JudikaturVwGhRa 2023/03/0005

Ra 2023/03/0005 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
17. April 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofräte Dr. Faber, Dr. Himberger und Dr. Chvosta als Richter sowie die Hofrätin Dr. in Sabetzer als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Dr. R M in L, vertreten durch Ing. Mag. Klaus Helm, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Schulstraße 12, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Dezember 2022, Zl. W148 2250218 1/17E, betreffend Übertretung des TKG 2003 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Fernmeldebüro), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

1 1.1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 18. November 2021 wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe am 21. September 2021 um 8:20 Uhr an einem näher genannten Ort in einem näher bezeichneten PKW ein Radarwarngerät einer bestimmten Marke und Seriennummer ohne fernmeldebehördliche Bewilligung betrieben, indem das Gerät mittels Saugnapf an der Windschutzscheibe montiert und eingeschaltet gewesen sei. Am Gerät sei das Stromversorgungskabel angesteckt gewesen und der 12 Voltstecker dieses Stromversorgungskabels sei in der 12 Volt Buchse (Zigarettenanzünderbuchse) des Fahrzeuges gesteckt. Der Revisionswerber habe dadurch § 74 Abs. 1 Z 3 iVm. § 109 Abs. 1 Z 3 Telekommunikationsgesetz 2003 (TKG 2003) verletzt, weswegen über ihn gemäß der zuletzt genannten Bestimmung eine Geldstrafe von € 300, (Ersatzfreiheitsstrafe von 25 Stunden) verhängt und ihm ein Kostenbeitrag vorgeschrieben wurde. Weiters wurde das angeführte Radarwarngerät gemäß § 109 Abs. 7 TKG 2003 für verfallen erklärt.

2 1.2.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit einer hier nicht relevanten Maßgabe ab, setzte einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens fest und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

3 1.2.2. Das Verwaltungsgericht stellte fest, das verfahrensgegenständliche Gerät bediene sich beim Empfang von Funkwellen von Radargeräten der Wellen näher genannter Frequenzen mittels einer fest verbauten (und unabhängig vom Betriebsmodus) aktiven Empfangsantenne samt dazugehöriger Software.

4 Das Gerät verfüge über zwei Modi, in denen es verwendet werden könne. Im ersten Modus könne das Gerät als Radarwarngerät universell eingesetzt werden. Es verfüge dabei über eine fest eingebaute und stets aktive Radarempfangsantenne zur Erkennung von Radargeräten. Weiters werde auch vor bestimmten, fixen Radargeräten gewarnt, welche bloß auf Grund ihres Standortes erkannt würden. Der Standort werde auf Grund einer im Gerät inkludierten Datenbank via GPS und im Gerät abgespeicherter Standorte festgestellt. Auf dem Gerät sei eine Software zum Betrieb dieses Modus installiert, die den uneingeschränkten Betrieb zulasse. Der User könne im Benutzermenü (Funktionen „Radar“ und „Laser“) durch das Drücken von Hardware Tasten die Anzeige (Warnung) von Radargeräten am Display, welche durch die Radarempfangsantenne erkannt würden, wegschalten und das Gerät nur zur Anzeige der GPS ermittelten Radarstandpunkte (unter Verwendung der eingebauten Datenbank) verwenden, wobei in diesem Fall weder die Radarempfangsantenne (aktiv) ausgeschaltet werde noch auf Softwareseite (Firmware) irgendwelche Veränderungen vorgenommen würden. Es handle sich somit um eine Benutzerumstellung im Gerätemenü durch den aktuellen User des Geräts zum aktuellen Zeitpunkt, die sich lediglich auf die Anzeige auswirke. Die Radarempfangsantenne und die dazugehörige Software blieben in diesem Fall unverändert erhalten. Bei diesen Benutzereinstellungen handle es sich somit nicht um eine Firmware Umstellung (Änderung der Software) oder um das Ausschalten der Radarempfangsantenne, sondern um eine bloße Benutzereinstellung im Gerätemenü.

5 Im zweiten Modus könne das Gerät ebenfalls über die Menüführung in einem „Speedmeter Detektor Legalisierungsmodus“ als reiner Geschwindigkeitsmesser via GPS verwendet werden. In diesem Modus blieben Radarempfangsantenne und die gesamte Software unverändert erhalten.

6 Das Verwaltungsgericht stellte weiters fest, dass unabhängig vom betriebenen Modus die im Gerät verbaute Radarantenne und die dazugehörige Software, die den Empfang von Funkwellen ermögliche, nicht ausgeschaltet oder mittels einer Software deaktiviert oder sonst verändert worden seien. Es gebe für das gegenständliche Gerät keine spezielle Firmware (Software), in der es lediglich im GPS Modus verwendet werden könne. Das gegenständliche Gerät sei sohin hinsichtlich seiner Anwendung und seiner grundsätzlichen technischen Funktion dazu bestimmt, in den festgestellten Frequenzbereichen auf funktechnischem Weg ausgesendete Funkwellen (von Radargeräten) als ein Zeichen dafür aufzunehmen und verwerten zu können, ob sich in der Nähe ein in Betrieb befindliches Geschwindigkeitsmess bzw. Radargerät befinde.

7 Es könne nicht festgestellt werden, in welchem Betriebsmodus das Gerät zum Tatzeitpunkt verwendet worden sei. Es stehe lediglich fest, dass es an eine Stromversorgung angeschlossen und eingeschaltet gewesen sei.

8 Das Gerät habe sich während des Beschwerdeverfahrens in der Verfügungsgewalt des Revisionswerbers befunden und sei dem Amtssachverständigen zur Begutachtung vor der mündlichen Verhandlung übermittelt worden.

9 1.2.3. Beweiswürdigend hielt das Verwaltungsgericht zusammengefasst fest, die Feststellungen zum verfahrensgegenständlichen Gerät und seinen Funktionen, insbesondere betreffend seine beiden Modi, beruhten auf den nachvollziehbaren und plausiblen Ausführungen des der mündlichen Verhandlung beigezogenen Amtssachverständigen in Verbindung mit dem im Akt einliegenden Benutzerhandbuch. Der Amtssachverständige habe nachvollziehbar erläutert, welche beiden Modi das gegenständliche Gerät aufweise. Seine Kernaussage sei gewesen, dass es sich bei dem Gerät um eine Funkanlage handle, die in der Lage sei, Aussendungen von aktiven Radaranlagen zu detektieren und am Display anzuzeigen. Er habe eindeutig dargetan, dass das Gerät stets (unabhängig vom verwendeten Betriebsmodus und den Menüeinstellungen, die sich nur auf die Anzeige am Display auswirkten) über eine Radarempfangsantenne mit vollständiger Software verfüge. Die Feststellungen zur Software sowie zu den Funktionen „Radar“ und „Laser“ und den Menüeinstellungen würden sich ebenfalls auf die Angaben des Amtssachverständigen stützen. Der Revisionswerber habe zwar bestritten, dass das Gerät auf Grund seiner Einstellungen geeignet gewesen sei, Radarwellen zu empfangen. Er sei den Ausführungen des Sachverständigen aber nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Das Verwaltungsgericht habe keine Veranlassung, an den nachvollziehbaren und plausiblen Ausführungen des Amtssachverständigen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung zu zweifeln. Dass das Gerät dazu bestimmt sei, Radargeräte durch den Empfang von Funkwellen, welche die Radargeräte der Polizei bei der Geschwindigkeitsmessung aussenden, zu empfangen und dem User anzuzeigen, könne einerseits aus der Konformitätserklärung des gegenständlichen Geräts sowie andererseits aus dessen Funktions bzw. Arbeitsweise gemäß den Angaben im Benutzerhandbuch abgeleitet werden.

10 Bezogen auf das verfahrensgegenständliche Gerät sei daher der Schluss zu ziehen, dass darin stets eine Radarempfangsantenne mit dazugehöriger Software verbaut sei. Soweit der in der mündlichen Verhandlung als Zeuge einvernommene Importeur des Geräts sowie der Revisionswerber versucht hätten, die verschiedenen Menüeinstellungen als „aktive“ bzw. „deaktivierte“ Radarantenne zu bezeichnen, sei würdigend festzuhalten, dass dies nicht die eindeutigen Aussagen im Gutachten des Amtssachverständigen widerlegen könne. Zudem habe sich der Zeuge zur Frage der „aktiven“ Radarempfangsantenne ausweichend geäußert bzw. keine eindeutige Antwort gegeben und den Eindruck erwecken wollen, dass die Radarempfangsantenne völlig ausgeschaltet sei. Er habe zur wesentlichen Frage der Menüeinstellung und deren Auswirkung auf die Radarantenne letztlich dem Gutachten des Amtssachverständigen in diesem Punkt nicht widersprochen. Vielmehr lasse sich aus den Aussagen des Zeugen schließen, dass eine Einstellung, welche die Radarantenne über das Menü „deaktiviere“, tatsächlich die Radarempfangsantenne nicht deaktiviere, sondern dadurch nur eine Anzeige/Warnung am Display verhindert werde. Insgesamt sei zusammenfassend abzuleiten, dass das Gerät als Radarwarner mit empfangsbereiter Radarantenne und zugehöriger Firmware/Software eingeschaltet gewesen und damit betrieben worden sei.

11 1.2.4. In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht zur Frage der Qualifikation als Funkanlage im Sinne des TKG 2003 aus, nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Z 6 leg. cit. sei für die Beurteilung eines Geräts als Funkanlage maßgeblich, ob ein Erzeugnis auf funktechnischem Weg durch den Empfang von Funkwellen „kommunizieren kann“. Es genüge also die bloße Eignung dazu. Ob das Gerät zum Tatzeitpunkt auf Grund einer aktivierten Radar Funktion im Gerät tatsächlich Funkwellen detektieren und den Revisionswerber durch den Empfang und die Auswertung von Funkwellen auch vor mobilen Geschwindigkeitsmessgeräten der Polizei warnen habe können, sei nicht ausschlaggebend.

12 Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens könne das gegenständliche Gerät selbst bei deaktivierter „Radar“ Funktion durch Empfang von Funkwellen auf funktechnischem Weg kommunizieren. Ob zum Tatzeitpunkt die Funktion „Radar“ deaktiviert gewesen sei und das Gerät folglich keine Radarwellen detektieren habe können, sei für die Qualifikation als Funkanlage im Sinne des § 3 Z 6 TKG 2003 nicht ausschlaggebend, zumal die Firmware (Software) am Gerät eine grundlegende Betriebssoftware darstelle, ohne die das Gerät nicht nutzbar sei, und auch nicht deaktiviert werden könne. Daher könne dahingestellt bleiben, ob die „Radar“ Funktion zum Tatzeitpunkt deaktiviert gewesen sei. Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 24.6.1981, 2384/80) könne entnommen werden, dass für die Qualifikation eines Geräts als Funkanlage dessen grundsätzliche technische Funktion bzw. Eignung durch Empfang von Funkwellen zu kommunizieren, wesentlich sei.

13 Im Unterschied zu Navigationsgeräten, welche lediglich vor Radarstandorten auf Basis von GPS Daten warnen, sei beim gegenständlichen Gerät bereits eine Software installiert, welche den Empfang von Funkwellen ermögliche.

14 Im Hinblick auf das Vorbringen des Revisionswerbers, wonach das Anbringen und Mitführen von reinen Empfangsgeräten im Gegensatz zu Radar und Laserblockern nach § 98a KFG 1967 erlaubt sei, führte das Verwaltungsgericht aus, dass aus diesem Umstand nicht darauf geschlossen werden könne, dass der Betrieb eines solchen Geräts im Fall eines manuell deaktivierten Empfangs von Radarwellen, der jederzeit wieder durch den User aktiviert werden könne, trotz einer speziell zum Empfang von Funkwellen installierten Firmware erlaubt sei.

15 Das Radarwarngerät sei zum Tatzeitpunkt eingeschaltet, an eine Stromversorgungsquelle angeschlossen und daher in Betrieb gewesen. Eine nach § 81 TKG 2003 erteilte individuelle Bewilligung liege nicht vor. Eine solche Bewilligung könne im Hinblick auf das Bewilligungshindernis des § 83 Abs. 1 Z 6 TKG 2003 für das gegenständliche Gerät auch gar nicht erteilt werden, weil die Inbetriebnahme dieser Funkanlage die Erfüllung behördlicher Aufgaben behindern würde. Es liege auch keine generelle Bewilligung für das vorliegende Radarwarngerät vor, weil dieses von der Verordnung BGBl. II Nr. 64/2014, mit der generelle Bewilligungen erteilt werden, und dem entsprechenden Unionsrechtsakt nicht erfasst werde.

16 Die belangte Behörde sei daher zu Recht davon ausgegangen, dass für das gegenständliche Gerät, das als Funkanlage zu qualifizieren sei, im Tatzeitpunkt keine Bewilligung zu deren Errichtung und Inbetriebnahme im Sinne des § 74 Abs. 1 TKG 2003 vorgelegen sei, und der Revisionswerber folglich in objektiver Hinsicht eine Verwaltungsübertretung gemäß § 109 Abs. 1 Z 3 TKG 2003 verwirklicht habe.

17 Weiters enthält das angefochtene Erkenntnis Ausführungen zur subjektiven Tatseite und zur Strafbemessung.

18 1.3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

19 2. Die im Revisionsfall gemäß § 1 Abs. 2 VStG maßgeblichen Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes 2003 TKG 2003, BGBl. I Nr. 70, in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 57/2021, lauten (auszugsweise):

Begriffsbestimmungen

§ 3. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeutet

...

6. ‚Funkanlage‘ ein Erzeugnis oder ein wesentlicher Bauteil davon, der in dem für terrestrische/satellitengestützte Funkkommunikation zugewiesenen Spektrum durch Ausstrahlung und/oder Empfang von Funkwellen kommunizieren kann; als Funkanlagen gelten auch elektrische Einrichtungen, deren Zweck es ist, mittels Funkwellen Funkkommunikation zu verhindern;

...

Errichtung und Betrieb von Funkanlagen

§ 74. (1) Die Errichtung und der Betrieb einer Funkanlage ist unbeschadet der Bestimmungen des FMaG 2016, nur zulässig

...

3. im Rahmen einer gemäß § 81 zu erteilenden Bewilligung mit gleichzeitiger Frequenzzuteilung durch die Fernmeldebehörde (§ 54 Abs. 14) oder die KommAustria (§ 54 Abs. 3 Z 1)

...

Verwaltungsstrafbestimmungen

§ 109. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 4 000 Euro zu bestrafen, wer

...

3. entgegen § 74 Abs. 1 eine Funkanlage errichtet oder betreibt;

...“

Das mit 1. November 2021 somit nach dem Tatzeitpunkt, aber vor Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses erfolgte Inkrafttreten des Telekommunikationsgesetzes 2021, BGBl. I Nr. 190, bewirkte keine für den Revisionswerber günstigere Rechtslage (vgl. zur Errichtung und zum Betrieb von Funkanlagen § 28 leg. cit., zur Strafnorm für das Errichten und Betreiben einer Funkanlage entgegen dieser Bestimmung § 188 Abs. 2 Z 2 leg. cit., wo nunmehr eine Geldstrafe bis zu 5.000 Euro vorgesehen ist).

20 3.1. Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit u.a. vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage, ob im vorliegenden Fall vom „Betrieb einer Funkanlage“ auszugehen sei. Nach den Ausführungen des Amtssachverständigen habe bei Inbetriebnahme „mit den vom Revisionswerber verwendeten Funktionen“ keine Eignung bestanden, Radarwellen aktiv zu empfangen oder vor diesen zu warnen. Das Verwaltungsgericht habe diese Aussagen in unvertretbarer Weise gewürdigt. Die darauf gegründeten Feststellungen seien aktenwidrig. Das bloße Vorhandensein einer Radarantenne in einem Gerät, die jedoch auf Grund der Softwareeinstellungen nicht verwendet werde, mache das Gerät noch nicht zu einer Funkanlage. In jedem Fall sei die Funkanlage aber nicht „betrieben“ worden, weil mangels Aktivierung der Radar Warnfunktion der Empfang von aktiven Radarwellen nicht möglich gewesen sei.

21 3.2. Die Revision ist zur Klärung der in der Zulässigkeitsbegründung angesprochenen Rechtsfragen hinsichtlich des Vorliegens einer Funkanlage und deren Betrieb nach dem TKG 2003 zulässig.

22 4. Sie ist auch begründet:

23 4.1. Im vorliegenden Verfahren ist zu klären, ob eine Funkanlage im Sinne des § 3 Z 6 TKG 2003 vorlag, die der Revisionswerber zum Tatzeitpunkt betrieben und dadurch den Straftatbestand des § 109 Abs. 1 Z 3 zweites Tatbild TKG 2003 erfüllt hat.

24 4.2. Was zunächst die Frage nach der Qualifikation des gegenständlichen Geräts als Funkanlage betrifft, steht die Revision auf dem Standpunkt, dass das bloße Vorhandensein einer Radarantenne in einem Gerät, die auf Grund vorgenommener Einstellungen nicht verwendet werde, das Gerät noch nicht zu einer Funkanlage mache. Diese Auffassung teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht:

25 Gemäß § 3 Z 6 TKG 2003 ist eine Funkanlage ein Erzeugnis oder ein wesentlicher Bauteil davon, der in dem für terrestrische/satellitengestützte Funkkommunikation zugewiesenen Spektrum durch Ausstrahlung und/oder Empfang von Funkwellen kommunizieren kann. Nach dem Wortlaut dieser Legaldefinition kommt es für das Vorliegen einer Funkanlage somit nur auf die technische Eignung, durch Ausstrahlung oder Empfang von Funkwellen zu kommunizieren, an (arg: „kommunizieren kann“).

26 In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht führte der Sachverständige aus, dass das gegenständliche Radarwarngerät in der Lage sei, Aussendungen von aktiven Radaranlagen zu detektieren und am Display anzuzeigen. Darauf aufbauend stellte das Verwaltungsgericht fest, dass dieses Gerät dazu bestimmt sei, in bestimmten Frequenzbereichen auf funktechnischem Weg ausgesendete Funkwellen von Radargeräten als ein Zeichen dafür aufzunehmen und zu verwerten, ob sich in der Nähe ein in Betrieb befindliches Geschwindigkeitsmess bzw. Radargerät befinde. Die Revision bestreitet nicht, dass die im Gerät verbaute Empfangsantenne grundsätzlich dazu in der Lage ist, Funkwellen von Radargeräten zu empfangen. Sie behauptet lediglich, dass diese Eigenschaft auf Grund vorgenommener Einstellungen nicht verwendet worden wäre. Darauf kommt es aber für die Qualifikation als Funkanlage bei einer grundsätzlich gegebenen technischen Eignung des Geräts, Funkwellen zu empfangen, nicht an.

27 Auf dieser Linie liegt auch, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits ein Radarwarngerät, das dazu bestimmt war, in einem bestimmten Frequenzbereich auf funktechnischem Weg ausgesendete elektromagnetische Strahlen als ein Zeichen dafür aufnehmen zu können und gegebenenfalls aufzunehmen, ob sich in der Nähe ein in Betrieb befindliches Radargerät befindet, als Funkanlage im Sinne des § 4 Abs. 1 Fernmeldegesetz 1949 (elektrische Einrichtungen zum Empfang von Zeichen auf drahtlosem Weg) qualifiziert hat. Dabei hielt er fest, dass der Charakter als Warngerät der Zuordnung des Geräts zum Begriff der Funkanlage im Sinne dieser Bestimmung nicht entgegensteht (vgl. VwGH 24.6.1981, 2384/80 = Slg. 10.498 A). Ebenso hat der Verwaltungsgerichtshof mit Hinweis auf die soeben genannte Entscheidung ein Laserwarngerät als Funkanlage im Sinne des § 4 Abs. 1 Fernmeldegesetz 1993 gewertet (vgl. VwGH 5.3.1997, 95/03/0012 = Slg. 14.628 A).

28 Das Verwaltungsgericht ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei dem gegenständlichen Radarwarngerät um eine Funkanlage im Sinne des § 3 Z 6 TKG 2003 handelt.

29 4.3.1. Die Errichtung und der dem Revisionswerber angelastete Betrieb des Radarwarngeräts war daher gemäß § 74 Abs. 1 TKG 2003 grundsätzlich nur mit einer Bewilligung zulässig. Gemäß § 109 Abs. 1 Z 3 TKG 2003 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 4 000 Euro zu bestrafen, wer entgegen § 74 Abs. 1 TKG 2003 eine Funkanlage errichtet oder betreibt.

30 Die Wendung „errichtet oder betreibt“ legt bereits nahe, dass es sich dabei um unterschiedliche Tatbilder handelt. In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof bereits zu § 26 Abs. 1 Z 1 Fernmeldegesetz 1949, wonach sich einer Verwaltungsübertretung schuldig machte, wer unbefugt eine Fernmeldeanlage errichtet, ändert oder betreibt, ausgesprochen, dass damit drei verschiedene Tatbestände umschrieben sind (vgl. VwGH 7.12.1973, 1951/72).

31 Hinsichtlich des Tatbestands der Errichtung erwog der Verwaltungsgerichtshof, dass diese Tätigkeit mit der Betriebsbereitstellung der Anlage abgeschlossen ist (vgl. VwGH 7.12.1973, 1951/72, mwN). Zudem hielt der Verwaltungsgerichtshof zu der genannten Bestimmung des Fernmeldegesetzes 1949 in Bezug auf ein Radarwarngerät fest, dass jede Verwendung einer solchen Funkanlage, auch eine solche bloß zur Probe, ohne entsprechende Bewilligung einen nach § 26 Abs. 1 Z 1 leg. cit. unbefugten Betrieb verwirklicht (vgl. VwGH 23.12.1981, 81/03/0160).

32 Das Tatbild des Betriebs geht über die bloße Betriebsbereitstellung hinaus. Dabei kommt es, wie der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Entscheidung 81/03/0160 zu erkennen gab, weder auf die mit dem Betrieb der Anlage verbundene Absicht der Person, noch auf den Einsatz des Geräts für seinen bestimmungsgemäßen Zweck an. Während für die Errichtung die Herstellung eines Zustands, der jederzeit die Inbetriebnahme zulässt (Betriebsbereitschaft), maßgeblich ist, meint der Betrieb die Verwendung als Funkanlage, also die Verwendung in Ausübung jener Eigenschaften, die den Gegenstand zu einer Funkanlage im Sinne des TKG 2003 macht. Das ist bei Funkempfangsanlagen, wie einem Radarwarngerät, der Empfang von Funkwellen (vgl. auch VwGH 22.11.2017, Ra 2017/03/0098, wo für den Betrieb von als Funkanlagen qualifizierten Handsprechfunkgeräten darauf abgestellt wurde, ob diese eingeschaltet und zur Kommunikation durch Ausstrahlung und/oder Empfang von Funkwellen genutzt wurden).

33 4.3.2. Im Revisionsfall gelangte das Verwaltungsgericht beweiswürdigend zur Feststellung, dass das Radarwarngerät mit empfangsbereiter Radarantenne und dazugehöriger Firmware/Software eingeschaltet gewesen sei, und zog daraus die rechtliche Schlussfolgerung, dass es im Sinne des § 74 Abs. 1 und § 109 Abs. 1 Z 3 TKG 2003 betrieben worden sei. Die Revision bestreitet hingegen den Betrieb im Sinne dieser Bestimmungen, weil das Radarwarngerät in den vom Revisionswerber verwendeten Einstellungen nicht geeignet gewesen sei, Radarwellen zu empfangen. Damit wendet sich die Revision gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Sie zeigt dabei einen zur Aufhebung führenden Verfahrensmangel auf:

34 Das Verwaltungsgericht stellte im Detail fest, dass sich das Gerät beim Empfang von Funkwellen von Radargeräten der Wellen näher bezeichneter Frequenzen mittels einer fest verbauten (und unabhängig vom Betriebsmodus) aktiven Empfangsantenne samt dazugehöriger Software bediene. Es könne zwar nicht festgestellt werden, in welchem der beiden (oben in Rn. 4 beschriebenen) Betriebsmodi es zum Tatzeitpunkt verwendet worden sei. Unabhängig vom betriebenen Modus sei aber für den Tatzeitpunkt und für beide Modi festzustellen, dass die im Gerät verbaute Radarantenne und die dazugehörige Software, welche den Empfang von Funkwellen ermögliche, nicht ausgeschaltet oder mittels einer Software deaktiviert worden seien.

35 Diese Feststellungen gründete das Verwaltungsgericht beweiswürdigend im Wesentlichen auf die Ausführungen des Amtssachverständigen in der mündlichen Verhandlung. Dagegen wendet die Revision zutreffend ein, dass der Amtssachverständige die Frage des Rechtsvertreters des Revisionswerbers, ob das Gerät im ersten Betriebsmodus mit den deaktivierten Funktionen „Radar“ und „Laser“ geeignet gewesen sei, Radarwellen aktiv zu empfangen, ausdrücklich verneinte („Wenn ich es so in Betrieb genommen hätte mit den eingestellten Funktionen, wie ich sie vorgefunden hätte: Nein“; Seite 20 der Niederschrift vom 14. November 2022). Auf nochmaliges Befragen des Rechtsvertreters bekräftigte der Sachverständige, dass das Empfangen von Radarwellen „nicht möglich“ sei, solange die Funktion „aktive Radarwarnung“ nicht aktiviert sei (aaO, Seite 21).

36 Die belangte Behörde weist in ihrer Revisionsbeantwortung zwar zutreffend darauf hin, dass das Gerät dem Sachverständigen erst vor der mündlichen Verhandlung vom Revisionswerber übermittelt wurde, was auch das Verwaltungsgericht so feststellte, und dass der Revisionswerber daher die Möglichkeit gehabt habe, die Benutzereinstellungen nach dem Tatzeitpunkt und vor der Übergabe an den Sachverständigen zu ändern. Der Sachverständige hat die zuvor wiedergegebenen Äußerungen, das Gerät habe Radarwellen nicht empfangen können, auch nur in Bezug auf die von ihm vorgefundenen Benutzereinstellungen (mit ausgeschalteten Funktionen „Radar“ und „Laser“ im Benutzermenü) getätigt. Da das Verwaltungsgericht aber nicht festgestellt hat in welchem Betriebsmodus das Gerät im Tatzeitpunkt verwendet wurde, fehlt auch eine Feststellung, ob im Tatzeitpunkt die Radarwarnfunktionen im ersten Betriebsmodus in den Benutzereinstellungen eingeschaltet waren, was nach den Ausführungen des Sachverständigen aber Voraussetzung für den Empfang von Radarwellen war.

37 Angesichts dessen ist nicht nachvollziehbar, wie das Verwaltungsgericht zu der Feststellung gelangte, das gegenständliche Radarwarngerät verfüge immer, also unabhängig von den Benutzereinstellungen, über eine empfangsbereite Radarantenne.

38 5. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, ohne dass auf das weitere Revisionsvorbringen eingegangen werden musste.

39 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.

40 6. Im fortgesetzten Verfahren wird vom Verwaltungsgericht Folgendes zu beachten sein: Im durch die Abweisung der Beschwerde im angefochtenen Erkenntnis insoweit übernommenen Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wurde dem Revisionswerber vorgeworfen, das Radarwarngerät ohne fernmeldebehördliche Bewilligung betrieben zu haben, „indem das Gerät mittels Saugnapf an der Windschutzscheibe montiert und eingeschaltet“ und „das Stromversorgungskabel angesteckt“ gewesen sei „und der 12 Voltstecker dieses Stromversorgungskabels [...] in der 12 Volt Buchse (Zigarettenanzünderbuchse) des Fahrzeuges“ gesteckt sei. Ausgehend davon wird das Verwaltungsgericht zu prüfen haben, ob die dem Revisionswerber zur Last gelegte Tat unter das erste Tatbild des § 109 Abs. 1 Z 3 TKG 2003 („wer entgegen § 74 Abs. 1 eine Funkanlage errichtet “) subsumiert werden könnte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nämlich eine Präzisierung der rechtlichen Grundlage der Bestrafung (Angabe der verletzten Verwaltungsbestimmung und angewendeten Strafnorm) zulässig, wenn es nicht zu einem „Austausch der Tat“ durch Heranziehung eines anderen als des ursprünglich der Bestrafung zu Grunde gelegten Sachverhalts kommt (vgl. etwa VwGH 8.3.2023, Ra 2022/03/0103, mwN).

Wien, am 17. April 2024

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