JudikaturJustiz22R211/22t

22R211/22t – LG Korneuburg Entscheidung

Entscheidung
21. März 2023

Kopf

I m namen der republik

Das Landesgericht Korneuburg als Berufungsgericht hat durch die Richter Mag. Iglseder als Vorsitzenden sowie Dr. Futterknecht, LL.M., BSc und Mag. Rak in den verbundenen Rechtssachen [26 C 407/21d und 26 C 408/21a] der jeweils klagenden Partei A***** G***** GmbH , vertreten durch Stanonik Rechtsanwälte in Wien, wider die jeweils beklagte Partei A***** A***** AG , vertreten durch MMag. Christoph Krones, Rechtsanwalt in Wien, wegen jeweils EUR 400,-- s.A. , infolge Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts Schwechat vom 28.06.2022, GZ 26 C 407/21d-12, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen der Klage-vertreter binnen 14 Tagen die mit EUR 233,78 bestimmten Kosten des Beru-fungsverfahrens zu ersetzen.

Die Revision ist jedenfalls unzulässig.

Text

entscheidungsgründe:

Der Fluggast S***** B***** verfügte über eine bestätigte Buchung bei der Beklagten für die Flugverbindung

– OS 458 von London nach Wien am 18.10.2019, mit einer planmäßigen Abflugzeit um 05:00 Uhr UTC und einer planmäßigen Ankunftszeit um 07:15 Uhr UTC, sowie

– OS 661 von Wien nach Kiew am selben Tag, mit einer planmäßigen Abflugzeit um 07:50 Uhr UTC und einer planmäßigen Ankunftszeit um 09:45 Uhr UTC.

Der Fluggast S***** R***** verfügte über eine bestätigte Buchung bei der Beklagten für die Flugverbindung

– (ebenfalls) OS 458 von London nach Wien am 18.10.2019, mit einer planmäßigen Abflugzeit um 05:00 Uhr UTC und einer planmäßigen Ankunftszeit um 07:15 Uhr UTC, sowie

– OS 687 von Wien nach Minsk am selben Tag, mit einer planmäßigen Abflugzeit um 08:00 Uhr UTC und einer planmäßigen Ankunftszeit um 09:45 Uhr UTC.

Die tatsächliche Abflugzeit des von der Beklagten durchgeführten Fluges OS 458 war 05:42 Uhr UTC und die tatsächliche Ankunftszeit in Wien 07:39 Uhr UTC (Ankunftsverspätung: 24 min). S***** B***** und S***** R***** erreichten aufgrund der Verspätung des Fluges OS 458 ihre Anschlussflüge nicht mehr und kamen jeweils mit einer zumindest dreistündigen Verspätung in Kiew bzw. Minsk an.

Die Fluggäste traten ihre Ansprüche auf Zahlung einer Ausgleichszahlung an die Klägerin ab, welche die Abtretung annahm. Die Flugstrecke von London nach Kiew bzw. Minsk beträgt mehr als 1.500 km und nicht mehr als 3.500 km.

Mit den beim Erstgericht am 25.11.2021 nach Fluggästen getrennt eingebrachten und zu 26 C 407/21d (S***** B*****) und 26 C 408/21a (S***** R*****) registrierten Klagen begehrte die Klägerin den Zuspruch von jeweils EUR 400,-- und brachte zusam-mengefasst vor, die schlechten Sichtverhältnisse im Oktober würden keinen außer-gewöhnlichen Umstand darstellen. Darüber hinaus seien hinsichtlich des Fluggastes S***** B***** näher genannte Flugverbindungen, mit welchen er um 15:40 Uhr bzw um 13:15 Uhr planmäßig in Kiew angekommen wäre, nicht geprüft worden. Zudem habe die Beklagte zwischen den Flügen der Rotation OS 661 / OS 662 nur die Mindest-Turnaroundzeit eingeplant. Hätte sie einen Puffer vorgesehen, hätte der Flug OS 661 mit dem Abflug von Wien zuwarten können.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte die Klagsabweisung und brachte zusammengefasst vor, der Flug OS 458 habe wegen Vorgaben der Flugsicherung eine Abflugverspätung von 27 Minuten gehabt. Aufgrund der schlechten Wetter- und Sichtverhältnisse am Flughafen Wien habe die Flugsicherung während des Zeitpunkts des geplanten Abflugs bzw der geplanten Landung die Anflugraten von normalerweise 46 auf 34 Anflüge pro Stunde verringert. Aufgrund der Situation am Flughafen Wien und dessen Umkreis habe fast kein Flug von der Beklagten pünktlich durchgeführt werden können und hätten Flugzeuge auch auf andere Flughäfen ausweichen müssen. Erst nach Besserung der Sichtverhältnisse sei ein Abflugslot für 06:38 Uhr erteilt worden, welcher mit dem Abflug um 06:42 Uhr auch genutzt worden sei. In Anbetracht der Mindestumsteigzeit am Flughafen Wien für derartige Verbindungen von 35 Minuten hätten die Fluggäste ihre jeweiligen Anschlussflüge ohne Hinzutreten des außergewöhnlichen Umstands problemlos erreichen können. Es sei daher auch ein ausreichend großer Puffer zwischen den Flügen eingeplant worden. Sie habe mit dem Abflug der Flüge OS 661 und OS 687 nicht weiter zuwarten können, weil diese dann ihren zugeteilten Slot verpasst hätten. Die Fluggäste seien umgehend auf die nächst- und schnellstmögliche Flugverbindung umgebucht worden. Es habe keinen Direktflug von London nach Kiew bzw Minsk gegeben. S***** R***** sei vor der Umbuchung auf den Flug OS 689 von Wien nach Minsk noch eine weitere Flugverbindung über Warschau mit einer planmäßigen Ankunftszeit um 17:15 Uhr angeboten worden. Diese sei jedoch mangels eines Schengenvisums des Fluggastes nicht möglich gewesen. Eine weitere Flugverbindung über Moskau mit einer planmäßigen Ankunftszeit in Minsk um 19:40 Uhr sei von ihm abgelehnt worden.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren zur Gänze statt und verpflichtete die Beklagte zum Kostenersatz. Neben dem eingangs wiedergegebenen außer Streit stehenden Sachverhalt traf das Erstgericht nachstehende Feststellungen:

„Der Flug OS 458 erhielt von der Flugsicherung insgesamt vier Airwayslots, weshalb er seinen Airportslot um 5:00 Uhr nicht pünktlich wahrnehmen konnte. Den ersten Slot erhielt er um 3:00 Uhr für 5:23 Uhr, den zweiten um 3:03 Uhr für 5:29 Uhr, den dritten um 4:26 Uhr für 5:48 Uhr und den vierten um 4:38 Uhr für 5:38 Uhr. Den letzten Abflugslot nahm OS 458, nachdem er seine Parkposition um 5:27 Uhr verlassen hatte, mit einem Abflug um 5:42 Uhr wahr. Grund für die ersten beiden Slotzuteilungen waren nicht näher feststellbare Kapazitätseinschränkungen auf der Flugstrecke, zu den beiden letzten Slots führten prognostizierte schlechte Sichtverhältnisse am Flughafen Wien: Um 3:50 Uhr lag eine komplett geschlossene Nebeldecke über dem Flughafen Wien auf einer Höhe von 100 Fuß und es herrschte eine Weitsicht von lediglich 650 Metern; dabei sollte die starke Nebeldecke auf 100 Fuß laut den Prognosen bis 6:00 Uhr anhalten und ab 8:00 Uhr eine Nebeldecke mit Bedeckung von fünf bis sieben Achtel in Höhe von 400 Fuß herrschen. Aufgrund der prognostizierten Sichtbeeinträchtigungen legte die Austrocontrol um 5:25 Uhr für den Zeitraum 5:40 Uhr bis 8:00 Uhr eine Anflugrate von 25 Anflügen pro Stunde fest und hob diese um 5:57 Uhr auf 35 Anflüge pro Stunde an; üblicherweise beträgt die Anflugrate auf den Flughafen Wien 46 Anflüge pro Stunde. Eine Abflugratenreduktion lag am Vormittag des 18.10.2019 am Flughafen Wien jedoch nicht vor.

Entgegen der Prognose verbesserten sich die Sichtverhältnisse, sodass zum Zeitpunkt der geplanten Landung des Flugs OS 458 eine Nebeldecke von fünf bis sieben Achtel in einer Höhe von 1.000 Fuß und eine Weitsicht von 7 km vorlag, die einer pünktlichen Landung des Flugs OS 458 nicht im Wege gestanden wäre. Dass die Flugsicherung die Anflugrate auf den Flughafen Wien aufgrund schlechter Sichtverhältnisse auf 25 Flüge pro Stunde reduziert, kommt etwa zehn Mal im Jahr vor; Sichtbeeinträchtigungen aufgrund derartiger Nebelverhältnisse im Oktober am Flughafen Wien sind nicht unüblich.

Auch wenn am Flughafen Wien keine Sichtbeeinträchtigung geherrscht hätte, hätte OS 458 aufgrund der Kapazitätseinschränkungen auf der Flugstrecke frühestens um 5:24 Uhr abfliegen können und wäre frühestens um 7:21 Uhr in Wien angekommen

Das Gate des Anschlussflugs des Fluggasts S***** B*****, OS 661 von Wien nach Kiew, schloss um 7:41 Uhr und der Flug war um 7:53 Uhr off-block. Nachdem der Fluggast diesen Flug nicht mehr erreicht hatte – die MCT am Flughafen Wien beträgt zwischen Flügen der Beklagten 25 Minuten –, buchte die Beklagte S***** B***** auf die Flüge LH 1235 von Wien nach Frankfurt mit den Flugzeiten 9:10 Uhr bis 10:35 Uhr und LH 1494 von Frankfurt nach Kiew mit den Flugzeiten 11:20 Uhr bis 13:45 Uhr um. Es kann nicht festgestellt werden, ob es sich dabei nach der Landung in Wien um die schnellstmögliche Beförderung für den Fluggast von Wien nach Kiew handelte.

Der Beklagten war um 4:38 Uhr bewusst, dass der Fluggast S***** B***** seinen Anschlussflug nicht mehr erreichen wird, wenn sich der für 5:38 Uhr zugeteilte Slot nicht mehr verbessern würde. Es kann jedoch nicht festgestellt werden, dass die Beklagte auch Alternativbeförderungen für S***** B***** von London nach Kiew geprüft hätte. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte Umbuchungen auf die Flüge BA 388 von London nach Brüssel mit den Flugzeiten 5:35 Uhr bis 6:50 Uhr sowie SN 2857 von Brüssel nach Kiew mit den Flugzeiten 9:50 Uhr bis 12:40 Uhr oder auf die Flüge KL1000 von London nach Amsterdam mit den geplanten Flugzeiten 5:30 Uhr bis 7:00 Uhr, tatsächlich 5:50 Uhr bis 7:08 Uhr, sowie KL 1385 von Amsterdam nach Kiew mit den geplanten Flugzeiten 7:30 Uhr bis 10:15 Uhr, tatsächlich 7:57 Uhr bis 10:21 Uhr, geprüft hätte und dass eine Umbuchung auf diese nicht möglich gewesen wäre.

Die Beklagte versuchte nicht, S***** B***** beim Umstieg auf den Anschlussflug OS 661 zu unterstützen; es kann nicht festgestellt werden, dass der Fluggast den Anschlussflug in diesem Fall ohnehin nicht erreicht hätte oder dass der Anschlussflug in diesem Fall auf den Fluggast warten hätte müssen und daraufhin seinen Airportslot versäumt hätte. Aufgrund der annähernd pünktlichen Durchführung des Flugs OS 661 konnte auch der Folgeflug OS 662 pünktlich durchgeführt werden; zwischen diesen Flügen sah die Beklagte lediglich die Mindestturnaroundzeit von 45 Minuten vor.

OS 687, der Anschlussflug des Fluggasts S***** R***** von Wien nach Minsk, verließ seine Parkposition um 8:02 Uhr. Nachdem der Fluggast diesen Flug nicht mehr erreicht hatte, buchte die Beklagte ihn auf die Flüge SU 2185 von Wien nach Moskau mit den Flugzeiten 10:00 Uhr bis 12:40 Uhr sowie SU 1832 von Moskau nach Minsk mit den Flugzeiten 15:10 Uhr bis 16:40 Uhr um. Es kann nicht festgestellt werden, ob es sich dabei nach der Landung in Wien um die schnellstmögliche Beförderung für den Fluggast von Wien nach Minsk handelte, auf die der Fluggast umgebucht werden konnte.

Erst zum Zeitpunkt des Abflugs des Flugs OS 458 um 5:42 Uhr war der Beklagten bewusst, dass S***** R***** seinen Anschlussflug OS 687 verpassen werde. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte auch Alternativbeförderungen für S***** R***** von London nach Minsk geprüft hätte. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte folgende Verbindungen geprüft hätte: KL 1000 von London nach Amsterdam mit den geplanten Flugzeiten 5:30 Uhr bis 7:00 Uhr und den tatsächlichen Flugzeiten von 5:50 Uhr bis 7:08 Uhr sowie den Anschlussflug B2 868 von Amsterdam nach Minsk mit den Flugzeiten 10:15 Uhr bis 12:38 Uhr, BA 304 von London nach Paris mit den Flugzeiten 6:17 Uhr bis 7:36 Uhr und dem Anschlussflug B2 866 von Paris nach Minsk mit den Flugzeiten 9:21 Uhr bis 12:50 Uhr, LH 2485 von London nach München mit den Flugzeiten 6:26 Uhr bis 8:08 Uhr und dem Anschlussflug B2 900 von München nach Minsk mit den Flugzeiten 13:11 Uhr bis 14:10 Uhr oder den Flug LO 286 von London nach Warschau mit den tatsächlichen Flugzeiten 5:38 Uhr bis 8:10 Uhr und dem Anschlussflug B2 896 von Warschau nach Minsk mit den Flugzeiten 13:20 Uhr bis 14:20 Uhr.

Die Beklagte versuchte nicht, S***** R***** beim Umstieg auf den Anschlussflug OS 687 zu unterstützen; es kann nicht festgestellt werden, dass der Fluggast den Anschlussflug auch in diesem Fall nicht erreicht hätte oder dass der Anschlussflug in diesem Fall auf den Fluggast warten hätte müssen.“

Rechtlich folgerte das Erstgericht, dass das Vorliegen der Abflugverspätung von 27 Minuten, die zu einem erheblichen Teil auf nicht näher feststellbare Kapazitätseinschränkungen auf der Flugstrecke zurückzuführen sei, keinen außergewöhnlichen Umstand iSd Art 5 Abs 3 EU-FluggastVO darstellen könne. Zudem sei Nebel im Oktober am Flughafen Wien und damit einhergehende Sichteinschränkungen nicht unüblich und hielt die Reduktion auf 25 Anflüge pro Stunde nur 17 Minuten an. Danach habe eine moderate Reduktion auf 35 Anflüge pro Stunde vorgelegen. Darüber hinaus habe die Beklagte nicht alle ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen, indem sie die Fluggäste weder beim Umstieg auf ihre Anschlussflüge nicht unterstützt, noch ihnen die frühestmögliche Alternativverbindung angeboten habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass die Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werden; hilfsweise stellt die Berufungswerberin einen Aufhebungsantrag.

Die Klägerin beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Vorweg ist festzuhalten, dass die Rechtsrüge nur dann gesetzmäßig ausgeführt ist, wenn sie vom festgestellten Sachverhalt ausgeht. Weichen die Ausführungen zum Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung von den Tatsachenfeststellungen ab, können sie insoweit einer weiteren Behandlung nicht zugeführt werden (RS0043312 [T9, T10, T12, T14]). Das Berufungsgericht kann daher nur dann, wenn der Berufungsgrund der unrichtigen Beurteilung dem Gesetz gemäß ausgeführt ist, wenn also das angefochtene Urteil unter Zugrundelegung des von ihm festgestellten Sachverhalts angefochten wird, auf diesen Berufungsgrund eingehen.

Das Berufungsgericht erachtet die Ausführungen in der Berufung für nicht stichhaltig, die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts jedoch als zutreffend, sodass gemäß § 500a ZPO darauf verwiesen wird. Ergänzend bleibt auszuführen:

[1] Die Berufungswerberin wendet sich zunächst gegen die Rechtsansicht des Erst- gerichts, dass die festgestellten Wetterverhältnisse die Annahme des Vorliegens eines außergewöhnlichen Umstands iSd Art 5 Abs 3 EU-FluggastVO nicht rechtfertige.

Soweit die Berufungswerberin in diesem Zusammenhang sekundäre Feststellungsmängel zu erkennen glaubt und ergänzende Feststellungen begehrt, ist festzuhalten, dass das Erstgericht – in weitaus ausführlicherer Weise als es der knappen und schematischen Darstellung der Berufung entspricht – die Wettersituation und die darauf zurückzuführenden Maßnahmen der Flugsicherung konstatiert hat. Für die gewünschte Ersatzfeststellung bleibt daher kein Raum.

Wenn die Berufungswerberin – wie so oft – den Schwerpunkt ihrer Ausführungen zu den außergewöhnlichen Umständen darauf legt, dass die Gesamtsituation aus Wetterbedingungen und Anordnungen der Flugsicherung für sie nicht beherrschbar gewesen sei, ist sie wiederholt auf die ständige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs wie auch des Berufungsgerichts zu verweisen, wonach ein außer-gewöhnlicher Umstand ein Vorkommnis ist, das

ihrer Natur oder Ursache nach nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens ist und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen ist (EuGH C-549/07, C-257/14 C-28/20, C 308/21). Demnach stellen Wetterbedingungen nur dann einen „außergewöhnlichen Umstand“ dar, wenn sie aus den üblichen und zu erwartenden Abläufen des Luftverkehrs herausragen und geeignet sind, die Betriebstätigkeit eines oder mehrerer Luftfahrtunternehmen zum Erliegen zu bringen (LG Korneuburg 22 R 344/21z, 22 R 198/22f u.a.; weitere Nachweise zur deutschen Rsp bei Schmid in BeckOK Fluggastrechte-VO 25 Art 5 Rz 88). Derartige Verhältnisse lassen sich aus den erstgerichtlichen Feststellungen nicht ableiten. Ergänzend ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass Grund für die ersten beiden Vergaben eines Airway-Slots nicht näher feststellbare Kapazitätsbeschränkungen waren.

[2] Überdies wird in der Berufung ein weitläufiges Vorbringen zu den zumutbaren Maßnahmen erstattet, ohne jedoch diesen Ausführungen die diesbezüglichen Feststellungen des Erstgerichts zugrunde zu legen. Allfällige Unklarheiten gehen zu Lasten des Rechtsmittelwerbers (vgl OGH 4 Ob 22/21w).

Das ausführende Luftfahrtunternehmen ist für das Vorliegen sämtlicher für eine Befreiung nach Art 5 Abs 3 EU-FluggastVO erforderlicher Tatbestandselemente behauptungs- und beweispflichtig (LG Korneuburg 22 R 68/22p, 22 R 358/21h, 22 R 273/20g mwN).

Dabei war zu berücksichtigen, dass, wenn – wie hier – für den Fluggast die Mindestumsteigezeit (MCT) zum Anschlussflug unterschritten wird, zu den Maßnahmen, die auf ihre Zumutbarkeit zu prüfen sind, all jene Hilfestellungen zählen, die es dem Fluggast ermöglichen könnten, den Anschlussflug doch noch zu erreichen (zB bevorzugte Abfertigungen; beschleunigter Transport im Terminal; begleitete Beförderung von Flugzeug zu Flugzeug über das Vorfeld; Bitte an das Luftfahrtunternehmen, das den Anschlussflug durchführt, die Beendigung des Boarding noch wenige Minuten zu verzögern). Das Luftfahrtunternehmen, das derartige Maßnahmen unterlassen hat, muss daher vortragen und beweisen, dass solche Maßnahmen nicht möglich, nicht zumutbar oder von Vornherein nicht erfolgversprechend gewesen wären (RKO0000016). Dies ist jedoch der Beklagten in Anbetracht der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen nicht gelungen.

Ungeachtet dessen hat das ausführende Luftfahrtunternehmen dem Fluggast zunächst jene Ersatzverbindung anzubieten, mit der er sein Endziel am frühesten erreichen kann (vgl RKO0000043). In Anbetracht der diesbezüglich vom Erstgericht getroffenen Negativfeststellung war den Klagebegehren auch schon aus diesem Grund stattzugeben.

Als sekundären Feststellungsmangel rügt die Berufungswerberin in diesem Zusam-menhang, das Erstgericht hätte feststellen müssen, dass den Fluggästen eine bzw mehrere Alternativverbindungen angeboten worden seien. Abgesehen davon, dass sie keine konkrete Feststellung begehrt, welche Alternativverbindungen den Fluggästen angeboten worden seien, erstattete sie im erstinstanzlichen Verfahren kein Vorbringen, wonach S***** B***** andere Verbindungen angeboten worden wären, sodass das Erstgericht mangels Vorbringens auch keine Feststellungen zu treffen hatte. Hinsichtlich S***** R***** brachte sie lediglich zwei Flugverbindungen vor, die jedoch eine spätere Ankunft in Minsk zur Folge gehabt hätten, als die tatsächliche Ersatzbeförderung.

Der Berufung war daher insgesamt ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.

Die Unzulässigkeit der Revision folgt aus § 502 Abs 2 ZPO.