JudikaturVwGhRa 2023/01/0230

Ra 2023/01/0230 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
08. April 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und die Hofräte Dr. Fasching und Dr. Horvath als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., über die Revision des A A in G, vertreten durch die Kocher Bucher Rechtsanwälte OG in 8010 Graz, Friedrichgasse 31, gegen das am 10. Jänner 2023 mündlich verkündete und mit 16. Februar 2023 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark, Zl. LVwG 70.29 6381/2022 7, betreffend Staatsbürgerschaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Sache der Antrag des Revisionswerbers, eines somalischen Staatsangehörigen, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) abgewiesen und eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG für unzulässig erklärt.

2 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, der in Somalia geborene Revisionswerber sei im Verfahren darauf hingewiesen worden, dass er einen Nachweis vorzulegen habe, dass er in Saudi Arabien, wo er ca. 20 Jahre lang wohnhaft gewesen sei, zu keiner Freiheitsstrafe verurteilt worden sei.

3 Der Revisionswerber habe dazu angegeben, dass er persönlich bei der Botschaft des Königreichs Saudi Arabien versucht habe, eine Strafregisterauskunft zu erlangen; es sei ihm dort erklärt worden, dass er als Nichtstaatsbürger und Nichteinwohner von Saudi Arabien keinen Anspruch auf eine Strafregisterauskunft habe und auch keine Bestätigung darüber bekomme, dass er keine Strafregisterauskunft erhalten könne.

4 Beim Nachweis im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 2 StbG handle es sich so das Verwaltungsgericht weiter um eine unbedingte Verleihungsvoraussetzung, welche im Verfahren durch den Antragsteller im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht von sich aus zu erbringen sei. Der Revisionswerber habe weder dargelegt, dass es tatsächlich unmöglich sei, einen Strafregisterauszug aus dem Land vorzulegen, in welchem er 20 Jahre gelebt habe, noch Alternativen dazu aufgezeigt.

5 Da der Revisionswerber über einen österreichischen Fremdenpass verfüge, welcher für alle Staaten der Welt, ausgenommen Somalia, Gültigkeit besitze, erscheine auch eine Reise des Revisionswerbers nach Saudi Arabien zur Erlangung eines Strafregisterauszuges zumutbar, um in den Genuss der österreichischen Staatsbürgerschaft zu gelangen.

6 Die Mitwirkungspflicht der Partei gemäß § 19 Abs. 2 StbG sei umso größer, als es der Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht unmöglich sei, personenbezogene Auskünfte zu erhalten, und es deshalb der Mitwirkung des Betroffenen bedürfe. Eine gesetzliche Verpflichtung der Behörde, Sachverhalte vom Inland aus aufzuklären, welche die persönlichen Verhältnisse eines Fremden im Ausland beträfen, bestehe nicht.

7 Das Verwaltungsgericht stellte „zusammenfassend“ fest, dass der Revisionswerber sämtliche Verleihungsvoraussetzungen, ausgenommen jene nach § 10 Abs. 1 Z 2 StbG, erfülle.

8 Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) lehnte mit Beschluss vom 12. Juni 2023, E 962/2023 5, die Behandlung der gegen das vorliegend angefochtene Erkenntnis erhobenen Beschwerde ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Begründend führte der VfGH aus, spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien insbesondere zur Beantwortung der Fragen, ob die Vorlage eines Strafregisterauszuges aus Saudi Arabien für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft unbedingt erforderlich und mit Blick auf die Mitwirkungspflicht des Revisionswerbers eine Reise nach Saudi Arabien zur Erlangung des Strafregisterauszuges zumutbar sei, nicht anzustellen.

9 Sodann erhob der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

10 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13 Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 StbG darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn er nicht durch ein inländisches oder ausländisches Gericht wegen einer oder mehrerer Vorsatztaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, die der Verurteilung durch das ausländische Gericht zugrunde liegenden strafbaren Handlungen auch nach dem inländischen Recht gerichtlich strafbar sind und die Verurteilung in einem den Grundsätzen des Art. 6 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, entsprechendem Verfahren ergangen ist.

14 In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. etwa VwGH 11.1.2023, Ra 2022/01/0355, mwN).

15 Dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 3 VwGG wird insbesondere dann nicht entsprochen, wenn die zur Zulässigkeit der Revision erstatteten Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen oder das Vorbringen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision mit Ausführungen, die inhaltlich (bloß) Revisionsgründe darstellen, in einer Weise vermengt ist, dass keine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe im Sinne der Anordnung des § 28 Abs. 3 VwGG vorliegt.

16 Der Verwaltungsgerichtshof hat auch bereits wiederholt ausgesprochen, dass dem Erfordernis der gesonderten Darlegung von in § 28 Abs. 3 VwGG geforderten Gründen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird, nicht entsprochen wird, wenn eine außerordentliche Revision die Ausführungen zur Begründetheit der Revision wortident auch als Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision enthält (vgl. für viele VwGH 22.3.2023, Ra 2022/01/0134, mwN).

17 Diesen Anforderungen entsprechen die in der vorliegenden außerordentlichen Revision unter der Überschrift „3. Zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision“ enthaltenen Ausführungen, die ihrem Inhalt nach sowohl Zulässigkeits- als auch Revisionsgründe darstellen und die zudem in den wesentlichen Passagen wortident auch unter der Überschrift „4. Begründung“ enthalten sind, nicht.

18 Abgesehen davon, dass sich die Revision bereits deshalb als unzulässig erweist, sei auf Folgendes hingewiesen:

19 Zu der im vorliegenden Fall auch im Ablehnungsbeschluss des VfGH angesprochenen wesentlichen Frage, ob das Verwaltungsgericht die Annahme des Vorliegens des Verleihungshindernisses nach § 10 Abs. 1 Z 2 StbG (allein) auf die unterbliebene Vorlage eines saudi arabischen Strafregisterauszuges stützen durfte, wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision weder ein Abweichen von einschlägiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgezeigt, noch dargelegt, welche Rechtsfrage(n) der Verwaltungsgerichtshof fallbezogen erstmals zu lösen hätte (vgl. zum Vorliegen einer wegen einer Vorsatztat erfolgten rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe als Voraussetzung des Verleihungshindernisses nach § 10 Abs. 1 Z 2 StbG etwa VwGH 23.4.2009, 2006/01/0694; 19.9.2012, 2012/01/0110). Der bloße Hinweis, dass das Verwaltungsgericht „hier gesetzwidrig“ vorgegangen sei, reicht nicht.

20 Der Verwaltungsgerichtshof ist aber weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. für viele VwGH 27.10.2022, Ra 2022/01/0188, mwN).

21 Die Revision war daher zurückzuweisen.

22 Von der Durchführung der in der Revision beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG Abstand genommen werden.

Wien, am 8. April 2024

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