JudikaturJustiz7Bs47/93

7Bs47/93 – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
05. März 1993

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richter Dr. Rathmayr als Vorsitzenden, Dr. Jung (Berichterstatter) und Dr. Krichbaumer über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Wels gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wels vom 5. Februar 1993, 16 E Vr 694/92-14, nach Anhörung in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Staatsanwaltschaft Wels hat gegen K F am 26.2.1992 wegen der Vergehen der versuchten Nötigung, der Körperverletzung und des Imstichlassens eines Verletzten nach dem § 15, 105 Abs.1; 83 Abs.1 und 94 Abs.1 StGB einen Strafantrag (datiert mit 19.5.1992) eingebracht. Der Einzelrichter ordnete - nach Einholung eines Gutachtens im Zwischenverfahren - am 16.11.1992 für den 11.12.1992 die Hauptverhandlung über diesen Strafantrag an. Am 20.11.1992 brachte die Staatsanwaltschaft Wels gegen K F, P G und F G einen weiteren Strafantrag ein und beantragte die Einbeziehung dieses Verfahrens gemäß § 56 StPO in das bereits beschriebene behängende Verfahren gegen K F. Nach Einlangen dieses Antrages am 1.12.1992 beschloß der Einzelrichter am 2.12.1992 die Einbeziehung gemäß § 56 StPO und die sofortige Wiederausscheidung des Verfahrens gemäß § 57 StPO, weil im Verfahren über den Strafantrag vom 19.5.1992 die Hauptverhandlung bereits für den 11.12.1992 anberaumt sei; unter einem wurde zum ausgeschiedenen Verfahren die Neuanlegung eines Aktes verfügt.

Mit rechtskräftigem Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 11.12.1992 wurde K F von allen Vorwürfen, die im Strafantrag vom 19.5.1992 enthalten waren, rechtskräftig gemäß dem § 259 Z.3 StPO freigesprochen, wobei als Grund des Freispruches in der gemäß § 488 Z.7 StPO gekürzten Urteilsausfertigung angeführt ist "kein Schuldbeweis, divergierende Aussagen der Beteiligten, Sturzursache des C K nicht eindeutig geklärt!". In der Hauptverhandlung, die von 9.00 Uhr bis 10.45 Uhr dauerte, war K F durch einen gewählten Verteidiger vertreten. Dieser begehrte als Folge des Freispruches fristgerecht (am 29.12.1992 bei Gericht eingelangt) ihm einen angemessenen Pauschalbetrag zu seinen Verteidigerkosten zuzuerkennen. Der Verteidiger machte als Kosten der Strafverteidigung die Kosten der Hauptverhandlung samt Erfolgszuschlag und Mehrwertsteuer im Betrag von S 14.700,-- geltend.

Der öffentliche Ankläger begehrte die Zurückweisung des Begehrens mangels "Aktualität im Hinblick auf die Tatsache, daß nicht sämtliche Vorwürfe erledigt sind" und bezog sich dabei auf das noch gegen K F offene, wenn auch gemäß § 57 StPO ausgeschiedene Strafverfahren.

Das Kreisgericht Wels beschloß mit der bekämpften Entscheidung gemäß § 393a Abs.1 StPO dem Verteidiger einen Kostenbeitrag von S1.700,-- zuzuerkennen.

Dagegen beschwert sich der öffentliche Ankläger - rechtzeitig - allerdings zu Unrecht und macht als Begründung geltend, daß zwar nach Ausscheidung und Freispruch des K F von den Vorwürfen des Strafantrages vom 19.5.1992 ein Strafantrag erledigt ist, aber das gesamte Strafverfahren gegen K F noch nicht abgeschlossen ist. Die Hauptverhandlung zu 16 E Vr 1458/92 sei für den 26.2.1993 bereits ausgeschrieben und der Strafantrag sei bislang noch nicht zurückgezogen worden, sodaß die darin enthaltenen offenen Vorwürfe der Vergehen des versuchten Hausfriedensbruches und der Körperverletzung nach wie vor offen seien. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 17.2.1987 (7 Bs 69/87), wonach eine Entschädigung für Verteidigerkosten nach § 393a StPO die rechtskräftige Erledigung der ganzen Strafsache voraussetze, sei die Beschlußfassung des Kreisgerichtes Wels als verfrüht anzusehen.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerde ist nicht gerechtfertigt.

Zunächst bedarf es des Hinweises, daß die von der Beschwerde zur Begründung ihrer Rechtsansicht angeführte Entscheidung des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 17.2.1987, 7 Bs 69/87, einen anderen Sachverhalt betraf. Das Schöffengericht schied dort ein in die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes fallendes Vergehen aus. Vom restlichen Vorwurf des Verbrechens nach § 217 Abs.1 StGB wurde der Angeklagte vom Schöffengericht rechtskräftig freigesprochen.

Gemäß dem § 393a Abs.2 StPO steht einem Angeklagten, der von einem Geschworenen- oder Schöffengericht lediglich wegen einer in die Zuständigkeit der Bezirksgerichte fallende strafbaren Handlung schuldig erkannt wird, ein angemessener Teil des im Fall des Freispruches (oder der Einstellung) nach Abs.1 gebührenden Betrages zu. Demgemäß hob das Oberlandesgericht Innsbruck den angefochtenen Beschluß auf und wies den Antrag des Angeklagten - zu ergänzen:

vorläufig - zurück, weil die Beurteilung, ob ein Betrag nach § 393a Abs.1 oder nach Abs.2 dieser Bestimmung zu bemessen sein wird, vom Ergebnis des bezirksgerichtlichen Verfahrens abhängt. Hier findet sich eine gesetzliche Regel nach § 393a Abs.2 StPO; eine korrespondierende Bestimmung für das Einzelrichterverfahren sieht das Gesetz nicht vor.

Der Sachverhalt unterscheidet sich also schon darin, daß vor der Hauptverhandlung ein Nachtragstrafantrag zur Einbeziehung und gleichzeitigen Wiederausscheidung führte und der seinerzeitige Beschuldigte im gegenständlichen Verfahren nach § 393a StPO nur Kosten der Verteidigung anspricht, die Gegenstand dieser (abgeführten) Hauptverhandlung, in der der Freispruch gefällt wurde, gewesen sind.

Das mit der Einführung der Beitragspflicht des Bundes (§ 393a StPO) durch das StrafverfahrensänderungsG 1983, BGBl. 168, verfolgte Ziel war (laut EBRV 1084 Blg.Nr. 15. GP. 27 f) die Beseitigung jener Unbilligkeit, die im Ersatz jener Kosten erblickt wurde, welche dem von der Anklage Freigesprochenen dadurch erwachsen sind, daß er sich eines Verteidigers bedient hat. Von Kosten anderer Art ist in den Gesetzesmaterialien nicht die Rede. Folgerichtig ist nach § 393a Abs.1 StPO seitens des Bundes zu den "Kosten der Verteidigung" beizutragen, unter welchem Begriff auch an anderer Stelle (§ 393 StPO) die mit der Vertretung durch einen Verteidiger verbundenen Kosten verstanden werden; dem entspricht die systematische Einordnung der neuen Bestimmung unter jene Vorschriften des XXII. Hauptstückes (§§ 393 - 395 StPO), welche ausschließlich Vertretungskosten betreffen. Bedenkt man, daß das XXII. Hauptstück "von den Kosten des Strafverfahrens" spricht, können diese nur auf ein bestimmtes Verfahren bezogen werden. Durch die Einbeziehung gemäß §56 StPO und sofortige Wiederausscheidung nach §57 StPO wurde von der Kostenseite her betrachtet ein neues Verfahren eingeleitet, das insoweit völlig gesondert zu beurteilen ist. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß durch eine Ausscheidung die Wirksamkeit allfälliger bis dahin schon in Gang gesetzter prozessualen Maßnahmen (etwa Einleitung einer Voruntersuchung, Erlassung eines noch nicht vollzogenen Haft- oder Hausdurchsuchungsbefehls, nicht erledigte Aufträge zur Erstattung von Sachverständigengutachten u.ä.) nicht berührt werden (EvBl. 1987/96).

Kostenersatz nach § 393a Abs.1 StPO ist gesondert nach dem Verfahrensaufwand zu betrachten, der dem Freispruch zugrundelag. Die Überlegung, daß der gegenständiche Freispruch den Kostenersatz nach § 393a StPO nur dann entstehen läßt, wenn auch im ausgeschiedenen Verfahren ein Freispruch erfolgt, wird dem in den §§380 f StPO normierten auf ein bestimmtes einzelnes Verfahren abstellenden Kostenbegriff nicht gerecht.

Der Beschwerde war somit ein Erfolg zu versagen.

Rechtssätze
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