JudikaturJustizBsw20147/15

Bsw20147/15 – AUSL EGMR Entscheidung

Entscheidung
05. September 2019

Kopf

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Kammer I, Beschwerdesache Olewnik-Cieplinska und Olewnik gg. Polen, Urteil vom 5.9.2019, Bsw. 20147/15.

Spruch

Art. 2 EMRK - Mangelhafte Reaktion der Behörden auf Entführung und spätere Ermordung eines Geschäftsmannes.

Zulässigkeit der Beschwerde (einstimmig).

Verletzung von Art. 2 EMRK (einstimmig).

Entschädigung nach Art. 41 EMRK: € 100.000,– für immateriellen Schaden an die beiden Bf. gemeinsam (einstimmig).

Text

Begründung:

Am 26.10.2001 wurde der Geschäftsmann Krzysztof Olewnik, der Bruder der ErstBf. und Sohn des ZweitBf., aus seinem Zuhause in Drobin entführt. Die Polizei wurde am Morgen des 27.10. von seinem Verschwinden informiert. Am 29.10.2001 kontaktierten die Entführer die Bf. und verlangten von ihnen die Bezahlung eines Lösegelds. Zunächst misslangen allerdings mehrere Versuche zur Übergabe desselben. Während dieser Zeit kontaktierten die Entführer die Familie bei zahlreichen Gelegenheiten über Telefon, SMS oder Sprachnachrichten und gaben handschriftliche Briefe des Opfers weiter, aus denen klar hervorging, dass Letzteres verletzt oder getötet werden könnte. Über alle Nachrichten und Kommunikationen wurde die Polizei sofort unterrichtet. Am 24.7.2003 übergab die ErstBf. den Entführern schließlich € 300.000,– an Lösegeld, allerdings wurde Herr Olewnik daraufhin nicht freigelassen. Wie später herauskam, wurde dieser schließlich am 5.9.2003 ermordet. Im November 2005 konnte der Zeuge P. S. mehrere Täter identifizieren. Die Leiche von Herrn Olewnik wurde im Oktober 2006 entdeckt. Während des Verfahrens gegen die Entführer wurden die näheren Umstände seiner Gefangenschaft bekannt: Er wurde mit Hals und Beinen an die Wand gekettet, immer wieder geschlagen und insgesamt schlecht behandelt.

Aufgrund der genannten Ereignisse wurden 2010 zehn Mitglieder einer Bande strafrechtlich verurteilt. Diese Verurteilungen basierten im Wesentlichen auf den Geständnissen der Angeklagten, während die Ermittlungen durch zahlreiche Versäumnisse gekennzeichnet gewesen waren. So wurden etwa die Lösegeldübergabe oder verdächtige Telefonnummern nicht ausreichend überwacht, eine Hausdurchsuchung bei einem der Verdächtigen nur schlampig durchgeführt, sodass wichtige Beweise übersehen wurden, oder Blutspuren im Haus des Opfers nicht berücksichtigt. Im Jahr 2004 wurde zudem die umfangreiche Akte des Falles mit den Originaldokumenten gestohlen.

Neben den Verfahren gegen die Bandenmitglieder kam es zwischen 2009 und 2013 zu mehreren anderen Versuchen, die Entführung und Ermordung von Herrn Olewnik aufzuklären. Zum einen leiteten die Strafverfolgungsbehörden von Gdansk Strafverfahren gegen die an den Ermittlungen beteiligten Polizisten wegen Befugnismissbrauch, gegen die involvierten Staatsanwälte wegen Fahrlässigkeit sowie gegen hochrangige Beamte wegen Untätigkeit ein. Die Verfahren endeten allerdings mit Freisprüchen oder Einstellungen.

Der polnische Sejm setzte im Februar 2009 einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss ein, um die Korrektheit der Handlungen der Behörden im Zusammenhang mit dem Strafverfahren wegen der Entführung und der Ermordung von Herrn Olewnik zu prüfen. Der abschließende Bericht zu dieser Untersuchung ortete insbesondere ein schwerfälliges, fehlerhaftes, fahrlässiges und insgesamt zu wenig professionelles Vorgehen der Behörden. Dies hätte zur Folge gehabt, dass die Entführer nicht rechtzeitig entdeckt werden hätten können, was letztlich zu Herrn Olewniks Tod geführt hätte.

Ermittlungen wegen Entführung und Mord gegen andere, noch nicht identifizierte Personen sind noch anhängig.

Rechtliche Beurteilung

Rechtsausführungen:

Die Bf. behaupteten eine Verletzung von Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), da der Tod von Herrn Krzysztof Olewnik dem Versäumnis der innerstaatlichen Behörden geschuldet gewesen wäre, wirksame Ermittlungen im Hinblick auf seine Entführung vorzunehmen und damit letztlich sein Leben zu schützen. Zudem hätten die Behörden auch keine wirksame Untersuchung betreffend die Umstände seines Todes durchgeführt.

Zulässigkeit

(80) Der GH hält fest, dass die Beschwerde nicht offensichtlich unbegründet [...] ist. Sie ist auch nicht aus anderen Gründen unzulässig und muss deshalb für zulässig erklärt werden (einstimmig).

In der Sache

Materiellrechtlicher Aspekt von Art. 2 EMRK

(117) Der GH wiederholt, dass Art. 2 Abs. 1 Satz 1 den Staaten nicht nur vorschreibt, von absichtlicher und unrechtmäßiger Tötung Abstand zu nehmen, sondern auch, angemessene Schritte zu unternehmen, um das Leben derjenigen zu schützen, die ihrer Hoheitsgewalt unterworfen sind. [...].

(118) Diese staatliche Pflicht [...] erstreckt sich unter den entsprechenden Umständen auch auf eine positive Verpflichtung der Behörden, präventive operative Maßnahmen zu setzen, um ein Individuum zu schützen, dessen Leben aufgrund strafbarer Handlungen durch ein anderes Individuum in Gefahr ist. [...]

(119) [...] Damit eine positive Verpflichtung entsteht, muss nachgewiesen werden, dass die Behörden zur gegebenen Zeit vom Vorliegen einer realen und unmittelbaren Gefahr für das Leben eines konkreten Individuums oder von konkreten Individuen durch die strafbaren Handlungen eines Dritten wussten oder hätten wissen müssen und es verabsäumten, innerhalb ihrer Befugnisse Maßnahmen zu setzen, von denen vernünftigerweise erwartet werden hätte können, dass sie dieser Gefahr vorbeugen. [...]

(120) Der GH beobachtet, dass der Kern der Rügen der Bf. darin bestand, dass die innerstaatlichen Behörden für den Tod von Herrn Olewnik verantwortlich wären, weil sie dessen Verschwinden im Oktober 2001 nicht korrekt untersucht hätten. Das hätte dazu geführt, dass er schweren Misshandlungen unterworfen und schließlich im September 2003 ermordet worden wäre.

(122) [...] Die Regierung stimmte zu, dass in Fällen erpresserischer Entführung angenommen werden muss, dass das Leben und die Gesundheit des Opfers in Gefahr sind. Die polnischen Statistiken betreffend die Jahre ab 2001, die von der Regierung vorgelegt wurden, zeigen, dass eine große Anzahl an Entführungen besonderes Leid sowie Gesundheitsschäden und den Tod des Opfers mit sich brachte. Das plötzliche Verschwinden von Herrn Olewnik wurde von Beginn weg als Entführung untersucht und in seinem Zuhause wurden reichlich Spuren seines Blutes gefunden.

(123) Außerdem hängt eine solche ernstzunehmende Gefahr für das Wohlbefinden, die Gesundheit und das Leben des Opfers nicht notwendig davon ab, ob die Entführer ihre Absicht mitteilten, dieses zu verletzen. Der GH befasst sich dennoch mit der Behauptung der Regierung, wonach die Gefahr für Herrn Olewnik im vorliegenden Fall nicht klar gewesen wäre, da die Entführer nicht auf ihre Absicht hingewiesen hätten, ihn verletzen zu wollen. Die Verhandlungen mit den Entführern, welche direkt nach der Entführung begannen, hatten in unterschiedlicher Intensität vier Jahre gedauert und fanden ihren Höhepunkt in der Übergabe eines wesentlichen Lösegeldbetrags. Die Briefe, welche der Familie von den Entführern übersandt und die alle an die Polizei weitergegeben wurden, beinhalteten eindeutig Drohungen gegen das Leben und die Gesundheit von Herrn Olewnik. Am 15.1.2003 erhielt die Polizei einen anonymen Brief, der eindeutig darauf hinwies, dass das Leben des Opfers in Gefahr war. Diese Fakten widersprechen der Behauptung der Regierung.

(124) Der GH befindet, dass die Unmittelbarkeit der Gefahr für das Leben von Herrn Olewnik unter den Umständen des Falles hauptsächlich unter Bezugnahme auf den Ernst der Situation und die besondere Verwundbarkeit des Entführungsopfers zu sehen ist. Sie verringerte sich mit dem Verlaufe der Zeit nicht. Ganz im Gegenteil steigerte der Umstand, dass die Situation über Jahre hinweg andauerte, das Leid des Opfers und die Gefahr für dessen Gesundheit und Leben. Der GH ist deshalb der Ansicht, dass die reale Gefahr für sein Leben während der ganzen Periode seiner Gefangenschaft in den Fängen der Verbrecher bestehen blieb.

(125) Unter diesen Umständen befindet der GH, dass die Behörden im Fall der Entführung von Herrn Olewnik ab dem Zeitpunkt seines Verschwindens vom Vorliegen einer realen und unmittelbaren Gefahr für dessen Gesundheit und Leben wussten oder hätten wissen müssen. In solchen Situationen verlangen die positiven Verpflichtungen der Staaten unter Art. 2 EMRK von den innerstaatlichen Behörden alles zu tun, was vernünftigerweise von ihnen erwartet werden kann, um Herrn Olewnik so rasch als möglich zu finden und die Entführer zu identifizieren.

(126) Bei der Prüfung, ob die innerstaatlichen Behörden ihren positiven Verpflichtungen nachkamen, muss im Kopf behalten werden, dass diese auf eine Weise interpretiert werden müssen, die Ersteren keine übermäßige Last auferlegt.

(127) Der GH verfügt über umfassende Beweise darüber, welche Handlungen die Polizei und die Staatsanwaltschaft während des betreffenden Zeitraums setzten. Diese Beweise schließen eine sehr detaillierte Beschreibung der Handlungen ein, die nach der Entführung von Herrn Olewnik 2001 bis zur Entdeckung seiner Leiche 2006 erfolgten. Der GH stützt sich speziell auf die Ergebnisse des parlamentarischen Untersuchungsausschusses. [...] Die Angaben des Ausschusses im Hinblick auf die ersten Jahre der Ermittlungen zeigen eindeutige Beispiele für das fehlende Engagement und die Inkompetenz der Polizei.

(128) Die Fehler, die von der Polizei zunächst im Haus von Herrn Olewnik und dann durch die von R. M. geführte Gruppe begangen wurden, wurden ebenfalls einer strafrechtlichen Untersuchung unterzogen. Obwohl diese nicht mit der Feststellung der Schuld der betreffenden Beamten endete, bieten die Anklageschrift und die Urteile dennoch eine fundierte Beschreibung der polizeilichen Handlungen.

(129) Auf Basis der Akte und in Übereinstimmung mit der Beurteilung der oben genannten Stellen listet der GH [...] die schwersten Fehler auf Seiten der Polizei [...] zwischen 2001 und September 2003 auf:

– das Versäumnis, direkt nach der Entführung im Haus des Opfers auf korrekte Weise alle forensischen Beweise zu sammeln;

– das Versäumnis über den Zeitraum von dreieinhalb Jahren, die Aussage des Verkäufers eines Supermarkts aufzunehmen, der [Mittäter] A. identifizieren konnte;

– keine aussagekräftige Untersuchung des anonymen Briefes von Januar 2003, welcher B. und C. als an der Entführung beteiligte Personen benannte;

– Verzögerungen bei der Analyse der Anrufe der Entführer, die eine bekannte Telefon-SIM-Karte verwendeten, welche eine Verbindung zu A. und C. hergestellt hätte; zudem gab es weitere Fälle, in denen die Feststellung der Orte und Zurückverfolgung von Anrufen der Entführer technisch möglich gewesen wäre; und

– Versäumnis, am 24.7.2003 die Übergabe des Lösegelds zu überwachen, das von den Entführern selbst abgeholt wurde – zudem wurden die Seriennummern der Banknoten, die von der Familie an die Polizei weitergegeben worden waren, bei der Zentralen Bankenaufsicht erst 17 Monate später registriert.

Der Ausschuss kam zum Schluss, dass »offensichtliche Trägheit, Fehler, Nachlässigkeiten und ein Mangel an Professionalität auf Seiten der Ermittler bewirkte, dass die Entführer nicht entdeckt wurden und ... es letztlich zum Tod [von Herrn Olewnik] kam«.

(130) [...] Die oben dargelegten Fakten weisen [...] eindeutig darauf hin, dass die innerstaatlichen Behörden es verabsäumten, mit dem Grad an Engagement zu reagieren, das in einem Fall von Entführung und anhaltender Geiselnahme nötig ist. Während der GH nicht darüber spekulieren kann, wie der Fall ausgegangen wäre, hätten die Behörden eine höhere Sorgfalt an den Tag gelegt, bestand doch eindeutig eine Verbindung zwischen der langen Liste von über Jahre hinweg fortgesetzten Unterlassungen und Fehlern und dem Versäumnis, die Ermittlungen voranzutreiben, als Herr Olewnik noch am Leben war.

(131) Vor diesem Hintergrund kommt der GH zum Schluss, dass die festgestellten Versäumnisse im Zusammenhang mit der Entführung von Herrn Olewnik, für welche die innerstaatlichen Behörden als verantwortlich angesehen werden müssen, eine Verletzung der positiven Verpflichtung des Staates offenbart, sein Recht auf Leben zu schützen. Es erfolgte deshalb eine Verletzung von Art. 2 EMRK unter seinem materiellrechtlichen Aspekt (einstimmig).

(132) Zuletzt wiederholt der GH, dass die im vorliegenden Fall einer erpresserischen Entführung getroffenen Schlussfolgerungen die besonders hohen Risikofaktoren des Falles berücksichtigen, da Herr Olewnik brutal entführt und Lösegeld übergeben wurde und Jahre vergingen, ohne dass er freigelassen wurde [...]. Zudem war das Ausmaß, in welchem das innerstaatliche System versagte, ebenfalls besonders weitreichend [...].

Verfahrensrechtlicher Aspekt von Art. 2 EMRK

(138) [...] Die Bf. rügten, dass die von den innerstaatlichen Behörden durchgeführte Untersuchung des Todes von Herrn Olewnik unzureichend gewesen wäre.

(139) Herr Olewnik starb sehr wahrscheinlich am 5.9.2003. Sein Tod wurde jedoch erst mehr als zwei Jahre später bekannt und sein Körper wurde im Oktober 2006 entdeckt. [...]

(140) Die Ermittlungen betreffend die Entführung von Herrn Olewnik erfuhren eine Wendung, als der Zeuge P. S. die Entführer im November 2005 namentlich benannte. Zwei von ihnen wurden verhaftet und gestanden ein Jahr später, das Opfer getötet zu haben. 2007 klagte der Staatsanwalt Mitglieder der Bande an, die rasch verurteilt wurden. Der GH kann nicht übersehen, dass sich die strafrechtliche Verurteilung der Mitglieder der Bande größtenteils auf ihre Geständnisse stützte. [...]

(141) Zusätzlich zu den Verfahren gegen die Mitglieder der Bande gab es mehrere andere Versuche, die Ereignisse in dem Fall aufzuklären.

(142) Insbesondere setzte der Sejm 2009 einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss ein, der mit einem weiten Mandat ausgestattet war, um die Korrektheit [insbesondere] der Handlungen der Staatsanwaltschaft und der Polizei [...] zu untersuchen. Nach einer beachtlichen Untersuchung, während welcher mehr als hundert Personen befragt und 136 Sitzungen abgehalten wurden, konnte der Ausschuss die Fehler und Versäumnisse der an dem Fall beteiligten Behörden nachzeichnen [...]. Er beurteilte die Arbeit der Polizei kritisch, die ihm zufolge »zum Versagen führte, die Entführer zu entdecken, und folglich das ungerechtfertigte und unvorstellbare Leid sowie letztendlich den Tod [des Opfers] bewirkte«.

Das Ausmaß der Fehler bewog den Ausschuss dazu, die These zu untersuchen, ob »durch Beamte absichtliche und zielgerichtete Handlungen erfolgt waren, die bezweckten, Spuren zu verdecken, Beweise zu zerstören und falsches operatives Vorgehen zu wählen, und ob deshalb einige von ihnen mit der kriminellen Bande zusammengearbeitet hatten, welche Krzysztof Olewnik entführte und ermordete«.

(143) Der GH anerkennt ferner die Bemühungen der Staatsanwälte [...], welche die Ermittlungen betreffend die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Polizisten und Staatsanwälte in den Jahren 2009 bis 2012 leiteten. Was die Verfahren über die strafrechtlichen Anklagen gegen die Polizisten R. M. und M. I. angeht, so endeten diese im Jahr 2014, als die behaupteten Straftaten verjährt waren. Andere Untersuchungen [...] führten nicht dazu, dass die individuelle Verantwortlichkeit der Polizisten oder Staatsanwälte festgestellt wurde. Dennoch bieten die Entscheidungen zur Einstellung der Untersuchung am 18.12.2012, 25.1., 16.4. und 31.12.2013 einen nützlichen Einblick in die Handlungen der Behörden. Insbesondere die Entscheidung vom 18.12.2012 [...] schloss die Beurteilung ein, dass »die Gründe hinter den Versäumnissen der Polizei und Staatsanwaltschaft (...) viel tiefer lagen als begangene individuelle Fehler«. Die Staatsanwälte kamen zum Schluss, dass der Staat es »verabsäumt« hätte, »einen geeigneten rechtlichen und finanziellen Rahmen für die Staatsanwaltschaft zu schaffen«, damit Straftaten wie Entführungen wirksam behandelt werden konnten.

(144) Trotz der positiven Entwicklungen in den Jahren 2009 bis 2013 im Hinblick auf die Untersuchung des Todes von Hernn Olewnik hält der GH fest, dass das Verfahren betreffend seine Ermordung immer noch anhängig ist. [...]

(145) Zusammengefasst wurden die Umstände der Ereignisse etwa 17 Jahre nach der Entführung von Herrn Olewnik am 26.10.2001 nicht vollständig aufgeklärt. Die Bf., die sich an allen Verfahren aktiv beteiligten, Rechtsmittel erhoben und manche der Verfahren initiierten, haben immer noch Fragen und befinden sich nach wie vor in einem Zustand der Ungewissheit. Wie der Untersuchungsausschuss festhielt, kann dies »das Vertrauen der Bevölkerung in den Staat untergraben« und zeigt die Schwäche der staatlichen Behörden »in ihrer Haltung gegenüber den Tätern«.

(146) Die vorangehenden Überlegungen sind ausreichend um es dem GH zu ermöglichen zum Schluss zu kommen, dass die innerstaatlichen Behörden es verabsäumten, eine angemessene und wirksame Untersuchung der Umstände rund um den Tod von Herrn Olewnik durchzuführen. Er hält dementsprechend fest, dass eine Verletzung von Art. 2 EMRK unter seinem verfahrensrechtlichen Aspekt erfolgte (einstimmig).

Entschädigung nach Art. 41 EMRK

€ 100.000,– für immateriellen Schaden an die beiden Bf. gemeinsam (einstimmig).

Vom GH zitierte Judikatur:

Osman/GB v. 28.10.1998 (GK) = NL 1998, 221

Paul und Audrey Edwards/GB v. 14.3.2002 = NL 2002, 55

Mikayil Mammadov/AZ v. 17.12.2009

Hinweis:

Das vorliegende Dokument über das Urteil des EGMR vom 5.9.2019, Bsw. 20147/15, entstammt der Zeitschrift "Newsletter Menschenrechte" (NLMR 2019, 377) bzw. der entsprechenden Datenbank des Österreichischen Institutes für Menschenrechte, Salzburg, und wurde von diesem dem OGH zur Aufnahme in die Entscheidungsdokumentation Justiz im RIS zur Verfügung gestellt.

Das Original des Urteils ist auf der Website des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (www.echr.coe.int/hudoc) abrufbar.

Rechtssätze
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