JudikaturJustiz8Bs65/24f

8Bs65/24f – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
06. März 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch den Senatspräsidenten Mag. Ohrnhofer als Vorsitzenden und die Richter Mag. Petzner, Bakk. und Mag. Koller in der Strafvollzugssache des A* wegen vorläufigen Absehens vom Strafvollzug wegen Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes nach § 133a StVG über die Beschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Vollzugsgericht vom 20. Februar 2024, GZ 75 BE 43/24g-5, in nichtöffentlicher Sitzung den

BESCHLUSS

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.

Text

BEGRÜNDUNG:

Der am ** geborene serbische Staatsangehörige A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Klagenfurt die über ihn mit Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 19. Dezember 2022, AZ 7 Hv 74/22g, wegen mehrerer Verbrechen der Schlepperei nach § 114 Abs 1, Abs 3 (teils Z 1,) Z 2, Abs 4 erster Fall FPG sowie mehrerer Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und der Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach § 89 StGB verhängte Freiheitsstrafe von drei Jahren. Zum Sachverhalt wird auf dessen Darstellung im angefochtenen Beschluss (BS 1f) verwiesen.

Das errechnete Strafende fällt auf den 4. August 2025, die Hälfte der Strafzeit ist seit 5. Februar 2024 vollzogen, zwei Drittel werden am 5. August 2024 verbüßt sein.

Mit Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt vom 14. Dezember 2023, AZ 83 BE 290/23p, wurde die bedingte Entlassung des A* zum Hälfte-Stichtag abgelehnt.

Gegen den Strafgefangenen besteht aufgrund des rechtskräftigen Bescheids des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland vom 2. Februar 2023 zur GZ: 1318687509/222451294 (ON 2.1, AS 9ff) ein rechtskräftiges Einreiseverbot für die Dauer von 10 Jahren. Er verfügt über ein gültiges Ausreisedokument, ausreichend Geldmittel für die Rückreise und erklärte sich bereit, seiner Ausreiseverpflichtung nach Serbien nachzukommen (ON 2.1, 5ff).

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss (ON 5) wies das Landesgericht Klagenfurt als Vollzugsgericht entsprechend der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Klagenfurt (ON 1.2) den Antrag der Strafgefangenen auf vorläufiges Absehen vom Strafvollzug gemäß § 133a StVG (ON 2.1, 5ff) mit der Begründung ab, dass es aufgrund der Schwere der Tat aus generalpräventiven Gründen des weiteren Vollzuges bedürfe.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitige und zulässige Beschwerde der Strafgefangenen (ON 7), der kein Erfolg zukommt.

Das Erstgericht stellte im bekämpften Beschluss die für das vorläufige Absehen vom Strafvollzug wegen Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes maßgebliche Norm (§ 133a Abs 1 und 2 StVG) zutreffend dar, weshalb darauf (BS 3f) zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird (zur Zulässigkeit vgl RIS-Justiz RS0119090 [T4], RS0098664 [T3], RS0098936 [T15]).

Das erstgerichtliche Kalkül, wonach im vorliegenden Fall generalpräventive Gründe einem vorläufigen Absehen vom weiteren Vollzug entgegenstehen, ist zutreffend.

Die „Schwere der Tat“ im Sinne des § 133a Abs 2 StVG stellt auf den sozialen Störwert (die kriminelle Bedeutung) einer Tat ab (RIS-Justiz RS0091863), der durch den Handlungs- und Erfolgsunwert determiniert wird. Für die Annahme einer Tatschwere nach § 133a Abs 2 StVG müssen – als Ausnahmesatz – gewichtige Gründe vorliegen, die sich aus Sicht der Allgemeinheit von den regelmäßig auftretenden Begleiterscheinungen strafbaren Verhaltens auffallend abheben (OLG Graz 10 Bs 170/23k, 8 Bs 271/23y ua; Pieber, WK² StVG § 133a Rz 18, Jerabek/Ropper, WK² StGB § 46 Rz 16), wobei nicht nur der Abschreckungseffekt bei potentiellen Tätern, sondern auch das Interesse an der Festigung genereller Normentreue in der Bevölkerung zu beachten ist (vgl Jerabek/Ropper aaO § 43 Rz 18).

Der gegenständliche Strafvollzug erfolgt wegen einer Verurteilung wegen mehrerer Verbrechen der Schlepperei nach § 114 Abs 1, Abs 3 Z 1 und Z 2, Abs 4 erster Fall FPG sowie mehrerer (im Zuge der Flucht anlässlich der Verfolgung durch die Polizei zum Nachteil der Geschleppten begangener) Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und der Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach § 89 StGB. Die im Strafrahmen der strafsatzbestimmenden Qualifikation nach § 114 Abs 4 FPG von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe zum Ausdruck kommende gesetzliche Vorbewertung bringt den besonders hohen sozialen Störwert der vom Verurteilten zu vertretenden Schlepperei zum Ausdruck, der sich fallkonkret zudem in der mehrfachen Qualifikation, der Tatbegehung zum Zweck der eigenen Bereicherung und jeweils in Bezug auf eine die nach § 114 Abs 3 Z 2 FPG qualifikationsbegründende Zahl von mindestens drei Fremden übersteigende Anzahl von Personen (sechs, fünf, sieben Fremde; gesamt 18 Personen) in drei Angriffen bei (durch die Tathandlungen nach §§ 83 Abs 1 bzw 89 StGB zum Ausdruck gebrachter) Gleichgültigkeit gegenüber der körperlichen Unversehrtheit der Fremden manifestiert (OLG Graz 10 Bs 217/22w, 8 Bs 271/23y ua; OLG Wien 21 Bs 161/23i, 17 Bs 96/23a ua). Art und Schwere der vom Verurteilten gesetzten Tat(en), der damit verbundene massive soziale Störwert und die negativen Folgen dieser Delinquenz sowohl für die Allgemeinheit als auch für die Geschleppten führen zu einem auffallend hohen Handlungs-, Gesinnungs- und Erfolgsunwert, sodass aus generalpräventiven Erwägungen der weitere Vollzug der Freiheitsstrafe notwendig ist, und zwar sowohl zur Abschreckung potentieller Täter (negative Generalprävention) als auch als Mittel zur Bekräftigung des Geltungsanspruchs der Rechtsordnung, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Aufrechterhaltung des Vertrauens der Bevölkerung auf Durchsetzung des Rechts sowie vor allem auch zur Vermeidung einer Bagatellisierung derartiger, der Schwerkriminalität zuzuordnenden Delinquenz (positive Generalprävention). Es bedarf daher des weiteren Vollzugs der Sanktion, um potentiellen Delinquenten im Milieu und Lebenskreis des Beschwerdeführers das Missverhältnis zwischen dem erwarteten lukrativen Schlepperlohn und dem strafrechtlichen Risiko im Falle der Betretung aufzuzeigen und sie von der Begehung derartiger Straftaten, deren Bekämpfung aufgrund des internationalen Operationsfelds erschwert wird, gesichert abzuhalten.

Der Rechtsmittelausschluss beruht auf § 17 Abs 1 Z 3 StVG iVm § 89 Abs 6 StPO.

Rechtssätze
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