JudikaturVwGhRa 2023/16/0097

Ra 2023/16/0097 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
28. Dezember 2023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie den Hofrat Dr. Bodis und die Hofrätin Dr. Funk Leisch als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., über die Revision des Mag. R, vertreten durch Mag. Ralph Kilches, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Laudongasse 25, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Juni 2023, G 308 2273433 1/2E, betreffend Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung in einer Angelegenheit der Gerichtsgebühr (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsident des Landesgerichtes Klagenfurt), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Zur Vorgeschichte des Revisionsfalles wird in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 und 9 VwGG zunächst auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. September 2022, Ra 2022/16/0057, verwiesen. Der Verwaltungsgerichtshof wies mit diesem Beschluss die Revision des Revisionswerbers gegen die im Beschwerdeverfahren mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25. April 2022 erfolgte Vorschreibung der Pauschalgebühr gemäß Tarifposten (TP) 2 Gerichtsgebührengesetz (GGG) iHv 4.570 €, samt einem Mehrbetrag gemäß § 31 Abs. 1 GGG iHv 23 € und der Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG iHv 8 €, insgesamt somit 4.610 €, für die Einbringung einer Berufung gegen die Abweisung von Anträgen des Revisionswerbers auf Zahlung von Entschädigungsbeträgen gemäß § 408 ZPO mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt im Grundverfahren zurück.

2 Der Präsident des Landesgerichtes Klagenfurt bestätigte am 4. November 2022 die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des der Gebührenvorschreibung zu Grunde liegenden Bescheides vom 21. Februar 2022.

3 Mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2022 stellte der Revisionswerber an den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien Anträge auf Nachsicht, Stundung und Ratenzahlung der vorgeschriebenen Gerichtsgebühr.

4 Mit Schriftsatz vom 23.12.2022 beantragte der Revisionswerber beim Präsidenten des Landesgerichtes Klagenfurt die Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit des der Gebührenvorschreibung zu Grunde liegende Bescheides des Präsidenten des Landesgerichtes Klagenfurt vom 21. Februar 2022.

5 Mit Bescheid vom 28. März 2023 wies der Präsident des Landesgerichtes Klagenfurt den Antrag des Revisionswerbers auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung des Bescheides des Präsidenten des Landesgerichtes Klagenfurt vom 21. Februar 2022 ab.

6 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.

7 Das Bundesverwaltungsgericht stellte nach Wiedergabe des Verfahrensganges fest, dass über die vom Revisionswerber gestellten Anträge auf Nachsicht, Stundung und Ratenzahlung vom Oberlandesgericht Wien noch nicht entschieden worden sei.

8 In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesverwaltungsgericht aus, Gegenstand der Vollstreckbarkeitsbestätigung iSd § 7 Abs. 3 und 4 Exekutionsordnung (EO) sei der verfahrensrechtliche Umstand des Eintritts der formellen Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels. Die formelle Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels sei gegeben, wenn dagegen kein die Vollstreckbarkeit hemmendes Rechtsmittel mehr offenstehe. Die Vollstreckbarkeitsbestätigung sei im Titelverfahren zu erteilen, die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung erfolge ebenfalls im Titelverfahren nach den für das Titelverfahren geltenden Verfahrensvorschriften.

9 Ein Stundungs- oder Nachlassantrag habe nach § 9 Abs. 3 Gerichtliches Einbringungsgesetz (GEG) keine aufschiebende Wirkung. Die Behörde habe, wenn sonst der Zweck der Entscheidung ganz oder teilweise vereitelt werden könnte, auf Antrag oder von Amts wegen die Einbringung bis zur Entscheidung über das Stundungs- oder Nachlassbegehren aufzuschieben, wenn das Begehren einen ausreichenden Erfolg verspreche und nicht die Einbringlichkeit gefährdet werde.

10 Es sei weder vorgebracht worden noch sonst hervorgekommen, dass der Revisionswerber beim Oberlandesgericht Wien einen Antrag auf Aufschiebung der Einbringung bis zur Entscheidung über das Stundungs- oder Nachlassbegehren eingebracht hätte, noch, dass das Oberlandesgericht Wien von Amts wegen die Aufschiebung der Einbringung verfügt hätte. Selbst der Umstand, dass das Oberlandesgericht Wien die Einbringung bis zur Entscheidung über das Stundungs- oder Nachlassbegehren aufgeschoben habe, habe keinen Einfluss auf die Vollstreckbarkeitsbestätigung. Gegenstand der Vollstreckbarkeitsbestätigung sei allein der Umstand des Eintritts der formellen Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels, welche dann gegeben sei, wenn dagegen kein die Vollstreckbarkeit hemmendes Rechtsmittel mehr offenstehe. Die Vollstreckbarkeit des Bescheides vom 21. Februar 2022 sei bereits mit der Zustellung des abweisenden Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25. April 2022 eingetreten. Der Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Klagenfurt sei daher formell in Rechtskraft erwachsen und vollstreckbar.

11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision, die das Bundesverwaltungsgericht dem Verwaltungsgerichtshof unter Anschluss der Akten vorlegte.

12 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

15 Der Revisionswerber bringt zur Begründung der Zulässigkeit der Revision zunächst vor, es fehle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob die Vollstreckbarkeitsbestätigung aufzuheben sei, wenn ein Stundungs- und Nachlassantrag gestellt worden und über diesen vom hier zuständigen Oberlandesgericht Wien noch nicht entschieden worden sei.

16 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt.

17 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Erteilung zu beurteilen ist (vgl. VwGH 17.11.2014, 2012/17/0376, und 4.5.2023, Ra 2020/16/0114; jeweils mwN). Auf das Vorliegen einer Entscheidung über die nach Bestätigung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Bescheides vom 21. Februar 2022 gestellten Anträge des Revisionswerbers auf Stundung- und Nachlass der vorgeschriebenen Gerichtsgebühr kommt es schon aus diesem Grund nicht an.

18 Der Revisionswerber wendet sich des Weiteren mit näheren Ausführungen gegen die Festsetzung der Gerichtsgebühr gemäß TP 2 GGG für die Einbringung der Berufung gegen die Entscheidung über den vom Revisionswerber im Grundverfahren gestellten Antrag auf Zahlung von Entschädigungsbeträgen nach § 408 ZPO.

19 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Gegenstand der Vollstreckbarkeitsbestätigung das Vorliegen der Vollstreckbarkeit. Diese ist gegeben, wenn der Exekutionstitel prozessual wirksam geworden ist, gegen ihn kein die Vollstreckbarkeit hemmender Rechtszug mehr offensteht und die Leistungsfrist verstrichen ist (vgl. VwGH 1.8.2019, Ra 2015/06/0099, VwGH 10.4.2013, 2013/08/0057, mit Verweis auf OGH 22.12.2004, 8 Ob 90/04z und OGH 23.2.2010, 4 Ob 16/10x).

20 Mit dem gegen die Rechtmäßigkeit der Gebührenvorschreibung gerichteten Vorbringen zeigt die Revision nicht auf, dass die Voraussetzungen für die Bestätigung der Rechtskraft und der Vollstreckbarkeit des Bescheides des Präsidenten des Landesgerichtes Klagenfurt vom 21. Februar 2022 nicht vorgelegen hätten.

21 Der Revisionswerber bringt schließlich vor, das Bundesverwaltungsgericht hätte zu Unrecht von der Durchführung der vom Revisionswerber beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen, in der die strittigen Rechtsfragen zu erörtern gewesen wären. Der Revisionswerber hätte im Rahmen der mündlichen Verhandlung mit näherer Begründung darlegen können, dass die Vorschreibung der Gerichtsgebühr für die Einbringung der Berufung im Grundverfahren zu Unrecht erfolgt sei.

22 Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass auf das Wesentliche zusammengefasst jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 25.1.2022, Ra 2020/16/0050, mwN).

23 Zwar ist bei behaupteter Verletzung des Rechtes auf Durchführung einer Verhandlung im Anwendungsbereich des Art. 6 MRK sowie des Art. 47 GRC eine Relevanzdarstellung nicht erforderlich. Der Grund dafür liegt darin, dass die Rechtsprechung des EGMR zum Erfordernis der mündlichen Verhandlung nach Art. 6 MRK eine solche Relevanzprüfung nicht vorsieht, was entsprechend auch auf das auf Art. 47 GRC gestützte Recht auf mündliche Verhandlung zu übertragen ist (VwGH 23.1.2013, 2010/15/0196; zur Übertragung dieser Judikatur auf das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten vgl. VwGH 27.5.2015, Ra 2014/12/0021). Außerhalb des Anwendungsbereiches des Art. 6 MRK und des Art. 47 GRC ist es aber weiterhin Sache des Revisionswerbers, die Relevanz der unterbliebenen mündlichen Verhandlung aufzuzeigen (vgl. etwa VwGH 18.10.2021, Ra 2018/22/0067, mwN).

24 Angelegenheiten der Gerichtsgebühren fallen nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK („civil rights“ vgl. VwGH 24.9.2009, 2008/16/0051, mwN).

25 Mit dem Vorbringen des Revisionswerbers, das sich gegen die Rechtmäßigkeit der Gebührenbemessung für die von ihm eingebrachte Berufung im Grundverfahren richtet, wird die Relevanz der unterbliebenen mündlichen Verhandlung für das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des vom Revisionswerber gestellten Antrages auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung nicht dargelegt.

26 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren und unter Abstandnahme von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 28. Dezember 2023

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