JudikaturVwGhRa 2023/10/0061

Ra 2023/10/0061 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
11. April 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision der B H in T, vertreten durch Dr. Roland Kometer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maria Theresien Straße 5/II, gegen das am 22. Februar 2023 mündlich verkündete und am 13. März 2023 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, Zl. LVwG 2022/44/3212 6, betreffend naturschutzrechtliche Fahrbewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck; mitbeteiligte Partei: Gemeinde T in T), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. Jänner 2018 wurde der Revisionswerberin die naturschutzrechtliche Bewilligung für eine Fahrgenehmigung auf dem Gemeindeweg durch die Telfserwiesen in den Gemeindegebieten Telfes und Mutters/Kreith für jagdliche Zwecke unter näher genannten Nebenbestimmungen gemäß § 4 Abs. 1 lit. f der Verordnung über das Ruhegebiet Kalkkögel iVm den §§ 11, 29 Abs. 2 lit. b Z 1 sowie 29 Abs. 5 und Abs. 7 Tiroler Naturschutzgesetz 2005 (TNSchG 2005) befristet bis zum 31. März 2023 erteilt.

2 Mit Eingabe vom 1. Juni 2022 suchte die Revisionswerberin unter Hinwies darauf, dass der Jagdpachtvertrag (bis zum 31. März 2033) verlängert worden sei, um die „Änderung der Befristung in meiner Fahrgenehmigung“ an.

3 Die belangte Behörde holte dazu unter Hinweis darauf, dass der Amtssachverständige für Naturkunde mitgeteilt habe, dass seine Stellungnahme vom 3. Jänner 2018 aufrecht bleibe und bei Einhaltung der Nebenbestimmungen keine Einwände gegen die Fahrbewilligung bestünden, Stellungnahmen der mitbeteiligten Gemeinde sowie der Gemeinde Mutters ein.

4 Die Stellungnahme (des Bürgermeisters) der mitbeteiligten Gemeinde vom 22. Juni 2022 lautete wie folgt:

„Einer Verlängerung der Fahrgenehmigung wird aus folgenden Gründen nicht zugestimmt:

1.) Es wurde festgestellt, dass nicht nur [die Revisionswerberin] persönlich, sondern auch andere Personen mit den gemeldeten Kennzeichen Fahrten im Ruhegebiet durchgeführt haben.

Ebenso wurden auch auf anderen als den genehmigten Wegen Fahrten durchgeführt. Dies wurde durch die Jägerschaft Telfes auch an die BH Ibk. gemeldet.

2.) Die Fahrten durch das Jagdgebiet in Telfes im Stubai beeinträchtigen die Möglichkeiten einer ordentlichen Jagdnutzung.

3.) Lt. Tiroler Jagdgesetz muss das bestellte Jagdaufsichtsorgan eine räumliche Nähe zum Jagdgebiet haben.

Diese räumliche Nähe kann nicht durch die Abkürzung durch ein fremdes Jagdgebiet verbessert werden.

4.) Durch die immer höher werdenden Kosten einer Jagdpachtung und die zusätzlich genehmigten Störungen des Jagdbetriebes (Radweg) wird hier von mir auch als Obmann der Jagdgenossenschaft Telfes und Substanzverwalter der GGA Telfes einer Verlängerung der Fahrgenehmigung nicht zugestimmt.“

5 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. November 2022 wurde der Revisionswerberin die naturschutzrechtliche Bewilligung für eine Fahrgenehmigung auf dem Gemeindeweg durch die Telfserwiesen in den Gemeindegebieten Telfes und Mutters/Kreith für jagdliche Zwecke unter näher genannten Nebenbestimmungen gemäß § 4 Abs. 1 lit. f der Verordnung über das Ruhegebiet Kalkkögel iVm den §§ 11, 29 Abs. 2 lit. b Z 1 sowie 29 Abs. 5 und Abs. 7 TNSchG 2005 befristet bis zum 31. März 2033 erteilt. Die Einwendungen der mitbeteiligten Gemeinde wurden unter Hinweis auf § 43 Abs. 5 TNSchG 2005 als unzulässig zurückgewiesen.

6 Begründend führte die belangte Behörde zur Zurückweisung der Einwendungen der mitbeteiligten Gemeinde nach Wiedergabe des § 43 Abs. 5 TNSchG 2005 und Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Verweis auf VwGH 15.11.1999, 99/10/0205) aus, die mitbeteiligte Gemeinde habe in ihrer Stellungnahme im Wesentlichen Beeinträchtigungen für den Jagdbetrieb vorgebracht. Dabei handle es sich um ein privates Interesse der Jägerschaft. Wenn die Beeinträchtigung des Jagdbetriebs oder von Verkehrswegen behauptet werde, werde damit keine Betroffenheit des eigenen Wirkungsbereiches aufgezeigt. Es werde allenfalls eine Betroffenheit örtlicher Interessen, nicht aber der durch die Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich wahrzunehmenden Interessen geltend gemacht. Mit der bloßen Behauptung einer Beeinträchtigung des Jagdbetriebs sowie der pauschalen Behauptung einer Beeinträchtigung von Verkehrswegen könne eine nachteilige Betroffenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde nicht aufgezeigt werden. Die vorgebrachten Einwendungen bewegten sich nicht im Rahmen der einer Gemeinde im Naturschutzverfahren zukommenden eingeschränkten Mitspracherechte, weshalb sie als unzulässig zurückzuweisen seien.

7 Gegen diesen Bescheid wurde von der mitbeteiligten Gemeinde Beschwerde erhoben, in der Folgendes vorgebracht wurde:

„Der Bescheid führt jagdliche Zwecke für die Bewilligung an, welche jagdliche Zwecke bedürfen einer naturschutzrechtlichen Bewilligung durch das Ruhegebiet, obwohl das Jagdrevier auch über öffentliche Straßen gut erreichbar ist?

Die Gemeinde Telfes im Stubai wurde zu einer Stellungnahme aufgefordert. Diese wurde als unzulässig zurückgewiesen. Warum wurde diese Stellungnahme nicht berücksichtigt, obwohl die Gemeinde Telfes im Stubai Grundbesitzer und Wegerhalter ist?

Bei früheren Ansuchen, vor dem Jahr 2016, für eine Fahrgenehmigung aus dem selben Jagdrevier wurden die negativen Stellungnahmen der Gemeinde Telfes im Stubai sehr wohl berücksichtigt.

Warum wird vom Amtssachverständigen für Naturkunde mitgeteilt, dass seine Stellungnahme vom 3.1.2018 aufrecht bleibt obwohl die Gemeinde Telfes im Stubai als Grundbesitzer und Wegerhalter eine negative Stellungnahme eingebracht hat?

Warum wurden zwei Meldungen an die Bezirkshauptmannschaft bezüglich Verstößen der Nebenbestimmungen der aufrechten Fahrgenehmigung nicht berücksichtigt?

Zur Zurückweisung der Stellungnahme der Gemeinde Telfes im Stubai wird hingewiesen, dass die Gemeinde Telfes im Stubai, ihrer Meinung nach, sehr wohl Parteistellung hat, da die Gemeinde Telfes im Stubai, auch als substanzberechtigte Gemeinde in der Gemeindegutsagrargemeinschaft, in der gesetzlich verankerten Jagdgenossenschaft die größten Anteile hat und als Verpächterin des Jagdrechtes auch verantwortlich für eine uneingeschränkte Ausübung des verpachteten Jagdrechtes ist.

Warum wird eine nicht zuständige Einsatzstelle der Bergwacht darüber informiert, dass der Bewilligungsbescheid von Organen der öffentlichen Aufsicht kontrolliert werden kann?

Da sehr viele Punkte im Genehmigungsbescheid für die Gemeinde Telfes im Stubai nicht geklärt sind erhebt die Gemeinde Telfes Beschwerde gegen die naturschutzrechtliche Bewilligung ...“

8 Das Verwaltungsgericht führte am 22. Februar 2023 eine Beschwerdeverhandlung durch. Seitens des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde wurde auf die Beschwerde verwiesen und weiters ausgeführt, der Antrag betreffe die Befahrung eines Weges, der durch das Revier der Genossenschaftsjagd Telfes führe. Die Jagdgenossenschaft habe als größten Anteilseigner „die Gemeinde bzw. den Substanzverwalter“. Auch die Jäger dieser Genossenschaftsjagd müssten naturschutzrechtliche Bewilligungen zur Befahrung des Ruhegebietes einholen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Revisionswerberin für ein benachbartes Jagdrevier ebenfalls eine naturschutzrechtliche Bewilligung bekomme. Auf Nachfrage nach dem konkreten Beschwerdebegehren führte der Bürgermeister aus, dass dieses dahin laute, dass die Durchfahrtsgenehmigung nicht erteilt werde; zur Begründung führte er aus, dass eine ordnungsgemäße Jagdausübung in der Genossenschaftsjagd möglich sein müsse.

9 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Beschwerde der mitbeteiligten Gemeinde Folge gegeben und der Antrag der Revisionswerberin vom 1. Juni 2022 als unbegründet abgewiesen. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

10 Begründend führte das Verwaltungsgericht zur Beschwerdelegitimation der mitbeteiligten Gemeinde aus, dass die der Gemeinde im Naturschutzverfahren eingeräumte Parteistellung der Durchsetzung ihrer subjektiven Rechte diene. Die Gemeinde habe das subjektive Recht, dass keine dem TNSchG 2005 widersprechende naturschutzbehördliche Bewilligung erteilt werde, wenn damit gleichzeitig auch von der Gemeinde wahrzunehmende Interessen in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches tangiert würden. Könne die angefochtene Entscheidung den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde iSd Art. 118 B VG berühren, sei die Beschwerde zulässig (Hinweis auf VwGH 27.3.2014, 2011/10/0214). Im vorliegenden Fall sei eine naturschutzrechtliche Fahrbewilligung auf einer Verkehrsfläche der Gemeinde beantragt worden, die Gemeinde habe sich in ihrer Beschwerde u.a. darauf berufen, dass sie „als Wegehalterin von der Fahrbewilligung betroffen“ sei. Gemäß Art. 118 Abs. 3 Z 4 B VG zähle die Verwaltung der Verkehrsflächen der Gemeinde und die örtliche Straßenpolizei zu den von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu besorgenden Angelegenheiten. In diesem Umfang verfüge die Gemeinde somit auch über die Parteistellung zur Durchsetzung ihrer subjektiven Rechte und damit über die Beschwerdelegitimation an das Verwaltungsgericht.

11 Da die der Gemeinde so das Verwaltungsgericht weiter nach § 43 Abs. 4 (gemeint: Abs. 5) TNSchG 2005 eingeräumte Parteistellung der Durchsetzung ihrer materiellen subjektiven Rechte diene, komme ihr nicht die Stellung einer Formalpartei zu. In Wahrnehmung ihrer subjektiven Rechte könne die Gemeinde daher die Parteistellung mangels Erhebung von Einwendungen iSd § 42 Abs. 1 AVG verlieren. Im vorliegenden Fall habe die mitbeteiligte Gemeinde zwar im Verfahren vor der Behörde (mit ihrer Stellungnahme vom 22. Juni 2022) keine subjektiven Rechte geltend gemacht, sie habe sich also insbesondere nicht auf die Verwaltung ihrer Verkehrsflächen oder die örtliche Straßenpolizei gestützt, jedoch setze der Verlust der Parteistellung nach § 42 Abs. 1 AVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung iSd §§ 40 ff AVG voraus. Da die Behörde keine derartige Verhandlung durchgeführt habe, habe die mitbeteiligte Gemeinde ihre Parteistellung nicht verlieren können und stehe ihr das Recht zu, sich erstmals in der Beschwerde an das Verwaltungsgericht „auf ihre Verkehrsfläche“ zu berufen.

12 Es sei zutreffend, wenn die Revisionswerberin das Vorbringen der Gemeinde betreffend die Jagdausübung in der Genossenschaftsjagd als unbeachtlich einstufe: Zum einen handle es sich bei der Ausübung der Jagd um keine behördliche Aufgabe, die der Gemeinde iSd Art. 118 B VG zur Besorgung im eigenen Wirkungsbereich gewährleistet sei. Zum anderen komme dem Jagdausübungsberechtigten im naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahren keine Parteistellung zu. Dieses diene ausschließlich dem Schutz der öffentlichen Interessen am Naturschutz. Jagdliche Interessen Dritter lägen außerhalb des gesetzlichen Schutzzweckes und hätten für die Frage, ob eine naturschutzrechtliche Bewilligung zu erteilen sei, außer Betracht zu bleiben (Verweis auf VwGH 22.4.2015, 2012/10/0016). Allerdings sei das Verwaltungsgericht in seiner rechtlichen Beurteilung auch nicht an das Beschwerdevorbringen gebunden. Um den Grundsätzen der Amtswegigkeit des Verfahrens und der Erforschung der materiellen Wahrheit zu genügen, müsse das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung sämtliche im Verfahren hervorgekommenen Sachverhaltselemente zugrunde legen und habe alle rechtlichen Aspekte in Betracht zu ziehen (Verweis auf VwGH 28.5.2019, Ra 2019/22/0036).

13 Im Weiteren ging das Verwaltungsgericht mit näheren Darlegungen davon aus, dass die Bewilligung nicht wie von der belangten Behörde vertreten auf § 29 Abs. 2 lit. b Z 1 TNSchG 2005 gestützt werden könne, weil das vom Verwaltungsgericht durchgeführte Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass die behördliche Annahme, wonach die beantragten Fahrten die Interessen des Naturschutzes nicht beeinträchtigten, nicht zutreffe. Vielmehr ergebe sich aus dem Gutachten der beigezogenen naturkundefachlichen Amtssachverständigen, dass „jede einzelne Fahrt im Ruhegebiet zu (geringen) Beeinträchtigungen der Naturschutzinteressen“ führe. Eine Bewilligung nach § 29 Abs. 2 lit. b Z 2 TNSchG 2005 sei aus näher dargelegten Gründen nicht zu erteilen.

14 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

15 Die belangte Behörde verzichtete auf die Erstattung einer Revisionsbeantwortung.

16 Die mitbeteiligte Gemeinde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

17 Das Tiroler Naturschutzgesetz 2005, LGBl. Nr. 26/2005 in der Fassung LGBl. Nr. 161/2021, lautet auszugsweise:

„§ 29

Naturschutzrechtliche Bewilligungen, aufsichtsbehördliche Genehmigungen

(1) Eine naturschutzrechtliche Bewilligung ist, soweit in den Abs. 2 und 3 nichts anderes bestimmt ist, zu erteilen,

a)wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wird, die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht beeinträchtigt oder

b)wenn andere öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen.

(2) Eine naturschutzrechtliche Bewilligung

...

b) f ür Vorhaben, für die in Verordnungen nach den §§ 10 Abs. 1 oder 11 Abs. 1 eine Bewilligungspflicht festgesetzt ist,

...

darf nur erteilt werden,

1.wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wird, die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht beeinträchtigt oder

2.wenn andere langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen. In Naturschutzgebieten darf außerdem ein erheblicher, unwiederbringlicher Verlust der betreffenden Schutzgüter nicht zu erwarten sein.

...

§ 43

Verfahren

...

(5) In allen Verfahren zur Entscheidung über ein Ansuchen um die Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung haben die vom betreffenden Vorhaben berührten Gemeinden zur Wahrnehmung ihrer Interessen in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches Parteistellung im Sinn des § 8 AVG.

...“

18 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden außerordentlichen Revision wird (unter anderem) ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Verweis u.a. auf VwGH 15.11.1999, 99/10/0205; 9.3.1998, 97/10/0145, VwSlg. 14.849 A) zur eingeschränkten Parteistellung der Gemeinde im naturschutzrechtlichen Verfahren nach dem TNSchG 2005 geltend gemacht.

19 Die Revision erweist sich im Hinblick darauf als zulässig und auch als begründet:

20 § 43 Abs. 5 TNSchG 2005 räumt in allen Verfahren zur Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung den vom beantragten Vorhaben berührten Gemeinden zur Wahrung ihrer Interessen in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches Parteistellung gemäß § 8 AVG ein.

21 Wie der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien bereits zu einer früheren Fassung des nunmehrigen § 43 Abs. 5 TNSchG 2005 ausgeführt hat, kommen den Gemeinden im Rahmen des TNSchG 2005 subjektive Rechte zur Wahrung ihrer Interessen in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches zu. Daraus folgt, dass der Gemeinde subjektive Rechte in jenem Umfang eingeräumt werden, die zur Wahrung der Interessen der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich erforderlich sind. Die Gemeinde kann daher solche Verletzungen des TNSchG 2005 geltend machen, die gleichzeitig auch den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde berühren. Eine zulässige Beschwerde liegt dann vor, wenn sie sich im Rahmen dieses Mitspracherechtes bewegt (vgl. VwGH 27.3.2014, 2011/10/0214, mit Verweis auf VwGH 9.3.1998, 97/10/0145, VwSlg. 14.849 A; 22.10.2013, 2013/10/0152; siehe zur gleichlautenden Bestimmung des § 41 Abs. 4 TNSchG 1997 auch VwGH 28.2.2000, 98/10/0367; 15.11.1999, 99/10/0205; 15.11.1999, 99/10/0235).

22 Das Verwaltungsgericht geht zutreffend davon aus, dass weder mit den oben wiedergegebenen Einwendungen der mitbeteiligten Gemeinde vor der belangten Behörde noch mit den Beschwerdeausführungen „betreffend die Jagdausübung in der Genossenschaftsjagd“ zulässige Einwendungen im Sinne des § 43 Abs. 5 TNSchG 2005 geltend gemacht wurden. Es nimmt allerdings an, dass solche zulässigen Einwendungen mit dem Beschwerdevorbringen, wonach die Gemeinde „als Wegehalterin von der Fahrbewilligung betroffen“ sei, geltend gemacht worden seien, zumal gemäß Art. 118 Abs. 3 Z 4 B VG die Verwaltung der Verkehrsflächen der Gemeinde und die örtliche Straßenpolizei zu den von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu besorgenden Angelegenheiten zähle.

23 Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund der oben wiedergegebenen Beschwerdeausführungen der mitbeteiligten Gemeinde nicht zu folgen:

24 Diejenigen Beschwerdeausführungen, die die Eigenschaft der mitbeteiligten Partei als „Wegerhalter“ erwähnen, formulieren nämlich lediglich die Frage, warum die (in der Stellungnahme vom 22. Juni 2022 erstatteten) Einwendungen von der Behörde nicht berücksichtigt worden seien, obwohl die Gemeinde u.a. Wegerhalter sei bzw. warum der Amtssachverständige an seiner bisherigen Stellungnahme festhalte, obwohl die Gemeinde u.a. als Wegerhalter eine negative Stellungnahme abgegeben habe. Damit wird inhaltlich aber lediglich an jene Einwendungen in der Stellungnahme vom 22. Juni 2022 angeknüpft, die vom Verwaltungsgericht zutreffend als nicht zulässige Einwendungen im Sinne des § 43 Abs. 5 TSchG 2005 angesehen wurden, und der Standpunkt eingenommen, dass diese Stellungnahme vom 22. Juni 2022 berücksichtigt hätte werden müssen, weil die mitbeteiligte Gemeinde u.a. Wegerhalter sei. Eine auch nur ansatzweise Darlegung, dass und auf welche Weise durch die in Rede stehende Bewilligung Interessen der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich in Ansehung der Verwaltung der Verkehrsflächen der Gemeinde oder der örtlichen Straßenpolizei berührt werden, findet sich nicht. Davon abgesehen wurde mit diesen Beschwerdeausführungen aber auch gar nicht geltend gemacht, dass durch die in Rede stehende naturschutzbehördliche Bewilligung Bestimmungen des TNSchG 2005 verletzt würden.

25 Es trifft daher nicht zu, dass die mitbeteiligte Gemeinde in ihrer Beschwerde geltend gemacht hat, dass durch die in Rede stehende Fahrbewilligung Bestimmungen des TNSchG 2005 verletzt werden und gleichzeitig auch Interessen der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich berührt werden. Nur Einwendungen, die sich in diesem Rahmen bewegen, sind aber zulässige Einwendungen. Gleiches gilt für Beschwerden. Eine zulässige Beschwerde einer Partei mit beschränkter Parteistellung liegt nur vor, wenn sich diese Partei im Rahmen ihres Mitspracherechtes bewegt (vgl. nochmals VwGH 15.11.1999, 99/10/0205). Dies trifft nach dem Gesagten im Revisionsfall aber nicht zu.

26 Soweit sich das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf hg. Judikatur (VwGH 28.5.2019, Ra 2019/22/0036) darauf stützt, dass es in seiner rechtlichen Beurteilung nicht an das Beschwerdevorbringen gebunden sei und es, um den Grundsätzen der Amtswegigkeit des Verfahrens und der Erforschung der materiellen Wahrheit zu genügen, seiner Entscheidung sämtliche im Verfahren hervorgekommenen Sachverhaltselemente zugrunde zu legen und alle rechtlichen Aspekte in Betracht zu ziehen habe, genügt es darauf hinzuweisen, dass dies zur Voraussetzung hat, dass das Verwaltungsgericht über eine zulässige Beschwerde inhaltlich zu entscheiden hat. Liegt hingegen wie hier keine zulässige Beschwerde vor, weil sich die Beschwerde einer Partei mit beschränkter Parteistellung nicht im Rahmen ihres Mitspracherechtes bewegt, so hat das Verwaltungsgericht diese Beschwerde zurückzuweisen. Die inhaltliche Behandlung einer unzulässigen Beschwerde erweist sich hingegen als rechtswidrig.

27 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

28 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich im Rahmen des Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 11. April 2024

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