JudikaturJustiz8Bs59/24y

8Bs59/24y – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
11. März 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richter Mag. Koller (Vorsitz), Mag. Petzner, Bakk. und Mag. Ohrnhofer in der Strafvollzugssache des A* wegen vorläufigen Absehens vom Strafvollzug wegen Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes nach § 133a StVG über die Beschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht vom 8. Februar 2024, GZ 2 BE 21/24i-8, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.

Text

Begründung:

Der am ** geborene bulgarische Staatsangehörige A* verbüßt in der Justizanstalt Graz-Karlau zum einen die über ihn im Verfahren AZ 14 Hv 33/20s des Landesgerichts für Strafsachen Graz wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB, des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und des Vergehens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall, 15 StGB verhängte Freiheitsstrafe von sechs Jahren und zum anderen die im Verfahren AZ 41 Hv 59/23x des Landesgerichts Wiener Neustadt wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 StGB und des Vergehens der Begünstigung nach § 299 Abs 1 StGB verhängte Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, sohin Freiheitsstrafen in der Gesamtdauer (vgl Pieber, WK² StVG § 133a Rz 16) von sieben Jahren. Zum Inhalt der Schuldsprüche wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Darstellung im angefochtenen Beschluss verwiesen.

Das errechnete Strafende fällt auf den 16. Mai 2027. Die Hälfte der Strafzeit ist seit 16. November 2023 vollzogen. Die bedingte Entlassung zum Hälfte-Stichtag wurde – wie auch in angefochtenen Beschluss erwähnt – mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 6. Oktober 2023, (richtig:) AZ 4 BE 221/23i, aus spezial- und generalpräventiven Gründen abgelehnt. Zwei Drittel der Freiheitsstrafe werden am 16. Jänner 2025 vollzogen sein.

Gegen den Strafgefangenen besteht aufgrund des rechtskräftigen Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 27. Jänner 2022, Zahl 1141929009/211898510, gemäß § 67 Abs 1 und 3 FPG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot (ON 7.3).

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss (ON 8) wies das Landesgericht für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht den Antrag des Strafgefangenen vom 16. Jänner 2024 auf vorläufiges Absehen vom Strafvollzug wegen eines Einreise- oder Aufenthaltsverbotes nach § 133a StVG nach Verbüßung der Hälfte der Strafzeit ab. Dies mit der Begründung, dass es aufgrund der Schwere der Tat aus generalpräventiven Gründen des weiteren Vollzuges bedürfe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitige und zulässige Beschwerde des Strafgefangenen (ON 10).

Rechtliche Beurteilung

Diese ist nicht berechtigt.

Im angefochtenen Beschluss ist die für das vorläufige Absehen vom Strafvollzug wegen Einreise- oder Aufenthaltsverbotes maßgebliche Norm (§ 133 Abs 1 und 2 StVG) zutreffend dargestellt, sodass darauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.

Das erstgerichtliche Kalkül, wonach im vorliegenden Fall generalpräventive Gründe einem vorläufigen Absehen vom weiteren Vollzug entgegenstehen, ist zutreffend.

Die „Schwere der Tat“ im Sinne des § 133a Abs 2 StVG stellt auf den sozialen Störwert (die kriminelle Bedeutung) einer Tat ab (vgl RIS-Justiz RS0091863). Für die Annahme einer Tatschwere nach § 133a Abs 2 StVG müssen – als Ausnahmesatz – gewichtige Gründe vorliegen, die sich aus Sicht der Allgemeinheit von den regelmäßig auftretenden Begleiterscheinungen strafbaren Verhaltens auffallend abheben (vgl OLG Graz 10 Bs 170/23k, 8 Bs 271/23y ua; Pieber, WK² StVG § 133a Rz 18, Jerabek/Ropper, WK² StGB § 46 Rz 16), wobei nicht nur der Abschreckungseffekt bei potentiellen Tätern, sondern auch das Interesse an der Festigung genereller Normentreue in der Bevölkerung zu beachten ist (vgl Jerabek/Ropper aaO § 43 Rz 18).

Der eingangs erstgenannten Verurteilung liegt unter anderem zugrunde, dass der Strafgefangene am 12. April 2020 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit drei anderen Mittätern eine Person absichtlich schwer am Körper verletzt hat, indem sie gemeinsam mehrfach mit Fäusten auf diese einschlugen und als diese bereits am Boden lag, abwechselnd zahlreiche gezielte Fußtritte und Schläge (ca. 25 Tritte und zehn Schläge) gegen den Kopf und Körper versetzten, wodurch das Opfer eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung, nämlich eine schwere Gehirnerschütterung, erlitt, wobei daraus die Notwendigkeit resultierte, das Opfer vorübergehend in Tiefschlaf zu versetzen (siehe dazu sowie zur damit einhergehenden Todesgefahr für das Opfer das Urteil des Oberlandesgerichts Graz, AZ 10 Bs 249/21z, Seite 3 f). Die im Strafrahmen des § 87 Abs 1 StGB von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe zum Ausdruck kommende gesetzliche Vorbewertung bringt den besonders hohen sozialen Störwert der vom Strafgefangenen zu vertretenden qualifizierten Körperverletzung zum Ausdruck, wobei konkret zufolge Vorliegens der Voraussetzungen des § 39 Abs 1a StGB ein Strafrahmen von einem bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe vorlag. Das gegenständliche (weitere) Attackieren eines bereits (wehrlos) am Boden liegenden Opfers durch mehrere Mittäter in Form einer Vielzahl von Tritten und Schlägen stellt eine brutale Tat mit einem auffallend hohen Erfolgs-, Handlungs- und Gesinnungsunwert dar, sodass aufgrund der Art und Schwere der vom Strafgefangenen gesetzten Tat und dem damit verbundenen massiven sozialen Störwert aus generalpräventiven Erwägungen auch zum aktuellen Zeitpunkt der weitere Vollzug der Freiheitsstrafe weiterhin notwendig ist. Dies sowohl zur Abschreckung potentieller Täter (negative Generalprävention) als auch als Mittel zur Bekräftigung des Geltungsanspruchs der Rechtsordnung, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Aufrechterhaltung des Vertrauens der Bevölkerung auf Durchsetzung des Rechts sowie vor allem auch zur Vermeidung einer Bagatellisierung derartiger der Schwerkriminalität zuzuordnenden Delinquenz (positive Generalprävention). Es bedarf auch unter Berücksichtigung des seit dem Hälftestichtag bereits verstrichenen Zeitraums nach wie vor des weiteren Vollzugs der Sanktion.

Der Rechtsmittelausschluss gründet sich auf § 17 Abs 1 Z 3 StVG iVm § 89 Abs 6 StPO.

Rechtssätze
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