JudikaturJustiz9ObA6/17y

9ObA6/17y – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Januar 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Dehn und Dr. Weixelbraun Mohr in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei W*****, vertreten durch Winternitz Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 3.931,94 EUR brutto sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 14. Dezember 2016, GZ 8 Ra 114/16t 20, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß § 526 Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Gestützt auf das rückwirkende Außerkrafttreten des Zusatzkollektivvertrags „Sparpaket 2010-2015“ begehrt der bei der Beklagten beschäftigte Kläger (Pilot) mit Klage vom 11. Dezember 2014 die Nachzahlung der von ihr einbehaltenen „Krisenbeiträge“.

Mit Beschluss vom 7. Mai 2015 wurde das Verfahren infolge eines beidseitigen Antrags der Parteien bis zur rechtskräftigen Erledigung des beim Arbeits und Sozialgericht Wien geführten (Muster-)Verfahrens zu AZ 17 Cga 13/15b unterbrochen. Der Unterbrechungs-beschluss erwuchs in Rechtskraft.

Mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2016 beantragte der Kläger die Fortsetzung des Verfahrens, um die Parteibezeichnung der Beklagten zu berichtigen und das Klagebegehren um weitere, bisher noch nicht berücksichtigte Beträge von insgesamt 5.279,66 EUR sA auszudehnen.

Das Erstgericht wies mit Beschluss den Fortsetzungsantrag ab und die Anträge auf Berichtigung der Parteienbezeichnung sowie die Klageausdehnung zurück, weil das Verfahren AZ 17 Cga 13/15b des Arbeits und Sozialgerichts Wien noch nicht rechtskräftig erledigt sei.

Das Rekursgericht gab dem dagegen gerichteten Rekurs des Klägers infolge der Rechtskraft des Unterbrechungsbeschlusses und mangels Wegfalls des Unterbrechungsgrundes nicht Folge und sprach aus, dass der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig sei.

In seinem dagegen gerichteten außerordentlichen Revisionsrekurs beantragt der Kläger, dem Rekursgericht aufzutragen, den Entscheidungsgegenstand festzulegen und den Zulässigkeitsausspruch abzuändern, in eventu, den außerordentlichen Revisionsrekurs für zulässig zu erklären, dem Revisionsrekurs Folge zu geben und dem Fortsetzungsantrag stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist entgegen dem – weder die Gerichte noch die Parteien bindenden – Ausspruch des Rekursgerichts nicht gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig, weil die Bestätigung der Abweisung des Antrags auf Fortsetzung eines unterbrochenen Verfahrens der Klagezurückweisung iSd § 528 ZPO gleichzuhalten ist (RIS Justiz RS0103702 [T1, T2]; RS0105321 [T7, T18]; 10 ObS 71/13h mwN). Das Rechtsmittel ist jedoch mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig:

Der Oberste Gerichtshof hat erst kürzlich mit Beschluss vom 19. Dezember 2016, 9 ObA 152/16t, zur gleichen Verfahrenskonstellation in einem Parallelverfahren Folgendes festgehalten:

„Mangels einer sondergesetzlichen Bestimmung für das arbeitsgerichtliche Verfahren sind für die Frage der Verfahrensunterbrechung wegen Präjudizialität eines Vorverfahrens die Bestimmungen der §§ 190 ff ZPO maßgeblich (§ 2 ASGG; 9 ObA 155/13d).

Die Frage, ob ein zivilgerichtliches Verfahren aufgrund einer Parteienvereinbarung unterbrochen werden kann, stellt sich hier nicht. Abgesehen davon, dass der Oberste Gerichtshof erst jüngst ausgesprochen hat, dass kein zulässiger Unterbrechungsgrund iSd § 190 Abs 1 ZPO vorliegt, wenn es an einer präjudiziellen Vorfrage fehlt (2 Ob 78/16h), erging der Unterbrechungsbeschluss über Antrag beider Parteien, also auch des Klägers. Der Kläger kann sich daher, wie eine Partei, die einen Unterbrechungsbeschluss unbekämpft lässt (2 Ob 78/16h), in seinem Fortsetzungsantrag nicht mehr auf die mangelnde Präjudizialität der Entscheidung in der Hauptsache stützen.

Die Aufnahme eines nach zivilprozessualen Vorschriften unterbrochenen Verfahrens regeln die Bestimmungen der § 167 iVm §§ 164–166 ZPO. Die Anwendung einer anderen Bestimmung auf den vorliegenden Fall führt auch der Kläger nicht ins Treffen. Eine Ruhensvereinbarung iSd § 168 ZPO haben die Parteien hier gerade nicht abgeschlossen. Eine Fortsetzung des Verfahrens jedenfalls nach Ablauf von drei Monaten ab dem Zeitpunkt des Unterbrechungsbeschlusses kommt daher nicht in Frage.

Nach dem Zweck der Unterbrechung, erheblichen Verfahrensaufwand zu vermeiden, ohne dass eine unzumutbare Verzögerung eintritt, wird die Fortsetzung des Rechtsstreits zumindest im Regelfall erst nach rechtskräftigem Abschluss des präjudiziellen Verfahrens erfolgen ( Höllwerth in Fasching/Konecny 3 II/3 § 190 ZPO Rz 5, 92). Eine Fortsetzung des unterbrochenen Rechtsstreits kommt aber unter bestimmten Umständen auch vor der Beendigung des präjudiziellen Verfahrens in Betracht. Dies ist etwa dann der Fall, wenn aufgrund der tatsächlichen Entwicklung des präjudiziellen Verfahrens letztlich doch eine „unzumutbare Verzögerung“ eintreten würde, wollte man dessen Beendigung abwarten (1 Ob 233/12i). Diese Erwägungen kommen hier aber schon deshalb nicht zum Tragen, weil der unterbrochene Rechtsstreit selbst dann nicht „verzögert“ wird, wenn der Kläger zur Vermeidung der Verjährung seiner weiteren Ansprüche eine neue Klage einbringen müsste. Andere Umstände, die ein Erlöschen des Unterbrechungsgrundes bewirkt hätten, hat der Kläger nicht behauptet (vgl § 164 ZPO).“

Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO wurde damit verneint.

Da diese Ausführungen auch im vorliegenden Fall gelten, ist der außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers mangels einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 iVm § 2 Abs 1 ASGG).

Rechtssätze
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