiologische Gutachten im Verfahren 47 Cgs 133/20t dem vorliegenden Verfahren vergleichbare oder unterschiedliche sachlich nicht begründete Kalorienwerte für ein- und dieselbe Tätigkeit beschreiben. Nur der Vollständigkeit halber sei angefügt, dass nach Sichtung der beiden Gutachten der genannten Vorverfahren (die als Beilagen ./F und ./7 vorgelegt wurden) und der übrigen zwei Privatgutachten sowie dem vorliegenden Verfahren bedeutende Unterschiede zu den vom Kläger hier im Rahmen des 7 stündigen Lokalaugenscheins (siehe näher etwa ON 62 sowie ON 76 S 17 ff und ON 79.1 S 2) dokumentierten Tätigkeiten erkennbar sind.

3.5.: Der unkonkrete Hinweis, es liege „die exakt selbe Tätigkeit“ vor (aaO), ist mangels detaillierter Gegenüberstellung nicht überprüfbar. Diese wäre aber erforderlich gewesen, weil das vom Obersten Gerichtshof in jüngerer Judikatur vertretene weite Verständnis des Begriffs der Tätigkeit im Sinn des § 1 Abs 1 insb Z 4 SchwerarbeitsV dazu führt, dass alle (versicherungspflichtigen) Verrichtungen (an einem Arbeitstag) der Prüfung zugrunde gelegt werden müssen, ob dadurch einer der Tatbestände des § 1 Abs 1 SchwerarbeitsV (an diesem Tag) erfüllt ist (10 ObS 64/22t Rz 24; 10 ObS 51/22f Rz 23 je mzwH). Die in der Berufung anklingende Auffassung, es komme auf den durchschnittlichen Kalorienverbrauch pro Stunde (250 Arbeitskalorien/h durchschnittlich) und Erbringung der Arbeit innerhalb von 8 Stunden als Voraussetzung für die Erbringung einer schweren körperlichen Arbeit im Sinn des § 1 Abs 1 Z 4 SchwerarbeitsV an, wurde vom Obersten Gerichtshof bereits verworfen: Für die Erfüllung dieses Tatbestands an einem Arbeitstag bedarf es weder eines bestimmten durchschnittlichen stündlichen Kalorienverbrauchs noch einer bestimmten Arbeitszeit; ausschlaggebend ist vielmehr der im § 1 Abs 1 Z 4 SchwerarbeitsV genannte tatsächliche Gesamtenergieverbrauch, dem gegebenenfalls auch mehr als 8 Arbeitsstunden zugrunde zu legen sind (10 ObS 64/22t Rz 27; 10 ObS 51/22f Rz 25; RIS Justiz RS0129750). Bei der Berechnung der pro Arbeitstag verbrauchten Arbeitskalorien ist daher die gesamte versicherungspflichtige Tätigkeit des jeweiligen Versicherungsnehmers - alle von ihm im Rahmen einer Versicherungspflicht ausgeübten Verrichtungen - zugrunde zu legen und sodann zu ermitteln, ob die erforderliche energetische Belastung im klagsgegenständlichen Zeitraum an zumindest 15 Tagen im Monat erreicht oder überschritten wurde (10 ObS 64/22t Rz 29; 10 ObS 51/22f Rz 26). Gerade die Identität des Gesamtbilds der Verrichtungen des Klägers einerseits und der Versicherten in den beiden Vorverfahren bleibt die Beklagte in ihrem Rechtsmittel darzulegen schuldig.

4.: Mit dem Ruf nach der Aufnahme eines zusätzlichen berufskundlichen Gutachtens thematisiert das Rechtsmittel die Berechnung der Energieumsatzgrenze und daran anknüpfend die Ermittlung von Schwerarbeit im Sinn des § 1 Abs 1 Z 4 SchwerarbeitsV. Auch damit kommt ihr kein Erfolg zu:

4.1.: Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sieht die „Energieumsatzmethode“, bei welcher der Kalorienverbrauch der betreffenden Tätigkeit aus einer Zusammenschau der einzelnen Durchschnittsbelastungen vom Sachverständigen ermittelt wird, als zulässig an (VfGH 6.10.2011, G 20/11, VfSlg 19.530/2011; 10 ObS 123/18p ErwGr 2.; 10 ObS 88/18s ErwGr 2.1.). Der Oberste Gerichtshof verlangt lediglich die - als Ergebnis der Beweisaufnahmen, insbesondere den gutachterlichen Ausführungen - zu treffenden Feststellungen über die konkrete Ausgestaltung der vom Versicherten im maßgeblichen Zeitraum verrichteten Tätigkeit. Dafür ist es jedenfalls ausreichend, wenn der Sachverständige in seinem Gutachten auch einen konkreten Arbeitsvorgang, den der Versicherte bei der Befundaufnahme beschrieben und vorgeführt hat, berücksichtigt (10 ObS 123/18p ErwGr 2.; 10 ObS 88/18s ErwGr 3.), wie das hier im siebenstündigen Lokalaugenschein ON 62 erfolgte.

4.2.: Im Sprengel des Oberlandesgerichts Innsbruck wird diese vom Obersten Gerichtshof entwickelte Energieumsatzmethode - je nach Verfügbarkeit - einerseits von berufskundlichen und andererseits von leistungsphysiologischen/arbeitsenergetischen Gutachtern wie dem vom Erstgericht bestellten umgesetzt (siehe zB dessen nähere Erläuterung im vom Sachverständigen sog - nach ergänzender Befragung dreier Zeugen des Klägers und einer rund 7 Stunden dauernden Befundaufnahme während eines Diensts des Klägers [ON 79.1 S 2 oben] zustandegekommen - geschärften Gutachten [ON 76 S 8]). In mehreren Entscheidungen wurde die Aufnahme eines berufskundlichen Gutachtens für die Ermittlung der Grundlagen für eine Schwerarbeitspension nicht kritisiert, offenbar weil diese Frage im Rechtsmittelverfahren (insb die Möglichkeit zur Einholung eines leistungsphysiologischen Gutachtens) nicht thematisiert wurde (siehe zB 10 ObS 88/18s; OLG Innsbruck 23 Rs 20/22w in anderem Zusammenhang veröffentlicht in RIS Justiz RI0100141; 23 Rs 21/22t). In der Regel erfolgt die Beweisaufnahme zur konkreten Ausgestaltung der vom Versicherten im maßgeblichen Zeitraum verrichteten Tätigkeit - wie hier zutreffend - durch ein leistungsphysiologisches/arbeitsenergetisches Gutachten (OLG Innsbruck 25 Rs 42/22w; 23 Rs 12/22v; 23 Rs 27/21y; 23 Rs 24/21g; 23 Rs 14/21m; 25 Rs 39/20a).

4.3.: Das leistungsphysiologische/arbeitsenergetische Gutachten des vom Erstgericht bestellten Sachverständigen stellt keine arbeits-/berufskundliche Zerlegung („Granulierung“) der von den versicherten Anspruchswerbern verrichteten Tätigkeiten dar, sondern eine auf die leistungsphysiologischen Parameter konzentrierte Summierung von gleichartigen Tätigkeiten.

4.3.1.: Als Vergleichsmaßstab wurde die Judikatur zu § 253d Abs 1 Z 3 ASVG sowie Z 4 idF ab der 51. ASVG-Nov - die § 255 Abs 4 lit c und d bzw § 273 Abs 3 lit c und d ASVG idF vor der 51. ASVG-Nov entsprechen (wiedergegeben in RIS Justiz RS0087655) - herangezogen.

4.3.2.: Als Parameter für die körperliche Beanspruchung wurden die für Hebe- und Trageleistung in den jeweiligen Stufen gemäß der gängigen sozialgerichtlichen Praxis der Sozialgerichte sowie der fachärztlichen Einstufung in Sozialgerichtsverfahren herangezogen, nämlich (ON 76 S 9):

leichte Tätigkeit:

mittlere/mittelschwere Tätigkeit:

schwere Tätigkeiten:

4.3.3.: Für die Bemessung der verbrauchten Arbeitskalorien wurden nicht die detaillierten Arbeitsschritte wiedergegeben (zB Inbetriebnahme des Operationssaals, Operationsassistenz im Sinn von Einrichten oder Verbringen von großen oder kleinen medizinischen Geräten udgl), sondern die grundsätzlichen physischen Belastungen nach den Maßstäben Gewichte, beteiligte Muskulatur, Belastungsdauer, fallweise Pausen usw (ON 76 S 8).

4.3.4.: Damit wird nach Ansicht des Oberlandesgerichts Innsbruck den Vorgaben des Obersten Gerichtshofs entsprochen, was die Ermittlung des Kalorienverbrauchs nach der Energieumsatzmethode anlangt.

4.4.: Dieses Ergebnis deckt sich auch mit der ständigen Judikatur, wonach es bei der Beweisaufnahme durch Sachverständige Aufgabe des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen ist, aufgrund seiner einschlägigen Fachkenntnisse jene Methoden auszuwählen , die sich seiner Einschätzung nach zur Klärung der nach dem Gerichtsauftrag jeweils maßgeblichen strittigen Tatfrage(n) am besten eignen (6 Ob 25/12p ErwGr I.; RIS Justiz RS0119439; OLG Innsbruck 23 Rs 45/20v ErwGr B) 6.). Andernfalls verhinderte das Gericht, dem es an der notwendigen Fachkunde zur Lösung der durch Sachverständige zu beurteilenden Tatfragen mangelt, die Fruchtbarmachung spezifischen Expertenwissens (8 ObA 59/15g ErwGr 1.; 16 Ok 9/15g ErwGr VI.6.4.). Die Methodenwahl gehört zum Kern der Sachverständigentätigkeit (3 Ob 246/18z; 9 ObA 66/17x ErwGr 1.; 1 Ob 135/14f ErwGr 3.; OLG Innsbruck wie vor). Auch das Gericht sollte daher die Fruchtbarmachung spezifischen Expertenwissens des Sachverständigen nicht dadurch einschränken, dass es dem Sachverständigen im Zug der Auftragserledigung bestimmte anzuwendende Methoden vorschreibt (3 Ob 246/18z; 9 ObA 66/17x ErwGr 1.; 16 Ok 9/15g ErwGr VI.6.4.; 6 Ob 25/12v ErwGr I.; vgl RIS Justiz RS0119439 [T9]; OLG Innsbruck wie vor). Mit den oben beschriebenen Ausführungen der Berufung greift das Rechtsmittel also letztlich die dem Kernbereich seiner Tätigkeit zuzuordnende und dem Sachverständigen freistehende Methodenwahl an, was nach der zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs auch im konkreten Fall nicht erfolgreich sein kann. Besteht - wie hier - keine gesetzlich vorgeschriebene Methode (eine besondere gesetzliche Bewertungsmethode wird auch in der Berufung gar nicht geltend gemacht und ergibt sich auch nicht aus der eingangs zitierten Judikatur des Obersten Gerichtshofs), so unterliegt das von den Tatsacheninstanzen gebilligte Ergebnis eines Gutachtens grundsätzlich keiner Nachprüfung durch den Obersten Gerichtshof, weil es um eine Tatfrage geht (8 ObA 59/15g ErwGr 1.; 1 Ob 135/14f ErwGr 3.; 3 Ob 46/11b ErwGr 2.1.; RIS Justiz RS0118604). Eine Ausnahme bestünde nur dann, wenn eine grundsätzlich inadäquate Methode angewendet worden wäre (16 Ok 9/15g ErwGr VI.6.6.; RIS Justiz RS0010087 [T2]). Davon kann im vorliegenden Fall jedoch keine Rede sein:

4.5.: Sachlich ist weiter zu bedenken, dass eine (rein abstrakte) betriebswirtschaftliche, produktivitätstechnische oder arbeitsmethodenlehrorientierte Beurteilung, wie sie in der Berufung dargestellt wird, im konkreten Fall ohnehin aus folgenden Überlegungen nicht zielführend ist: Im vorliegenden Verfahren kommt es nämlich, weil § 1 Abs 1 Z 4 SchwerarbeitsV die „körperliche Schwerarbeit“ über den Arbeitskalorienverbrauch definiert (siehe oben 2.1. und zB 10 ObS 95/14i ErwGr 4.), auf die Energieumsatzmethode, also eine arbeitsenergetische/leistungsphysiologische Sichtweise an: In diesem Zusammenhang genügt der Hinweis, dass die in der Berufung geschilderten Teiltätigkeiten jedenfalls unmittelbar mit dem Arbeitsprozess des Arbeitnehmers und der von ihm zu erbringenden Arbeitsleistung zusammenhängen (in der Berufung zitiert werden: das „tägliche Einrichten und Aufräumen des Arbeitsplatzes, [die] Materialbeschaffung, Datensicherung … [die] … Besprechungen, Rücksprachen persönlicher Anliegen … [die] … persönliche[n] Wege[n] zur Toilette, zum Waschraum und bei Erholungs- und Entspannungszeiten außerhalb der vorgeschriebenen Ruhezeiten“ : ON 88 zweiter Absatz). Auch diese Tätigkeiten dienen der Abwicklung und der Aufrechterhaltung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers.

4.6.: Die Behauptung in der Berufung, der vom Erstgericht beigezogene leistungsphysiologische/arbeitsenergetische Gutachter habe „seinen Kompetenzbereich“ überschritten, ist zu unkonkret, um daran etwas zu ändern. Es wird daraus nicht klar, in welchen Teilen/Ausführungen das leistungsphysiologische Gutachten der „Energieumsatzmethode“ widersprochen haben sollte. Darauf kann das Berufungsgericht mangels inhaltlicher Argumentation der Berufung nicht weiter eingehen.

4.7.: Außerdem hat der vom Erstgericht bestellte leistungsphysiologische/arbeitsenergetische Sachverständige schlüssig dargelegt, warum ein berufskundlicher Sachverständiger die notwendige arbeitsenergetische Erfassung der Arbeitstätigkeiten des Klägers nur unter teilweiser Überschreitung seiner Fachkompetenz leisten könnte und daher die Einholung eines berufskundlichen Gutachtens entgegen dem Vorbringen der Beklagten in ON 39 und 45 sowie 91 nicht geboten ist. Der Sachverständige hat damit seine Stellungnahmen in ON 42 und ON 53.1 S 3 wiederholt und erweitert (zusammenfassend ON 79.1 S 8 f). Daher war auch unter diesem Gesichtspunkt die Einholung eines auch noch in der Berufung verfochtenen berufskundlichen Gutachtens entbehrlich.

4.8.: Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass die Auswahl eines Sachverständigen im Ermessen des Ger ichts liegt, das hiebei weder an die Vorschläge der Parteien noch an konkrete gesetzliche Vorgaben gebunden ist (RIS Justiz RS0040607 [T8, T24]), insbesondere nicht an die Verpflichtung, nur solche Personen heranzuziehen, die zur Erstattung von Gutachten über ein bestimmtes Thema öffentlich bestellt sind (8 Ob 20/22g; RIS Justiz RS0040607 [T7, T8]; RS0040566). Der Nichteintragung einer Person in die Sachverständigenliste für ein bestimmtes Fachgebiet kommt keine Indizwirkung dahin zu, dass ihr die zur Erfüllung eines in dieses Fachgebiet fallenden Gutachtensauftrags erforderliche Befugnis oder Fachkompetenz fehlen würde (RIS Justiz RS0040607 [T25]). Das Gericht kann idR davon ausgehen, dass ein bestellter Sachverständiger entsprechend weitreichende Kenntnisse hat, um zu beurteilen, ob diese im Einzelfall zur endgültigen Einschätzung der verfahrensrelevanten Fragen ausreichen. Von einem erfahrenen Sachverständigen in Sozialrechtssachen kann erwartet werden, dass er die Notwendigkeit der Einholung weiterer Gutachten selbst beurteilen kann ( Klauser/Kodek JN ZPO 18 § 362 ZPO E 8, E 9). Im sozialgerichtlichen Verfahren wird den medizinischen Sachverständigen aufgrund ihrer medizinischen Fachkunde die Beurteilung zugebilligt, ob noch weitere Untersuchungen bzw Gutachten aus anderen Fachgebieten erforderlich sind oder nicht (10 ObS 141/04i: berufspsychologisches Gutachten; OLG Linz 12 Rs 21/16v, ÖZPR 2016/105, 174; OLG Wien 32 R 145/80, SSV 20/120: neurologisches/ psychiatrisches Gutachten; allgemein etwa OLG Wien 8 Rs 176/06; OLG Innsbruck 23 Rs 27/23a ErwGr A.2. in anderem Zusammenhang veröffentlicht in RIS Justiz RI0100181; 23 Rs 47/20p ErwGr A.3. bestätigt durch 10 ObS 49/21k [ao Revision zurückgewiesen]; OLG Innsbruck 23 Rs 50/17z ErwGr A.3.). Das Sozialgericht kann mit Grund davon ausgehen, dass der oder die von ihm beigezogenen Sachverständigen über so weitreichende Sach- und Fachkenntnisse in medizinischer Hinsicht verfügen, um beurteilen zu können, ob diese im Einzelfall zur endgültigen Einschätzung ausreichen oder die Einholung anderer Gutachten in Betracht zu ziehen ist (OLG Innsbruck 23 Rs 27/23a ErwGr A.2. in anderem Zusammenhang veröffentlicht in RIS Justiz RI0100181: Pflegegeldverfahren; allgemein OLG Innsbruck 23 Rs 47/20p ErwGr A.3. bestätigt durch 10 ObS 49/21k [ao Revision zurückgewiesen]). Wie erwähnt hat der Sachverständige die Einholung eines berufskundlichen Sachbefunds abgelehnt (oben 4.7. aE mzwH).

4.9.: Die Berufung vermag nicht darzulegen, dass dem vom Erstgericht aufgenommenen leistungsphysiologischen Gutachten ein Verstoß gegen die Denkgesetze oder gegen die Grundlagen des Fachgebiets , in dem der Sachverständige beeidet und zertifiziert ist, anhaftet oder der Sachverständige erheblichen Verfahrensstoff außer Acht gelassen hätte. Deshalb konnte das erkennende Gericht den Darstellungen des ihm verlässlich erscheinenden Sachverständigen folgen (RIS Justiz RS0040588; RS0040592; OLG Innsbruck 23 Rs 27/23a ErwGr A.1.; 23 Rs 26/23d ErwGr 3.; 23 Rs 47/20p ErwGr A.2. bestätigt durch 10 ObS 49/21k [ao Revision zurückgewiesen]). Da das Gericht auf das Fachwissen des gerichtlich beeideten Sachverständigen angewiesen ist, muss es sich darauf beschränken, ein eingeholtes Gutachten nach allgemeinen Erfahrungssätzen und seinen besonderen, im Zug der Zivilgerichtsbarkeit erworbenen Kenntnisse auf seine Nachvollziehbarkeit zu überprüfen (OLG Wien 8 Rs 115/13i, SVSlg 64.748; 10 Rs 94/09, SVSlg 59.453; OLG Linz 11 Rs 27/14s SVSlg 63.537; OLG Innsbruck 23 Rs 27/23a ErwGr A.2., RIS Justiz RI0100181; 23 Rs 47/20p ErwGr A.3. bestätigt durch 10 ObS 49/21k [ao Revision zurückgewiesen]); dieser Plausibilitätsprüfung hält das vorliegende leistungsphysiologische Gutachten, wie das Erstgericht bereits zutreffend dargelegt hat, Stand. Die Berufung vermag sohin auch nicht die notwendigen Voraussetzungen für die Einholung eines anderen/weiteren leistungsphysiologischen/arbeitsenergetischen Gutachtens aufzuzeigen.

4.10.: Darüber hinaus ist zu bedenken, dass auch das Gutachten eines gerichtlich bestellten Sachverständigen nach der eindeutigen Formulierung des Gesetzes nur ein Beweismittel darstellt (10 ObS 316/02x; 1 Ob 7/85, JBl 1985, 628; RIS Justiz RS0040588 [T5]), das vom Gericht grundsätzlich frei zu würdigen ist ( Schumacher Das Fachwissen des Richters ÖJZ 1999, 132 [insb 135 bei FN 51]; OLG Innsbruck 23 Rs 36/10f ErwGr C.3.).

4.10.1.: Von diesem Beweismittel kann das Erstgericht - selbst dann, wenn das Gutachten vollständig, widerspruchsfrei, mängelfrei ist und unter Berücksichtigung seines von der Zertifizierung abgedeckten Fachbereichs erging und auf ausreichender Qualifikation des Gutachters beruht - im Rahmen des auch im sozialgerichtlichen Verfahren entscheidenden Prinzips der freien Beweiswürdigung abgehen: Der Beweiswert eines Sachverständigengutachtens kann nach allgemeinen Grundsätzen im Sinn der §§ 2 Abs 1 ASGG, 272 ZPO im gebundenen Ermessensbereich frei gewürdigt werden (2 Ob 208/20g Rz 23; 10 ObS 69/02y). Dies gilt auch dann, wenn das Gutachten frei von den dargestellten Mängeln insbesondere Widersprüchen oder sonstigen Verstößen gegen die Denkgesetze ist (2 Ob 208/20g Rz 23; 3 Ob 517/89; RIS Justiz RS0040632).

4.10.2.: Die Tatsacheninstanzen können in freier Beweiswürdigung etwa einem Sachverständigen auch keinen Glauben schenken und gegebenenfalls von der Einholung eines weiteren Gutachtens Abstand nehmen, wenn die eigenen Fachkenntnisse - insbesondere im Senatsprozess, der unter Beiziehung fachkundiger Laienrichter stattfindet (10 ObS 315/92; 10 ObS 69/02y; 10 ObS 85/91), wie zB im sozialgerichtlichen Verfahren - oder sogar bereits die allgemeine Lebenserfahrung zur Beurteilung der relevanten Tatfragen ausreicht (2 Ob 208/20g Rz 23; 8 Ob 155/08i; RIS Justiz RS0043391). Jede andere Sicht der Überprüfungsfähigkeit eines Sachverständigengutachtens führte zu dem grundsätzlich zu missbilligenden Ergebnis, dass eine Bindung an die Ergebnisse eines formal schlüssigen Gutachtens bestünde und nicht weiter überprüfbar wäre, was einerseits mit dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung und andererseits mit dem Grundsatz kollidiert, dass im ua sozialgerichtlichen Verfahren im Rahmen der Beweiswürdigung keine gebundenen Beweisregeln gelten (2 Ob 208/20g Rz 23; OLG Innsbruck 23 Rs 21/22t in anderem Zusammenhang veröffentlicht in RIS Justiz RI0100141). Dies ist grundsätzlich auch in Teilen des Gutachtens möglich. Das Gericht kann daher das Gutachten, wenn es - hier wie im Regelfall - unter anderem auch auf fachlich gutachterlichen Schlussfolgerungen beruht, im Rahmen des zugrunde liegenden argumentativen Wegs , den der Sachverständigen zu dieser Schlussfolgerung führte und im Gutachten auf nachvollziehbare Weise dargelegt sein muss (OLG Innsbruck zB 23 Rs 21/22t in anderem Zusammenhang veröffentlicht in RIS Justiz RI0100141; 13 Ra 2/17t ErwGr A.3.2.; 3 R 128/12s; 13 Ra 40/12y; 25 Rs 44/12z ErwGr 2.; 23 Rs 25/12s ErwGr 2.), als nicht überzeugend ansehen und ihm nicht folgen.

4.10.3.: Solche argumentativen Gründe, die - aufgrund der vom Erstgericht geschöpften Verfahrensergebnisse - das leistungsphysiologische Gutachten oder Teile davon widerlegen könnten , werden im Rechtsmittel nicht dargelegt, zumal eine ausdrückliche oder implizite Beweisrüge in der dafür vorgesehenen rechtsprechungskonformen Ausführung (dazu ausführlich RIS Justiz RS0041835) nicht dargestellt wird.

4.11.: Abschließend ist noch in Erinnerung zu rufen, dass zB die von der zweiten Instanz gebilligte Nichteinholung eines zusätzlichen Sachverständigengutachtens - als behaupteten Verfahrensmangel erster Instanz - auch im sozialgerichtlichen Verfahren nicht mehr in dritter Instanz geltend gemacht werden kann (10 ObS 123/18p ErwGr 2.; RIS Justiz RS0043061).

5.: Auch der dritte in der Mängelrüge geltend gemachte Kritikpunkt - unterbliebene Einholung eines weiteren leistungsphysiologischen Gutachtens - verfängt hier nicht:

5.1.: Nach stRsp stellt sowohl die Beurteilung der Schlüssigkeit und Vollständigkeit sowie hinreichenden Begründetheit eines Gutachtens eines Gerichtssachverständigen als auch die Beantwortung der Frage, ob der Sachverständige alle verfahrensrelevanten medizinischen Fragen abschließend beantwortet hat oder ob außer dem/den bereits vorliegenden Gutachten noch weitere Gutachten aus demselben oder einem anderen Fachgebiet einzuholen gewesen wären im Allgemeinen einen Akt der richterlichen Beweiswürdigung dar, der somit nicht zum Gegenstand einer Mängelrüge, vielmehr nur einer Beweisrüge gemacht werden kann (10 ObS 90/13b; 10 Obs 54/13f; 10 Obs 83/01f; 10 ObS 352/00p uvm; RIS Justiz RS0043275; RS0043320; RS0043163; RS0113643; Rechberger/Klicka ZPO 5 § 360 362 Rz 6). Eine Beweisrüge führt die Berufung weder ausdrücklich noch implizit aus, zumal sie die von der Judikatur dafür aufgestellten Erfordernisse (dazu ausführlich RIS Justiz RS0041835) in keinem Teil erfüllt.

5.2.: In der Nichteinholung eines weiteren Gutachtens könnte nur ausnahmsweise, und zwar dann ein Stoffsammlungsmangel gelegen sein, wenn ein Anwendungsfall des § 362 Abs 2 ZPO (hier iVm § 2 Abs 1 ZPO) vorliegt. Nach dieser Bestimmung ist das Gericht nur dann auf Antrag oder von Amts wegen dazu verhalten, eine neuerliche Begutachtung durch einen Sachverständigen anzuordnen, wenn das bereits abgegebene Gutachten ungenügend ist oder nicht vervollständigbar erscheint, vom Sachverständigen verschiedene (widersprüchlich verbliebene) Ansichten geäußert wurden oder dieser nach Abgabe des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt wurde. (Nur) insoweit kann die Nichteinholung eines weiteren Gutachtens einen Verfahrensmangel abgeben (RIS Justiz RS0040597; RS0113643; OLG Innsbruck zB 23 Rs 28/23x ErwGr 2.3.; 25 Rs 38/19b; Pochmarski/Tanczos/Kober, Berufung in der ZPO 4 [2022] 148 f; Pochmarski/Lichtenberg/Tanczos/Kober, Die Berufung in der ZPO³ [2014] 123 f; Rechberger/Klicka aaO § 360 362 Rz 6).

5.3.: Nach der Rsp kommt die neuerliche Begutachtung durch denselben oder einen anderen Sachverständigen nur dann in Betracht, wenn dies zur Behebung von Mängeln in einem Gutachten, bei Unklarheit oder Unschlüssigkeit des Gutachtens oder wegen besonderer Schwierigkeiten des Falls notwendig ist. Nicht einmal bei Vorliegen zweier vom Gericht eingeholter, einander widersprechender Gutachten ist das Gericht verpflichtet, ein drittes Gutachten einzuholen, sondern es kann sich einem der beiden Gutachten anschließen. Die Beurteilung, zu welcher der Richter auf Grund eines Gutachtens gelangt, liegt dann, außer bei Verstößen gegen Denkgesetze, auf dem Gebiet der Beweiswürdigung und kann nur als solche angefochten werden (LGZ Wien 40 R 103/01w, MietSlg 53.743; OLG Wien 10 Rs 167/10, SVSlg 59.498 ; OLG Innsbruck 25 Rs 12/14x, SVSlg 64.751). Eine neue Begutachtung ist nicht schon deshalb anzuordnen, weil die Erörterung nicht das von einer Partei gewünschte Ergebnis gebracht hat (OLG Wien 7 Rs 107/14b, SVSlg 64.758; OLG Innsbruck 25 Rs 14/14s, SVSlg 64.752; OLG Wien 8 Rs 50/15d, SVSlg 64.767). Schon aus Kostengründen ist von der neuerlichen Begutachtung sparsam Gebrauch zu machen (OLG Graz 7 Rs 71/13k, SVSlg 64.745). Das Gericht ist immer befugt, dem Gutachten zu folgen, wenn ihm die Darlegungen schlüssig und überzeugend erscheinen durften. Nur dann, wenn das Gutachten unschlüssig, widersprüchlich oder unvollständig ist, besteht die Verpflichtung, einen weiteren Sachverständigen beizuziehen (LG Salzburg 21 R 45/09b, EFSlg 124.919; OLG Wien 7 Rs 134/14y, SVSlg 64.759).

5.4.: Solche Unschlüssigkeiten, Widersprüchlichkeiten oder Unvollständigkeiten des leistungsphysiologischen Gutachtens (in sich) legt die Berufung jedoch nicht dar. Die Verfahrensrüge beschränkt sich darauf darzulegen, warum das leistungsphysiologische Gutachten mit dem Verfahren 48 Cgs 88/19f und das dort erstattete berufskundliche Gutachten Mag. J* in Widerspruch stehe (zB ON 88 S 3 erster Absatz). Die bloße Behauptung, „die vom Sachverständigen in Ansatz gebrachten Werte“ widersprächen „der allgemeinen Lebenserfahrung“, ist nicht substanziiert genug: Es bleibt offen welche „Werte“, also Teile des Gutachtens mit der Lebenserfahrung kollidieren sollten. Diesen unkonkretisierten Vorwurf kann das Berufungsgericht nicht verifizieren. Auch in welchen Details und/oder aufgrund welcher Überlegungen das vom Erstgericht aufgenommene und verwertete leistungsphysiologische Gutachten mit den im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten berufskundlichen Gutachten (Dr. L*, Mag. M* oder Mag. J*) in Widerspruch stehen sollte, lässt die Berufung im Dunkeln (ON 88 S 4 vorletzter Absatz). Auch der Vorwurf, die Erhebungen zur vom Kläger konkret ausgeübten Tätigkeit seien ungenügend (ON 88 S 4 erster Absatz), ist unkonkretisiert und daher inhaltlich nicht nachprüfbar. Dass die zu 2.1. dargelegten Vorgaben des Obersten Gerichtshofs für die Begutachtung von Schwerarbeit iS des § 1 Abs 1 Z 4 SchwerarbeitsV widerspräche wird in der Berufung auch nicht im Ansatz nachvollziehbar unterbreitet.

6.: Schließlich war auch die - unter einem vierten Gesichtspunkt - reklamierte Einvernahme des (sachverständigen) Zeugen Mag. J* nicht geboten:

6.1.: Dazu ist zunächst festzuhalten, dass selbst ein „sachverständiger Zeuge“ im Sinn des § 350 ZPO seine Sachkunde nur als Erkenntnisquelle für Tatsachen zu benützen hat und deshalb nicht Sachverständiger ist (RIS Justiz RS0040558; Frauenberger in Fasching/Konecny ³ § 350 ZPO Rz 1), folglich die Einvernahme von Zeugen zum Beweis für Fragen, die ein Sachverständiger zu lösen hat, grundsätzlich bereits abstrakt ungeeignet ist (OLG Wien 11 R 63/99m, EFSlg 90.962; OLG Innsbruck zB 23 Rs 47/18k ErwGr A. 4.; 23 Rs 38/14f; 23 Rs 16/14w). Denn die eigentlichen Schlussfolgerungen, also das - wie es hier zutrifft: schlüssige und überzeugende - Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen, kann weder durch einen (sachverständigen) Zeugen, wie den in die Sachverständigenliste eingetragenen berufskundigen Mag. J*, der durch seine Vernehmung nicht zum Sachverständigen im konkreten Verfahren wird, sondern ein Zeuge bleibt (3 Ob 80/10a; 8 Ob 110/02p; RIS-Justiz RS0040558), widerlegt (8 Ob 161/06v; 8 Ob 110/02p; 5 Ob 598/92), noch durch die Vernehmung eines Zeugen erschüttert werden (6 Ob 213/11k; 8 Ob 161/06v; 8 Ob 110/02p; RIS-Justiz RS0040598). Das Ziehen von Schlussfolgerungen aus bestimmten, dem gerichtlich bestellten Sachverständigen berichteten oder von ihm selbst erhobenen Tatsachen ist nämlich ausschließlich Aufgabe des gerichtlich bestellten Sachverständigen: Durch die Aussage von Zeugen oder Parteien kann das Gutachten eines Sachverständigen deshalb nicht widerlegt werden: Denn Zeugen, mögen sie auch sachverständig sein, oder Parteien haben nur über wahrgenommene Tatsachen oder Zustände auszusagen und keine Schlussfolgerungen daraus zu ziehen (3 Ob 80/10a; 3 Ob 503/85; RIS-Justiz RS0040588 [T2]; OLG Innsbruck zB 23 Rs 16/15w; 23 Rs 9/14s; 13 Ra 13/13d).

6.2.: Davon besteht nur eine enge Ausnahme : Soweit der Sachverständige im Rahmen der Befundaufnahme Tatsachen festhält, zu deren Wahrnehmung und Wiedergabe keine besondere Sachkunde erforderlich ist, kann es sich beim (schlüssigen) Befund des Sachverständigen um ein anderen Beweismitteln gleichwertiges Beweisergebnis handeln, welches im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§§ 2 Abs 1 ASGG, 272 ZPO) durch andere Beweismittel als Sachbefunde widerlegt oder ergänzt werden kann. In diesem Umfang könnte ein Befund durch Zeugenaussagen oder durch die Parteienvernehmung ergänzt oder auch widerlegt werden (1 Ob 4/01x; Pochmarski/Lichtenberg/Taczos/Kober Die Berufung in der ZPO³ [2017] 126; Pochmarski/Lichtenberg Die Berufung in der ZPO² [2009] 88; vgl Klauser/Kodek ZPO 17 [2012] § 362 E 12; OLG Innsbruck zB 23 Rs 47/18k ErwGr A. 4.; 23 Rs 43/14s; 23 Rs 16/14w; 23 Rs 9/14s; 13 Ra 13/13d). Ein solcher Sonderfall zB infolge konkreter weiterer Kenntnisse dieses (sachverständigen) Zeugen zum in der Befundaufnahme ON 62 ausführlich beleuchteten täglichen Arbeitsablauf des Klägers wurde von der Beklagten jedoch - insbesondere in der Mängelrüge - nicht behauptet oder nachvollziehbar ausgeführt.

7.: Die Mängelrüge der Berufung erweist sich daher in allen Punkten als unberechtigt. Die Mängelrüge der Berufung vermag also insbesondere die Grundlagen für die Feststellungen des Erstgerichts - wonach der Kläger beim F4 Dienst 2.407, beim A Dienst (315 + 1.995 =) 2.310 und beim Spätdienst (962 + 1.197 =) 2.159 Arbeitskilokalorien verbrauchte - nicht zu erschüttern. Ebenso wenig gefährdet die Berufung die - teilweise in die Beweiswürdigung (ON 84 S 20 Mitte) und rechtliche Beurteilung (ON 84 S 26 zweiter und dritter Absatz) - eingestreuten Feststellungen, gemäß denen der Kläger diesen Energieverbrauch an jedem Arbeitstag hatte (ON 84 S 11 ff, 15 f). Da keine Anhaltspunkte für Unterbrechungen der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung hervorgekommen sind, steht auch die Erbringung von zumindest 15 Schwerarbeitstagen pro Versicherungsmonat im Entscheidungszeitraum fest. Gegenteiliges behauptet selbst die Berufung gar nicht mehr.

B. Zur Rechtsrüge:

1.: Das Erstgericht hat entgegen dem Standpunkt der Berufung (ON 88 S 5) ausführliche Feststellungen zur konkreten Ausgestaltung der vom Kläger im entscheidungswesentlichen Zeitraum verrichteten Tätigkeit (insb ON 84 S 11 ff), zum Kalorienverbrauch des Klägers (ON 84 S 11 16) und den in der Berufung sog „Unproduktivitätszeiten“ (ON 84 S 10 zu den drei vom Kläger geleisteten Dienstgruppen [F 4 Dienst, A Dienst, Spätdienst] und S 11 f) getroffen.

2.: Die zu diesen drei Themenkreisen (konkrete Tätigkeit, Kalorienverbrauch insgesamt und Unproduktivitätszeiten) im Rechtsmittel geforderten ergänzenden Feststellungen (ON 88 S 5 zweiter und vorletzter Absatz) scheitern daher an diesen bereits getroffenen Feststellungen: Ein sog „sekundärer“ oder „rechtlicher“ Feststellungsmangel kann dann nicht mehr erfolgreich geltend gemacht werden, wenn das Erstgericht zu einem Sachverhaltskomplex bereits Feststellungen getroffen hat, mögen diese auch den Vorstellungen des Berufungswerbers zuwiderlaufen (10 ObS 47/23s Rz 13; 10 Ob 12/22w Rz 12; 7 Ob 37/17t ErwGr 2.; 1 Ob 69/16b ErwGr 2.; 9 ObA 41/16w ErwGr 2.; 8 ObA 59/14f ErwGr III.2.; RIS Justiz RS0043320 [T16, T18]; RS0043480 [T15, T19]; RS0053317 [T1]). In diesem Fall stellt es nämlich einen Akt der freien richterlichen Beweiswürdigung dar, wenn das Erstgericht die vom Rechtsmittelwerber gewünschten (abweichenden) Feststellungen nicht getroffen hat (7 Ob 52/15w ErwGr 2.; RIS Justiz RS0053317 [T3]).

3.: Auch die ausführliche Darstellung der Rechtsmittelwerberin, warum „unproduktive Zeiten“ bei der Ermittlung der Arbeitskalorien im Sinn des § 1 Abs 1 Z 4 SchwerarbeitsV sehr wohl zu berücksichtigen seien (ON 55 S 5 letzter Absatz und S 6) weichen von den zitierten Urteilsfeststellungen des Erstgerichts, wonach - zusammengefasst - der Kläger bei allen drei Diensttypen jeweils 45 Minuten Pause/ Verteilzeit geleistet hat, die von der leistungsphysiologischen/arbeitsenergetischen Betrachtung ausgeschlossen wurden, ab. Die Berufung muss selbst einräumen, dass die vom Erstgericht detailliert getroffenen Feststellungen zu den Kalorienverbräuchen während der einzelnen vom Kläger verrichteten Diensttypen (ON 84 S 13 16) jeweils unter Berücksichtigung (Abzug) von 45 Minuten Pausen erfolgten (ON 84 S 15 letzter Absatz, S 16 erster Absatz in der mündlichen Gutachtenserörterung ON 79.1 S 1 ff [19.9.2023]). Auch insoweit ist die Rechtsrüge nicht gesetzgemäß ausgeführt: Auf diesen Teil der Rechtsrüge kann das Berufungsgericht daher nicht weiter eingehen (10 ObS 99/23s Rz 6; 10 ObS 61/23b Rz 27; 3 Ob 206/21x Rz 6; 1 Ob 65/17s ErwGr 1.; RIS Justiz RS0043312 [T4, T14]; RS0043480 [T21]; RS0043603 [T2, T8]; RS0042663 [T1]).

3.1.: Nur der Vollständigkeit halber sei noch einmal darauf verwiesen, dass diese Urteilsfeststellungen zu den Leer-/Verteil-/Unproduktivitätszeiten aktenkonform getroffen wurden:

3.2.: Es wurde bereits in den Entscheidungen des OLG Innsbruck 20.7.2022, 23 Rs 21/22t ErwGr 7. in anderem Zusammenhang veröffentlicht in RIS Justiz RI0100141, und 28.4.2021, 23 Rs 14/21m ErwGr 6., ausgeführt, dass sich aufgrund des konkreten Arbeitsprofils substanziierte Anhaltspunkte für das Vorliegen der in der Berufung besonders betonten Verteil- oder Unproduktivitätszeiten, in denen tatsächlich keine oder sehr geringe/abgeschwächte Arbeitsleistungen erbracht wurden, ergeben müssen. Dabei ist auf die Verfahren 10 ObS 1/15t und 10 ObS 4/15h zu verweisen:

3.3.: Das Verfahren 10 ObS 1/15t (LG Krems/Donau als ASG 8 Cgs 181/13b, OLG Wien als ASG 10 Rs 82/14y) betraf die Arbeitstätigkeit eines Tankwagenfahrers bzw als Lieferant fester Brennstoffe. In diesem Verfahren musste der dortige Kläger offensichtlich auch Betankungsvorgänge (12x täglich bis zu 45 Minuten Dauer) abwarten. Daher lauteten die Feststellungen dahin, dass 10 % der Arbeitszeit unproduktive Zeiten sogenannte Verteilzeiten waren, nämlich Zeiten, in denen tatsächlich überhaupt keine Arbeitsleistungen erbracht wurden. Der Oberste Gerichtshof stellte entgegen den beiden Unterinstanzen unter Hinweis auf die 10 stündige Arbeitsbelastung fest, dass die Arbeitszeiten des Klägers in der Zeit vom 1.12.1994 bis 31.12.2012 Schwerarbeitszeiten im Sinn des § 607 Abs 14 ASVG bzw § 4 Abs 4 APG iVm § 1 Abs 1 Z 4 SchwerarbeitsV sind. Dabei ging der Oberste Gerichtshof anders als die Unterinstanzen davon aus, dass nicht nur vom 8 Stunden-Arbeitstag, sondern in diesen Monaten vom tatsächlich geleisteten 10 Stunden-Arbeitstag auszugehen ist. Dabei berücksichtigte der Oberste Gerichtshof die durch die Feststellungen vorgegebenen Kiloverbrauchswerte unter Einbeziehung der nach den Feststellungen beim dort als Kläger auftretenden Versicherten festgestellten unproduktiven Zeiten, in denen tatsächlich keine Arbeitsleistungen erbracht wurden, die sogenannten Verteilzeiten (10 ObS 1/15t ErwGr 2.).

3.4.: Im Verfahren 10 ObS 4/15h (LG Krems/Donau als ASG 40 Cgs 72/13h, OLG Wien als ASG 10 Rs 91/14x) war ein LKW Fahrer betroffen, zu dessen Aufgabengebiet unter anderem die Belieferung von Handelsfilialen und Kunden mit Lebensmitteln mit einem Hängerzug mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 40 t zählte. Der Kläger musste den LKW zunächst per Hubwagen mit Paletten bis rund 800 kg oder mit bis zu 400 kg schweren Rollcontainern händisch beladen und die Ware sichern. Nach Fahrt zum Zielort hatte er dort die Ware abzuladen und in den Anlieferungsbereich zu verbringen. Danach hatte er die Retourware und das Verpackungsmaterial wieder einzuladen und die nächste Station der Tour anzufahren. Die einzelnen Wegstrecken, die beim Be- und Entladen zurückgelegt werden mussten, waren unterschiedlich und betrugen zwischen 5 m und 35 m. Die Touren umfassten eine Strecke zwischen 100 bis 500 km, es wurden zwischen 2 und 8 Zielorte angefahren. Ausgehend von einem 8 stündigen Arbeitstag in bestimmten Monaten verbrauchte der Kläger als LKW Fahrer nach den Feststellungen in diesem Verfahren insgesamt 1.817,70 Arbeitskalorien. Ausgehend von einem 9 stündigen Arbeitstag in anderen Zeiträumen einen Wert von ca 2.044 Arbeitskalorien. In diesem Verfahren war nicht festgestellt, dass der dort als Kläger auftretende LKW Fahrer mit einem ähnlichen Aufgabenprofil wie der Kläger als Tankwagenfahrer bzw Lieferant von festen Brennstoffen im Verfahren 10 ObS 1/15t unproduktive Zeiten, in denen keine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht wurden, sogenannte Verteilzeiten, absolviert hatte, obwohl auch dort zumindest vorgebracht wurde, dass die Verladetätigkeiten teilweise von Mitarbeitern der Warenempfänger durchgeführt wurden. Daher gingen die Gerichte in diesem Verfahren, unter anderem der Oberste Gerichtshof, auch nicht von solchen Verteilzeiten oder unproduktiven Zeiten aus und berücksichtigten daher solche auch nicht bei der arbeitsphysiologischen Ermittlung des Arbeitskalorienverbrauchs.

3.5.: Im konkreten Fall hat das Erstgericht die fallbezogene Ausgestaltung der vom Kläger im entscheidungswesentlichen Zeitraum erbrachten Tätigkeit und dem dabei geleisteten Kalorienaufwand ausgehend von dem sog „geschärften“ Gutachten ON 76 - das auf den Gutachten ON 11, 17, 24, 31, 36, 42, 62 sowie der rund 7 stündigen Befundaufnahme an Ort und Stelle zur konkreten Tätigkeit des Klägers während der drei verschiedenen Diensttypen (F 4, A und Spätdienst) ON 62 basierte - und dessen ausführlicher zweistündiger Erörterung in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 19.9.2023 (ON 79.1) ermittelt. Dabei wurden nun für alle drei beschriebenen Diensttypen/ arten eine 30 minütige Pause und eine 15 minütige kurze Pause infolge von Leer-/Verteilzeiten - also insgesamt 45 Minuten Pausenzeiten pro Arbeitstag - von der tatsächlich verrichteten Arbeitszeit abgezogen (ON 76 S 5, S 11, S 18 und ON 79.1 S 4 Mitte und vorletzter Absatz, S 5 ab Mitte und vorletzter Absatz, S 7 drittletzter Absatz). Darüber hinaus wurden sehr geringfügigen Kalorienverbrauch bewirkende Tätigkeiten - wie unter anderem im Beisein der Beklagten in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 19.9.2023 ausführlich erörtert - dort bezeichnet als solche „Leerwege/Leergänge“ zB Wege ohne Gerät/Material beim Aufräumen von OPs, bei der Reinigung von OPs oder bei der Entsorgung von OP-Material und schließlich Hin- oder Rückwege bei der Patientenabholung oder beim Patientenrücktransport als insgesamt weniger belastende Zeiten oder Zeiten, wo aktuell mehrere Sekunden lang gar nichts zu tun war wie zB während einzelner OP-Assistenzleistungen insgesamt als „Handarbeit leicht 6 %“ und damit letztlich zusätzlich als die in der Berufung verfochtenen Verteil- oder Leerzeiten ohnedies bereits berücksichtigt (ON 79.1 S 4 Mitte und vorletzter Absatz, S 5 ab Mitte und vorletzter Absatz, S 7 drittletzter Absatz). Bei dieser Gutachtenserörterung und bei der Befundaufnahme ON 62 hätte die qualifiziert durch eine versierte Mitarbeiterin vertretene Beklagte ausreichend Gelegenheit gehabt, an die dort vernommenen Zeugen, den Kläger und den Sachverständigen weitere zweckdienliche Fragen zum möglichen Umfang der Tätigkeit des Klägers (bei der ausführlichen Befundaufnahme ON 62) und im Rahmen der Gutachtenserörterung ON 79.1 zu stellen (§§ 2 Abs 1 ASGG, 289 Abs 1, 341 Abs 1, 357 Abs 2, 375 Abs 1 ZPO; siehe etwa Frauenberger in Fasching/Konecny ZPO³ III [2017] § 289 Rz 1 f; § 341 Rz 1; Schneider aaO § 357 Rz 12; Spenling aaO § 375 Rz 6; 1 Ob 28/96; 10 ObS 401/97m; VwGH 24.6.1985, GZ 85/15/0067, AnwBl 1986/2376; OLG Wien 12 R 142/85, REDOK 1491; 31 R 263/82, JBl 1984, 687; 35 R 2004/78, ZAS 1978/28; OLG Graz 7 Rs 1056/87, SVSlg 33.921; LGZ Wien 44 R 666/06a, EFSlg 115.185). Da die Beklagte derartige Fragestellungen trotz ihrer Befugnisse durch ihre Mitarbeiter:innen (§§ 2 Abs 1 ASGG, 289 Abs 1, 341 Abs 1, 357 Abs 2, 375 Abs 1 ZPO) nicht deponiert und daher den Sachverhalt in den für sie bedeutsamen Richtungen, zB der Pausen bzw der Urlaubs- und Krankenstandszeiten oder auch der übrigen in der Berufung erwähnten Verteil-/Unproduktivitätszeiten nicht weiter aufgeklärt hat, kann sich die Beklagte nunmehr im Rechtsmittelverfahren durch die beiden genannten Beweisaufnahmen gewonnenen Verfahrensergebnisse und deren Umfang nicht für beschwert erachten (10 ObS 401/97m; OLG Wien 35 R 2004/78, ZAS 1980/28). Diesen eigenen Verfahrensfehler kann die Beklagte also weder in der Mängel- noch in der Beweisrüge ihrer Berufung gegen die Sachentscheidung erfolgreich geltend machen (OLG Wien 12 R 142/85 oder 31 R 263/82; LGZ Wien 44 R 666/06a; OLG Innsbruck 28.4.2021, 23 Rs 14/21m ErwGr 5.).

4.: Weitere selbstständige Aspekte, die im erstinstanzlichen Verfahren teilweise noch von Relevanz waren, führt die Berufung nicht - schon gar nicht auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts - aus, sodass das Berufungsgericht darauf nicht weiter eingehen darf (RIS Justiz RS0043338; RS0043352 [T17, T23, T26, T31, T33, T34]; RS0041570 insb [T6, T12]). Tritt der Rechtsmittelwerber der Beurteilung einer selbstständigen Rechtsfrage durch das Erstgericht in seiner Berufung nicht entgegen, ist diese Rechtsansicht nicht mehr zu überprüfen (RIS Justiz RS0043338 [T18]).

5.: Auch der Rechtsrüge musste somit der Erfolg versagt bleiben.

C. Verfahrensrechtliches:

1.: Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 ASGG iVm §§ 50, 41 ZPO.

2.: Das Berufungsgericht konnte sich in allen erheblichen Rechtsfragen auf eine einheitliche Rechtsprechung des Höchstgerichts stützen, von der es nicht abgewichen ist. Eine erhebliche Rechtsfrage in der von den §§ 2 Abs 1 ASGG, 502 Abs 1 und Abs 5 Z 4 ZPO geforderten Qualität war daher in diesem Berufungsverfahren nicht zu klären. Der weitere Rechtszug nach diesen Gesetzesstellen erweist sich daher als nicht zulässig, worüber gemäß den §§ 2 Abs 1 ASGG, 500 Abs 2 Z 3 ZPO ein eigener Ausspruch in den Tenor der Berufungsentscheidung aufzunehmen war.