JudikaturJustiz8Bs236/15k

8Bs236/15k – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
01. Dezember 2015

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch den Einzelrichter Dr. Bergmayr in der Strafsache gegen H***** D***** wegen § 3g VerbotsG über die Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 7. Oktober 2015, 10 Hv 56/14s-43, entschieden:

Spruch

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Mit Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Geschworenengericht vom 30. März 2015, 10 Hv 56/14s-30, wurde H***** D***** schuldig gesprochen und nach § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

Mit Beschluss vom 21. Mai 2015 (ON 36; rechtskräftig seit 30. Juni 2015) wurde der zu leistende Pauschalkostenbeitrag mit EUR 1.000,00 bestimmt und dem Verurteilten der Ersatz der Gebühren des Sachverständigen in Höhe von EUR 1.110,00 aufgetragen.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Antrag des Verurteilten, ihm die Bezahlung der Kosten von EUR 2.118,00 in monatlichen Raten zu je EUR 250,00 ab 1. September 2015 zu bewilligen, ab, da es hiefür keine gesetzliche Grundlage geben würde.

Mit seiner Beschwerde strebt der Verurteilte erkennbar eine Bewilligung des Ratenzahlungsbegehrens an.

Die Oberstaatsanwaltschaft gab keine Stellungnahme ab.

Die Beschwerde ist im Sinne des enthaltenen Aufhebungsbegehrens berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zunächst ist klarzustellen, dass sich das gegenständliche Ratenzahlungsbegehren auf Kosten des Strafverfahrens bezieht, die im 18. Hauptstück der StPO geregelt sind. Für Entscheidungen über Beschwerden in solchen Angelegenheiten ist nach § 33 Abs 2 StPO der Einzelrichter des Oberlandesgerichtes zuständig.

Dem Erstgericht ist darin zuzustimmen, dass gemäß § 9 Abs 5 erster Satz GEG in der seit 1. Juli 2015 geltenden Fassung § 9 Abs 1 bis 4 GEG nicht für die in § 1 Z 3, 4 und 6 GEG angeführten Beträge (somit auch nicht für die Kosten des Strafverfahrens) gilt. Damit lässt sich jedoch nicht eine generelle Unzulässigkeit eines Antrages auf Ratenzahlung hinsichtlich der Kosten des Strafverfahrens begründen.

Vielmehr wird in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz und das Gerichtliche Einbringungsgesetz geändert wurden (BGBl. I Nr. 19/2015), klargestellt, dass Zweck des § 9 Abs 5 GEG die konsequente Trennung von Rechtsprechung und Justizverwaltung ist (ErlRV 366 BlgNR XXV. GP, Zu Z 20 (§ 9 Abs.5 GEG)). Für die Kosten des Strafverfahrens soll es (erg.: weiterhin) Stundung und Nachlass geben. In diesen Fällen soll die Entscheidung aber nicht im Justizverwaltungsweg, sondern durch das zuständige Gericht erfolgen, weshalb auch die (im Entwurf unter § 1 Z 3 GEG aufgelisteten, in der Gesetz gewordenen Fassung schließlich) in § 1 Z 4 GEG angeführten Beträge ausdrücklich von der Regelung des § 9 GEG (die eine Zuständigkeit des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien in Justizverwaltungsverfahren begründen würde) ausgeschlossen werden. Damit soll aber gerade eine gerichtliche Zuständigkeit zur Entscheidung über einen Ratenzahlungsantrag des Verurteilten (auch) in Einbringungsverfahren begründet werden.

Dass in § 9 Abs 5 zweiter Satz GEG normiert ist, dass über Stundung, Nachlass und Uneinbringlichkeit der in § 1 Z 2 GEG angeführten Beträge von jenem Gericht oder jener Behörde zu entscheiden ist, das bzw. die das Grundverfahren geführt hat, hat nach dem Zweck der Bestimmung - zur konsequenten Trennung von Rechtsprechung und Justizverwaltung - offenbar ebenfalls lediglich klarstellende Funktion. Dass im Umkehrschluss über Anträge hinsichtlich aller nicht in § 1 Z 2 GEG angeführten Beträge nicht durch die Gerichte zu entscheiden sein soll, kann daraus daher nicht abgeleitet werden.

Wenn nun aber das Gericht zur Entscheidung zuständig ist, stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien diese zu treffen ist. Aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage der oben angesprochenen Gesetzesnovelle ergibt sich unmissverständlich, dass kein ersatzloser Entfall der Stundungs- und Nachlassregelungen des § 9 GEG angestrebt wird, sondern vielmehr das Weiterbestehen solcher Möglichkeiten geradezu vorausgesetzt wird. Dies erhellt zum einen aus der ausdrücklichen Bezugnahme auf § 391 StPO und § 409a leg. cit. und zum anderen daraus, dass ausdrücklich eine analoge Anwendung des § 409a StPO „ auch “ im Zwangsstrafverfahren für möglich gehalten wird. Unausgesprochen wird somit vom Vorliegen einer echten Gesetzeslücke und ihrer Schließung durch die Rechtsprechung ausgegangen. Eine solche Lücke liegt tatsächlich vor. Denn bei jenen Kosten, bei deren Einbringung nun durch die Rechtsprechung und nicht mehr im Justizverwaltungsverfahren Entscheidungen zu treffen sind, besteht (weiterhin) genauso ein Bedürfnis für Stundungs- und Nachlassmöglichkeiten wie für jene Kosten, Strafen, Bußen und Gebühren, bei denen weiterhin eine Zuständigkeit der Justizverwaltung gegeben ist und (in § 9 GEG) ausdrückliche Stundungs- und Nachlassbestimmungen bestehen. Bei einem Zahlungsaufschub bietet sich dabei eine analoge Anwendung des § 409a Abs 1 StPO an.

Das Erstgericht hat daher den Antrag des Verurteilten auf Gewährung von Ratenzahlung inhaltlich zu prüfen und nach allenfalls erforderlicher Verfahrensergänzung darüber zu entscheiden, weshalb der angefochtene Beschluss im gesamten Umfang zu kassieren war.

RECHTSMITTELBELEHRUNG:

Gegen diese Entscheidung steht kein weiteres Rechtsmittel zu.

Rechtssätze
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