JudikaturJustiz9Bs143/22a

9Bs143/22a – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
15. Juli 2022

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch den Einzelrichter Dr. Winsauer in der Strafsache gegen unbekannte Täter wegen des Vergehens der fahrlässigen Tötung nach § 80 StGB über die Beschwerde der A* gegen den Beschluss der Einzelrichterin des Landesgerichts Wels im Ermittlungsverfahren vom 16. Mai 2022, 9 HR 101/22i-10, entschieden:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Landesgericht Wels die Gebühren der A* für das von der Staatsanwaltschaft Wels am 13. März 2022 in Auftrag gegebene und am 7. April 2022 eingelangte Obduktionsgutachten (ON 5) mit EUR 949,00 und wies im Sinne der Einwendungen des Revisors (ON 7) das Mehrbegehren von EUR 130,00 für die Nutzung von externen Untersuchungsräumlichkeiten gemäß § 43 Abs 1 Z 2 lit e GebAG ab (ON 10).

Gegen die Abweisung des Mehrbegehrens richtet sich die Beschwerde der A* vom 2. Juni 2022, in der sie die rechtswidrige Auslegung der Bestimmung des § 43 Abs 1 Z 2 lit e GebAG iVm § 128 Abs 2a StPO einwendet und den Zuspruch auch der verzeichneten Gebühr für die Nutzung externer Untersuchungsräumlichkeiten in Höhe von EUR 130,00 anstrebt (ON 10.1).

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde ist nicht berechtigt.

Durch das BRÄG 2008 (BGBl I 2007/111) fand eine umfassende Neuregelung im GebAG statt, mit der geklärt wurde, welche Kosten der Sachverständige in der Gebührennote gesondert weiterverrechnen dürfe und welche Kostenfaktoren nach der nun ausdrücklichen Gesetzesanordnung (§ 31 Abs 2 GebAG) im Mühewaltungshonorar mitabgegolten sind. Nach den Materialien soll in Reaktion auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 28. Juni 1995, 13 Os 70/95, ausdrücklich klargestellt werden, dass für die pauschale Überwälzung von Kostenbeiträgen für die Nutzung von universitären Einrichtungen auf den Gebührenanspruch der Sachverständigen keine gesetzliche Grundlage besteht. § 31 Abs 1 GebAG ordnet nun an, dass nur die mit Erfüllung des jeweiligen Gutachtensauftrages notwendigerweise verbundenen variablen Kosten, nicht aber Fixkosten zu ersetzen sind. Die ersatzfähigen variablen Kosten werden taxativ aufgelistet (vgl Krammer/Schmid/Guggenbichler , SDG-GebAG 4 § 31 GebAG Anm 1).

Ziel des mit dem BRÄG 2008 neu gefassten § 31 GebAG war es, die „Praxis, die Benützung von für die Tätigkeit des Sachverständigen notwendige und übliche Infrastruktur aliquot als sonstige Kosten anzusprechen, ausdrücklich per Gesetz“ zu unterbinden, indem die Geltendmachung von Fixkosten (etwa des Büros, der Werkstatt, des Untersuchungslabors, der Ordination, des für derartige Gutachten sonst stets notwendigen Untersuchungsraums) im Rahmen des § 31 GebAG ausgeschlossen wird. Die ersatzfähigen variablen Kosten sollen darüber hinaus taxativ aufgelistet werden, um keine Gesetzeslücke entstehen zu lassen, wobei viele unbestimmte Gesetzesbegriffe Verwendung finden, um der Auslegung genügend Spielraum zu lassen, alle besonderen rein Einzelfall bezogenen Aufwendungen zu berücksichtigen (RV 303 BlgNR 23. GP 47f).

Der Aufwandersatz für die Nutzung von Obduktionsräumlichkeiten wurde in § 43 Abs 1 Z 2 lit e GebAG dergestalt geregelt, dass ein Fixbetrag für die Nutzung von externen Untersuchungsräumlichkeiten (einschließlich Infrastruktur) in Höhe von EUR 130,00 zusteht.

Im Begutachtungsverfahren wurde darauf hingewiesen, dass gerichtsmedizinische Sachverständige nicht über Räumlichkeiten zur Durchführung von Obduktionen verfügen, da diese typischerweise von den Gemeinden oder den medizinischen Universitätsinstituten zur Verfügung gestellt werden. Da durch die engere Fassung des § 31 GebAG die Sachverständigen diese Gebühren in Zukunft nur noch eingeschränkt geltend machen werden können, wird für dieses Nutzungsentgelt in § 43 GebAG eine Pauschalabgeltung vorgesehen, die sich der Höhe nach am bisherigen Kostendurchschnitt österreichweit orientiert (vgl Krammer/Schmid/Guggenbichler , SDG-GebAG 4 § 43 GebAG Anm 7).

Seit dem Inkrafttreten des 2. GeSchG (BGBl I 2009/40) hat die Staatsanwaltschaft mit der Durchführung der Obduktion entweder eine Universitätseinheit für gerichtliche Medizin oder einen Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Gerichtsmedizin, der kein Angehöriger des wissenschaftlichen Personals einer solchen Einrichtung ist, zu beauftragen. Bei Beauftragung einer Universitätseinheit hat der Leiter dieser Einheit die persönliche Verantwortung für die Obduktion einem Angehörigen des wissenschaftlichen Personals dieser Einheit zu übertragen, der die persönlichen und fachlichen Voraussetzungen für die Eintragung in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen erfüllt. Die Angehörigen von Einrichtungen für gerichtliche Medizin sind im Rahmen ihrer Dienstpflicht zur Mitwirkung an der Erstellung von Befunden und Gutachten verpflichtet ( Kirschenhofer in Schmölzer/Mühlbacher StPO 1 § 128 Rz 15; Tipold in WK-StPO, § 128 Rz 18).

Gemäß § 128 Abs 2a vierter Satz StPO kann die Universitätseinrichtung Gebühren in sinngemäßer Anwendung des GebAG geltend machen, wobei sie die Gebühr für Mühewaltung nach Abzug der Gebühren für die Nutzung der Untersuchungsräumlichkeiten einschließlich der Infrastruktur der Person zu überweisen hat, der die Verantwortung für die Obduktion übertragen wurde. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kann aus dem Umstand, dass in § 128 Abs 2a StPO bloß von einer Nutzung „der“ (nicht aber „externer“) Untersuchungsräumlichkeiten sowie einer „sinngemäßen“ Anwendung des GebAG die Rede ist, kein Anspruch der Universitätseinheit auf die Gebühr nach § 43 Abs 1 Z 2 lit e GebAG für den – hier vorliegenden – Fall abgeleitet werden, dass zur Durchführung der Obduktion universitätseigene Räumlichkeiten in Anspruch genommen werden. Grundsätzlich ist der Adressat des behördlichen Auftrags (der Bestellung zum Sachverständigen) eine natürliche Person (§ 2 Abs 2 Z 1 SDG, § 126 StPO). Durch die gerichtliche oder behördliche Bestellung entsteht ein öffentlich-rechtliches Verhältnis zwischen dem Sachverständigen und dem Bund, der daraus resultierende Gebührenanspruch steht ebenfalls dem Sachverständigen persönlich zu. Die Erstattung von Gutachten im Auftrag von Gerichten, Staatsanwaltschaften und Verwaltungsbehörden ist daher nur durch den Sachverständigen persönlich zulässig. Ausnahmen von diesem Grundsatz gibt es nur dort, wo sie das Gesetz ausdrücklich erlaubt, so etwa für strafrechtliche Ermittlungsverfahren, indem § 128 Abs 2, 2a StPO idF des 2. GeSchG (BGBl I 2009/40) vorsieht, dass mit der Durchführung einer Obduktion auch eine Universitätseinheit für gerichtliche Medizin beauftragt werden kann.

Zur Bestimmung der Gebühren einer mit der Obduktion beauftragten juristischen Person ist das GebAG – das grundsätzlich auf natürliche Personen abstellt – sinngemäß anzuwenden. Damit finden aber auch die §§ 31 und 43 Abs 1 Z 2 lit e GebAG Anwendung, die eine Geltendmachung von Fixkosten ausschließen. Bei den von den Salzburger B* dauerhaft angemieteten und dem C* der A* zum umfassenden Gebrauch – auch zur Erfüllung sonstiger universitärer Aufgaben – zur Verfügung stehenden Obduktionsräumlichkeiten handelt es sich um eine für ein gerichtsmedizinisches Institut notwendige und übliche Infrastruktur, mithin Fixkosten, deren Ersatz nach § 31 GebAG ausgeschlossen ist. Daran ändert auch der Hinweis der Beschwerdeführerin nichts, dass sie nicht Eigentümerin, sondern lediglich Mieterin der Obduktionsräumlichkeiten ist, weil aus der Vertragsgrundlage (Kaufvertrag oder Miet-/Pachtvertrag) nicht abgeleitet werden kann, dass es sich um externe Untersuchungsräumlichkeiten iSd § 43 Abs 1 Z 2 lit e GebAG handelt.

Die Erwägungen des Erstgerichts entsprechen entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin auch durchaus einer verfassungskonformen Interpretation des § 43 Abs 1 Z 2 lit e GebAG. Eine Gleichheitswidrigkeit, so wie von der Beschwerdeführerin dargestellt, ist nicht erkennbar. Ein ad personam bestellter Sachverständiger, der Obduktionsräumlichkeiten allein zu diesem Zweck anmieten würde, verwendet unbestritten externe Räumlichkeiten, deren pauschalierten Ersatz er in der Gebührennote ansprechen kann. Die Beauftragung einer Person mit der Erstattung eines Obduktionsgutachtens, die für die Durchführung des Auftrags private finanzielle Mittel in Anspruch nehmen muss, ist eben nicht vergleichbar mit jener der Beschwerdeführerin, weil die Universitäten grundsätzlich nach § 12 Abs 1 des Universitätsgesetzes 2002 vom Bund zu finanzieren sind. Dementsprechend ist zwischen dem für die Universitäten zuständigen Bundesministerium und dem Bundesministerium für Finanzen gemäß § 12 Abs 2 UG 2002 ein entsprechender Gesamtbetrag zur Finanzierung der Universität (und damit auch aller Universitätseinheiten) zu vereinbaren, der unter anderem die Budgetsäule „Infrastruktur und strategische Entwicklung“ gemäß Abs 2 Z 3 leg cit (vgl Holoubek/Lang in Perthold-Stoitzner , UG 3.01 § 12 Rz 23 mwN) und damit auch die Finanzierung von Obduktionsräumlichkeiten (vgl § 12 Abs 4 Z 3 UG 2002) mit umfasst, die naturgemäß auch für Forschung und Lehre herangezogen werden. Damit ist aber eine verfassungsrechtlich maßgebliche Vergleichbarkeit bei der Beauftragung eines sich privat finanzierenden Sachverständigen mit einer vom Bund finanzierten Universität beziehungsweise Universitätseinheit nicht gegeben.

Ein Kostenersatz für die Nutzung ihrer Obduktionsräumlichkeiten steht der vom Bund finanzierten Universität somit nicht zu.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.

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